Hagebuttenblut (eBook)

Thriller. Düster, abgründig, skandinavisch: Lina Bengtsdotter! Beste skandinavische Spannung von der schwedischen Bestsellerautorin
eBook Download: EPUB
2020
496 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-23537-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hagebuttenblut - Lina Bengtsdotter
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Sie ist Stockholms beste Ermittlerin. Doch dieser Fall kann sie alles kosten.
Nie wieder wollte Charlie Lager in ihren Heimatort Gullspång zurückkehren. Doch die brillante Stockholmer Ermittlerin ist gezwungen, diesen Schwur zu brechen, als sie von einem ungelösten Fall Wind bekommt: Vor dreißig Jahren verschwand die sechzehnjährige Francesca aus Gullspång und wurde nie gefunden. Das große verfallene Herrenhaus ihrer Familie steht seitdem leer. Sobald das düstere Gebäude vor Charlie aufragt, spürt sie, dass ihr dieser Fall alles abverlangen wird - denn sie erinnert sich dunkel an diesen Ort. Und Charlie ahnt, dass sie alles zu verlieren hat: Wenn sie die Wahrheit um Francescas Verschwinden ans Licht zerrt, kann sie ihr eigenes Leben für immer zerstören.

Lina Bengtsdotter wuchs in der schwedischen Kleinstadt Gullspång auf, die sie zum Setting ihrer beliebten Thriller-Serie um die Ermittlerin Charlie Lager machte, mit der sie auch in Deutschland die Bestsellerliste stürmte. Lina Bengtsdotter lebt in Stockholm.

Kapitel eins


Charlie versuchte, in dem nach hinten geneigten Stuhl eine bequeme Position zu finden. Links von ihr saß Eva, ihre Psychologin.

Eva hatte gerade mit ihr die Rahmenbedingungen für ihre Sitzungen besprochen. Es war wichtig, sich an die festgelegten Zeiten zu halten, zu sagen, wenn man sich mit etwas nicht wohlfühlte, und zu wissen, dass alles, was in diesem Raum besprochen wurde, natürlich nicht nach außen drang.

Eva sprach freundlich, doch an ihrem Blick merkte man, dass sie auch streng sein konnte, falls nötig. Charlie hatte sie recherchiert, sie war Mitglied im Fachverband der Psychologen und hatte fünfzehn Jahre Berufserfahrung. Das war Charlies erste Bedingung gewesen, als Challe forderte, sie müsse sich therapeutisch behandeln lassen. Sie würde nur zu jemandem mit professioneller Ausbildung gehen, nicht zu irgendeiner selbstgefälligen Person, die gerade mal einen mehrwöchigen Kurs zum Thema »Persönliche Entwicklung« absolviert hatte. Sie wollte auf keinen Fall Zeit bei jemandem verschwenden, der Allgemeinplätze daherplapperte oder zu viel über sich selbst sprach. Am liebsten würde sie sich das Ganze sowieso ersparen, weshalb sie die erste Sitzung so lange rausgeschoben hatte wie möglich. Sie hatte versucht, Challe zu zeigen, dass es ihr gut ging, dass sie sich hervorragend um sich selbst und ihren Job kümmern konnte, aber nach den Ereignissen des Sommers vertraute ihr Chef ihr nicht mehr uneingeschränkt.

Jetzt saß sie jedenfalls in dem unbequemen Stuhl in Evas Behandlungszimmer. Der Regen rann in dünnen Rinnsalen das Fenster herunter, hinter dem eine große Eiche mit buntem Herbstlaub stand.

»Charline, warum sind Sie hier?«, fragte Eva.

»Sie können mich Charlie nennen.«

»Warum sind Sie hier, Charlie?«

»Wegen meines Chefs. Er hat mir ein Ultimatum gestellt. Er findet, dass ich Hilfe brauche.«

»Aha.« Eva musterte sie prüfend, als ob sie sich eine stille Notiz machte: eventuelle fehlende Selbsteinsicht. »Und finden Sie das auch?«

»Dass ich Hilfe brauche?«

»Ja.«

»Ja, schon, aber ich säße vermutlich nicht hier, wenn das nicht die Bedingung dafür wäre, dass ich meinen Job behalten kann.«

»Erzählen Sie bitte in groben Zügen von sich. Ich weiß, was Sie beruflich machen, aber sonst kaum etwas.«

»Was müssen Sie denn noch wissen?«, entgegnete Charlie.

Eva lächelte und sagte, dass ein Mensch schließlich mehr sei als nur seine Arbeit. Vielleicht könne sie einfach ganz allgemein sagen, wer sie sei.

»Natürlich«, antwortete Charlie. »Ich mag …« Sie unterbrach sich. Was mochte sie eigentlich? Lesen, trinken, allein sein. Im Moment fiel ihr nichts ein, was nicht deprimierend klang. »Ich lese gern.«

Sie sah, dass Eva eine ausführlichere Antwort erwartete, und wollte fast schon »Sport« als weiteres Hobby angeben, aber warum sollte sie lügen?

»Waren Sie schon einmal in psychologischer Behandlung?«, fragte Eva nach einer Weile.

»Ja, ein paar Sitzungen als Erwachsene sowie eine längere Therapie als Jugendliche. Meine Mutter starb, als ich vierzehn war.«

»Das ist ein schwieriges Alter, um einen Elternteil zu verlieren.«

Charlie nickte.

»Und Ihr Vater?«

»Unbekannt.«

»Ich verstehe. Wie war das Verhältnis zu Ihrer Mutter?«

»Es war …« Charlie wusste nicht, was sie sagen sollte. Kompliziert? »Meine Mutter war sehr speziell.«

»Inwiefern?«

»Sie war nicht wie andere Mütter. Ich kämpfe sehr dagegen an, nicht wie sie zu werden.«

»Das ist ganz natürlich«, antwortete Eva, »dass man nicht die Fehler der Eltern wiederholen will. Aber solange Sie versuchen, nicht so wie Ihre Mutter zu werden, bleibt sie Ihre Referenz. Erst wenn Sie unabhängiger von ihr agieren können, werden Sie sich freier fühlen.«

»Ja.«

»Wir können später noch darüber reden. Mich würde zuerst der Grund für das Ultimatum Ihres Chefs interessieren. Dass Sie eine Therapie machen sollen.«

Bettys Stimme meldete sich in Charlies Kopf. Die Sätze, die sie immer sagte, wenn sie eine schlechte Phase hatte. Ich habe das Gefühl, als würden mich die Unterströmungen nach unten ziehen. Wenn ich zu viel nachdenke, dann sinke ich auf den Grund. Am besten also nicht nachdenken, nichts sagen. Sonst wird alles nur noch schlimmer.

»Der Alkohol war schuld«, antwortete Charlie. »Manchmal trinke ich zu viel. Bisher hatte ich es im Griff und habe nur getrunken, wenn ich freihatte, und auch nicht am Abend vor der Arbeit – oder dann zumindest nur wenig –, aber in letzter Zeit habe ich diese Regel öfter gebrochen und im Büro dann nach Alkohol gerochen. Mein Chef Challe ist eine wahre Spürnase.«

»Vielleicht ist das Ihr Glück gewesen«, sagte Eva. »So konnten Sie sich rechtzeitig Hilfe suchen.«

»Woher wollen Sie wissen, dass es rechtzeitig war?«, konnte sich Charlie nicht verkneifen.

»Sie akzeptieren Ihr Problem und sprechen offen darüber. Das ist eine sehr gute Ausgangslage.«

»Ich weiß es schon lange, konnte aber trotzdem nichts dagegen tun. Ich bin mir also nicht sicher, ob das so viel zu bedeuten hat.«

»Haben Sie nicht gerade gesagt, dass Sie das Problem im Griff haben?«

»Es kam schon vor, dass ich die Kontrolle verloren habe«, gestand Charlie.

»Und jetzt sind Sie hier.«

»Ja, jetzt bin ich hier.«

Nach einigen Minuten oberflächlichen Gesprächs kehrte Stille ein. Charlie betrachtete die gerahmten Bilder hinter Eva an der Wand. Rorschachtests. Sie versuchte, Formen in den Farbklecksen zu erkennen, um etwas über ihren psychischen Zustand zu erfahren, doch Eva wollte mehr über ihre Arbeitsaufgaben wissen.

Charlie erzählte von ihrer Arbeit als Ermittlerin bei der Nationalen Operativen Abteilung, dass sie und ihre Kollegen bei schweren Verbrechen im ganzen Land hinzugerufen wurden und die örtliche Polizei unterstützten.

»Wie sieht Ihr sonstiges Leben aus?«, fragte Eva.

»Single, keine Kinder.«

»Um noch mal auf Ihren Alkoholkonsum zurückzukommen«, fuhr Eva fort, ohne auf Charlies Familienstand einzugehen. »Wie lange würden Sie das schon als Problem bezeichnen?«

»Ich weiß es nicht genau. Das kommt eher darauf an, wen man fragt.«

»Ich frage Sie.«

»Seit ich angefangen habe, Alkohol zu trinken, habe ich es geliebt, und ich habe schon immer mehr als andere getrunken. Ich habe noch nie verstanden, wie man nach nur einem Glas aufhören kann. Aber ich würde mich nicht als Alkoholikerin bezeichnen, nur weil ich mehr als andere trinke. Es ist eher phasenweise.«

»Und wann begann die Phase, die unserer Sitzung heute vorausging?«

»Ich kann mich nicht genau erinnern, aber vor ein paar Monaten kam ich zurück nach Gullspång, wo ich aufgewachsen bin. Eine Kleinstadt in Västergötland«, fügte sie hinzu, als sie merkte, dass Eva den Ort nicht kannte. »Ich habe dort bis zum Tod meiner Mutter gelebt. Dann bin ich nach Stockholm gezogen.«

»Hatten Sie hier Verwandtschaft?«

»Nein, ich kam zu einer Pflegefamilie.«

»Wie war das für Sie?«

Charlie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Gab es irgendetwas Berichtenswertes über das Leben in dem kleinen Reihenhaus in Huddinge? Sie sah den Garten vor sich, den geharkten Kiesweg, die Blumenbeete, in denen alles in Reih und Glied wuchs, den kleinen Apfelbaum, der nie Früchte trug. Sie dachte an die erste Begegnung mit den Pflegeeltern Bengt und Lena und ihrer Tochter Lisen, wie die drei sie steif in ihr klinisch sauberes Heim aufgenommen hatten. Von außen betrachtet war die neue Familie genau das, was sich Charlie immer gewünscht hatte, wenn Betty ausgeflippt war: ruhige, ordentliche Menschen mit festen Schlafenszeiten, gemeinsamen Mahlzeiten und einer Mutter, die Turnbeutel packte und Hausmannskost kochte, ohne zusammenzubrechen. Lena lag nie auf dem Sofa und verlangte völlige Dunkelheit und Ruhe. Sie veranstaltete nie ausufernde Feste oder lud Menschen ein, die sie gar nicht kannte. Charlie dachte an ihr kleines Zimmer im Reihenhaus, die frisch gewaschene Bettwäsche, den Duft nach Waschmittel und Rosen. Fühl dich wie zu Hause, hatte Lena an diesem ersten Abend gesagt. Ich hoffe wirklich, dass du dich hier wie daheim fühlst, Charline, und dass du und Lisen wie Schwestern füreinander sein könnt.

Doch Charlie hatte sich nie daheim gefühlt in dem Haus in Huddinge, und sie und Lisen wurden nie wie Schwestern.

Eva räusperte sich.

»Es hat funktioniert in der Pflegefamilie«, antwortete Charlie schließlich. »Es herrschte Ordnung, und ich konnte mich auf die Schule konzentrieren.«

»Das ist schön«, meinte Eva. »Aber gehen wir noch mal zurück zu dem Zeitpunkt, an dem die letzte Phase begann. Sie sind Anfang des Sommers nach Gullspång gefahren. Warum?«

»Aus beruflichen Gründen. Ein junges Mädchen war verschwunden, Annabelle Roos. Vielleicht haben Sie von dem Fall in der Zeitung gelesen.«

»Ja, das habe ich.«

»Wir sollten die Arbeit der örtlichen Polizei unterstützen, und die Rückkehr war hart, sehr viel härter, als ich gedacht hatte.«

»Inwiefern?«

»Sehr viele Erinnerungen kamen wieder hoch, und ich …«

Charlie sah vor sich, wie Annabelles magerer Körper aus dem schwarzen Wasser des Flusses gezogen wurde, sah Bettys Freund Mattias zwanzig Jahre vorher in denselben schwarzen Tiefen verschwinden. Sah zwei Mädchen mit einem weinenden kleinen Jungen zwischen sich, lange...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2020
Reihe/Serie Die Charlie-Lager-Serie
Die Charlie-Lager-Serie
Übersetzer Sabine Thiele
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Francesca (in the Charlie Lager series)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller 2020 • eBooks • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Linda Castillo • Löwenzahnkind • Mattias Edvardsson • Mord • Nordic Noir • scandi crime • Schweden • Schwedenkrimi • Skandinavien • Sommer • starke Ermittlerin • Thriller • Thriller Bestseller • Thriller Neuerscheinung 2020 • Urlaub • Urlaubslektüre • Västergötland • weibliche Ermittlerin • Westschweden
ISBN-10 3-641-23537-5 / 3641235375
ISBN-13 978-3-641-23537-6 / 9783641235376
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