In deiner Schuld (eBook)

Thriller

(Autor)

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2020
Penguin Verlag
978-3-641-24494-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

In deiner Schuld - Sabine Durrant
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Er hat deinem Sohn das Leben gerettet. Jetzt stehst du in seiner Schuld ...
Ein Strandurlaub sollte ihre Ehe retten. Doch der kleine Josh kam den Fluten zu nah. Nur für Sekunden hatten Tessa und Marcus ihren Sohn aus den Augen gelassen - dafür werden sie teuer bezahlen ... Denn in diesem einen Moment der Unaufmerksamkeit sprang ein Fremder ein und rettete ihn vor dem Ertrinken. Und jetzt ist dieser Mann in ihrem Leben. Tessa und Marcus wissen: Sie schulden ihm viel. Doch wieder zu Hause in London entdeckt Tessa ihn auf den Straßen, die sie entlanggeht. Er taucht in dem Büro auf, in dem Marcus arbeitet. Er klopft an ihre Haustür ... Und langsam beschleicht die beiden das Gefühl, dass er mehr von ihnen will, als sie zu geben bereit sind: ihre Freiheit, ihre dunkelsten Geheimnisse. Und vielleicht sogar ihr Leben?

Sabine Durrant lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in London, wo sie als Autorin und Journalistin arbeitet. Sie schreibt unter anderem für den Guardian, den Daily Telegraph sowie die Sunday Times und hat bereits mehrere Kinderbücher und Romane veröffentlicht, die in bis zu 15 Sprachen übersetzt wurden.

Er


Jeremy, ein Kontaktmann bei der Financial Times, hatte die griechische Insel vorgeschlagen. Er war einige Jahre hintereinander hingefahren, als seine Kinder noch klein waren. Ich war skeptisch, denn ich betrachtete mich immer noch als einen Menschen, der seine Ferien auf Ibiza verbringt: himmelbettähnliche Sonnenliegen, aufgereiht am Strand wie aufgemotzte Panzer, wummernde Barmusik, Sangria in mit Kondenswasser beschlagenen Gläsern. Doch Tessa hatte schon immer einen bescheideneren Geschmack gehabt, und außerdem hatten wir Josh. Deshalb musste sogar ich einräumen, dass wir etwas Ruhigeres brauchten. Sanfte Wellen: in Ordnung. Kontakt zu anderen Kindern: okay. Ein Haus, das sich mühelos mit dem Kinderwagen ansteuern ließ: Gott steh mir bei.

Es war der erste Ferientag. Wir waren über die heiße, angetrocknete Sandkruste bis zu einem schütteren Olivenhain am anderen Ende gestapft, wo wir unsere Handtücher ausbreiteten. Offen gestanden, war ich erledigt. Wie von TripAdvisor empfohlen, hatten wir für die Anfahrt ein kleines Boot gemietet, was sich als umständlicher erwies als erwartet. Ich war völlig verschwitzt, und ich hatte mein T-Shirt von der Brust weggezogen und damit gewedelt wie mit einem Minifächer. Vielleicht gab ich sogar so eine Art »uff« von mir. Tessa achtete nicht auf mich. Wie mittlerweile immer war sie beschäftigt, baute die Strandmuschel auf, nahm Josh die Schwimmweste ab, rieb seine Arme und Beine gründlich mit einer weiteren Schicht Sunblocker ein und legte ihm dann orangefarbene Schwimmflügel an. Sie trug ein rosafarbenes, mit gelben Gänseblümchen bedrucktes ärmelloses Frotteekleid, eine der Mamaklamotten, die sie sich in letzter Zeit online bestellte. Ihre Schwimmweste hatte rote Striemen auf ihren nackten Schultern hinterlassen. Sie rieb sie geistesabwesend.

»Ich suche mir ein Plätzchen zum Umziehen«, sagte sie. Die Lockenmähne klebte ihr am Kopf. Ihre hellgrünen Augen, die mich anfangs fasziniert hatten, traten ein wenig hervor – wie so oft, wenn sie müde war. Ich empfand einen Anflug von Mitleid, Zuneigung und, wie immer, schlechtem Gewissen. Wir hatten uns schon seit einer Weile nicht mehr berührt. Das war eindeutig meine Schuld. Wie mittlerweile die meisten Dinge.

Ich trat einen Schritt auf sie zu. »Niemand schaut hin«, wandte ich ein. »Außer mir.«

»Nein … Ich …«

»Kannst du nicht unter dem Kleid in den Bikini schlüpfen? Oder ich halte dir ein Handtuch vor.«

»Nein, es könnte verrutschen, und dann stünde ich nackt da.«

»Hier ist fast niemand. Außerdem, falls es ein bisschen verrutscht … Ich hätte nichts gegen ein paar Einblicke.« Ich legte ihr die Hände auf die Schultern und wollte sie auf den Mund küssen. Mein Körper neben ihrem fühlte sich ungeschickt und unbeholfen an. Als sie sich leicht bewegte, streiften meine Lippen ihre Wange. Ich nahm den warmen, salzigen Niveaduft an ihrem Hals wahr und ihren weichen Schenkel, als ich das Knie hob und es daran rieb. Ihre Haut war so aufregend glatt. »Je mehr ich sehe, desto besser«, murmelte ich.

Sie machte sich los, diesmal ziemlich abrupt. »Es ist ein Badeanzug, kein Bikini«, entgegnete sie.

Ich ließ sie gehen, setzte mich an den Rand des Handtuchs und seufzte schwer auf, was hoffentlich eine eher allgemeine Enttäuschung zum Ausdruck brachte. Es lag nicht nur am Badeanzug. (Hatte sie nicht früher einen Bikini besessen? Hatte sie ihn weggeworfen oder passte er nicht mehr? Wie dem auch sei, nachzufragen hätte sie nur verärgert.) Plötzlich fühlte ich mich einsam und auf kindische Weise ausgeschlossen.

»Bestimmt gibt es da drüben ein Klo«, meinte sie. »Bin gleich zurück.«

»Okay.«

Ich streckte die Beine in die Sonne und beschloss, mir die Sonnencreme zu sparen, ein kleiner Akt des Widerstands gegen Tessas Paranoia. Sie sahen blass und unbehaart aus. Ich sollte Mitglied in einem Fitnessstudio werden, die Antwort meiner Generation auf den Wehrdienst. Oder mir einen Personal Trainer zulegen wie Jeff, mein Geschäftspartner. Alles, um wieder muskulöser zu werden. Vielleicht würde sie mich dann anziehender finden. Wieder seufzte ich auf. Beide Alternativen kosteten viel Geld. Selbst wenn ich Lust dazu gehabt hätte, hatte ich bei der momentanen geschäftlichen Lage nicht die notwendigen Mittel. Oder die Zeit.

»Passt du bitte auf Josh auf?«

»Okay«, sagte ich und fügte ein »natürlich« hinzu, als sie sich nicht von der Stelle rührte.

Wir betrachteten ihn einen Moment lang. Er kauerte am Eingang der Strandmuschel, rollte einen kleinen Plastiktraktor über die Kiesel und flüsterte dabei, offenbar in eine seiner Geschichten versunken, im Singsang vor sich hin.

In einem Moment der Zuneigung vereint, lächelten Tessa und ich uns an.

»Es dauert nicht lang.«

»In Ordnung.«

Ich blickte ihr nach, als sie über den Strand auf die Taverne zuschlenderte. Ich war noch gestresst, das war das Problem. Meine Nerven lagen blank. Die Bewerbung um den KazNeft-Auftrag hatte mir die letzte Kraft geraubt. Ganz zu schweigen von der Reise am Vortag. Mit einem Kind zu reisen, verkompliziert den üblichen Mist noch. Der Aufbruch zu unchristlich früher Stunde, die Gepäckwagenschlacht in Stansted, die Warteschlange bei Avis. Auch das Haus war eine Enttäuschung. Ja, jetzt ist es heraus. Bei unserer Ankunft wurde ich von dem unangenehmen Gefühl, fehl am Platz zu sein, schier überwältigt. Mir erschien es unvorstellbar, eine Woche in einem Haus zu verbringen, das so viel kleiner und schlechter ausgestattet war als unser eigenes. Sieben volle Tage. Tessa hatte alles gegoogelt, ausgewählt und recherchiert. Der perfekte Familienurlaub war zu ihrer Mission geworden. Also hatte sie auch das Recht, enttäuscht im Wohnzimmer zu stehen, sich mit den Mittelfingern die Stirn zu reiben und die Mundwinkel nach unten zu ziehen. Mir fiel die Aufgabe zu, begeistert hin und her zu laufen. »Das wird spitze. Er wird ausschlafen, wenn er nicht vom Tageslicht gestört wird! Der Fußboden ist toll! Die Fliesen sind wie Glas. Man kann auf ihnen herumrutschen!« Super, Tessa. Gut gemacht. Ein Paradies.

In Wirklichkeit war das Haus klein, ohne Atmosphäre und stickig. Außerdem eingezwängt von einem identischen Gebäude nebenan. Keine Aussicht. Überall roch es nach Abflussrohr. Warum waren wir nicht wieder in das Hotel in Cornwall gefahren?

Verdammter Mist.

Josh, noch immer gut sichtbar in seinem UVA- und UVB-Strahlen abweisenden Sonnenschutzanzug und einer blauen Baumwollkappe mit Ohrenklappen, hatte seinen Sandeimer gefunden. Nun hob er Steine auf und legte sie hinein, nachdem er sie zuerst begutachtet hatte. Dabei redete er weiter vergnügt mit sich selbst. Wieder überkam mich Freude darüber, dass es ihn gab. Er war glücklich. Nur das zählte. Ich hielt mir vor Augen, dass es sein Urlaub war. Wenn er Spaß hatte, war es die Sache wert. Unsere kleine Fahrt über die Bucht hatte ihm gefallen. Bei jeder Welle und jedem Wasserspritzer hatte er gelacht. Also, ja, es war eine gute Idee gewesen, das Boot zu mieten, auch wenn es einige heikle Momente gegeben hatte. Unvermittelte Untiefen, die sich schwarz unter uns auftaten, und gefährlich nahe schartige Felsen. Aber ich hatte wohlbehalten angelegt. Davor hatte mir nämlich gegraut. Und da lag es nun, sicher vertäut am Ende des kleinen Betonstegs, und schien keine Anstalten zu machen, gegen das größere weiße Boot daneben zu prallen. Ich hatte es richtig vertäut. Also. Wenigstens etwas in unserem Leben war geregelt. Der eitle Versuch, meine Männlichkeit zu beweisen, war nicht völlig erfolglos gewesen. Ich hatte uns hierhergebracht, oder?

Ich blickte mich um. Die Bucht war wirklich hübsch. Ein geschwungener Halbmond aus hellem, pockennarbigem Sand mit einer einzigen Taverne am Ende und zwischen den Bäumen dahinter verstreut stehenden Ferienhäusern. Nur die mit Zinnen versehenen Mauern des vulgären weißen Hotels, an dem wir vorbeigekommen waren, waren an der fernen Landzunge zu sehen. So früh im Juni war es noch ruhig, ja, fast verschlafen. In meiner Nähe lag eine stark sonnengebräunte Frau mittleren Alters auf einer Binsenmatte. Sie hatte die Augen geschlossen und einen Arm über den Kopf gelegt. Eine goldene Uhr glitzerte, ihre Achselhöhle bildete einen weißen Kontrast zu ihrem sonst teakholzfarbenen Körper. Am Ufer spielten ein Mann und eine Frau Strandtennis. Ihre kühnen Sprünge waren von reizender Verlegenheit geprägt. Inzwischen hatte sich Josh, angelockt vom Tock-Tock von Gummi auf Holz, ihnen genähert. Sie bemerkten ihn, beugten sich vor und winkten ihm mit den Fingern zu. Einen idyllischen Moment lang fragte ich mich, ob sie mit ihm spielen würden. Aber nein. Sie setzten ihren Wettkampf fort, zu verliebt und zu begeistert von ihrer eigenen Jugend und Tatkraft.

Neben ihnen hatte sich eine Großfamilie niedergelassen. Jede Menge Krimskrams, ein Kinderwagen, ein Sonnenschirm, einige Klappstühle, Picknicktaschen, eine Kühlbox, unzählige Sachen, Kleidung in nicht zueinander passenden Farben. Peinlich laute englische Stimmen. Vermutlich kamen sie aus dem großen Hotel. Ein hünenhafter Mann mit rasiertem Schädel und einer seitlich geschlossenen Sonnenbrille, die Arme mit Tattoos bedeckt, warf einigen Kindern, die bestimmt in der Schule hätten sein müssen, einen Ball zu. Turnschuhe, frisch aus dem Karton. Glänzende Fußballshorts.

Ich wandte den Blick ab. Am dunklen Rand des weit entfernten Horizonts glitzerte das Wasser perlblau. Draußen lag eine Jacht vor Anker. Es war zwar heiß, aber nicht unerträglich. Eine leichte Brise hob den Zipfel des Handtuchs. Josh war noch nah genug. Sein Anzug wirkte wie ein im Dunkeln leuchtender Pyjama. Vielleicht konnte ich mich ja etwas entspannen? Allmählich wurde ich...

Erscheint lt. Verlag 9.6.2020
Übersetzer Karin Dufner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Take Me In
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Die Hochstapler • eBooks • England • Harlan Coben • London • Paula Hawkins • Psychologischer Thriller • Psychothriller • Spannungsroman • Stalker • Thriller
ISBN-10 3-641-24494-3 / 3641244943
ISBN-13 978-3-641-24494-1 / 9783641244941
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