Meine liebe Familie (eBook)

Thriller

(Autor)

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2020
Goldmann Verlag
978-3-641-24525-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Meine liebe Familie - Sarah Alderson
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Mit ihrem Mann und ihren zwei bildhübschen Töchtern führt Ava ein beneidenswertes Leben. Bis zu einer grauenvollen Nacht, als zwei Maskierte in ihre Villa eindringen und sie und ihre Tochter June bedrohen. Schüsse fallen - und Ava wacht später schwer verletzt im Krankenhaus auf. Sie muss erfahren, dass die 12-jährige June im Koma liegt, doch damit beginnt der Albtraum erst. Denn Ava und ihre Familie sind nicht zufällig Opfer eines Verbrechens geworden. Um die Menschen, die sie liebt, zu schützen, muss Ava herausfinden, was in der Nacht des Überfalls wirklich geschah. Nur wem kann sie vertrauen, wenn sie selbst ein Geheimnis verbirgt?

Sarah Alderson ist eine britische Roman- und Drehbuchautorin. Sie ist in der ganzen Welt herumgereist und lebte u. a. in London und Bali, bevor sie mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter nach Kalifornien zog.

2


Tag 1: Zuvor

»Eine Affäre?«

Laurie reicht mir die Olive aus ihrem Martini und nickt.

»Du denkst wirklich, Dave hat eine Affäre?« Verwundert schüttele ich den Kopf. Das glaube ich keine Sekunde lang. Der Gedanke ist absurd. Eher würde ich vermuten, dass er der Große Hexenmeister des Ku-Klux-Klans ist.

Laurie stürzt ihren Martini in einem Zug hinunter. »Er weicht mir schon seit Monaten aus, arbeitet bis spät abends und verweigert sich jedem Gespräch.«

»Das ist ja mal was ganz Neues«, spotte ich, merke aber sofort, dass ich nicht nonchalant über die Sache hinweggehen sollte. Laurie ist todernst. Ich strecke den Arm aus und nehme ihre Hand. »Entschuldigung. Es fällt mir nur schwer, mir das vorzustellen.«

Meine Freundin ringt sich ein angespanntes Lächeln ab und bedeutet dem Kellner, ihr noch einen Martini zu bringen.

Jetzt begreife ich auch, warum sie den Tränen nahe schien, als sie mich anrief und um das Treffen bat. Eigentlich war ich mit Robert zum Dinner verabredet. Er hatte vollkommen überraschend unseren Hochzeitstag feiern wollen (wobei er zugeben musste, dass Hannah ihn daran erinnert hatte), und da seine letzte Einladung bestimmt dreihundert Jahre zurücklag, hatte ich mich richtig darauf gefreut. Er war nicht sehr glücklich, als ich das Essen verschob. Laurie hat mir aber schon so oft zur Seite gestanden, dass ich mich in dieser Stunde der Not nicht aus der Verantwortung stehlen konnte.

»Hast du denn Beweise?«, frage ich Laurie, immer noch skeptisch.

»Was meinst du damit? Lippenstift am Kragen? Kreditkartenbelege für ein Motel 8?« Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Ich weiß einfach, dass da irgendetwas läuft.«

Ich trinke einen großen Schluck von meinem Wein und versuche, Lauries Verdacht ernst zu nehmen, aber es gelingt mir nicht. Dave ist Dave. Wenn die Antwort bei einer Spielshow »abhängig« lauten würde, dann müsste die Frage dazu lauten: »Was ist Dave?« Laurie und er sind nun schon fünfzehn Jahre zusammen. Ich war Brautjungfer bei ihrer Hochzeit und bin Patentante ihres Sohns Cory, der gerade aufs College gekommen ist.

Bei vielen Ehemännern meiner Freundinnen würde ich darauf wetten, dass sie nichts anbrennen lassen – in einer kleinen Stadt wie der unseren fliegen die Gerüchte wie die geflügelten Affen aus dem »Zauberer von Oz« durch die Gegend –, aber nicht Dave. Niemals. Zwei Jahre hat er gebraucht, um all seinen Mut zusammenzunehmen und Laurie zu fragen, ob sie mit ihm ausgehen würde. Und selbst dann musste er Robert und mich dazubitten, weil er Angst hatte, vor Nervosität kein Wort herauszubringen.

»Bist du sicher, dass du keine voreiligen Schlüsse ziehst?«, frage ich Laurie. »Das klingt gar nicht nach dem Dave, den ich kenne.«

Sie schnaubt. »Wie gut kennt man einen Menschen schon?«, kontert sie und zieht eine Augenbraue hoch.

Der Satz ist eine Überlegung wert.

»Er ist wie verwandelt«, fährt Laurie fort. »Plötzlich nimmt er sich Zeit für sich. Morgens steht er immer in aller Herrgottsfrühe auf und macht diese komische Sieben-Minuten-Gymnastik.«

Ich schaue sie irritiert an.

»Siri brüllt Befehle, und du machst Hampelmänner«, erläutert meine Freundin. »Das ist so eine Art Midlife-Crisis-App, mit der sich irgendjemand in der Welt eine goldene Nase verdient.« Sie wirft mir einen schnellen Blick zu, als sei ihr der Kommentar peinlich, dann tut sie es mit einem Achselzucken ab und fährt fort: »Und kürzlich fand ich all diese Fläschchen im Badezimmerschrank – lauter Pillen und Öle und Salben.«

»Pillen?«, wiederhole ich.

Sie tippt sich an den Kopf, und ich denke unwillkürlich an Antidepressiva. Dave hat früher schon welche genommen, das weiß ich, aber wer tut das nicht heutzutage? Die Ärzte werfen damit um sich wie mit Bonbons.

»Wegen der Haare«, stellt Laurie richtig. »Um ihr Wachstum anzuregen. Wir sind pleite, doch er leistet sich Schlangenöl, damit die Haare wieder sprießen. Dabei hat er seit Ewigkeiten eine Glatze, Ava. Eine Billardkugel ist nichts dagegen.«

Ich verkneife mir ein Lächeln, während der Kellner meiner Freundin einen weiteren Martini hinstellt.

»Was hast du denn gedacht, als ich von Pillen sprach?«, hakt Laurie nach und sieht mich über den Rand ihres Glases hinweg an. »Dass er Viagra nimmt?«

Unverbindlich zucke ich die Schultern.

»Darüber wäre ich sogar froh!«, faucht Laurie. »Ich kann mich nicht einmal erinnern, wann wir zum letzten Mal Sex hatten. An meinem Geburtstag wahrscheinlich. Wie lange ist das her? Sechs Monate? Und glaub mir, um die Kerzen auf meinem Geburtstagskuchen auszublasen, habe ich mich mehr verausgaben müssen. Und auch der Kuchen war besser, obwohl er vegan war. Denk doch mal nach.«

Ich trinke einen Schluck Wein und versuche, nicht darüber nachzudenken. Stattdessen wandern meine Gedanken zu Robert. Wann hatten wir das letzte Mal Sex? Letzte Woche? Nein, letzten Monat. Genau. Nach Junes Schulaufführung. Und er war ziemlich gut, definitiv besser als Kuchen, vegan oder sonst wie. Er war immer gut, wenn auch in letzter Zeit etwas sporadisch. Andererseits sind wir auch schon zweiundzwanzig Jahre zusammen, seit ich eine naive Neunzehnjährige war, daher ist es vermutlich keine große Überraschung, dass unser Sexleben auf dem absteigenden Ast ist. Die Tatsache, dass wir noch zusammen sind, Sex haben, wie selten auch immer, und uns nicht auf den Tod hassen, kommt mir wie eine Erfolgsgeschichte vor – wenn man bedenkt, wie viele Ehen unserer Freunde in der Gosse und dann vor dem Scheidungsrichter gelandet sind. Abgesehen davon verliert das Sexualleben mit Erreichen des vierzigsten Lebensjahrs sowieso an Bedeutung.

Ich lenke meine Aufmerksamkeit wieder auf Laurie. »Gut. Dave bringt sich also in Form. Wieso sollte das bedeuten, dass er eine Affäre hat? Vielleicht möchte er einfach nur mit dir mithalten können.«

Laurie ist einundvierzig, wie ich. Sie hat pechschwarze Haare und ein kantiges Gesicht, das die meisten Menschen als eindrucksvoll, wenn nicht gar als schön bezeichnen würden. Sie ist groß und schlank und hat nie in ihrem Leben Sport treiben müssen, um ihr Gewicht zu halten, was man von mir nicht behaupten kann. Ich muss härter dafür ackern als Beyoncé bei der Super-Bowl-Show und werde trotzdem nie wieder so aussehen wie vor der Geburt meiner Kinder. Von dieser Vorstellung kann ich mich verabschieden, wie von Millionen anderen auch.

Laurie stürzt den halben Martini hinunter und stellt das Glas ab. »Neulich habe ich ihn im Badezimmer belauscht. Er meinte wohl, ich schlafe. Ich bin aufgestanden, weil ich pinkeln musste, und höre ihn im Bad in sein Handy flüstern. Er sagte, er werde da sein, das verspreche er. Er müsse nur noch einen Weg finden, damit ich nicht dahinterkomme.«

»Vielleicht hat er eine Überraschung für deinen Geburtstag organisiert.«

Laurie blickt mich finster an. »Um drei Uhr morgens?«

Da hat sie nicht ganz unrecht … aber dennoch. »Warum hast du ihn nicht einfach zur Rede gestellt?«

»Hab ich doch.«

»Und?«

»Angeblich hatte sich jemand verwählt. Um drei Uhr morgens. Für wie bescheuert hält der Mann mich? Am nächsten Tag habe ich sein Handy kontrolliert.«

»Und?«

»Er hatte die Anrufliste gelöscht. Wer tut denn so etwas? Nur ein Mann mit einem schlechten Gewissen, klarer Fall.«

Laurie beugt sich näher zu mir und schaut sich verstohlen in der Bar um. Wir leben in einer kleinen Stadt, wo jeder jeden kennt, aber mitten in der Woche ist es im The Oak halb leer, also besteht keine Gefahr. »Ich nehme an, es ist jemand von der Arbeit«, sagt sie. »Wenn er nach Hause kommt, riecht er oft nach Parfüm. Und zwar nach einem billigen, aufdringlichen, so wie es eine Stripperin in Las Vegas tragen würde.«

Ich lehne mich zurück und mustere meine Freundin. Ist das Lauries Ernst? Dave ist der Geschäftsführer einer Weinstube hier in der Stadt. Ich weiß, dass dort ein paar jüngere Frauen arbeiten, Hipster aus L.A., die in den Norden gezogen sind, in unser kleines idyllisches Tal. Sie kleiden sich wie in »Unsere kleine Farm«, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Dave eine von ihnen verführt haben soll. Nicht dass Dave nicht attraktiv wäre – er hat einen wunderbar komischen Humor –, aber Brad Pitt ist er nicht gerade. Eher William H. Macy.

Laurie stochert in ihrem Glas nach der widerspenstigen Olive, immer wilder und ungehaltener. »Ich habe schon daran gedacht, einen Privatdetektiv anzuheuern.«

Ich verschlucke mich fast an meinem Wein. »Im Ernst?«, frage ich ungläubig. Es klingt zu sehr nach film noir; Menschen im normalen Leben tun so etwas nicht.

Doch meine Freundin lächelt keineswegs. »Absolut.« Wieder sticht sie nach der Olive, dieses Mal derart heftig, dass das Paprikaherz herausflutscht. »Leider kann ich mir keinen leisten«, erklärt sie mit einem Seufzer.

Meine Wangen werden heiß, und ich trinke noch einen Schluck Wein. Geld ist ein heikles Thema, und ich meide es tunlichst, wenn ich mit Laurie zusammen bin. Mir ist bewusst, dass Dave und sie mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben, aber ich habe meine Lektion gelernt. Nicht dass ich ihr jemals anbieten würde, einen Privatdetektiv für sie zu bezahlen, denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Dave sie betrügt. Lauries Beweis ist nicht gerade das, was ein Strafverfolger als hieb- und stichfest bezeichnen würde.

Laurie gleitet von ihrem Barhocker herunter und begibt sich leicht wankend zur Toilette. Ich bitte den Kellner, uns zwei Gläser Wasser zu bringen. Während ich auf Laurie warte, denke ich über ihre Bemerkung nach. Darüber, dass man einen Menschen nie richtig kennt. Stimmt das? Nein. Ich würde es...

Erscheint lt. Verlag 18.5.2020
Übersetzer Claudia Franz
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel In Her Eyes
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Beschäftigung Erwachsene • eBooks • Killing Eve • Krimi Neuerscheinungen 2020 • Lügen • Neuerscheinungen Bücher 2020 • Psychothriller • The Wife Between Us • Thriller • Twists • Überfall
ISBN-10 3-641-24525-7 / 3641245257
ISBN-13 978-3-641-24525-2 / 9783641245252
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