Mrs. Harris und ein Kleid von Dior (eBook)

Roman - Verfilmt als 'Mrs. Harris goes to Paris'

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
138 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-1706-6 (ISBN)

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Mrs. Harris und ein Kleid von Dior -  Paul Gallico
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Das Buch zum Film 'Mrs. Harris goes to Paris' - Der Kultroman von Paul Gallico endlich als E-Book!

Der größte Wunsch der Londoner Reinemachfrau Mrs. Ada Harris ist es ein Kleid aus dem berühmten Pariser Modehaus Dior zu besitzen. Jahrelang spart sie jeden Cent dafür und verliert doch nie ihre gute Laune mit der sie ihre Umwelt bezaubert. Und endlich ist der große Tag da und Mrs. Ada Harris reist in die wunderbare Stadt der Mode und der Liebe ...



Paul Gallico wurde in New York als Sohn der österreichischen Violinistin Hortense Erlich und des italienischen Komponisten, Musiklehrers und Pianisten Paolo Gallico geboren, die 1895 in die Neue Welt ausgewandert waren. 1916 begann Gallico ein Studium an der Columbia University, das er 1921 mit dem akademischen Grad eines Bachelor of Science abschloss. Danach arbeitete er als Sportjournalist bei den New York Daily News, wo er ab 1923 auch eine eigene Kolumne hatte.

In den 30er Jahren wandte er sich zunehmend vom Sport ab und verfasste Kurzgeschichten, von denen viele in der Saturday Evening Post erschienen. Viele seiner Erzählungen und Romane wurden später für Kino und TV verfilmt.

Paul Gallico war viermal verheiratet und hinterließ mehrere Kinder. Er starb am 15. Juli 1976 in Antibes im Alter von 78 Jahren.

Erstes Kapitel


Die zierliche, schmale Frau mit den roten Apfelbäckchen, dem ergrauenden Haar und den klugen, beinah frechen kleinen Augen saß da und drückte die Nase ans Kabinenfenster der Viscount-Maschine, die früh morgens von London nach Paris flog. Wie sich das Flugzeug dröhnend von der Rollbahn in die Lüfte erhob, so schwang sich auch das Herz der Frau empor, voller Seligkeit, endlich auf dem Wege zu jenem Abenteuer zu sein, das ihr ihren Herzenswunsch erfüllen sollte. Sie war aufgeregt, aber keinesfalls ängstlich, denn sie hatte die Gewissheit, dass ihr jetzt nichts mehr zustoßen könne. Ihre Kleidung war recht bescheiden: ein etwas abgetragener brauner Trenchcoat, saubere braune Baumwollhandschuhe und dazu eine braune Plastiktasche, die sie fest unter den Arm geklemmt hielt. Und mit Recht. Denn in dieser Tasche befanden sich nicht nur zehn Einpfundnoten – mehr englisches Geld durfte man nicht von den britischen Inseln ausführen – und die Rückflugkarte nach Paris, sondern außerdem die Summe von vierzehnhundert Dollar in amerikanischer Währung, ein dickes Bündel Fünf-, Zehn- und Zwanzigdollarnoten, von einem Gummiring zusammengehalten. Nur der Hut offenbarte ihre überschwengliche Natur: ein grüner Strohhut, vorn mit einer ungeheuren, lächerlichen Rose, die auf einem biegsamen Stiel mal nach links und mal nach rechts schwankte, je nachdem wie die Hand des Piloten den Knüppel bediente, um die Maschine schräg zu legen, um zu kreisen und Höhe zu gewinnen.

Jede kundige Londoner Hausfrau, die sich schon einmal der Hilfe dieses einzigartigen Typs von stundenweise erscheinenden Reinmachefrauen bedient hat, ja, genaugenommen jeder Engländer hätte sofort gesagt: ›Eine Frau mit diesem Hut kann nur eine Londoner Scheuerfrau sein.‹ Und sie hätten recht gehabt.

In der Passagierliste der Viscount-Maschine war sie als Mrs. Ada Harris eingetragen, Mrs. Ada Harris, Willis Gardens Nr. 5, Battersea, London SW 11. Sie selber sprach ihren Namen ’arris aus und war tatsächlich Reinmachefrau. Sie arbeitete bei Leuten in der Gegend des eleganten Eaton und Belgrave Square.

Bis zu diesem wunderbaren Augenblick, da sie sich vom Erdboden emporgehoben fühlte, war ihr Leben eine ununterbrochene Plackerei gewesen. Das einzige, was sie sich hin und wieder gönnte, war ein Kinobesuch, ein Glas Bier in der Kneipe an der Ecke oder ein Abend im Varieté. Mrs. Harris, die sich nun den Sechzig näherte, lebte in einer Welt von Schmutz und Unordnung, die kein Ende nahmen. Nicht einmal, nein, ein halb dutzendmal am Tage öffnete sie mit den ihr anvertrauten Schlüsseln die Türen von ungelüfteten Vorplätzen in Häusern oder Etagen und sah sich jedesmal dem gleichen Durcheinander gegenüber: Bergen von schmutzigem Geschirr und fettigen Töpfen im Spülstein, ungemachten Betten, achtlos umhergeworfenen Kleidungsstücken, nassen Handtüchern auf der Erde im Badezimmer, gebrauchten Zahnputzgläsern, bespritzten Spiegeln, schmutziger Wäsche, die zusammengepackt werden musste, und selbstverständlich überall vollen Aschenbechern auf den staubigen Tischen, kurz, einer Unordnung, wie sie die Ferkel von Menschen zu hinterlassen pflegen, wenn sie morgens die Wohnungstür hinter sich zuschlagen.

Mrs. Harris räumte alles gründlich auf, weil es ihr Beruf war, eine Möglichkeit, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen und so Leib und Seele zusammenzuhalten. Und doch, für manche Putzfrauen bedeutet es mehr als nur das, ganz besonders für Mrs. Harris: sie setzte immer wieder ihre ganze Ehre darein, ihre Häuser in Ordnung zu halten. Und es war wirklich eine fruchtbare Leistung, auf die sie stolz sein konnte. Sie kam in wahre Schweineställe, und wenn sie wegging, blitzte und duftete alles vor Sauberkeit und Frische. Dass sie am nächsten Tag wieder in einen Schweinestall kam, störte sie nicht. Sie erhielt ihre drei Schilling die Stunde und räumte die Wohnungen von neuem tadellos auf. So sah das Leben der kleinen Frau aus, die als einer von dreißig ganz verschiedenen Passagieren in der Maschine nach Paris saß.

Die grün und braun gekästelte Reliefkarte des britischen Bodens glitt unter den Tragflächen des Flugzeugs hinweg und machte plötzlich dem windgekräuselten Blau des Ärmelkanals Platz. Mrs. Harris, die eben noch interessiert die winzigen Spielzeughäuser und -bauernhöfe betrachtet hatte, sah nun die zierlichen Formen von Tankern und Frachtern, die durchs Meer pflügten, und wurde sich zum erstenmal bewusst, dass sie England hinter sich ließ und auf dem Weg war, ein fremdes Land zu betreten, unter fremde Menschen zu kommen, die eine fremde Sprache redeten und die nach allem, was sie über sie gehört hatte, unmoralisch und habsüchtig waren, Schnecken und Frösche aßen, zu Lustmorden neigten und die zerstückelten Leichen in Koffern verbargen. Aber sie hatte trotzdem keine Angst, denn Angst kommt im Wortschatz einer britischen Reinmachefrau nicht vor; sie war nur entschlossen, auf der Hut zu sein und nicht mit sich spaßen zu lassen. Es war eine ungeheure Besorgung, die sie nach Paris führte, doch sie hoffte, dabei so wenig wie möglich mit Franzosen zu tun zu haben.

Ein gesunder britischer Steward servierte ihr ein gesundes britisches Frühstück und wollte es nicht einmal bezahlt haben, sondern sagte, es sei schon in Ordnung. Dieser kleine Imbiss komme mit einer Empfehlung von der Luftverkehrsgesellschaft.

Mrs. Harris drückte das Gesicht ans Fenster und ihre Handtasche an die Hüfte. Der Steward kam durch den Gang und rief: »Gleich sehen sie in der Ferne den Eiffelturm zu Ihrer Rechten.«

»Lieber Himmel!« sagte Mrs. Harris vor sich hin, als sie einen Augenblick später seine Nadelspitze entdeckte, die aussah, als wäre sie von unten durch einen alten Flickenteppich von grauen Dächern und Schornsteinen hindurchgestochen und zöge den dünnen blauen Faden eines Flusses hinter sich her. »Der ist ja gar nicht so groß wie auf den Bildern.«

Etwa eine Minute später landeten sie ohne den geringsten Aufprall auf der Betonbahn des französischen Flughafens. Mrs. Harris’ Herz schlug noch höher. Nicht eine einzige der düsteren Prophezeiungen ihrer Freundin Mrs. Butterfield, das Ding werde entweder in der Luft explodieren oder mit ihr ins Meer stürzen, hatte sich bewahrheitet. Vielleicht würde sich schließlich auch Paris als nicht gar so entsetzlich erweisen. Dennoch nahm sie sich vor, von jetzt an misstrauisch und vorsichtig zu sein, um so mehr als die lange Omnibusfahrt von Le Bourget zum Luftbahnhof am Invalidendom durch fremde Straßen mit fremden Häusern und Geschäften ging, in denen Waren in fremder, unverständlicher Sprache angeboten wurden.

Der Mann von der Luftfahrtgesellschaft British European Airways, dem es oblag, dem einen oder andern vom Tumult des Luftbahnhofs verwirrten Reisenden beizustehen, warf einen Blick auf den Hut, die Handtasche, die ausgetretenen Schuhe und natürlich in die unerschrockenen, dreisten kleinen Augen und ordnete die Frau sofort richtig ein. ›Lieber Himmel!‹ sagte er halblaut zu sich selber, ›eine Londoner Putzfrau! Was in aller Welt sucht die denn in Paris? So schlimm kann doch die Dienstbotensituation hier nicht sein!‹

Er bemerkte ihre Unsicherheit, warf einen Blick in seine Liste und riet abermals richtig. Ruhig ging er auf sie zu, tippte an seine Mütze und fragte: »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Mrs. Harris?«

Die gescheiten, wachsamen Augen prüften ihn sorgfältig auf irgendwelche Anzeichen von sittlicher Verderbtheit oder faulem, ausländischem Zauber. Zu ihrer Enttäuschung sah er jedoch genau wie ein Engländer aus. Da er sie höflich und offenbar ohne böse Absicht angesprochen hatte, sagte sie vorsichtig: »Was, man spricht hier drüben also auch echtes Englisch?«

Der Mann von der Fluggesellschaft erwiderte: »Das muss ich ja wohl, Madam, ich bin nämlich Engländer. Aber wahrscheinlich werden Sie feststellen, dass die meisten Leute hier drüben ein bisschen Englisch sprechen, und so kommen Sie schon durch. Ich sehe, dass Sie heut abend mit der Elf-Uhr-Maschine wieder zurückfliegen. Haben Sie ein bestimmtes Ziel, wo Sie jetzt hinwollen?«

Mrs. Harris überlegte, wieviel sie einem Fremden wohl erzählen könne und entgegnete dann fest: »Ich möchte nur ein Taxi, wenn’s Ihnen nichts ausmacht. Ich hab ja meine zehn Pfund.«

»Selbstverständlich«, fuhr der Mann von der Fluggesellschaft fort, »aber besser wäre es, wenn Sie etwas davon in französisches Geld eingetauscht hätten. Ein Pfund kommt ungefähr auf tausend Frank.«

In der Wechselstube wurden einige von Mrs. Harris’ grünen Einpfundnoten in dünne, schmutzigblaue Fetzen von Scheinen mit der Zahl 1 000 darauf und in ein paar abgegriffene Hundertfrankmünzen aus Aluminium eingetauscht.

Mrs. Harris war mit Recht entrüstet. »Was ist denn das?« fragte sie. »Nennt ihr das Zeug Geld? Die Münzen fassen sich ja an wie Spielgeld.«

Der Mann von der Fluggesellschaft lächelte. »Genaugenommen sind sie auch nicht mehr wert. Nur hat die Regierung erlaubt, dass sie geprägt werden. Und die Franzosen haben es bis jetzt noch nicht gemerkt. Aber gültig sind sie.« Er führte sie durch die Menge, die Rampe hinauf und setzte sie in ein Taxi. »Wohin soll er Sie bringen?«

Mrs. Harris saß da, den schmalen, von der harten Arbeit hageren Rücken kerzengerade aufgerichtet. Die rosa Rose zeigte genau nach Norden, ihr Gesicht war ruhig und gefasst wie das einer Herzogin. Nur die kleinen Augen tanzten vor Erregung. »Sagen Sie ihm, er soll mich zu dem Modesalon von Christian Dior fahren«, erklärte sie. Der Mann von der Fluggesellschaft starrte sie an. Er...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2020
Reihe/Serie Die Abenteuer von Mrs. Harris
Übersetzer Jutta Knust, Theodor Knust
Sprache deutsch
Original-Titel Flowers for Mrr. Harris
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 50er Jahre • 60er Jahre • Ada Harries • Chanel • Das rote Kleid • Dior • Eine Bluse macht noch keinen Sommer • Ein Kleid von Dior • good old times • Guido Maria Kretschmer • Inge Meyel • Karl Lagerfeld • London • Mode • Paris • Style Guide • Träume • Traumkleid • Yves Saint Laurent
ISBN-10 3-8412-1706-0 / 3841217060
ISBN-13 978-3-8412-1706-6 / 9783841217066
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