Kalte Knochen (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
336 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-23945-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kalte Knochen - Sandra Ireland
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Eine verlassene Mühle, die ein altes Geheimnis birgt. Zwei Frauen, die der Vergangenheit nicht entkommen können.
Die siebzigjährige Mac lebt mit ihren beiden Hunden in einem einsamen Cottage in Schottland. Zum Anwesen gehört auch eine alte stillgelegte Mühle, die einer Sage nach der düstere Schauplatz einer tödlichen Fehde zweier Schwestern gewesen sein soll. Als Mac sich die junge Lucie als »Mädchen für alles« ins Haus holt, ahnt sie nicht, dass Lucie den Job nur angenommen hat, um vor ihrem alten Leben davonzulaufen. Doch auch Mac hat ein dunkles Geheimnis, das sie gnadenlos einzuholen droht. Ein Geheimnis, das die alte Mühle erneut zum Mittelpunkt einer grausamen Tat machen könnte ...

»Ein psychologischer Thriller, der einem eiskalte Schauer über den Rücken jagt.« Scotland on Sunday

Sandra Ireland arbeitete jahrelang bei einer Lokalzeitung, bevor sie sich dazu entschloss, Schriftstellerin zu werden. Zu ihrem atmosphärischen Thriller »Kalte Knochen« wurde sie von einer düsteren schottischen Sage inspiriert, die von Betrug, Rivalität und einem dunklen Geheimnis aus der Vergangenheit erzählt. Sandra Ireland lebt mit ihrer Familie in Schottland.

Lucie


Februar


Mac hat mir den Nachmittag freigegeben und versprochen, mich anzurufen, wenn sie etwas braucht. Ich bin ein wenig erleichtert, denn es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren, wenn sie da ist. Sie murmelt immer etwas vor sich hin, zieht Bücher aus den Regalen, verbreitet Unruhe. Ich trödele ein wenig im Cottage herum, bin mir selbst im Weg und denke an alles, was ich eigentlich erledigen sollte. Ich bin jetzt über eine Woche hier und habe immer noch nicht meinen Koffer ausgepackt. Der Schmutzwäschehaufen in der Ecke des Schlafzimmers wird immer größer.

Ich stehe in der kleinen Waschküche an der Rückseite des Hauses und überlege, wie die Waschmaschine zu bedienen ist, als ich ein Auto höre. Wahrscheinlich der Postbote mit seinem unerschöpflichen Vorrat an Werbung. Ich konzentriere mich wieder auf das Bedienfeld, drücke eine Taste, und es leuchtet immerhin ein rotes Licht. Als es plötzlich an der Hintertür klopft, schrecke ich auf.

Ich öffne, und da steht er. Reuben. Der Mensch, den ich am wenigsten erwartet hätte. Der einzige Mensch, den ich sehen will. Mein Herz macht einen Sprung. Wie lange ist es her? Zwei Monate? Er ist so schmerzhaft vertraut, als wären wir nur zwei Tage getrennt gewesen, nicht wochenlang. Doch er wirkt auch fremd. Müde, ausgezehrt, angespannt, als könne er nicht aufhören, mit den Zähnen zu knirschen.

Wortlos sehen wir uns in die Augen. Wir waren immer ein Paar, das synchron atmet, so auch jetzt – unsere Körper stimmen sich aufeinander ein, passen sich einander an. Ich trete einen Schritt zurück, schramme mit meinen nackten Fersen gegen einen Weidenkorb und bemerke den Schmerz gar nicht. Reuben sieht mich unter seinem störrischen Pony hervor an, das Gesicht voller Fragen. Ich sollte ihn bitten zu gehen. Ich kann dich nicht mehr treffen. Wir machen einen Fehler.

Aber ich tue es nicht.

Ich sage seinen Namen, und es tut so gut, ihn laut auszusprechen. Er lächelt, und ich bin verloren.

»Komm rein«, sage ich schließlich. »Hier herrscht Chaos.«

Um mich herum herrscht immer Chaos. Mein Schlafzimmer war kaum betretbar, als ich das erste Mal mit ihm geschlafen habe. Ich musste meine Unterhosen von den Heizkörpern zerren und schmutzige Teller unter das Bett schieben. Reuben war das egal gewesen. Es ist ihm auch jetzt egal. Er geht an mir vorbei, zögert kurz, lässt mich dadurch wissen, dass er nahe genug ist, um mich zu berühren, über meinen Arm zu streichen. Mir stockt der Atem. Ich breche den Blickkontakt ab und deute mit der Hand wie eine Gastgeberin bei einer Dinnerparty. Hier entlang. Geh einfach weiter.

Ich folge ihm in die Küche, atme seinen besonderen Reuben-Geruch ein. Nichts Schickes, kein Designer-Rasierwasser oder so etwas, nur ein normales Deo zusammen mit etwas schwer Greifbarem. Meine Eingeweide verkrampfen sich.

»Wie hast du mich gefunden?« Ich klinge atemlos und zerstreut. Er bleibt neben dem Tisch stehen. Ich habe das Tischtuch nach Floss’ Missgeschick gewaschen und wieder ausgelegt, doch ein leichter Geruch nach Desinfektionsmittel liegt noch in der Luft, der sich etwas mit den üppigen Kirschen beißt. Reuben sieht sich um, betrachtet die Regale mit den nicht zueinander passenden Keramikbechern und alten Glasflaschen. Er mochte schon immer alte Sachen.

»Ich habe in dem kleinen Café nach dir gefragt.« Er sieht mich wieder an. Er wirkt erschöpft, als wäre ihm kalt. Den taubenblauen Pullover hatte er auch an dem Tag an, an dem wir zur Küste gefahren sind. Wir aßen in einem gemütlichen Lokal zu Mittag, Fisch natürlich, und blieben den ganzen Nachmittag dort und unterhielten uns bei ein paar Glas Cider. Die Nacht verbrachten wir auch dort, in einem Zimmer unter dem Dach mit knarzendem Boden und einem alten Messingbett.

»Okay«, sage ich, »aber woher wusstest du, dass ich in Fettermore bin?«

Meine Mutter hätte es ihm ganz bestimmt nicht gesagt. Ich hatte versucht, einen klaren Strich zu ziehen. Er war in den Norden abgehauen, und ich hatte ihm nur eine SMS geschrieben: Versuch nicht, mich zu finden. Ich kann so nicht weitermachen.

Er will nicht sagen, wer es ihm verraten hat, sondern murmelt etwas Unverständliches, als er einen Stuhl unter dem Tisch hervorzieht. Ich bitte ihn, seine Worte zu wiederholen.

Er setzt sich und verschränkt die Hände vor sich, als wäre er in der Kirche. »Jane. Jane hat es mal erwähnt. Ich habe wirklich versucht, mich fernzuhalten, das musst du mir glauben.«

»Ich kann vor allem nicht glauben, dass du und Jane immer noch in meinem Zuhause lebt, während ich hinausgeworfen wurde.«

»Du wurdest doch nicht richtig hinausgeworfen. Du bist gegangen …«

»Um einen Job zu finden. Ja, das ist die offizielle Version, nicht wahr? Ihr haltet euch immer noch daran. Das ist so typisch für Mum. Bloß keinen Wirbel verursachen. Alles schön unter den Teppich kehren. Hat sie je etwas zu dir gesagt?«

Er sieht zu Boden und schüttelt den Kopf.

»Nein.« Ich mache eine frustrierte Geste. »Es bekommt immer die Frau die Schuld.«

»Keiner spricht von Schuld.« Jetzt wird Reuben wütend. Ich meide seinen Blick. »Es gibt keine Schuld. Manchmal verliebt man sich in den falschen Menschen.«

Liebe? Das sagt sich so leicht. Aber es reicht nicht. Jetzt, mehr als je zuvor, brauche ich Beweise. Galle steigt mir in die Kehle. Ich sitze ihm gegenüber, Quadratmeter an Kirschen zwischen uns. Was wir einander sagen wollen, ist zu bedeutend, als dass wir es hervorbrächten, weshalb wir einander nur schweigend anstarren. Er hat dunkle Ringe unter den Augen, und sein Haar sieht ungewaschen aus. Das bereitet mir eine gewisse Genugtuung, die Bestätigung, dass ich nicht allein gelitten habe. Schließlich kann ich mich zu etwas Alltäglichem überwinden: Ich biete ihm einen Kaffee an.

»Nein, danke, schon gut. Ich habe einen Cappuccino in dem Café getrunken.«

»Du hast einen Cappuccino getrunken? Ich dachte, du hättest es so eilig, mich zu finden.« Ich kratze mit dem Fingernagel über das Wachstuch.

»Ich konnte doch nicht einfach hineingehen und Fragen stellen.«

»Natürlich hättest du das gekonnt. Es ist doch nichts anderes als nach dem Weg zu fragen, oder?«

»Der Bäcker scheint sehr genau zu wissen, wo du wohnst.«

Bei seinem Tonfall schaue ich auf. Seine blauen Augen sind wie Gewitterwolken. Je nach Stimmung ändern sie die Farbe.

»Natürlich tut er das. Ich arbeite für seine Mutter.«

»Er sagte, dass du vielleicht zu tun hast und möglicherweise nicht daheim bist.«

Ich schaue auf die Uhr an der Wand. »Eigentlich arbeite ich gerade auch. Ich warte auf neue Anweisungen.«

»Das ist ein toller Job.«

»Die Mutter des Bäckers ist nicht besonders organisiert. Manchmal glaube ich fast, dass sie vergisst, dass ich hier bin.«

»Und was machst du, wenn sie sich daran erinnert?«

»Dies und das. Ich gehe mit den Hunden, kümmere mich um die Wäsche. Helfe ihr, ihre Notizen abzutippen.«

Reubens Augenbraue zuckt. Sobald man etwas Eigenartiges erwähnt, etwas Unverständliches, hebt sich die Augenbraue wie an einem Marionettenfaden. Seine Augen funkeln vor drängender Neugier. Das liebe ich an ihm. Es bringt mich zum Lächeln.

»Wissenschaftliche Forschung?«

»Literatur. Sie verarbeitet einige einheimische Sagen, die unter die Kategorie ›hinter dem Lichtkreis der Zivilisation‹ fallen. Der Stoff ist faszinierend.«

Jetzt funkeln meine Augen, und er lächelt. Voller Wertschätzung, Liebe, und ein Teil von mir schmilzt. Das darf nicht passieren. »Eine Geschichte handelt von einem blinden Geiger, eine andere von einer Frau, die sich von einem Wasserfall stürzt. Ich weiß nicht, ob sie überlebt. Der Text ist noch nicht fertig.«

Sein Blick bohrt sich in meinen. »Nein. Nein, sie ist noch nicht fertig.«

»Das dürfen wir nicht.« Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, und ich höre selbst die lauernden Tränen.

Er steht auf. Bitte bleib sitzen. Bitte.

»Du kannst jetzt nicht einfach weglaufen.«

Er kommt um den Tisch herum zu mir. Ich lege den Kopf zwischen meine ausgestreckten Arme. Das Wachstuch ist kühl an meiner Wange. Ich will ihn nicht ansehen, darüber nachdenken. Ich spüre seine Hand auf meinem Haar. Seine Berührung ist tröstlich, sie elektrisiert mich jedoch trotzdem. Das Wachstuch unter meiner Wange wird feucht. »Sieh mich an.«

Seine Stimme ist leise. Er kauert sich neben mich, legt eine Hand in meinen Nacken, sie ist warm und sanft. Ich will den Kopf nicht drehen und tue es doch.

Ich weiß nicht, wer den anderen zuerst küsst. Es passiert einfach. Es gibt keine logische Erklärung. So will ich für immer bleiben, neben ihm, meine Lippen an seinen, sein Geruch in meiner Nase. Er unterbricht den Kuss, um eine Träne von der weichen Stelle unter meinem Auge wegzuwischen. Ich lächele unsicher. Wir wussten, dass das passieren würde. Sobald ich die Tür geöffnet hatte, wussten wir, dass es unausweichlich war, aber ich musste ihm wohl erst die kalte Schulter zeigen, uns beide eine Weile leiden lassen, weil es sonst zu einfach gewesen wäre. Das ist das Problem. Es war schon immer zu einfach.

Als ich aufstehe, muss er einen Schritt zurückweichen. Wir mustern uns, und ich kann meine Reaktion nicht schnell genug verbergen. Schon liegen wir einander in den Armen und umklammern uns so fest, dass meine Rippen schmerzen. Ebenso wie mein Herz. Ich kann ihn nicht gehen lassen. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und...

Erscheint lt. Verlag 14.6.2021
Übersetzer Sabine Thiele
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Bone Deep
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alte Mühle • Die Moortochter • dunkles Geheimnis • düster • eBooks • Harlan Coben • karen dionne • Märchenbuch • Mord • psychologische Spannung • Psychothriller • Rivalität • Schottland • Thriller • Vergangenheit
ISBN-10 3-641-23945-1 / 3641239451
ISBN-13 978-3-641-23945-9 / 9783641239459
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