Je höher die Flut (eBook)

Ein Cornwall-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
256 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-1979-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Je höher die Flut -  Mary Ann Fox
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Muffins, Mord und Margeriten. Spätsommer in Cornwall: Bei der großen Tombola des jährlichen Erntedankfestes gewinnt die junge Gärtnerin Mags Blake einen Rundflug über Rosehaven. Sie ist begeistert - bis der Motor plötzlich aussetzt und sie nur knapp einer Katastrophe entgehen. Es stellt sich heraus, dass das Flugzeug manipuliert wurde - nicht der erste Versuch, dem Piloten zu schaden. Haben die Pläne für ein neues Luxusresort etwas damit zu tun? Als dann die Leiche einer bekannten Autorin im Hafen angespült wird, befindet sich Mags schneller, als ihr lieb ist, schon wieder mitten in Mordermittlungen. Ein neuer Fall für die liebenswerteste Ermittlerin Südenglands



Mary Ann Fox, geboren 1978, verdiente ihr erstes Geld in einer Gärtnerei. Der Liebe wegen ging sie nach England und arbeitete dort als Fremdenführerin, als Deutschlehrerin und dann im Botanischen Garten in Oxford. Sie lebt mittlerweile wieder in Hamburg und träumt von einem eigenen Garten, in dem sie das Meer rauschen hören kann. Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Kriminalromane »Je tiefer man gräbt«, »Je dunkler das Grab«, »Je kälter die Asche« und »Je länger die Nacht« lieferbar.

1


Mags Blake lehnte sich mit dem Rücken an die kühle Wand der Kirche. Es war heiß, zu heiß für Anfang September in Cornwall. Mit der linken Hand strich sie sich die kurzen Locken von ihrer schweißbedeckten Stirn. Der Haarschnitt war neu und ungewohnt. Trotz aller Krankengymnastik war sie noch nicht in der Lage, ihren rechten Arm höher als zwanzig Zentimeter zu heben. Was das gewohnte Bändigen ihrer Haare mit einem Gummiband unmöglich machte. So hatte sie in einem Moment der Wut über ihre Verletzung frustriert zur Schere gegriffen. Zu einer Küchenschere. Mit der linken Hand. Das Ergebnis war ziemlich abenteuerlich gewesen.

Miss Clara, ihre Vermieterin und enge Vertraute, hatte Mags nach einem kritischen Blick die Baseballkappe vom Kopf gezogen. Und sie dann ohne eine Chance auf Widerstand umgehend zum Friseur geschleppt. Miss Clara konnte für ihre Größe und ihr Alter ziemlich resolut sein.

Mrs Kleins Friseur- und Schönheitssalon war wie ein Großteil von Mags’ Heimatdorf Rosehaven an der Küste Cornwalls scheinbar in der Zeit stehengeblieben. In Mrs Kleins Fall irgendwo zwischen den fünfziger und achtziger Jahren: Trockenhauben, Stühle und die Rahmen der Spiegel waren in Altrosa und Gold gehalten, die Wände zierte eine Tapete in einem türkisen Rautenmuster, die regelmäßig durchbrochen wurde von Postern gewaltiger Aufsteckfrisuren und Föhnponys. Es roch immer nach Blondiercreme, Haarspray und Kaffee. Mags hatte sich schon bei ihrem letzten Besuch gefragt, wie stark der Kaffee in der alten Maschine zwischen den Lockenwicklern und riesigen Haarföhnen wohl sein musste, um mit seinem Geruch gegen die ganze Chemie anzukommen. Sie hatte ihn sicherheitshalber nicht probiert.

Doch Mrs Klein, groß, drahtig, mit zu blonden und zu hoch toupierten Haaren, verstand ihr Handwerk. Nach einer Stunde verließ Mags unter Miss Claras zufriedenem Blick den Salon mit einer praktischen und pfiffigen Kurzhaarfrisur und der strikten Anweisung, nie wieder eine Schere in die Hand zu nehmen, es sei denn, es handelte sich um eine Gartenschere.

Mags seufzte und griff sich an die rechte Schulter. Wie gerne würde sie wenigstens das tun. Aber auch hier war sie auf Hilfe angewiesen. Vor fast vier Jahren hatte sie ihre eigene Firma ins Leben gerufen, den Evergreen Gartenservice. Sie legte neue Gärten an und kümmerte sich um schon bestehende. Dabei hatte sie sich auf die Gärten der vielen Ferienhäuser und Wochenendcottages spezialisiert. Der Laden lief – und war ihr ganzer Stolz. Seit dem ersten Tag hatte sie in jeden ihrer Aufträge eine Menge Arbeit gesteckt. Bis zu jenem Abend im April. Als sie sich, um Schlimmeres zu verhindern, während der Fahrt in ihrem Transporter gegen den Mann am Steuer geworfen hatte. Gegen den Mann, der ihren Vater getötet hatte. Und den ihre Mutter so gefürchtet haben musste, dass sie ihre Familie verlassen hatte. Und bis heute nicht zurückgekehrt war.

Zynischerweise hatte er bei dem Unfall kaum Verletzungen davongetragen. Er saß im Gefängnis und schwieg. Mags mochte nicht an ihn denken. Und wachte doch oft nachts schweißgebadet mit seinem Gesicht vor Augen auf.

Ihr selbst hingegen war bei dem Aufprall ihr rechter Arm fast aus dem Gelenk gerissen worden, das Schultergelenk kompliziert gebrochen. Aber sie hatte überlebt.

Ihr Arm wurde besser. Das versicherten ihr alle, immer und immer wieder. Nur schien es ewig zu dauern. Und Mags wollte nicht mehr warten.

Die kühle Mauer in ihrem Rücken war eine Wohltat. Rund um die Kirche waren Stände aufgebaut, an denen Händler und Kunsthandwerker aus ganz Cornwall ihre Waren anboten. Heute war der zweite und letzte Tag des großen Rosehavener Herbstmarktes. Jedes Jahr im September zog der Harvest Market mit seinen Ständen und der kleinen Bühne am Hafen Touristen und Einheimische in Mags’ kleines Heimatdorf.

Der Markt fand mittlerweile seit dreißig Jahren statt und war stetig gewachsen. Von einem lokalen kleinen Erntedankfest hin zu einem überregional bekannten Ereignis. Am Hafen stand eine große Bühne, auf der seit dem frühen Nachmittag Musik gemacht wurde. An einem der Stände leuchteten blau-weiß glasierte Schüsseln und Teller im Sonnenlicht, daneben lagen weiche handgewebte Decken und Überwürfe aus. Eine Besonderheit des Marktes war, dass die Handwerker nicht nur ihre Waren anboten, sondern auch einen Einblick in ihre Arbeit gaben. Und so mischte sich das Surren der Töpferscheibe mit dem lauten Klackern des Webstuhles. Am Ende der Gasse hatte ein Kunstschmied seine Esse angeworfen und ließ seinen schweren Hammer rhythmisch auf das Eisen fallen. Mags liebte den Stand der Korbflechter, ein fast ausgestorbenes Handwerk, das auf dem Markt von Mitgliedern des Heimatmuseums vorgeführt wurde. Sie selbst hatte dort vor zwei Jahren ein Wochenende verbracht, um sich zeigen zu lassen, wie die traditionellen Zäune und Pforten aus Zweigen der Weiden geflochten wurden. Sie hatte viel Wissen, aber auch wunde Finger mit nach Hause gebracht.

Neben den vielen Handwerkern boten auch die Farmer der Umgebung an den Ständen ihre eigenen Erzeugnisse an. Es gab Honig und Marmeladen, frisch gebackene Brote und eingekochtes Gemüse. Kürbisse lagen in großen Haufen aufeinander. Die längsten Schlangen bildeten sich allerdings vor dem Wagen der Familie Potter, deren Hof einer der größten Milchbetriebe der Umgebung war. Die Potters hatten sich dem Wetter angepasst, und ihre frische, eisgekühlte Buttermilch war der Renner.

Cynthia, die eine große und von Mags sehr geliebte Gärtnerei betrieb, hatte aus der Not eine Tugend gemacht. Statt der frischen Blumen und Pflanzen, die sie und ihr Mann in den letzten Jahren verkauft hatten, war ihr Stand dieses Jahr voll von Gestecken und Kränzen aus getrockneten Blumen. Mags zog den Hut vor ihrer Idee. Die Hitze hätte allen Schnitt- und Topfblumen innerhalb kürzester Zeit den Garaus gemacht. So konnten die Besucher etwas kaufen, das die Temperaturen auf dem Markt und auch die Rückfahrt in den Autos oder Bussen überstand.

Der Rosehavener Gartenverein, dessen Vorsitzende Mags in diesem Jahr war, hatte wie immer einen Kalender erstellt und verkaufte ihn an einem eigenen Stand. Mags lächelte bei dem Gedanken an die Fotos des diesjährigen Kalenders.

Sie hatte gestern schon den Tag auf dem Markt verbracht, ihre Schichten am Stand übernommen und am Abend vor der Bühne mit Sam zur Livemusik getanzt.

Ein perfekter Tag, und doch konnte sie ein ungutes Gefühl nicht abschütteln. Als würde etwas auf sie warten. Sogar in Sams Armen hatte sie sich beobachtet gefühlt.

Bei dem Gedanken an Sam richtete Mags sich auf und schaute sich um. Er war nur kurz losgegangen, um ihnen etwas zu trinken zu besorgen. Doch bevor sie ihn in der Menge entdeckte, hörte sie neben sich aus dem Eingang zur Kirche zwei laute Stimmen dringen.

»Und ich sage dir, es ist nicht gottesfürchtig, in der Kirche ein Eis zu essen. Das tut man nicht.«

»Aber es ist dort kühl – und ich wette, dass er sicherlich nichts dagegen hätte. Warum sollte er in seiner Weisheit wollen, dass wir schwitzen wie die Schweine?«

»Also bitte! Benimm dich!«

Mags kicherte. Der fröhliche Singsang des amerikanischen Südstaatenakzentes verriet ihr sofort, wer dort aus der Kirche getreten war.

Georgia und Sue Ellen Ward waren zwei Schwestern, die von sich selbst sagten, in den besten Jahren zu sein. Nach Mags’ vorsichtiger Schätzung musste das irgendwo jenseits der Sechzig sein. Die pensionierten Lehrerinnen waren im Juli in Rosehaven aufgetaucht und hatten für drei Monate eines der Zimmer in Mrs Whyms’ Pension am Hafen gemietet. Jeden Morgen sah man sie gemeinsam mit Turnschuhen und Walkingstöcken ausgestattet den Strand entlangwandern und mit vollen Rucksäcken zurückkommen.

»Mags, Liebes! Wie schön, dich hier zu sehen.«

Georgia, die größere der beiden Schwestern, zog Mags in eine Umarmung und gab ihr rechts und links ein Küsschen. Sue Ellen lächelte und zwinkerte ihr zu.

Georgia begrüßte jeden auf diese Art – was Mags mit großem Amüsement beobachtete. Ihre englischen Landsleute neigten nicht gerade dazu, Körperkontakt zu suchen, und die herzliche Form einer Begrüßung bestand zumeist aus einem Kopfnicken. Ein Händedruck war schon Ausdruck größerer Zugewandtheit. Eine Umarmung, zumindest bei der älteren Generation, geradezu intim. Georgia schien oder wollte das nicht bemerken und umarmte und küsste sich fröhlich durch den Ort. Mags hatte sie und ihre Schwester von der ersten Sekunde an ins Herz geschlossen.

In ihren vollen Rucksäcken brachten die Schwestern Strandgut mit, das sie dann mit Humor und Geschick zu etwas Neuem verarbeiteten. In Resten von alten Fischernetzen glänzten Fische, die aus Dosen und Flaschen geformt waren. Schwemmholz hatten sie mit wenigen Bohrungen und etwas Farbe zu phantasievollen Mobiles verbaut. Sogar aus den alten orangenen Fischerhandschuhen, die das Meer zuhauf bei Sturm an den Strand warf, schufen die beiden Damen etwas Besonderes: orangene Wichtelmännchen, die über Zaunpfähle gestülpt fröhlich mit ihren Haaren wackelten.

Mrs Whyms hatte ihnen für ihr Hobby den kleinen Vorbau der Pension überlassen, und Mags liebte es, dort die neuen Kunstwerke der Schwestern zu bewundern.

Georgia blickte sie aus ihren großen blauen Augen an.

»Weißt du, dass wir fast alle unsere Sachen verkauft haben? Dabei ist es doch nur ein Hobby. Und ist es nicht wundervoll, dass wir sie an eurem Stand ausstellen durften? Der ganze Markt ist einfach be-zau-bernd!«

...

Erscheint lt. Verlag 21.7.2020
Reihe/Serie Mags Blake
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Agatha Christie • agatha raisin • Ann Granger • Carola Dunn • Cornwall • Cosy Crime • Cozy Crime • England • england krimi • Garten • Gärtnerin • Helford River • Hercule Poirot • Hobbdetektivin • Hobbyermittler • Jean Goodhind • Kriminalroman • Krimireihe • Küste • Mags Blake • Mary L. Longworth • Miss Daisy • Miss Marple • Rosamunde Pilcher • Rosehaven • Südengland • Thomas Chatwin • weibliche Ermittlerin • Wohlfühlkrimi
ISBN-10 3-8412-1979-9 / 3841219799
ISBN-13 978-3-8412-1979-4 / 9783841219794
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