Die schwarze Schar (eBook)

Roman
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2020 | 1. Auflage
640 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-25865-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die schwarze Schar -  Nicholas Eames
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Tam Hashford hat genug von ihrem langweiligen Dasein als Schankmaid in ihrem kleinen Dorf und von der fast schon erstickenden Fürsorge ihres alleinstehenden Vaters. Sie träumt von einem Leben voller Abenteuer und Gefahren, einem Leben wie es die Söldnertruppen führen. Als eines Tages Fable, die Truppe der legendären »blutigen« Rose, im Dorf Station macht, ergreift Tam ihre Chance: Sie heuert bei Fable als Bardin an und geht mit ihren großen Idolen auf Tour. Noch hat Tam keine Ahnung, dass Rose auf einer hochriskanten Mission in den Norden ist. Einer Mission, an deren Ende Ruhm und Ehre warten - oder der Tod ...

Nicholas Eames wurde in Wingham, Ontario geboren. Er besuchte das College für Theaterkünste, gab seine Schauspielkarriere aber auf, um Fantasy-Romane zu schreiben. »Könige der Finsternis« ist sein Debütroman. Er lebt in Ontario, Kanada.

1

DER MARKT DER UNGEHEUER

Ihre Mutter pflegte zu behaupten, Tam habe ein wyldes Herz. »Das bedeutet, dass du eine Träumerin bist«, hatte sie zu ihrer Tochter gesagt. »Eine Wanderin, so wie ich auch.«

»Das heißt, dass du vorsichtig sein solltest«, hatte ihr Vater hinzugefügt. »Ein wyldes Herz braucht einen klugen Kopf, der es besänftigt, und dazu noch einen starken Arm, der es beschützt.«

Ihre Mutter hatte darüber gelächelt. »Du bist mein starker Arm, Tuck. Und Bran ist mein kluger Kopf.«

»Branigan? Du weißt, dass ich ihn gernhabe, Lil, aber dein Bruder würde sogar gelben Schnee verschlingen, wenn du ihm sagst, dass er wie Whiskey schmeckt.«

In Tams Erinnerung klang das Lachen ihrer Mutter wie Musik. Hatte ihr Vater überhaupt gelacht? Vermutlich nicht. Tuck Hashford hatte nie viel für Gelächter übriggehabt. Jedenfalls nicht in der Zeit, bevor das wylde Herz seiner Frau sie getötet hatte, und erst recht nicht danach.

»Mädchen! He, Mädchen!«

Tam blinzelte. Ein Händler mit einem Backenbart und einem vergilbten Haarkranz betrachtete sie abschätzig.

»Ein bisschen jung für eine Viehtreiberin, oder?«

Sie richtete sich auf, als würde sie älter wirken, wenn sie größer war. »Na und?«

»Also …« Er kratzte sich an einer schorfigen Stelle auf seinem kahlen Kopf. »Was führt dich zum Markt der Ungeheuer? Bist du mit einer Truppe hier?«

Tam war keine Söldnerin. Sie war nicht einmal in der Lage, für ihr eigenes Leben zu kämpfen. Zwar mochte sie im Bogenschießen ganz geschickt sein, aber das konnte jeder lernen, der zwei Arme und einen Pfeil zur Verfügung hatte. Außerdem hatte Tuck Hashford eine eiserne Regel aufgestellt, wenn es darum ging, ob sich seine einzige Tochter einer Gruppe von Söldnern anschließen sollte oder nicht: »Auf keinen Fall, verdammt!«

»Ja«, log sie. »Ich bin mit einer Truppe hier.«

Argwöhnisch beäugte der Mann das dürre, große Mädchen, das ohne jede Waffe vor ihm stand. »Ach ja? Wie heißt sie denn?«

»Rattensalat.«

»Rattensalat?« Das Gesicht des Mannes wurde so hell wie ein Bordell bei Sonnenuntergang. »Das ist aber ein verdammt guter Name für eine Söldnertruppe! Kämpft ihr morgen in der Arena?«

»Natürlich.« Schon wieder eine Lüge. Aber Lügen waren vergleichbar mit einem Becher Kaskar-Whiskey, wie ihr Onkel Bran zu sagen pflegte: Wenn du mal einen hattest, möchtest du gleich ein ganzes Dutzend haben. »Ich bin hier, weil ich mich entscheiden will, wogegen ich kämpfe.«

»Du bist eine zupackende Frau, was? Die meisten Truppen schicken ihre Bucher vor, damit sie die Einzelheiten aushandeln.« Der Händler nickte anerkennend. »Mir gefällt dein Schneid! Du brauchst dich nicht weiter umzusehen. Ich habe eine Bestie im Bestand, von der die Menge bestimmt begeistert ist und die den Rattensalat auf die Zunge eines jeden Barden zwischen hier und dem Sommersuk zaubern wird!« Der Mann schlurfte zu einem Käfig, der mit einem Tuch abgedeckt war, und zog dieses mit großer Geste herunter. »Aufgepasst! Der furchterregende Basilisk!«

Tam hatte noch nie einen Basilisken gesehen, aber sie wusste einiges über dieses Geschöpf und konnte daher mit Sicherheit sagen, dass das Wesen in dem Käfig kein Basilisk war.

Das Wesen in diesem Käfig war ein Hühnchen.

»Ein Hühnchen?« Der Händler wirkte beleidigt, als Tam ihm das sagte. »Mädchen, bist du blind? Sieh doch nur, wie groß es ist!«

Es handelte sich zweifellos um ein großes Hühnchen. Seine Federn waren mit schwarzer Farbe besudelt, und der Schnabel wies Blutflecke auf, durch die es wohl wild aussehen sollte. Aber Tam war nicht überzeugt. »Ein Basilisk kann mit einem einzigen Blick Fleisch in Stein verwandeln«, betonte sie.

Der Kaufmann grinste wie ein Jäger, der seine Beute geradewegs in die Falle gelockt hatte. »Nur wenn er es will, Mädel! Jede Biene kann stechen, nicht wahr? Aber sie stechen nur zu, wenn sie wütend sind. Ein Stinktier stinkt immer, doch es versprüht seinen besonderen Duft bloß dann, wenn du es aufschreckst! Aber sieh dir das hier an!« Er griff in den Käfig und zog eine große Steinskulptur heraus, die entfernt an ein Eichhörnchen erinnerte. Tam beschloss, nicht auf den Preis hinzuweisen, der mit Kreide auf die Unterseite geschrieben worden war. »Er hat heute schon ein Opfer gefordert! Sieh mal her, der …«

»Bwok«, sagte das Hühnchen – es schien über die Entführung seines einzigen Freundes aufgebracht zu sein.

Peinliches Schweigen breitete sich zwischen Tam und dem Händler aus.

»Ich sollte jetzt gehen«, sagte sie.

»Möge Glifs Gnade mit dir sein«, erwiderte er knapp und warf das Tuch wieder über den Käfig des Hühnchens.

Tam drang tiefer in den Markt der Ungeheuer ein, der früher einmal Badsteinstraße geheißen hatte – das war, bevor die Arenen überall im Norden wie Pilze aus dem Boden geschossen waren und die Schuppenhändler hier ihre Geschäfte angesiedelt hatten. Es war eine breite und gerade Straße, wie fast alle Straßen in Ardburg, und sie war zu beiden Seiten von hölzernen Pferchen, Eisenkäfigen und Unterständen gesäumt, die mit Stacheldraht geschützt waren. Meistens war es hier nicht besonders voll, aber morgen fanden in der Arena Kämpfe statt, und einige der größten und berühmtesten Söldnertruppen Granduals waren bereits in die Stadt gekommen.

Tuck Hashford hatte eine weitere Regel für seine einzige Tochter aufgestellt, wenn es um den Markt der Ungeheuer oder die Arena oder die Söldner im Allgemeinen ging: »Wegbleiben, verdammt!«

Trotzdem nahm Tam häufig diesen Weg zur Arbeit – nicht weil er kürzer war, sondern weil er etwas in ihr in Gang setzte. Der Weg ängstigte sie. Und er erregte sie. Er erinnerte sie an die Geschichten, die ihre Mutter ihr früher erzählt hatte – Geschichten über wagemutige Reisen, wilde Abenteuer, erschreckende Bestien und tapfere Helden. Das waren solche wie ihr Vater und Onkel Bran.

Und da Tam vermutlich ihr gesamtes Leben damit verbringen würde, hier in dem winterlich kalten Ardburg Getränke auszuschenken und die Laute zu spielen, war ein Gang über den Markt der Ungeheuer das einzige Abenteuer, das in ihrer Reichweite lag.

»Sieh her!«, rief eine stark tätowierte Narmeeri-Frau, als Tam an ihr vorbeiging. »Willst du Oger haben? Ich hab Oger im Angebot! Frisch von den Bergen Westquells! So wild wie möglich!«

»Mantikooooooore!«, rief ein Nordmann mit geschorenem Haupt und wilden Narben, die sein Gesicht verunstalteten. »Mantikooooooooore!« Tatsächlich befand sich ein lebendiger Mantikor hinter ihm. Die fledermausartigen Schwingen waren mit Ketten zusammengebunden, der stachelbewehrte Schwanz steckte in einem Ledersack. Über das Löwenmaul war ein Korb gestülpt, doch trotz alldem wirkte das Geschöpf noch immer einigermaßen bedrohlich.

»Wargen aus dem Winterwald!«, verkündete ein anderer Händler, dessen Stimme sich über einen Chor aus dunklem Knurren erhob. »Im Wyld geboren, auf dem Hof herangezogen!«

»Kobolde!«, brüllte eine alte Dame auf einem Wagen mit einem Eisengeländer. »Kauft eure Kobolde hier bei mir! Eine Hofmark für jeden, oder zehn für ein Dutzend!«

Tam spähte in den Käfig, auf dem die alte Frau stand. Er war voller schmutziger kleiner Kreaturen, die allesamt dürr und unterernährt wirkten. Sie bezweifelte, dass ein Dutzend von ihnen einer halbwegs ordentlichen Söldnertruppe etwas einbringen konnte.

»He!«, rief die Frau zu ihr herunter. »Das hier ist kein Kleiderladen, Mädchen. Kauf einen verdammten Kobold, oder troll dich!«

Tam versuchte sich vorzustellen, was ihr Vater wohl sagen würde, wenn sie mit einem kleinen Kobold im Schlepptau nach Hause kam. Unwillkürlich musste sie grinsen. »Auf keinen Fall, verdammt«, murmelte sie.

Sie ging weiter und bahnte sich einen Weg zwischen den Buchern und den örtlichen Viehtreibern hindurch, die mit den Händlern und den wilden Jägern aus Kaskar feilschten. Sie bemühte sich, die verschiedenen Ungeheuer und die Kaufleute, die sie feilboten, nicht allzu offen anzustarren. Hier gab es schlaksige Trolle, deren abgeschnittene Gliedmaßen mit Silber überzogen waren, damit sie nicht nachwuchsen, und dort war ein massiger, muskulöser Ettin, dem einer der beiden Köpfe fehlte. Sie kam an einer schlangenhäuptigen Gorgone vorbei, deren Hals durch eine Kette mit der Wand hinter ihr verbunden war, und an einem schwarzen Pferd, das jemandem, der dumm genug war, seine Zähne untersuchen zu wollen, Feuer ins Gesicht spuckte.

»Tam!«

»Felber!« Sie stapfte zum Stand ihres Freundes hinüber. Felber war ein Inselbewohner von der Seidenküste; seine Haut war bronzefarben gebräunt, und für seine Art war er ziemlich groß. Als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte sie angemerkt, dass »Felber« – in manchen Gegenden war das die Bezeichnung für einen Weidenbaum – ein seltsamer Name für einen Kerl von seiner Größe sei. Aber er hatte erwidert, eine Weide werfe einen breiten Schatten um sich herum – was durchaus Sinn ergab.

Felbers schwarze Locken tanzten, als er den Kopf schüttelte. »Nimmst du wieder die Abkürzung über den Markt der Ungeheuer? Was wird wohl der alte Tuck dazu sagen, wenn er das erfährt?«

»Ich glaube, wir beide kennen die Antwort«, sagte sie mit einem Grinsen. »Wie läuft das Geschäft?«

»Großartig!« Er...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2020
Reihe/Serie Könige der Finsternis
Übersetzer Michael Siefener
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Bloody Rose
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Abenteuer • eBooks • epische Schlachten • Fantasy • fantasy-bestseller • High Fantasy • Könige der Finsternis • Magie • Söldner • Ungeheuer • Zauberer
ISBN-10 3-641-25865-0 / 3641258650
ISBN-13 978-3-641-25865-8 / 9783641258658
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