Flashback – Was hast du damals getan? (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
Heyne Verlag
978-3-641-23920-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Flashback – Was hast du damals getan? - Andrea Bartz
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Traue niemandem. Am wenigsten dir selbst.
2009: Über den Dächern von Brooklyn feiert eine Gruppe junger New Yorker wie im Rausch. Für Lindsay endet die Party wie so oft mit einem Blackout. Am nächsten Morgen erinnert sie sich an nichts. Doch etwas Schreckliches ist passiert: Während alle feierten, hat sich ihre beste Freundin Edie wenige Stockwerke tiefer erschossen.

2019: Lindsay hat mit den Ereignissen von vor zehn Jahren eigentlich abgeschlossen. Doch dann begegnet sie einer Freundin von damals, und alte Wunden reißen wieder auf. War Edies Tod wirklich Selbstmord? Wer könnte ihr etwas angetan haben? Stück für Stück setzt Lindsay das Bild jener verlorenen Nacht zusammen. Nur ihre eigene Erinnerung lässt sie dabei immer wieder im Stich, und sie beschleicht ein grauenhafter Verdacht.

Ein Mord in der Hipster-Szene von Brooklyn - dieser Pageturner geht unter die Haut!

Andrea Bartz arbeitet als Journalistin und lebt in Brooklyn. Sie ist Co-Autorin des erfolgreichen Blogs Stuff Hipsters Hate und schreibt für das Wall Street Journal, Marie Claire, Vogue, Cosmopolitan und viele andere namhafte Magazine. Seit ihrer Kindheit liest sie am liebsten Thriller.

Kapitel 1

LINDSAY

WENN MAN UM SECHS UHR abends mit der New Yorker Subway unterwegs war, kam man sich vor wie in einem Viehtransport. Die Türen des Zuges öffneten sich, doch ich war zwischen den anderen Fahrgästen eingeklemmt, die sich kaum von der Stelle bewegten. Unter Entschuldigungen rempelte ich ein paar Leute an und schaffte es gerade noch, mich auf den Bahnsteig zu zwängen, bevor sich die Türen mit einem dumpfen Schlag wieder schlossen. Ich lief ein paar Schritte und starrte durch die Fenster auf die Fahrgäste, die im Innern der Bahn zusammengepfercht waren.

Ich war schrecklich müde. Wie so oft in letzter Zeit. Am liebsten wäre ich direkt nach Haus gegangen, um mir aus dem Tiefkühlfach etwas aufzutauen und im Fernsehen die Wiederholungen irgendeiner bescheuerten Sendung anzuschauen, aber das Treffen war meine Idee gewesen. In einem seltenen Anflug von Nostalgie hatte ich eine Nachricht verschickt, ohne daran zu denken, dass ich mir geschworen hatte, niemals die Büchse der Pandora zu öffnen. Offensichtlich hatte mich die Langeweile leichtsinnig werden lassen.

Ich schob mich durch das Gedränge der Fahrgäste am Fuß der U-Bahn-Treppe, und als ich ins Freie trat, wurde ich vom Regen bis auf die Haut durchnässt. Das Gefühl, mit dem ich den ganzen Tag über gekämpft hatte, wurde nun stärker, diese panische Angst, die einen jedes Mal vor einem ersten Date beschleicht. Was, wenn das Wiedersehen meine letzten schönen Erinnerungen an dieses eine unvergessliche Jahr trüben würde? Als ich das Restaurant schließlich erreichte – ein schlichtes Bistro in Manhattans langweiliger Midtown West –, klappte ein Mann direkt vor meinem Gesicht seinen Schirm zu, worauf ich mich aus irgendeinem Grund reflexartig bei ihm entschuldigte.

Während ich im Bistro unter dem Tisch einen Stuhl hervorzog, kam Sarah herein. Schließlich entdeckte sie mich und winkte mir zu, und ich dachte, sie sieht genauso aus wie immer. Das tat sie natürlich nicht, und ich auch nicht, was mir jedoch erst sehr viel später am Abend bewusst wurde, als ich mich mit Tränen im Gesicht an meinem Computer durch eine Reihe alter Fotos klickte. Im Alter von dreiundzwanzig erinnerten unsere Körper an die von Aliens, mit den großen Augen und eingesunkenen Wangenknochen, die zu einem zarten, spitzen Kinn zuliefen. Jetzt, zehn Jahre später, waren wir nicht mehr ganz so jung, hatten fülligere Gesichter und wieder menschliche Züge.

Wir umarmten uns, und ich weiß nicht, woran es lag – vielleicht war es ein bestimmter Geruch oder irgendein Pheromon –, aber die Umarmung fühlte sich genauso an wie damals. Wir entspannten uns, lächelten einander an und dachten anscheinend beide, dass wir womöglich einen netten Abend miteinander verbringen würden.

»Lindsay, es ist wirklich schön, dich zu sehen«, sagte Sarah und sank auf ihren Stuhl. »Du siehst klasse aus.«

»Du auch!«, gab ich das Kompliment zurück. »Ich kann nicht glauben, dass es schon zehn Jahre her ist.«

»Ich weiß, es ist verrückt.« Sarah nickte und zog die Augenbrauen hoch. »Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?«

»Bestens! Du weißt ja, ich lasse mich nicht unterkriegen. Ich habe mich wirklich gefreut, als ich gehört habe, dass du wieder nach New York gezogen bist.« Für einen Artikel habe ich mal eine linguistische Studie über Konversationsmuster gelesen: Wenn zwei Menschen sich unterhalten, imitiert die unterlegene Person die Ausdrucksweise des Alphatiers. Und ich fragte mich, wer hier wem nacheiferte.

»Ja, ich bin froh, dass du dich gemeldet hast. Als wir erfahren haben, dass mein Mann hierher versetzt werden sollte, habe ich mich gefragt, ob ich in der Stadt überhaupt noch jemanden kennen würde.«

»Dein Mann«, sagte ich. »Ich kann’s kaum abwarten, ihn kennenzulernen.« Ich hatte seine Facebook-Seite besucht: Er sah unverschämt gut aus. Solange einer meiner Freunde einen Partner hatte, der nicht allzu attraktiv war, gelang es mir, meine Neidgefühle mit einer gewissen Selbstgefälligkeit zu vertreiben.

»Er ist großartig.« Sarah lächelte, klappte ihre Speisekarte auf und senkte den Blick. »Bist du gerade mit jemandem zusammen?«

»Nein, ich habe zwar was am Laufen, aber der Richtige war noch nicht dabei«, sagte ich fröhlich. »Und? Wie ist es, wieder in New York zu sein?«

Sie verzog das Gesicht, weil sie offensichtlich über eine unverfängliche Antwort nachdachte, als der Kellner erschien und die Spezialitäten des Hauses herunterratterte. Sarah bestellte einen Wodka Martini, und nach kurzem Zögern entschied ich mich wie üblich für ein Mineralwasser mit Zitronenscheibe. Eigentlich vermisse ich den Alkohol nur selten, aber als Sarahs kegelförmiges Glas gebracht wurde, hätte ich mir am liebsten auch einen Drink gegönnt.

»Ach du meine Güte, ist es okay, wenn ich Alkohol trinke?«, fragte sie, nachdem der Kellner wieder verschwunden war.

»Natürlich. Kein Problem. Sonst hätte ich vorgeschlagen, dass wir uns auf einen Tee treffen.« Sie kicherte und zuckte mit den Schultern, und wir studierten erneut die Speisekarte.

Mein Gott, war das wirklich Sarah? Dasselbe belesene, geistreiche, feierwütige Mädchen, das in dem ersten wilden Jahr in New York zu meiner Clique gehört hatte? Ich hatte ihr eine Nachricht geschickt, als sie auf Facebook verkündet hatte, dass sie von St. Louis hierher zurückziehen würde, und in meinem Anfall von Sentimentalität ganz vergessen, dass wir am Ende gar keine Freundinnen mehr gewesen waren. Später war mir die Sache peinlich, bis Sarah sich vor ein paar Wochen mit einer Entschuldigung zurückgemeldet hatte, um mich zu fragen, wann wir uns treffen wollten.

»Es ist schön, wieder hier zu sein, aber auch irgendwie komisch«, sagte sie schließlich. »Es hat sich derart viel verändert. Es kommt mir fast so vor, als wäre ich in eine neue Stadt gezogen. Aber was ist mit dir, gefällt es dir immer noch hier?«

»Ja«, antwortete ich. »Also, ich habe wirklich Glück, dass ich nach wie vor für diese Zeitschrift arbeite, und ich wohne auch noch in derselben Wohnung in Fort Greene, mittlerweile schon seit fünf Jahren.« Ich nahm einen großen Schluck, und die Kohlensäure prickelte auf meiner Zunge.

»Das ist toll. In dem Viertel will ich mich unbedingt mal umsehen.« Sarah schob ihre schwarzen Haare hinter die Ohren.

»Also, wenn ich euch bei der Wohnungssuche irgendwie helfen kann, lasst es mich wissen«, sagte ich.

»Danke, Lindsay. Es ist nicht leicht, was zu finden, denn ich suche zum nächstmöglichen Termin ein Apartment. Aber ich habe auch keine Lust, in irgendeiner Bruchbude zu landen. Momentan wohnen wir bei Nates Eltern in Trenton.« Sie warf mir einen vielsagenden Blick zu.

»Du wohnst in New Jersey?! Wow.«

»Tja, wer hätte das gedacht? Ich bin jetzt eine dieser Personen, die wir damals zutiefst verachtet haben.« Wir mussten beide kichern.

»Hast du noch Kontakt zu jemandem von damals?«, fragte ich.

Sie zuckte mit den Achseln. »Also, nur übers Internet, so wie bei dir. Eine Weile haben Alex und ich uns am Jahrestag angerufen oder E-Mails geschickt. Du weißt schon, um darauf anzustoßen.« Sie nippte an ihrem Drink. »Kevin aktualisiert seine Seite kaum, darum weiß ich nicht, was es bei ihm Neues gibt. Ich glaube, dass er und Alex noch Kontakt haben, und hin und wieder bekomme ich einen kurzen Bericht. Das Letzte, was ich gehörte habe, war, dass er und sein Mann einen kleinen Musikladen in Nashville betreiben und er Schlagzeugunterricht gibt, so was in der Art.«

»Moment mal, Kevin ist verheiratet?«

Sie lachte. »Wusstest du das nicht? Offensichtlich hat er direkt nach dem Umzug seinen Traummann getroffen. Einen Pianisten, glaube ich.«

Natürlich, er hat geheiratet – wie jeder, der aus New York wegzieht. Ich breitete meine Serviette auf dem Schoß aus. Alex hat den Bund fürs Leben geschlossen. In meiner Vorstellung war Kevin immer noch vierundzwanzig und völlig unsicher. »Wann ist er noch mal umgezogen?«

»Direkt nachdem er seine Sozialstunden abgeleistet hatte. In dem Winter, nachdem … nach der ganzen Sache.«

Ihre Miene verfinsterte sich, doch dann erschien erneut der Kellner. Wir gaben höflich unsere Bestellungen auf, und Sarah nickte eifrig, als er anbot, eine weitere Runde Getränke zu bringen. Sie erkundigte sich erneut nach meiner Arbeit, und ich meinerseits erfuhr ein wenig über ihre bisherige Tätigkeit, bei der sie in St. Louis Führungskräfte vermittelt hatte. Da sie jetzt selbst auf Jobsuche war, musste sie sich mächtig ins Zeug legen, denn sie wusste, dass es einem die Headhunter nicht leicht machten. Mein Gott, was für eine Ironie. Hin und wieder lachten wir, und zweimal machte Sarah eine putzige Handbewegung, indem sie ihre kleinen Fäuste wie eine Handpuppe vor die Brust hielt. Sie war jetzt wieder Sarah Kwan, Sarah Kwan mit dem coolen himbeerroten Lippenstift, dem gewagten bauchfreien Oberteil und der dichten, glänzenden Mähne.

Sie erwähnte Edie erst wieder, als wir gerade beim Dessert waren und beide in einem Schokoladenkuchen herumstocherten, den wir uns teilten. »Es ist schon verrückt, wenn man bedenkt, was in den zehn Jahren alles passiert ist«, erklärte sie. »Ich habe mich so gefreut, als du meintest, dass du dich mit mir treffen willst. Ich habe in den letzten Jahren ein paarmal daran gedacht, mich bei dir zu melden, aber ich war mir nicht sicher,...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2020
Übersetzer Frank Dabrock
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Lost Night
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Blackout • Bushwick • eBooks • Fact-Checker • Gedächtnis • Hipster • New York • Nostalgie • Selbstmord • Stuff Hipsters hate • Thriller • Williamsburg
ISBN-10 3-641-23920-6 / 3641239206
ISBN-13 978-3-641-23920-6 / 9783641239206
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