Die Sekte - Dein Albtraum nimmt kein Ende (eBook)
592 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-24374-6 (ISBN)
15 Jahre sind vergangen, seit Sofia Bauman der Sekte für immer den Rücken kehrte. Sie hat sich ein neues Leben aufgebaut, ist glücklich verheiratet und hat eine Tochter. Doch dann zerstört ein Sturm Sofias Besitz, und ihre Familie steht vor dem Ruin. In diesem Moment taucht der zwielichtige Sektenführer Franz Oswald auf und macht Sofia ein teuflisches Angebot: Wenn Sofia ihm verrät, wer der leibliche Vater ihrer Tochter Julia ist, wird er ihr finanziell helfen. Als Sofia schweigt, nimmt Oswald heimlich Kontakt zu Julia auf, die sich von dem älteren Mann wie magisch angezogen fühlt und ihm auf die Nebelinsel folgt. Sofias Albtraum nimmt kein Ende: Nach all den Jahren muss sie nach Dimö zurückkehren, um ihre Tochter den Klauen der Sekte zu entreißen.
Der dritte Teil der packenden »Sekten«-Reihe!
Alle Bände der Bestsellerserie aus Schweden:
Die Sekte - Es gibt kein Entkommen
Die Sekte - Deine Angst ist erst der Anfang
Die Sekte - Dein Albtraum nimmt kein Ende
Die Sekte - Deine Welt steht in Flammen
Die Sekte - Dein Feind ist dir ganz nah
(Alle Bände sind unabhängig voneinander lesbar)
Mariette Lindstein war fünfundzwanzig Jahre lang Mitglied bei Scientology. Sie arbeitete unter anderem im Hauptquartier der Kirche in Los Angeles, bis sie die Gemeinschaft 2004 verließ. Heute ist sie mit dem Autor und Künstler Dan Koon verheiratet. Die beiden leben mit ihren drei Hunden in einem Wald außerhalb von Halmstad. Ihr erster Roman »Die Sekte - Es gibt kein Entkommen« wurde in Schweden mit dem Crimetime Specsavers Award für das beste Debüt ausgezeichnet und für den CWA Dagger Award 2019 nominiert. Aktuell wird ihre Reihe für das Fernsehen verfilmt. Neben dem Schreiben hält Mariette Vorträge über die Gefahren von Sekten.
1
Der Lärm, der vom Fernseher kam, war ohrenbetäubend. Die Windböen werden eine Geschwindigkeit von bis zu 180 Stundenkilometern erreichen, die höchste Windstärke, die jemals in Westschweden gemessen …
Sofia stellte die Einkaufstaschen in der Küche ab, ging ins Wohnzimmer, riss Benjamin die Fernbedienung aus der Hand und schaltete den Fernseher aus.
»Hey, was soll das?«, rief er.
»Du sollst hier nicht rumsitzen, sondern was tun.«
»Das war aber gerade ziemlich interessant. Die haben gesagt, wie man sich darauf vorbereiten kann.«
»Darauf kann man doch auch selbst kommen. Hol einfach die Gartenmöbel rein und befestige alles, was lose ist. Ich hab eingekauft, damit wir ein paar Tage überbrücken können. Dann müssen wir noch Teelichter, Taschenlampen und so was bereitlegen. Weißt du, wo Julia ist?«
»Keine Ahnung.« Er stand auf und legte seine Hände auf ihre Schultern. »Mein Schatz, mach dir nicht so große Sorgen wegen dieses Sturms. Wird schon alles gut ausgehen. Die Meteorologen haben doch nur Angst, dass sie Ärger bekommen, wenn sie die Leute nicht ausreichend vorgewarnt haben. Wird schon alles nicht so schlimm werden, wie sie es ankündigen. Du machst dir zu viele Gedanken.«
»Wir werden sehen«, sagte sie und wand sich aus seiner Berührung.
Es stimmte schon, dass der bevorstehende Sturm sie sehr beunruhigte. Und das lag nicht nur daran, dass auch die Meteorologen besorgt klangen. Zusätzlich hatte sie eine böse Vorahnung beschlichen, die sie nicht so einfach abschütteln konnte.
Sie ging in den Garten hinaus und sah auf den See. Die Stille war geradezu unnatürlich und kroch ihr unter die Haut. Das lag an der vollständigen Abwesenheit von Vogelgezwitscher. Die Wasseroberfläche war ein einziger schwarzer Spiegel, der hinter den Bäumen lag. Die einzige Bewegung wurde von einem Blatt erzeugt, das heftig am Zweig flatterte, bevor es zu Boden fiel. Der Himmel war sternenklar. Die Zugvögel glitten lautlos wie Segelflugzeuge durch die Luft. Es war so still, dass sie das schwache Rauschen in ihren Ohren hörte, das immer dort war.
Die Herbstluft war kalt und schneidend. Irgendwo wurde Laub verbrannt. Normalerweise liebte sie diesen Geruch, aber heute machte er sie ganz wehmütig. Da hörte sie ein Geräusch über ihrem Kopf, etwas wie ein langes Seufzen. Aber das war nur ein schwacher Windzug, der über das Laub der Bäume strich. Dann war es wieder still. Sie hatte einen Kloß im Hals.
Ich habe alles, was ich liebe, dachte sie. Meinen wunderbaren Mann, meine wunderbare Tochter, mein schönes Haus. Und trotzdem stehe ich jetzt hier … mit schwerem Herzen.
Sie schämte sich dafür, dass sie Benjamin so angefahren hatte. In letzter Zeit war sie oft unruhig und leicht irritierbar gewesen. Sie wusste genau, warum das so war, hatte es aber weder sich, geschweige denn ihm gegenüber eingestehen wollen. Sie hatte wieder angefangen, von dem Sektenführer Franz Oswald zu träumen. Nach fünfzehn Jahren war er auf unerklärliche Weise wieder zurück und in ihren Träumen aufgetaucht. Die Vergewaltigung, mit der sie sich so ausführlich beschäftigt hatte, bis auch das letzte Gefühl aus den Tiefen ihrer Seele nach außen gekehrt worden war und nichts mehr übrig blieb. Sie spielte sich vor ihrem inneren Auge ab. Aber jetzt hatten die Bilder an Klarheit und Schärfe gewonnen. Sie erinnerte sich an neue Details, sah sie jetzt viel deutlicher.
Ihr Verstand beruhigte sie jedoch und sagte ihr, dass Franz Oswald untergetaucht war. Seit zehn Jahren hatte er sich nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt. Es hieß, er würde sich im Herrenhaus der Sekte ViaTerra auf der Insel Dimö aufhalten, um dort neue Thesen zu entwickeln. Außerdem hatte sich das Gerücht verbreitet, dass er den Verstand verloren hatte. Sofia hegte aber noch andere, viel dunklere Hoffnungen. Dass er an einer furchtbaren, schmerzhaften Krankheit gestorben war und die verbliebenen Idioten der Sekte entwaffnet und zitternd vor Kälte sowie ohne Strom in dem abgeschiedenen Herrenhaus hockten.
Franz Oswald war nach wie vor Gesprächsthema. Als wäre die Legende des charismatischen Sektenführers unsterblich und unausrottbar. Obwohl er wegen sexueller Nötigung einer Minderjährigen vor fünfzehn Jahren im Gefängnis gesessen hatte, gab es nach wie vor unzählige Verehrer. Sofia versuchte, sich einzureden, dass er sich für immer zurückgezogen hatte, vielleicht sogar gestorben war. Aber ihr Gefühl sagte ihr etwas anderes. Nämlich, dass er nach wie vor äußerst lebendig war.
Ihre Finger zitterten. Das musste an dem kühlen Windzug liegen. Sie ging ins Haus zurück und hielt ihre Hände im Badezimmer unter warmes Wasser.
Im Spiegel über dem Waschbecken sah sie das Mädchen, das der ViaTerra entkommen war. Zweimal. Nur die Lachfalten an Augen und Mund waren dazugekommen. Ein paar graue Haare im Pony. Ansonsten sah man ihr nicht an, wie sehr sie gelitten hatte. Gab es überhaupt einen vernünftigen Grund, dass der herannahende Sturm und ihre Träume von Franz Oswald sie so aus dem Gleichgewicht brachten?
Das Handy in ihrer Hosentasche vibrierte. Auf dem Display war eine SMS von Julia. Komme später nach Hause. Als wäre alles wie immer. Als hätte sie gar nichts von der Sturmwarnung mitbekommen. Sofia durchfuhr der Gedanke, dass sie vielleicht wirklich nichts davon wusste. Sie versuchte sofort, sie zu erreichen, aber es antwortete nur die Mailbox: Hej, Mamalein, da du die einzige Person bist, die mir eine Nachricht hinterlässt, ist die hier für dich. Alles ist in Ordnung, ich melde mich. Ciao, ciao!
Sofia hatte schon kurz nach Julias Geburt erkannt, dass sie einen Wirbelwind zur Welt gebracht hatte. Ein Gewitter, das immer mehr an Stärke zunahm – und zu einem Orkan wurde. Julia hatte eine Energie, die weder Sofia geschweige denn Benjamin bändigen konnten.
Von Benjamin hatte Julia überhaupt nichts. Sie hatte Sofias Haarfarbe, ihre dunklen Augen und Gesichtszüge geerbt. Aber da war noch mehr, eine Intensität, die unter ihrer Oberfläche schlummerte. Julia stürzte sich mit einer unersättlichen Lust in das Leben, trotzig und vollkommen hemmungslos. Im Frühling letzten Jahres hatte sie an einem Gesangswettbewerb im Fernsehen teilgenommen, ihn gewonnen und war über Nacht zum Liebling der Nation geworden. Das Mädchen hatte aber nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: »Ach, ich glaube, die Singerei ist doch nicht mein Ding.« Sie wolle es lieber ruhig angehen lassen, bis sie ihre Berufung gefunden habe. Aus irgendeinem Grund hatte Sofia Angst davor, was diese Berufung sein könnte.
Aber nicht nur Julias Aussehen ließ sie aus der Menge hervorstechen. Sie hatte auch eine besondere Präsenz. Wenn man einen Raum mit hundert Menschen betrat, war Julia die erste Person, die einem ins Auge fiel. Sie war etwas Besonderes.
Und Sofia war bisher nur einem einzigen Menschen begegnet, der genauso war.
Sie schrieb Julia eine SMS: Geh bitte ans Telefon, wenn ich anrufe. Dann wartete sie einen Augenblick. Und dann rief sie wieder an, und danach noch ein drittes und viertes Mal, bis Julia sich endlich mit einem »Was ist denn?« meldete.
»Du musst sofort nach Hause kommen.«
»Und warum?«
»Wir bereiten uns auf den Sturm vor.«
»Könnt ihr das nicht allein machen?«
»Nein, du sollst jetzt gleich nach Hause kommen. Du sollst bei Sturm nicht Moped fahren.«
»Jetzt hör mal auf, die übertreiben doch voll.«
»Da wär ich mir nicht so sicher, die Meteorologen im Fernsehen haben ziemlich besorgt ausgesehen. Die haben dem Sturm auch gleich einen unheimlichen Namen gegeben. Herkules.«
»Meinetwegen, ich komme.«
Benjamin stand im Flur. Ein Schuldgefühl überkam sie, und sie schmiegte sich an ihn. »Tut mir leid, dass ich vorhin so explodiert bin. Mich macht dieses Gerede über den Sturm ganz hysterisch.«
»Das ist doch okay. Du siehst müde aus, mein Schatz. Und so niedergeschlagen.«
»Ich mag es nicht, wenn die Dinge sich verändern«, sagte sie und sah zu ihm hoch. »Aber du nicht, zum Glück. Du bleibst immer derselbe.«
Benjamin war ihr Anker. Er hatte damals einen Job in einer Speditionsfirma angenommen, und seine Arbeitgeber hatten sein Talent für Logistik und Effizienz erkannt und ihn überredet, eine eigene Firma zu gründen. Und diese Firma, die er im Home-Office betrieb, lief hervorragend. Er konnte die Familie damit versorgen, und sie waren sogar in der Lage gewesen, sich das Haus auf der Insel Orust – an der Westküste Schwedens – zu kaufen.
Sofia hatte vor ein paar Jahren ihren Job als Bibliotheksleiterin aufgegeben, um ihren Traum zu verwirklichen. Sie half Sektenaussteigern bei der Rückkehr ins Leben. Zurzeit betrieb sie eine Einrichtung, zusammen mit Anna Hedberg, die ebenfalls eine Aussteigerin von ViaTerra war. Die Herberge erhielt staatliche Subventionen, und auch Benjamin gab Mittel dazu, wenn was fehlte. Noch warf sie keinen Gewinn ab, aber Sofia liebte ihre Tätigkeit.
Unter dem Sofa lag Denzel, ihr Hund, und zitterte.
»Wie lange ist er schon so?«, fragte sie Benjamin.
»Seit heute früh. Ich habe ihn kaum vor die Tür bekommen. Und sonst ist er doch immer draußen und will kaum wieder rein.«
»Glaubst du, dass er krank ist?«
»Nein, ich nehme an, er spürt den kommenden Sturm. Tiere merken so was ja viel früher als wir.«
Sofia kniete sich hin und zog Denzel unter dem Sofa hervor....
Erscheint lt. Verlag | 13.7.2020 |
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Reihe/Serie | Sofia Bauman | Sofia Bauman |
Übersetzer | Kerstin Schöps |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Sektens barn (Fog Island 3) |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Bestsellerliste Spiegel • Claire Douglas • David Miscavige • eBooks • emma cline • Jenna Miscavige Hill • Kinder • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kult • Nr. 1 Bestseller Schweden • Schweden • Scientology • Spannung • Thriller |
ISBN-10 | 3-641-24374-2 / 3641243742 |
ISBN-13 | 978-3-641-24374-6 / 9783641243746 |
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