Das Erbe der Lorimers (eBook)

Träume und Vermächtnis

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
332 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1868-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Erbe der Lorimers - Anne Melville
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Das Baden-Baden der russischen Großfürsten, San Francisco zur Zeit des Erdbebens und eine Plantage auf Jamaika. 

Alexa Lorimer ist eine eigenwillige junge Frau. Ausgestattet mit der herausragenden Stimme ihrer italienischen Mutter, träumt sie vom großen Erfolg auf den Opernbühnen der Welt. Doch eine Karriere als Sängerin schickt sich nicht für eine junge Frau wie sie. Alexa aber weiß was sie will und erkämpft sich mithilfe eines uneigennützigen Gönners eine Gesangsausbildung. Bald schon feiert sie ihren ersten großen Erfolg in der Arena von Verona in Italien. Als sie ihre Jugendliebe wiedertrifft, von der sie einst durch Intrigen getrennt wurde, scheinen alle ihre Wünsche in Erfüllung zu gehen. Doch dann erfährt sie das schicksalhafte Geheimnis ihrer Herkunft. Und obwohl sie ihren Vater nie gekannt hat, wirft dessen Vermächtnis einen großen Schatten auf ihre Liebe ...

Im zweiten Band der dramatischen Saga um die Handelsfamilie Lorimer führt uns Anne Melville einmal rund um die Welt.



Anne Melville, geboren 1926 in Harrow, war ein Pseudonym der britischen Schriftstellerin Margaret Potter. Sie studierte Geschichte in Oxford und war Autorin zahlreicher Romane, Kinderbücher und Kurzgeschichten. Sie arbeitete unter anderem einige Jahre als Lehrerin in Ägypten sowie als Herausgeberin einer Kinderzeitschrift. Privat war sie mit dem Schriftsteller und Historiker Jeremy Potter verheiratet. Sie verstarb 1998 nach kurzer Krankheit.

 

 

ZWEITES BUCH
Alexa in der Fremde


 

 

 

 

 

 

 

1.


Selbst eine Stadt, die ganz der Heilung von Krankheiten dient, ist kein trister Aufenthalt, wenn die Mehrzahl der Kurgäste allenfalls an Genusssucht leidet. Baden-Baden war während der Saison einer der renommiertesten Badeorte Europas. Unter den funkelnden Kronleuchtern des Casinos hatten einst die reichsten Männer der Welt ganze Vermögen in Form von goldenen und silbernen Bankmarken verspielt, während draußen unter den Arkaden ihre Gattinnen und Mätressen erlesenen Schmuck, raffinierte Hüte und den Dernier cri in Fächern, Schuhen oder Handschuhen einkauften. Die Damen, die auf den üppig grünen Rasenflächen rings um die Trinkhalle oder in den Wandelgängen promenierten, waren oft allzu füllig, um elegant zu wirken, aber sie konnten in jedem Fall von sich behaupten, teuer gekleidet zu sein.

Als Alexa zum ersten Mal den Glanz und das beschwingte Treiben des Weltbads erblickte, strahlten ihre Augen vor freudiger Erregung. Hinter der Stadt erstreckte sich die Kulisse dunkler bewaldeter Hügel, in deren Mitte, hoch auf einem Felsvorsprung, die Ruine eines Schlosses aufragte. Sowohl das wilde Panorama wie die skandalumwitterte Atmosphäre des gesellschaftlichen Lebens brachten eine Saite in Alexas Wesen zum Klingen, die in der Enge der Lorimerschen Maßstäbe seit vielen Jahren hatte schweigen müssen.

Doch ihren Hoffnungen auf Fröhlichkeit und Zerstreuung war keine lange Dauer beschieden. Baden-Baden, diese Stätte des Reichtums, hatte dienstbaren Geistern wenig zu bieten. Lord Glanville beeilte sich, seine Gattin im vornehmsten Haus am Platze bequem unterzubringen und mit den Badeärzten zu besprechen, welche Anwendungen am besten geeignet seien, die Leiden der Kranken zu lindern.

Er musste in Geschäften nach Wien Weiterreisen, versicherte jedoch, in wenigen Tagen wiederzukommen, um sich zu überzeugen, dass alles in guter Ordnung sei, ehe er nach England zurückkehren würde. Sogleich wurde ein Tagesablauf festgesetzt, der Alexa wenig Gelegenheit ließ, neue Eindrücke zu sammeln. Lady Glanville verbrachte den ganzen Vormittag in den Thermalquellen des Friedrichsbads, deren Wärme und Kohlensäuregehalt ihr Wohltaten. Alexas Begleitung war hier nicht erforderlich. Erst am Nachmittag und abends wurde ihre Gesellschaft gewünscht. In der langsamen Gangart der Patientin spazierte man sodann die Lichtentaler Allee und an dem seichten Flüsschen entlang und sah den Fischen zu, die genauso fett und futtergierig waren wie die gichtischen alten Herren auf den Ruhebänken. Der Gebrauch der Heilwasser in der Trinkhalle war eine Zeremonie, und in ähnlicher Feierlichkeit nahm man im kleinen Kreis von Bekannten den Tee oder die Schokolade. Lady Glanville beteiligte sich nicht am Kartenspiel und begab sich stets früh zu Bett. Ein solches Programm stellte wenig Anforderungen an Alexa, aber es bot ihr auch keine befriedigende Verwendungsmöglichkeit für ihre freie Zeit. Noch hatte die Langeweile sich nicht bei ihr eingestellt, aber sie würde nicht mehr lang auf sich warten lassen.

Aus der erzwungenen Untätigkeit erwuchs Missmut, und er nahm noch zu, als die Saison zu Ende ging. Die Herbstsonne verlor ihre Kraft, und die Blumen, die auf allen Baikonen der Stadt wucherten, hingen welk und halb erfroren herab. Über Nacht beraubte der erste Frost die Zierbeete des Kasinogartens ihrer bunten Pracht, und von den zierlich gestutzten Bäumen des Kurparks fielen mit dem leisen Regen auch die braun gewordenen Blätter. Es war, als ziehe alles Leben sich zurück – denn mit dem Nahen des Winters packten die reichen Herren ihre Koffer, und zurück blieben nur die gebrechlichsten Greise und die gänzlich gleichgültig gewordenen oder hoffnungslos kranken Ehefrauen.

In Baden-Baden sah man zu keiner Jahreszeit viele junge Menschen: Nun schien es hier überhaupt keine mehr zu geben. Außer natürlich die stämmigen Pfleger, denen das Schieben der Rollstühle oblag; doch wenn ihnen auch Alexas Jugend und Schönheit in die Augen stechen musste, so hatten sie doch gelernt, dass es einträglicher war, die älteren Damen zu hofieren, bei denen sie dienten. Alexa hatte das Gefühl, welken zu müssen wie die Blumen, von der Zeit besiegt zu werden. In London hatte sie bei ihrem nächtlichen Gespräch mit Lord Glanville verzweifelt ausgerufen: »Ich bin erst achtzehn!« Jetzt lautete ihre Feststellung: »Ich bin schon achtzehn, fast neunzehn.« Und nichts ereignete sich, nichts würde sich ereignen: sie war dem gesteckten Ziel um keinen Schritt näher gekommen.

Der Kummer über ihre gescheiterten Pläne wurde noch durch Schuldgefühle verstärkt. Mit jedem Tag schämte sie sich mehr darüber, dass sie noch immer nicht an Margaret geschrieben hatte. Die Erkenntnis, dass sie ein liebevolles Heim für nichts und wieder nichts verlassen hatte, war einer der Gründe für ihr Zögern. Es würde demütigend sein, eingestehen zu müssen, dass ihr unbesonnenes Verhalten keinen ihrer Träume der Verwirklichung näher gebracht hatte. Margaret würde sie zurückbeordern und wegen ihrer Bedenkenlosigkeit ausschelten, und sie würde keine zweite Gelegenheit zum Entkommen finden. Sie konnte nicht einmal anführen, wie sinnlos ihr das Leben in Elm Lodge erscheine, ohne Margaret zu kränken. Alexa erfand eine Ausrede nach der anderen, um ihr Schweigen zu rechtfertigen: Margaret wähne sie noch immer in Brinsley House und mache sich daher gewiss noch keine Sorgen; erst wenn etwas Endgültiges zu berichten wäre, könne ein Brief sinnvoll sein; er würde England rascher und sicherer erreichen, wenn sie wartete, bis Lord Glanville persönlich die Beförderung übernehmen könne. Und so schob sie, was sie deutlich als ihre Pflicht erkannte, täglich weiter hinaus.

Als sie sich in Gefahr befunden hatte, war Lord Glanville ihr zu Hilfe gekommen. Jetzt rettete seine Gattin sie vor dem Abgrund der Langeweile. Das Musikleben des Kurorts war hoch entwickelt, denn viele berühmte Musiker hatten sich hier niedergelassen. Auch noch nach Beendigung der Saison fanden regelmäßig Nachmittagsund Abendkonzerte statt. Außerdem forderte das Kurhotel seine Bewohner auf, weniger formelle Beiträge zur Unterhaltung zu leisten, so, wie sie es zu Hause in ihren Salons zu tun pflegten. Lady Glanville sorgte dafür, dass Alexa eines Abends gebeten wurde, nach dem Dinner etwas zu singen.

Als das kleine Konzert beendet war, kehrte Alexa an die Seite ihrer Gönnerin zurück und fand sie im Gespräch mit einer korpulenten Dame, die durch ihre Lebhaftigkeit und die kräftigen Gesichtszüge auffiel. Ihr Name, Eva Becattini, war weltbekannt – bis zu ihrem Abgang von der Bühne war sie eine der berühmtesten dramatischen Sopranistinnen Europas gewesen. Alexa wagte kaum zu atmen, während sie wartete, ob sie mit einem höflichen Kompliment abgespeist würde oder ob ihr Gesang eine enthusiastischere Reaktion ausgelöst habe. Doch La Becattini – ihr Ruf hatte ihr diese Bezeichnung eingetragen – war in eine so lebhafte Debatte mit Lady Glanville verwickelt, dass sie Alexas Hinzutreten nicht bemerkt zu haben schien.

»Meine Stimme ist dahin, vollständig dahin!« behauptete sie soeben.

»Aber nicht Ihre Erfahrung. Es würde sich nur darum handeln, sie auf den rechten Weg zu bringen. Sie widmet mir ihre Zeit, und ich habe keine Möglichkeit, ihr zu helfen. Es wäre eine große Gefälligkeit. Und ich glaube nicht, dass Sie Ihre Mühe verschwenden würden.«

La Becattini wandte sich zu Alexa um und starrte sie an, als sähe sie das Mädchen zum ersten Mal. »Welche Sprachen?« fragte sie.

»Ich spreche italienisch, diva«, sagte Alexa. »Mein Schulfranzösisch reicht aus, dass ich eine Rolle einstudieren kann, wenn auch nicht zum flüssigen Sprechen. Und jetzt lerne ich hier Deutsch.«

»Für Wagner sind Sie zu leicht gebaut«, erklärte La Becattini kategorisch. »Sein Werk erfordert eine kräftigere Konstitution. Aber wenn Sie in Dresden oder Wien singen wollen, müssen Sie natürlich Deutsch können. Also gut, ich will Ihnen ein paar Lektionen erteilen. Vielleicht sogar eine Rolle mit Ihnen einstudieren, wenn Sie eine rasche Auffassungsgabe haben und versprechen, mich nicht zu langweilen. Hier macht mir das Leben ohnehin erst im Juli wieder Spaß. Vormittags können Sie vorsprechen. Mittags bin ich für meine Freunde zu Hause. Kommen Sie um zehn Uhr.«

Da sich herausgestellt hatte, dass die Einladung vor allem um Alexas willen ergangen war, fand die Diva sich nicht weiter zu Dank verpflichtet, sondern nickte Lady Glanville nur kurz zu und entfernte sich energischen Schritts. Alexa setzte sich auf den freigewordenen Stuhl und drückte mit beiden Händen Lady Glanvilles Hand. Ihre Augen strahlten vor Glück.

»Teuerste Lady Glanville, womit habe ich verdient, dass Sie so viel für mich tun?« fragte sie.

Trotz ihrer Müdigkeit lachte Lady Glanville liebevoll amüsiert. »Langeweile ist ein Übel, das die Thermalbäder nicht kurieren können«, sagte sie. »Sie leiden umso mehr darunter, als Sie sich nach einem aufregenden Leben sehnen, ohne zu wissen, wie Sie es erlangen sollen. La Becattini langweilt sich, weil sie ihr aufregendes Leben ein für allemal hinter sich...

Erscheint lt. Verlag 3.11.2019
Reihe/Serie Die Geschichte einer Handelsfamilie
Übersetzer Hedda Soellner, Rolf Soellner
Sprache deutsch
Original-Titel The Lorimer Legacy
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anne Melville • Baden-Baden • Erbe • Erdbeben San Francisco • Familiengeschichte • Familiensaga • Geheimnis • Handelsdynastie • Heidelberg • Herkunft • Italien • Jamaika • Jeffrey Archer • Jugendliebe • Liebe • London • Lorimer • Lorimer Familie • Lorimer Saga • Oper • Opernhaus • Opernsängerin • Reederei • San Francisco • Sängerin • Suffragetten • Vater • Vermächtnis • Verona
ISBN-10 3-8412-1868-7 / 3841218687
ISBN-13 978-3-8412-1868-1 / 9783841218681
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