Meine beste Freundin (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
400 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-24524-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Meine beste Freundin - Sarah Alderson
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Seit Jahren hat die unscheinbare Lizzie nicht mehr an ihre ehrgeizige Kollegin Becca gedacht. Obwohl online befreundet, nahm Becca im wahren Leben kaum Notiz von ihr und verschwand nach einem schrecklichen Unfall schließlich ganz. Als Lizzie plötzlich ein Tinder-Date mit James, Beccas attraktivem Exfreund, vorgeschlagen wird, kann sie ihr Glück kaum fassen. Becca, die laut Facebook mittlerweile das perfekte Leben führt - Designstudio, erfolgreicher Ehemann, süßes Baby -, hätte doch sicher nichts dagegen. Doch mit Freunden wie Becca braucht Lizzie keine Feinde ...

Sarah Alderson ist eine britische Roman- und Drehbuchautorin. Sie ist in der ganzen Welt herumgereist und lebte u. a. in London und Bali, bevor sie mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter nach Kalifornien zog.

Becca


Freitag, 8. Dezember
Nachmittag


Einer der Ärzte hat gesagt, ich solle mir ein Hobby suchen, das würde mir guttun. Als könne man Depressionen bekämpfen, indem man Briefmarken sammelt oder Eulen häkelt und auf Etsy verkauft (was seine Frau offenbar macht).

Die Ärzte haben vieles gesagt. Nichts davon wollte ich hören.

Mein Anwalt meinte, dass ich nun wenigstens Geld hätte. Er pries es an, als hätte ich den Hauptgewinn gezogen, dabei war es eigentlich ein Trostpreis.

Den Scheck überreichte er mir, als ich in meinem Rollstuhl saß, mit siebzehn gebrochenen Knochen, von denen ein paar noch zusammenwuchsen, während man andere operativ versteift oder gleich durch Metallplatten ersetzt hatte. James veranlasste das zu dem Scherz, ich sei nun halb Mensch, halb Maschine.

Das war der Zustand meines Körpers. Von meinem Gesicht ist da noch gar nicht die Rede. Mein Gesicht. Ich war es gewöhnt, dass die Leute zwei Mal hinschauten, wenn sie mich erblickten. Nun schauten sie plötzlich drei, vier Mal hin, aber nicht vor Bewunderung. Mein Gesicht sah aus wie ein Halloween-Kürbis, den eine Furie mit verbundenen Augen ausgehöhlt hatte. Ein unglücklicher Sturz, hieß es. Ich bin mit dem Gesicht zuerst gegen die Bronzestatue im Foyer geknallt, bevor mein Hinterkopf auf dem Marmorboden zerschmettert wurde.

Die Menschen wollen einen aufmuntern, indem sie erklären, es hätte schlimmer kommen können. Einige glaubten mir sagen zu müssen, dass ich auch ein syrischer Flüchtling oder tot sein könnte. Oder für immer vor mich hin vegetieren. Immerhin haben Sie eine Entschädigung erhalten, fanden sie. Als habe das Leben einen messbaren Wert.

Andererseits hat es das offenbar. Zwei Millionen ist ein Leben wert, wenn man den Richter Recht sprechen lässt. Ich würde das Geld anstandslos zurückzahlen, wenn ich das Leben zurückbekommen könnte. Dabei rede ich nicht von meinem eigenen. Ich rede von Lucettes Leben.

Mist. Jetzt, da sie in meine Gedanken getreten ist, werde ich sie nicht mehr daraus verbannen können. Lucette. Ich lasse mir den Namen auf der Zunge zergehen und wiederhole ihn immer wieder, wie ein Gebet. Oder ein Mantra. Lucette. Mein Hoffnungsschimmer. Benannt nach meiner Schwester. Lucette. Das einzig wirklich Gute, das mir im Leben widerfahren ist. Das mir je widerfahren wird. Vielleicht bin ich verflucht, denke ich. Alles, was ich liebe, wird mir wieder genommen.

Eulen habe ich nie gehäkelt. Stattdessen habe ich, als ich im Wartezimmer des besagten Arztes saß und auf das Rezept für ein stärkeres Schmerzmittel wartete, in einer Zeitschrift von diesen Kindern in China und Japan gelesen, die Hunderttausende von Stunden damit zubringen, im Internet Spiele zu spielen. Fantasy-Rollenspiele zumeist. Sie sind derartig abhängig davon, dass sie sich umbringen, wenn ihre Eltern ihnen den Computer wegnehmen. Eine regelrechte Epidemie sei das, hieß es. Ich las von einem Jungen, der, nachdem er zwanzig Stunden lang in einem Internet-Café Videospiele gespielt hatte, aufstehen wollte, um zur Toilette zu gehen – und feststellen musste, dass er von der Taille abwärts gelähmt war. Als ihn die Sanitäter auf der Trage fortbrachten, bat er seine Freunde, das Spiel für ihn zu Ende zu führen.

In demselben Artikel erklärte ein Psychologe, dass eine derart exzessive Verweildauer in Fantasiewelten alles gefährden könne: Jobs und Beziehungen und die Fähigkeit, Freundschaften zu schließen, ein gesundes Sozialleben zu führen und Sport zu treiben. Ich weiß noch, dass ich lachen musste. Ich hatte keine Arbeit und keine Beziehung, keine Freunde und kein Sozialleben, und Sport konnte ich auch nicht mehr treiben. Was hatte ich also zu verlieren?

Ich überlege, ob mich dieser Artikel erst auf die Idee gebracht hat. Ich wollte nicht gegen Drachen und Orks kämpfen. Drachen und Orks, na ja. Aber die Idee, sich ein anderes Selbst zu erschaffen, gefiel mir. Ein Selbst, das nicht gemeingefährlich aussieht, vollkommen krumm geht und eine Narbe hat, die man eine Dreiviertelstunde lang mit Abdeckcreme traktieren muss, bevor man das Haus verlassen kann. Ja, ich fand tatsächlich ein Hobby. Und obwohl mein Arzt es wohl nicht als sehr gesund bezeichnen würde, hatte es den erwünschten Effekt, mein geistiges Wohlbefinden zu verbessern.

Als mich die Trauer lähmte, war Becca Bridges die Freundin, die den Joystick übernahm und mein unvollendetes Spiel zu Ende spielte.

Ihren ersten Post auf Instagram zu verfassen war eine Sache von Sekunden.

Ein Neubeginn ist der wunderbare Moment, in dem man sich für sich selbst entscheidet.

Nachdem ich diesen ersten Post abgeschickt hatte, überkam mich das Gefühl, als sei nach einem gnadenlos harten Winter endlich der Frühling zurückgekehrt.

Es ist ein gewaltiges Unterfangen, sich ein Online-Leben zu erschaffen, fast so gewaltig, wie sich ein Leben außerhalb des Internets zu gestalten. Es gibt Instagram und Twitter und Facebook und dann natürlich Pinterest und eine eigene Website; außerdem natürlich all die Elternforen und Chatrooms, in denen ich mich tummele und Posts zu Stillen, Abstillen und Wutanfällen von Kleinkindern kommentiere. Mittlerweile gelte ich als eine Art Expertin für das Thema Zahnen, weil ich das mit Sadie ja schon durchgemacht habe.

Meine Unternehmenswebsite ist mir am leichtesten gefallen. Ich hatte ohnehin schon darüber nachgedacht, den Beruf zu wechseln. Die Inhalte hatte ich von einer niederländischen Design-Firma übernommen. Das Foto in der Rubrik »Über uns« – jenes, auf dem ich an einem Schreibtisch lehne – fand ich auf der Website eines finnischen Architekturbüros.

Mit Hilfe von Photoshop habe ich meinen Kopf hineinkopiert, indem ich ein Foto aus der Zeit vor dem Unfall verwendete. Es hat eine Weile gedauert, es einzufügen und Hals und Kopf richtig zu verbinden. Als würde ich die zwei Teile einer geköpften Frau wieder zusammensetzen. Das Bild gefiel mir. Es fühlte sich an, als würde Becca Bridges, Mutter und Unternehmenschefin, einfach die Sachen tragen, die sie gerne tragen würde. Auch die Art und Weise, wie sie da lehnte, gefiel mir, in der Taille leicht gebeugt. Im wahren Leben kann ich mich, weil meine Wirbelsäule versteift ist, nicht weiter als zehn Grad vorbeugen.

Am liebsten poste ich Fotos auf Instagram. Ich suche sie mir aus Online-Foto-Archiven zusammen: ein Kind, das bunte Kühlschrankmagnete zu dem Wort »Mama« arrangiert; eine pummelige Kinderhand, die eine Möhre in Humus tunkt; Mutter und Kind, deren Gesichter von dem Märchenbuch verschattet sind, das sie lesen. Es überwältigt mich, wenn die Likes hereinfluten und das kleine rote Herz leuchtet.

Eigentlich hatte ich vor, bald meine nächste Schwangerschaft zu verkünden. Noch ein kleines Mädchen würde es werden, irgendwann im Sommer. Ich würde es Lucette nennen, nach meiner Schwester. Beim ersten hatte ich es nicht tun können – es nach der echten Lucette benennen. Damals war es noch zu frisch. Aber jetzt bin ich bereit dafür, sie in die Welt treten zu lassen.

Ich war so begeistert von der Vorstellung, all die Likes und Kommentare zu bekommen, wenn ich erst mal davon berichten werde. Bilder von meinem anschwellenden Bauch habe ich bereits gesammelt, geschmackvolle Schwarz-Weiß-Aufnahmen, schön beschnitten, so wie das erste Bild ihres Füßchens, das in Zacs Hand liegt. Auch über Zacs romantische Gesten und Bekundungen, wenn ich vor seinen Augen erblühe und sein Kind austrage, habe ich schon nachgedacht.

Ich bin die Liebe seines Lebens. Er vergöttert mich.

Zac und Maddie habe ich kennengelernt, als ich mir das Haus zum ersten Mal anschaute, noch vor dem Kauf. Sie sind in den Wagen gestiegen, um irgendwohin zu fahren. Er führte sie zum Beifahrersitz, die Hand in ihr Kreuz gelegt. Die Geste erinnerte mich an James und machte mich ein wenig traurig. Sie lächelten, winkten herüber und erkundigten sich, ob ich das Haus besichtige.

Damals ging ich noch am Stock, und mein Gesicht war erst ein einziges Mal operiert worden, sodass die Narbe noch tiefviolett war und selbst unter tausend Schichten von Schminke nicht verschwand. Beim Sprechen lallte ich ein wenig. Ich habe James’ Blicke bemerkt, und obwohl er sich Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen, war mir klar, wie abstoßend ich war. Da ich mich nicht mit den Nachbarn unterhalten wollte, nickte ich einfach und eilte dann so schnell, wie es mir möglich war, zur Haustür, wo die Immobilienmaklerin auf mich wartete.

Auf halbem Weg durch die Einfahrt drehte ich mich um und sah die beiden in den Wagen steigen. Sie wechselten einen Blick und fragten sich offensichtlich, was mit mir nicht stimmte. Als Maddie sich bückte und den Mantel an den Leib drückte, sah ich, dass sie schwanger war.

»Ich nehme das Haus«, erklärte ich der Maklerin, bevor sie auch nur den Schlüssel gezückt hatte.

Als die beiden mit dem Baby heimkamen, war ich da. Ich beobachtete sie durch das Fenster. Am nächsten Tag ging ich mit einem Geschenk hinüber, den Strampelanzügen, die ich eigentlich für Lucette gekauft hatte. Ich hatte es nicht übers Herz gebracht, sie wegzuwerfen oder Oxfam zu spenden. Sie waren das Einzige, was ich für sie gekauft hatte, und zwar noch am selben Tag, als ich herausfand, dass ich schwanger war. Sie waren von Ralph Lauren und mit blassgelben Pünktchen übersät.

Zac kam an die Tür. Er schien überrascht, mich dort stehen zu sehen. Seit meinem Einzug ein paar Monate zuvor haben wir kaum miteinander zu tun gehabt. Und jetzt bewegte ich mich ohne Stock, und meine Narbe heilte wunderbar ab, wie die Ärzte mir ständig versicherten. Außerdem hatte ich ein Make-up gefunden, das sie besser kaschierte, und meine neue Frisur verdeckte mehr von meinem Gesicht. Im ersten Moment erkannte Zac mich gar...

Erscheint lt. Verlag 21.4.2020
Übersetzer Claudia Franz
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Friends Like These
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Beschäftigung Erwachsene • eBooks • falsche Freunde • Killing Eve • Krimi Neuerscheinungen 2020 • London • Lügen • Neuerscheinungen Bücher 2020 • Psychothriller • Social Media • The Girl before • Thriller • Twists
ISBN-10 3-641-24524-9 / 3641245249
ISBN-13 978-3-641-24524-5 / 9783641245245
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