Der erste König (eBook)

Historischer Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
896 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-23295-5 (ISBN)

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Der erste König - Sabrina Qunaj
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Britannien im 8. Jahrhundert: Der junge Adlige Offa träumt davon, ein großer Krieger Mercias zu werden und das Land gegen die Waliser zu verteidigen. Doch als der König hinterhältig getötet wird, steht Offa plötzlich vor einer gewaltigen Aufgabe: Er selbst wird zum neuen König ernannt und soll die angelsächsischen Reiche unter Mercia einen. Die Krone verschafft ihm mächtige Feinde. Nicht zuletzt wegen der mysteriösen, schönen Drida, die vom fränkischen König Karl zum Tode verurteilt und auf dem offenen Meer ausgesetzt wurde. Als sie an Britanniens Küste gespült wird, bringt sie nicht nur Offas Herz sondern auch sein Reich in größte Gefahr ...

Sabrina Qunaj wurde im November 1986 geboren und wuchs in einer Kleinstadt der Steiermark auf. Nach der Matura an der Handelsakademie arbeitete sie als Studentenbetreuerin in einem internationalen College für Tourismus, ehe sie eine Familie gründete und das Schreiben zum Beruf machte. Sabrina Qunaj lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in der Steiermark.

KAPITEL 1


Averdun, Königreich Mercia, Oktober 747


Offa blickte auf seine Heimat hinab.

Sie brannte.

Die Reetdächer der Siedlung, die sich ans schilfgesäumte Ufer des Avon schmiegten, standen lichterloh in Flammen. Eine Rauchwolke schwebte unheilvoll über den Hügel hinweg, der sein Zuhause im Osten begrenzte. Die Schleier krochen über zerklüftete Felsen, die aus dem Gras lugten und ihm und seiner Schwester früher Verstecke in ihrem Spiel geboten hatten.

»Eadburh!«

Offa wollte losreiten, er schlug die Fersen in den Bauch seines Pferdes. Aber ehe es gehorchen konnte, griff eine behandschuhte Hand in seinen Zügel und riss den Kopf des Tiers herum.

»Warte, Junge.« Eine Mahnung, die keine Widerrede duldete.

Offa fuhr herum zu dem alten Krieger an seiner Seite. Es war ihm egal, dass dieser ein Aldermann und zudem der Bruder des Königs war. Jetzt musste er handeln. »Meine Schwester! Sie ist dort unten!«

»Ich sagte, warte.« Helle Augen unter schmalen grauen Brauen sprachen eine Warnung, und Offa fluchte, im Wissen, dass er machtlos war.

Er blickte wieder auf die brennende Siedlung hinab, versuchte, von seiner erhöhten Position aus Genaueres auszumachen, seine Schwester zu finden. Aber er konnte keine Gesichter erkennen, dafür war er zu weit weg. Er sah fliehende Menschen, die schutzsuchend die steilen Hänge hinaufliefen. Die Herbstfarben der Laubbäume verblassten, alles verwandelte sich in ein düsteres Grau, beleuchtet von einer unbeteiligt scheinenden Sonne. Schon von Weitem hörte Offa die Schreie der Fliehenden, ebenso wie die jener, die zu langsam waren, um zu entkommen.

Seine Hand umschloss die beiden Anhänger, die er um den Hals trug – das christliche Kreuz und den Valknut, ein heidnisches Symbol, das ihn stets an seine Abstammung vom alten Gott Wōden erinnern sollte. Er betete darum, dass sie seine Schwester beschützten.

»Waliser?«, fragte Osmond, einer von Aldermann Heardberhts Männern, und bezog sich damit auf das britische Volk, die Einheimischen dieser Insel.

Offa und seine Begleiter waren Angelsachsen. Ihre Vorfahren waren vor Hunderten von Jahren auf die Insel gekommen und hatten sie zum Großteil erobert.

Der alte Krieger neigte den Kopf und lehnte sich im Sattel vor. »So weit weg von der Grenze. Junge, mach dich nützlich: Wie viele zählst du?«

Offa ballte die Hände zu Fäusten und blickte zu den dunklen Gestalten, die auf ihren Bergponys zwischen den Hütten und ihren Gärten entlangpreschten. Sie ritten über abgeerntete Gerstenfelder und hielten auf die Grubenhäuser mit ihren bis zum Boden reichenden Giebeldächern zu. Dort waren die Vorräte gelagert, weit weg vom Fluss, um sie vor Überschwemmungen zu schützen. Die große Halle im Herzen der Siedlung war hinter all dem Rauch kaum noch zu sehen, da waren nur noch die rot flackernden Lichtpunkte der Flammen.

Es war ein unwirklicher Anblick. Offa wollte die Zahl der Feinde nicht aussprechen, als er sah, dass sie Aldermann Heardberhts kleine Truppe weit übertraf.

»Vielleicht zwei Dutzend«, sagte er.

Osmond zu seiner anderen Seite schnaubte laut. »Wenn man die außer Acht lässt, die der Rauch verbirgt.«

»Wir können sie trotzdem vernichten!«

Eine brennende Unruhe machte sich in Offa breit. Er griff nach dem Heft des Kurzschwertes, das Aldermann Heardberht ihm vor nunmehr vier Jahren gegeben hatte. Damals war Offa dreizehn gewesen und hatte seiner ersten Schlacht entgegengeblickt.

Er wollte losreiten, sich in den Kampf stürzen, sein Heim verteidigen – und vor allem seine Schwester finden. Angespannt sah er seinen Herrn an, wartete auf eine Regung.

Schließlich nahm der Aldermann seinen am Sattel festgebundenen Helm, setzte ihn auf und zog den Schild, den er über die Schulter gehängt hatte, nach vorne.

»Zu den Waffen, Männer.«

Heardberht sprach ruhig, und trotzdem peitschten die Worte Offa und alle anderen hoch. Regung kam in ihre Truppe aus acht Männern. Sie würden dem Gemetzel nicht tatenlos zusehen.

»Die Waliser erwarten keinen Angriff«, sagte Heardberht an seine Männer gewandt. »Sie sind weit verstreut. Wir werden sie einen nach dem anderen für diese Untat büßen lassen.«

Die Glocken des nahen Klosters von St. Peter an den unteren Ausläufern des Averdun-Hügels erklangen, und ein Schauer fuhr Offas Rücken hinab. Die Mönche läuteten Alarm, dabei sollten sie doch nichts zu befürchten haben. Waliser hatten es für gewöhnlich nicht auf Geistliche abgesehen, sondern auf Rinder und die frisch eingebrachte Ernte. Offa kannte diese Raubzüge gut. Er selbst hatte schon mehr als einmal Aldermann Heardberht hinter die Grenzen begleitet, um zurückzuholen, was die Feinde ihnen genommen hatten. Und dann waren sie wieder zu ihnen gekommen. Es gehörte dazu, aber bislang war es nie persönlich gewesen. Bislang waren sie nie bis zu seinem Zuhause vorgedrungen, wo seine Eltern und seine kleine Schwester lebten.

»Du hältst dich raus«, befahl Heardberht und zog sein Schwert aus der Scheide.

»Es ist meine Familie!«

»Gerade deshalb.« Heardberht sah ihn noch einen Augenblick lang warnend an, dann gab er den anderen Männern das Zeichen zum Angriff.

Die Krieger trieben ihre Pferde vorwärts und galoppierten die Anhöhe hinunter in den Qualm. Offa starrte ihnen hinterher, fassungslos über diesen aberwitzigen Befehl. Er wartete nur kurz, dann folgte er ihnen. Er war siebzehn Jahre alt und kampferfahren – er hatte nicht vor, hier untätig zuzusehen.

Entschlossen trieb er den kleinen braunen Wallach vorwärts und versuchte, nicht zu weit hinter Heardberht und seiner eingeschworenen Truppe zurückzubleiben. Die Krieger zogen ihre Schwerter. Er tat es ihnen gleich.

Dann sah er einen Waliser die Tür eines Vorratshauses am Hügel eintreten. Es lag gleich hinter dem Zaun, der die Siedlung umschloss – und Offa hatte ein Ziel gefunden. Er hielt direkt auf den Holzzaun zu und betete, dass sein Pferd ihn nicht im Stich ließ.

»Komm schon, komm schon.« Er presste die Schenkel zusammen, fasste mit einer Hand in die Mähne.

Der Wallach sprang ab. Offa ließ sich vom Schwung des Satzes aus dem Sattel heben, es war nur ein Herzschlag des Fliegens, dann fand er sich mit einem harten Aufprall auf der anderen Seite wieder, innerhalb der Umzäunung seines Heims. Aber für Erleichterung war keine Zeit, in ihm toste ein brennendes Verlangen zu töten. Er kannte dieses Gefühl. Er hatte nicht nur in Grenzscharmützeln gekämpft, sondern auch an der Seite von Königen in einer gewaltigen Schlacht.

Aber heute war etwas anders.

Nie hatte er Angst gehabt. Nie zuvor hatte er dieses laue Bangen in seinem Magen gespürt: die Furcht, etwas zu verlieren, was ihm teuer war. Und wenn es nur ein einziges Gerstenkorn war aus nur einer einzigen Ähre, die auf seinem Boden gewachsen war, auf einem goldenen Feld, durch das er mit Eadburh gelaufen war.

Der Feind verschwand im dunklen Inneren der Hütte, und Offa sprang aus dem Sattel. Es mochte unklug sein, den Vorteil des Pferdes aufzugeben, aber er musste den Mann aufhalten, bevor er womöglich ein weiteres Feuer legte.

Um ihn herum hörte er Rufe aufbranden, sie klangen nun auch in der walisischen Sprache. Heardberht und seine Männer waren entdeckt worden.

Aber im nächsten Moment war es still. Offa trat über zwei nach unten führende Stufen ins staubige Zwielicht der herabgesenkten Hütte, und sofort erkannte er die kleingewachsene Gestalt, die sich über die Fässer beugte. Der Waliser musste die Veränderung des Lichtspiels bemerkt haben – Offas Körper verdeckte einen Gutteil der Tür –, denn er fuhr sofort herum, ein langes Messer in der Hand.

»Du bist tot«, knurrte Offa, und er musste nicht Walisisch verstehen, um zu hören, dass sein Gegenüber fluchte.

Der Mann sah sich nach einem Fluchtweg um, aber in dem kleinen, fensterlosen Vorratshäuschen konnte er nirgendwohin. Feigling.

Schwarze Augen starrten ihn an. Die Haut des Walisers war sonnengebräunt, aber ihr war auch anzusehen, dass sie von Natur aus einen dunkleren Ton hatte, so wie bei den meisten Walisern. Schwarzes, kurz geschnittenes Haar klebte dem Mann schweißnass auf dem Kopf. Er war nicht gerüstet, das waren Waliser selten. So blieben sie schnell und wendig. Aber auch Offa trug nicht mehr als ein gefüttertes, abgestepptes Hemd, das nur wenig vor Hieben schützte. Er besaß keinen wertvollen Ringpanzer.

Offa machte einen Schritt auf seinen Gegner zu, entschlossen, ihn büßen zu lassen, als er selbst ein Flackern in den spärlichen Sonnenflecken auf der gegenüberliegenden Wandseite bemerkte. Der Blick des Mannes huschte an Offa vorbei, fast unmerklich – aber genug, um ihn zu warnen.

Offa drehte sich blitzschnell zur Seite, fort von der Tür und an die Wand. Keinen Herzschlag lang zu früh: Eine Klinge sauste haarscharf an ihm vorbei.

Seines Widerstands beraubt, taumelte der Angreifer die beiden Stufen hinunter ins Innere. Offa überlegte nicht lange. Er packte seinen ausgestreckten Arm, drehte ihn herum, sodass ihm die Waffe aus der Hand fiel, und jagte ihm sein Schwert in die Nieren.

Ein dumpfer Laut kam dem Mann über die Lippen, er sackte zusammen, aber Offa hielt ihn als Schutzschild aufrecht, denn jetzt stürmte der andere Waliser von den Getreidefässern mit wildem Gebrüll auf ihn zu. Offa stieß ihm seinen sterbenden Landsmann entgegen, drehte das bluttriefende Schwert in der Hand, um noch einmal zuzuschlagen … als...

Erscheint lt. Verlag 17.8.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Abenteuerroman • Angelsachsen • Britannien • Die Tochter des letzten Königs • eBooks • Englisches Mittelalter • Herrschaft • Historienroman • Historische Liebesromane • Historische Romane • Historischer Roman 2020 • Karl der Große • Königreich • Liebesromane • Mittelalterroman • Rebecca Gablé • Taschenbuch • Thronfolger
ISBN-10 3-641-23295-3 / 3641232953
ISBN-13 978-3-641-23295-5 / 9783641232955
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