Die schwarzen Tränen von Sines (eBook)

Inspektor Cabral ermittelt

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
352 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1886-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die schwarzen Tränen von Sines - Claudia Santana
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Vinho verde und grausame Morde im Alentejo.

Archäologen entdecken bei Ausgrabungen in der Hafenstadt Sines alte Skelette und finden dabei einen Hinweis auf eine erst seit Kurzem vermisste Person. Wie ist das möglich? Dann werden zwei Leichen gefunden, darunter die des Vermissten, und Inspektor Nuno Cabral übernimmt die Ermittlungen. Wie hängen die beiden Morde zusammen? Bald gerät die Umweltaktivistin Teresa Pinto, auf die er ein Auge geworfen hat, unter Verdacht. Als Cabral an den Leichen seltsame Symbole bemerkt, beginnt er die grausame Wahrheit zu begreifen. Aber kann er einen weiteren Mord verhindern?

Ein Wettlauf gegen die Zeit für Inspektor Nuno Cabral - vor der faszinierenden Landschaft Portugals.



Claudia Santana wurde in Hamburg geboren und lebt heute in Norderstedt. Der Liebe wegen kam sie 2009 zum ersten Mal nach Portugal. Schon bald war sie fasziniert von der Gelassenheit und Freundlichkeit der Menschen in der Hafenstadt Sines, wo die Familie ihres Mannes lebt. Für sie ist das Land wie eine Schatzkiste voller alter Geschichten, morbide und geheimnisvoll. Im Aufbau Taschenbuch ist von der Autorin lieferbar: »Der Tote von Sines«.

5


Der komplett mit grauen Kunststoffplanen abgedeckte Graben war für die Bewohner von Sines nicht mehr interessant genug, um herumzustehen und darüber zu schwadronieren. Außerdem war durch die großzügige Absperrung der Durchgang vom Largo do Castelo zum Kirchenvorplatz versperrt. Fußgänger mussten den Umweg über die Rua Teófilo Braga machen. Nicht einmal der Posten der GNR war noch vor Ort.

Cabral und Gouveia waren also die einzigen Menschen, die sich um die Absperrung nicht scherten und geradewegs auf das verhüllte Loch zusteuerten. Sollte womöglich doch jemand einen flüchtigen Blick in die Gasse werfen, würden sie Cabral als Chefinspektor erkennen und beruhigt sein.

Er hatte Gouveia begleitet, um zu kontrollieren, was dieser vorhatte. Er hatte das Gefühl, dass der Ex-Präsident genauso gelangweilt war wie er selbst. Begierig stürzte der sich auf irgendetwas, in der Hoffnung auf eine sich eventuell offenbarende Sensation.

»Es geht ganz schnell«, sagte Gouveia. »Ich weiß ziemlich genau, wo die Stelle ist. Du brauchst nur die Plane anzuheben, und ich schlüpfe darunter.«

»Sie schlüpfen darunter …«, wiederholte Cabral brummig. »So etwas Bescheuertes. Wenn das jemand sieht … Verdächtiger geht es nicht.«

»Dann heben wir sie eben einfach hoch und schlagen sie zurück. Ganz offen, wenn du meinst, dass das besser aussieht. Aber nun mach schon. Ich glaube, hier müsste es sein. Es war ziemlich nah an dem obersten Ende in Richtung der Burgmauer.«

Cabral blickte sich noch einmal um, bückte sich und nahm die Plane in die Hand. Gouveia ging in die Hocke und duckte sich darunter. Er machte einen kleinen Satz und war verschwunden. Plötzlich hörte Cabral Schritte hinter sich. Er ging ebenfalls in die Hocke und begann an der Plane zu ziehen und zu zerren. Ein alter Mann mit einem krummen Krückstock tauchte innerhalb der Absperrung hinter ihm auf. Er blieb stehen und sah ihm über die Schulter.

»Alles verrutscht hier«, fluchte Cabral. »War wohl zu windig.«

Windig. Was rede ich für einen Schwachsinn. Seit Tagen weht kein Lüftchen.

Aber der alte Mann gab nur einen unbestimmten Brummlaut von sich und entfernte sich wieder. Cabral atmete auf.

»Was ist denn jetzt?«, rief er verhalten in Gouveias Richtung. Der gab keine Antwort, was ihn beinahe auf die Palme brachte. Nach zwei oder drei weiteren zermürbenden Minuten war Gouveia wieder da. Wie ein Wiesel, das aus seiner unterirdischen Höhle auftauchte. Er grinste, sagte aber nichts. Sorgfältig deckten sie alles wieder ab. Cabral fühlte sich, als wäre er nicht Polizist, sondern ein Verbrecher, der seine Spuren verwischt. Anschließend machten sie sich davon, als wäre nichts geschehen.

»Wohin wollen Sie denn jetzt? Nun sagen Sie doch etwas!« Cabral folgte Gouveia, der leichtfüßig und augenscheinlich zehn Jahre jünger die Gasse hinuntertrabte. Es musste ein außergewöhnlich interessanter Fund sein.

»Zu Azevedo.«

»Dem Zahnarzt?«

»Zahntechniker.«

»Von mir aus auch das. Und was soll das?«

»Wirst du schon sehen.«

Sie erreichten den kleinen Platz Largo 5 de Outubro und bogen an der ersten Häuserecke scharf rechts ab. Vor der dritten Tür in der Reihe stoppte Gouveia. Die Fassade des Hauses war vollständig mit Keramikfliesen verkleidet. Bedauerlicherweise nicht mit kunstvollen Azulejos, die Landschaften oder Pflanzenornamente zeigten und manchmal in kunstvollen Bildern die Geschichte des Landes erzählten. Blau-weiß waren diese zwar auch, aber das Dekor war billig, an vielen Stellen verblasst und mit Rissen durchsetzt wie ein trockenes Flussbett.

Gouveia klopfte zweimal, dann noch mal und wiederholte das Ganze ein weiteres Mal. Es war, als ahmte er einen Herzschlag nach. Cabral ahnte, was das zu bedeuten hatte.

Die Tür öffnete sich, und ein alter Mann erschien. Kurz wirkte er erstaunt, dann breitete sich Freude auf seinem Gesicht aus. Er war so schmal und wirkte so fragil, dass Cabral befürchtete, ein kräftiger Wind vom Atlantik auf offener Straße würde ihn wahrscheinlich aus den Schuhen wehen. Weißes Haar umrahmte sein Gesicht. Kluge kleine Knopfaugen hinter einer Brille mit feuerroter Fassung sahen sie an. Er breitete die Arme aus, und Gouveia umarmte ihn herzlich. Cabral hatte Sorge um die Knochen des Mannes, der zart wie ein Vögelchen schien.

»Nuno, ich möchte dir Marco Azevedo vorstellen«, sagte Gouveia, als er von dem anderen abließ. »Er ist …«

»… ein alter Freund von Ihnen. Natürlich.« Das ungewöhnliche Klopfzeichen hatte Cabral bereits ahnen lassen, dass auch der alte Azevedo, genau wie Gouveia, Acacio Fernandes von der Busstation und seine Pensionswirtin Dona Augusta, zu den Kämpfern der Resistência gegen Salazar gehört hatte.

»Lass uns in deine Werkstatt gehen«, drängte Gouveia. Azevedo ging voraus in einen angrenzenden Raum, ohne nach dem Grund zu fragen. »Du hast doch sicher Lupen, oder?«

Jetzt dämmerte Cabral, was hier vor sich ging. Azevedo fertigte in seiner Werkstatt Zahnersatzteile aller Art an, und natürlich hatte er für die Feinarbeiten neben seinen Werkzeugen auch Lupen. Azevedo drehte sich im Kreis in die eine und wieder in die andere Richtung, als schien er sich plötzlich in seiner eigenen Werkstatt nicht mehr auszukennen. Dabei schmiss er sich die Enden seines Schals wie ein Operntenor über die Schulter. Gouveia ließ ihm Zeit, bis er sich gesammelt hatte.

»Setzt euch hierher«, sagte Azevedo und zog zwei Stühle an den Arbeitstisch heran. Über allem lag feiner weißer Schleifstaub. Azevedo baute eine Lupe auf, die wie eine Leselupe aussah, hinter die sich Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit ein Buch klemmen konnten. Die Vergrößerung war enorm.

Nun endlich zog Gouveia seinen Fund aus der Hosentasche. Er hielt ihn in der geschlossenen Hand wie nach einem Beutezug triumphierend in die Höhe, dann öffnete er die Faust. Auf seiner flachen Hand lag ein Manschettenknopf.

»Mestre«, stöhnte Cabral. Die Show, die Gouveia abzog, nervte ihn.

Gouveia legte das Schmuckstück hinter das Vergrößerungsglas. Deutlich trat eine Prägung hervor.

»Mein Gott, ist der hässlich«, stieß Cabral hervor. Gouveia und Azevedo wandten sich beide gleichzeitig zu ihm um. »Ich meine ja nur. Wer trägt denn Manschettenknöpfe mit Löwenköpfen? Wer trägt heutzutage überhaupt noch Manschettenknöpfe, wenn man es genau nimmt? Nicht einmal ich …«

»Ältere Herren?«, warf Gouveia ein.

»Oder Geldsäcke«, ergänzte Cabral.

»Zuhälter.« Cabral und Gouveia sahen Azevedo an. Dass der so viel Phantasie hatte, überraschte sie.

»Wir sind uns doch wohl einig, dass so ein Manschettenknopf nicht schon Hunderte von Jahren in der Erde gelegen hat«, überlegte Gouveia laut. »Die Studenten tragen so etwas nicht bei der Arbeit. Also muss jemand unbefugt dort unten gewesen sein, nachdem das alles aufgerissen worden ist.«

»Geldsäcke und Zuhälter kriechen bestimmt nicht zum Spaß in dem Loch herum. Schon gar nicht in einem Aufzug, zu dem dieses Schmuckstück passen würde«, meinte Cabral. »Ältere Herren ebenso wenig. Es sei denn …«

»Was?«

»Ach, nichts.« Es sei denn, sie heißen Mário Gouveia, wollte er sagen, aber er verkniff es sich.

»Da sind Buchstaben auf der Rückseite. Ihr habt euch nur die Vorderseite mit diesem entsetzlich geschmacklosen Tierkopf angesehen.«

Gouveia nahm ihm den kleinen Gegenstand aus der Hand und hielt ihn erneut hinter das Vergrößerungsglas, nur andersherum.

»Tatsächlich«, sagte er. »Hier ist etwas eingraviert. Sieht aus wie ein E und ein N. Nein, kein E. Der eine Strich ist nur ein Kratzer. Das ist ein F. F und N. FN. Ganz sicher Initialen.«

»Dann seht mal zu, wie ihr das Rätsel löst.« Azevedo nahm eine Zigarette aus der Packung, ein Feuerzeug und ging vor die Tür. Cabral und Gouveia blieben sitzen, obwohl Cabral es dem alten Mann nur zu gerne gleichgetan hätte. Doch er versuchte diesmal ernsthaft, sich das Rauchen abzugewöhnen. Dona Augusta wurde nicht müde, ihm dazu zu raten. Aus gesundheitlichen Gründen und weil sie der Geruch des kalten Rauchs störte, der in seinen Klamotten hing, wenn er vom Dienst kam. Sie befürchtete wahrscheinlich, dass sich dieser Geruch irgendwann auch in den Wänden ihrer ehrenwerten Pension einnisten würde. Cabral respektierte die alte Dame, daher gab er sich wirklich Mühe, sich selbst zu disziplinieren.

»Was können wir tun?«, fragte Gouveia. »Mich würde sehr interessieren, wer der Besitzer von dem Ding ist.« Er drehte den schimmernden Knopf in den Fingern hin und her.

»Steigern Sie sich da in nichts hinein, Mestre. Das mag völlig uninteressant und banal sein«, erwiderte Cabral nüchtern.

»Kann sein. Kann aber auch anders sein. Du hast gedacht, ich hab sie nicht alle, als ich Fotos machen wollte, und auch, als ich den Fleck auf den Bildern gesehen habe. Aber ich habe Recht behalten. Und ich schwöre dir, da steckt noch mehr dahinter. Es tut doch keinem weh, ein paar Nachforschungen anzustellen. Wenn nichts dabei herauskommt, bitte sehr, dann ist das Thema erledigt. Aber wenn doch …«

»Und wie stellen Sie sich das vor?«

»Ich könnte hiervon noch ein paar gute Close-ups machen. Die stelle ich auf meine Facebook-Seite und frage, ob jemand dieses Ding schon einmal gesehen hat.«

...

Erscheint lt. Verlag 21.7.2020
Reihe/Serie Portugiesische Ermittlungen
Portugiesische Ermittlungen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alentejo • Gil Ribeiro • Jean-Luc Bannalec • Kapverdische Inseln • Leander Lost • Lissabon • Luis Sellano • Maria Dries • Portugal • Portugalkrimi • portugiesischer Krimi • Sines • Sommerurlaub • Urlaub • Urlaubskrimi
ISBN-10 3-8412-1886-5 / 3841218865
ISBN-13 978-3-8412-1886-5 / 9783841218865
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