Sun Detective - Schatten über Florida (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
Heyne Verlag
978-3-641-23640-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sun Detective  - Schatten über Florida - William Wells
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Cooler Crime im Sunshine State: der zweite Fall des Sun Detective!
Der Ruhestand von Ex-Cop Jack Starkey ist ein Traum: Sein Hausboot 'Phoenix' liegt am Fort Myers Beach in Florida und seine Kneipe 'Drunken Parrot' ist eine Institution. Doch irgendwie will sich die Gelassenheit nicht einstellen. Als die Küstenwache ein Segelboot mit den Leichen eines Banker-Ehepaares an Bord aufgreift, bittet ihn sein Freund, der überforderte Police Chief, um Hilfe. Als Starkey zu ermitteln beginnt, wird er in einen brandheißen Fall von Offshore-Bohrungen, korrupten Politikern und einem russischen Oligarchen hineingezogen, der ihn sogar zu seinen Hochzeiten als Cop den Kopf gekostet hätte. Doch seine besten Jahre liegen weit hinter ihm...

William Wells wurde in Detroit, Michigan, geboren. Er hat Englische Literatur studiert, auf einem Navy Schiff gedient, als Journalist gearbeitet, Reden für Politiker geschrieben und einen Corporate Publishing Verlag gegründet. Zusammen mit seiner Frau lebt er an der Südwestküste von Florida.

2.


Ein Tatort zu viel

Wir fahren mit Cubbys weißem Polizei-SUV auf der Dammstraße San Carlos Boulevard Richtung Norden zum Stützpunkt der Küstenwache auf San Carlos Island. Das Gelände ist gut einen Hektar groß und von einem fünf Meter hohen Maschendrahtzaun mit Stacheldraht umgeben. Wir halten vor dem Tor, vor dem ein Unteroffizier in blauer Uniform Wache steht. Der Mann, der eine Dienstwaffe trägt, fragt Cubby nach seinem Ausweis. Cubby zeigt seine Marke, dann schaut der Mann mich an und fragt: »Und wer sind Sie?« Cubby sagt, ich sei ein Berater in einer polizeilichen Ermittlung. Der Wachmann winkt uns durch.

Wir fahren an einem zweistöckigen, schmucklosen Bau vorbei, vor dem ein Flaggenmast steht. Oben hängt die amerikanische Flagge, die von drei rund um den Mast in den Betonboden eingelassenen Scheinwerfern beleuchtet wird, darunter die Flagge der Küstenwache. Aus meiner Zeit beim Marine Corps weiß ich, dass es Vorschrift ist, die amerikanische Flagge nach Sonnenuntergang entweder einzuholen oder anzustrahlen.

Cubby parkt vor einem langen Betonpier – neben einem Streifenwagen der Polizei von Fort Myers Beach, einem zivilen Ford Crown Victoria, einem Van der Spurensicherung und einem Rettungswagen. Der braune Crown Vic gehört einem von Cubbys Detectives. Ich frage mich jedes Mal, warum die Polizei glaubt, irgendjemand könne braune Limousinen mit Schwarzwandreifen und Peitschenantennen für Zivilfahrzeuge halten. Aber das Flottenmanagement der Polizeiverwaltung fällt nicht in meine Gehaltsklasse. Das FBI hat eine Schwäche für schwarze Kombis, die geradezu schreien: »Hier kommt das FBI!« Wenn ein Ganove so dämlich ist, sich von einem der beiden Fahrzeuge täuschen zu lassen, wird er verdientermaßen geschnappt.

Cubby und ich steigen aus und gehen hinaus auf den Pier. Als ich nach Florida kam, kannte ich nicht den Unterschied zwischen einem Pier und einer Mole. Samuel Lewandowski, der Besitzer des Jachthafens »Salty Sam’s Marina« an der Estero Bay, wo mein Hausboot liegt, erklärte mir, dass ein Pier eine Mole ist, die groß genug ist, um mit einem Auto darauf zu fahren. Sollte diese Frage jemals bei einem Quiz auftauchen, schnappe ich mir den Punkt wie Ernie Banks einen Fastball durch die Mitte.

An einer Seite des Piers ist der sechsundzwanzig Meter lange Kutter Valiant festgemacht. Traditionell nennt die Küstenwache ihre Schiffe »Kutter.« Auf der anderen Seite liegt ein großes Segelboot mit blauem Rumpf und dahinter ein »SAFE Boat« der Küstenwache – das ist ein kleines Aluminiumboot mit einer Kabine und einem 350-PS-starken Mercury-Zwillingsaußenborder. Wahrscheinlich wurde damit das Segelboot in den Stützpunkt geschleppt.

Der Schriftzug am Heck des Seglers lautet Joie de Vivre. Welche Ironie, dass ein Boot mit Namen »Lebensfreude« zwei Leichen an Bord hat.

Ein Streifenpolizist und eine Sanitäterin in weißem Overall stehen vor dem Boot auf dem Pier. Beide sind Stammgäste in meiner Bar. Der Uniformierte ist Brad Jennings, ein großer Mann Ende zwanzig mit schwarzem Haar und kantigem Kinn. Die Sanitäterin heißt Caroline Jackson, eine Afroamerikanerin in den Dreißigern.

Ich begrüße sie mit Namen. Cubby und ich betreten das Deck des Segelboots. In diesem Augenblick taucht aus dem Niedergang zur Kajüte Harlan Boyd auf, ein altgedienter Detective des Reviers in Fort Myers Beach. Boyd ist in den Fünfzigern, korpulent, hat schütteres braunes Haar und, als der Ex-Boxer, der er ist, eine krumme Nase und unter den Augen vernarbte Haut. Außerdem hat er den rötlichen Teint eines Mannes, der weiß, was ein starker Drink ist, den er des Öfteren in meiner Bar zu sich nimmt. Für Beamte im Polizeidienst wie auch für Angestellte des Militärs, aktiv oder im Ruhestand, gibt es bei uns Rabatt. Ein älterer Herr, ein Stammgast, gehörte im Zweiten Weltkrieg zu den Landetruppen am Omaha Beach. Er trinkt umsonst.

Boyd trägt Anzug und weiße Gummihandschuhe. Sein Gesichtsausdruck ist finster.

»Hi, Harlan«, sage ich.

Er nickt mir zu und sagt: »Jack.« Dann schaut er zu Cubby, schüttelt den Kopf und sagt: »Üble Geschichte, Chief.«

Wenn ein altgedienter Detective üble Geschichte sagt, dann ist sie übel.

Boyd zieht ein Taschentuch aus der Gesäßtasche und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Es ist ein warmer Abend, aber doch nicht warm genug, um so zu schwitzen – außer man hat etwas gesehen, das man lieber nicht gesehen hätte.

Auf dem Weg hatte Cubby mir versichert, dass er Boyd gesagt habe, ich würde mitkommen, und dass Boyd nichts dagegen habe, wenn ich mir seinen Tatort anschaue. Bei einigen Detectives sind die territorialen Ansprüche sehr ausgeprägt, bei anderen weniger. In meiner Zeit als Detective im Morddezernat von Chicago fiel ich unter die Kategorie »sehr«.

Boyd wuchtet seine Körpermasse auf den Pier, holt eine Schachtel Zigaretten aus der Innentasche seiner Jacke und klopft eine Camel ohne Filter heraus. Er zündet sie mit einem Zippo an, nimmt einen langen Zug und bläst den krebserregenden Rauch in dünnen weißen Streifen durch die Nasenlöcher aus.

»Die von der Spurensicherung sind schon wieder weg«, sagt er. »Linda ist jetzt unten.« Er meint Linda Evans, die Kriminaltechnikerin von der Gerichtsmedizin.

»Warum muss dieses Scheißboot ausgerechnet in meinen Zutändigkeitsbereich treiben?«, fragt Boyd. »Ein paar Kilometer weiter nördlich, und Cape Coral könnte sich jetzt damit rumschlagen. Ein paar Kilometer südlich, und Bonita Springs hätte den Fall an der Backe.«

Als Detective in Fort Myers Beach wäre ich froh gewesen für die Gelegenheit, mein Können zu beweisen. Harlan Boyd ist es offensichtlich nicht.

Cubby und ich gehen die drei Stufen hinunter in die Kajüte, mit ein paar Schritten durch den Salon und in die Kombüse. Die Joie de Vivre ist eine Luxusjacht. Gut ausgestattet, alles Messing und Mahagoni. Durchgehend erste Sahne. Damit verglichen ist mein Hausboot ein Müllkahn. Aber es ist mein Müllkahn.

Linda Evans hat kurze braune Haare und trägt eine runde Brille mit Drahtgestell, die ihr ein eulenhaftes, gelehrtes Aussehen verleiht. Sie stieß vor einem Jahr, nach ihrem Master in Forensik an der Florida Gulf Coast University, zur Polizei von Fort Myers Beach. Davor war sie Polizistin in Bradenton gewesen.

Auf dem Rücken von Lindas blauem Overall steht in weißen Buchstaben »Kriminaltechnik«. Sie hockt auf dem Boden und bindet einen Plastikbeutel zu, in dem die rechte Hand eines auf dem Rücken liegenden Mannes steckt. Der Mann ist – oder war – attraktiv, Mitte bis Ende vierzig und hat braune Haare. Aufrecht stehend, was nicht mehr passieren wird, schätze ich ihn auf etwa eins achtzig. Er trägt ein blauweiß gestreiftes T-Shirt, hellbraune Leinenshorts und Bootsschuhe – typisches Segler-Outfit. Die Schussverletzung in seiner Stirn stammt nach der Größe der Eintrittswunde zu schließen von einer kleinkalibrigen Pistole. Augen und Mund sind geöffnet, was ihm den Gesichtsausdruck eines Mannes verleiht, der von irgendetwas überrascht wurde – wahrscheinlich von dem Umstand, dass man ihm in die Stirn geschossen hatte.

»Sie kennen Jack Starkey«, sagt Cubby zu Linda. »Er wird uns bei diesem Fall als Berater zur Seite stehen.«

Berater. Ach ja? Ich dachte, ich sollte bloß mal einen Blick draufwerfen. Darüber müssen Cubby und ich uns noch mal unterhalten.

Linda schaut zu mir hoch, nickt, beendet das Eintüten der toten Hand, wiederholt den Vorgang an der anderen Hand und steht auf. Unter den Fingernägeln des Toten können sich DNA-Spuren des Mörders befinden, was allerdings unwahrscheinlich ist, da es keine Anzeichen eines Kampfes gibt. Sollte der Schütze auch nur ein Fünkchen Verstand haben, ist er dem Opfer nicht nahe gekommen. Deshalb benutzt man ja eine Pistole.

Betten auf Schiffen werden Kojen genannt. Küchen sind Kombüsen. Böden sind Decks und Wände Schotten. Türen sind Luken. Ein Seil ist eine Leine. Das vordere Ende eines Boots ist der Bug, das hintere das Heck. Die rechte Seite heißt Steuerbord, die linke Backbord. Das weiß ich alles von Salty Sam Lewandowski, der meinte, ich solle die nautischen Begriffe kennen – »falls du dir mal ein richtiges Boot kaufst«. Ha, ha.

Sam war dreißig Jahre bei der Handelsmarine, bevor er den Jachthafen aufmachte, wo mein Hausboot dauerhaft vor Anker liegt (»Seetüchtigkeit« gehörte nicht zu den Vorzügen des Boots, die der Vorbesitzer aufgelistet hatte). Ich habe das Boot Phoenix getauft, nach dem Vogel aus der griechischen Mythologie, der sich aus der eigenen Asche erhebt, wie ich es auch von mir erhoffte beim Start meines neuen Lebens in Florida.

Die Frau, die in der Koje der Kapitänskajüte liegt, sieht jünger als der Mann aus. Sie ist vielleicht in den Dreißigern, hat kurze dunkle Haare und leere blaue Augen. Sie liegt mit dem Rücken auf der Bettdecke und hat eine Schusswunde in der Stirn, die der des Mannes ähnelt. Sie trägt ein schwarzes Bikinioberteil und weiße Shorts.

»Okay, das reicht wohl«, sagt Cubby mehr zu sich selbst als zu mir, seinem »Berater«.

Wir klettern zurück auf den Pier. Harlan zieht zum letzten Mal an seiner Zigarette und schnippt sie dann ins Wasser. Ein Fisch steigt auf, stupst die Kippe an und taucht wieder ab. Nicht seine Marke.

Wir stehen unter einem klaren Himmel mit einem leuchtenden Dreiviertelmond. Jenseits der zwanzig Kilometer Golf von Mexiko kann man die Lichter von Sanibel Island sehen. Eine herrliche Nacht – für die Lebenden, nicht für die Opfer auf dem Boot.

Boyd fährt sich mit den Fingern durchs Haar, schaut die Joie de Vivre an, die sich von einer Vergnügungsjacht in einen Tatort verwandelt...

Erscheint lt. Verlag 11.5.2020
Reihe/Serie Die Sun-Detective-Serie
Die Sun-Detective-Serie
Übersetzer Wolfgang Müller
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Dollar-A-Year Detective
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amerika • Banken • Dons Winslow • eBooks • Ermittler • Florida • Korruption • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Miami Vice • Mordfall • Privatdetektiv • Russland • Thriller
ISBN-10 3-641-23640-1 / 3641236401
ISBN-13 978-3-641-23640-3 / 9783641236403
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