The Beautiful Ones – Deutsche Ausgabe (eBook)

Die unvollendete Autobiografie
eBook Download: EPUB
2019
304 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-23191-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

The Beautiful Ones – Deutsche Ausgabe -  Prince, Dan Piepenbring
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Bis zu seinem Tod arbeitete Prince fieberhaft an seiner Autobiografie. Sie war sein letztes großes Projekt. Durch Prince' überraschenden Tod musste dieses Werk unvollendet bleiben. Erst nach und nach wurde bei der Sichtung des Nachlasses klar, dass Prince in den Überlegungen und Plänen für seine Autobiografie bereits weit fortgeschritten war - bis hin zur Auswahl des Bildmaterials.

»The Beautiful Ones« beschreibt aus radikal persönlicher Sicht, wie aus Prince Rogers Nelson der Künstler Prince wurde: Es ist die in Echtzeit erzählte Geschichte eines Jungen, der die Welt um sich herum aufsog und bereits eine Figur, eine künstlerische Vision, erschuf, bevor die Hits und der Ruhm ihn definierten. Das Buch schildert die Kindheit, die frühen Jahre als Musiker und den Höhepunkt seiner internationalen Karriere anhand seiner eigenen Aufzeichnungen, persönlicher Fotos und handschriftlich verfasster Texte und Kompositionen, die der renommierte Übersetzer Eike Schönfeld ins Deutsche übertragen hat. Prince, der scheinbar Unnahbare, lädt seine Fans ein, an den Bildern seiner Erinnerungen und an seinem Leben teilzuhaben.

Ein unkonventionelles, sinnliches und hochemotional präsentiertes Buch, aufwendig und edel ausgestattet: mit goldenem Lesebändchen, mit Fotos bedrucktem Vorsatzpapier, geprägtem Leineneinband in Purpur und Schutzumschlag in strahlendem Gold.

Prince, geboren 1958 als Prince Rogers Nelson, war Sänger, Komponist, Songwriter und Musikproduzent, Schauspieler und Regisseur. Er gewann u.a. einen Oscar in der Kategorie »Beste Filmmusik« für den Musikfilm »Purple Rain« und sieben Grammy Awards. 2004 wurde er in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Prince verstarb im April 2016 in seinem Studio und Zuhause Paisley Park.

IN EINEM INTERVIEW MIT OPRAH

erklärte Prince 1996, warum er in Minnesota blieb, während seine Kollegen das Leben an der Küste bevorzugten: »Es ist dort so kalt, dass sich die schlechten Menschen fernhalten.« Und wie sollte es anders sein – der Boden war mit einer festen Schneedecke bedeckt, als ich landete, und es waren nicht nur die schlechten Menschen, die sich fernhielten – draußen war kaum eine Menschenseele unterwegs. Princes Fahrerin, Kim Pratt, holte mich am Flughafen in einem schwarzen Cadillac Escalade ab. Sie trug einen falschen Diamanten von der Größe eines Ring Pops. »Manchmal muss es eben femininer sein«, sagte sie.

Bis zu meinem Meeting in Paisley Park dauerte es noch Stunden – und niemand schien zu wissen, wann genau es denn nun stattfinden sollte. Also ließ mich Kim beim Country Inn & Suites raus, einem unspektakulären Hotel in Chanhassen, das de facto als Außenstelle von Paisley fungierte. Einer von Princes Beratern erzählte mir, dass er schon so lange Jahre dort lebte, dass ihm das Liegerad im Fitnesscenter kaputtgegangen wäre. Offenbar hatte Prince bereits so viele Übernachtungen bezahlt, dass er das gesamte Hotel inzwischen viermal hätte kaufen können.

Ich war bis auf Weiteres »auf Abruf«. Ich hatte das Gefühl, mich in die lange und illustre Schlange von Leuten einzureihen, die Prince warten ließ. Leute, die ebenfalls schon in den Zimmern dieses Hotels gesessen hatten, vielleicht genau in diesem Zimmer, und langsam kurz vor dem Durchdrehen waren, so wie ich kurz vor dem Durchdrehen war. Ich machte den Fernseher an. Ich machte den Fernseher aus. Ich trank einen Minztee. Von meinem Zimmer aus sah man auf ausgeblichene Dachziegel, eine Pinie und eine ausrangierte Leiter. Da ich wusste, dass das Fotografieren in Paisley streng verboten war, machte ich stattdessen hiervon eine Aufnahme.

Gegen 18:30 Uhr schickte Kim mir eine Textnachricht, sie würde mich nun abholen, P – jeder im Paisley-Kosmos nannte ihn »P«, wie ich bald merken würde – war jetzt so weit, mich zu empfangen.

Die Sonne war bereits untergegangen, sodass ich meinen ersten Blick auf Paisley im Schutz der Dunkelheit warf. Von außen wirkte es irritierend bescheiden. Und trotz der lilafarbenen Außenbeleuchtung kam es mir eher vor wie die Regionalvertretung eines Waffenkonzerns oder wie der Ausstellungsraum für koextrudierte Plastikprodukte. Ringsum gab es wirklich nichts – ich hatte vorher nie wirklich wahrgenommen, wie isoliert das Gebäude lag. Ich gestand Kim, dass ich nervös sei und mein Herz rase. Sie lachte es weg.

»Das wird schon schiefgehen«, sagte sie, als sie vor dem Komplex anhielt.

Meine rechte Hand war eiskalt, obwohl ich mich eingedenk der Tatsache, dass Prince sie gleich schütteln könnte, daraufgesetzt hatte.

»Er ist wirklich süß. Du wirst schon sehen«, sagte Kim. »Um genau zu sein, du wirst es jetzt sehen – da steht er, an der Tür.«

Und so war es. Prince stand allein an der Eingangstür von Paisley Park, bereit, sich selbst vorzustellen.

»Dan. Schön dich zu sehen. Ich bin Prince.« In seiner Stimme lag eine ungeheure Ruhe, und sie war leiser, als ich erwartet hatte.

Im Foyer waren die Lichter heruntergedimmt, und obwohl die Vorbereitungen für das Konzert an diesem Abend nur dreißig Meter von uns entfernt in vollem Gange waren – Judith Hill würde in ein paar Stunden in Paisleys Tonstudio spielen, gefolgt von Morris Day & The Time –, war dieser Teil des Gebäudes vollkommen verlassen. Die Stille wurde nur durch das Gurren der Tauben unterbrochen, echte Tauben in einem Käfig oben im ersten Stock. Duftkerzen flackerten in den Ecken; ihre Süße erfüllte den Raum. Prince trug ein lose fließendes Rüschentop in changierendem Siena mit dazu passender Hose, einer grünen Weste und einem Paar perlenbesetzter Ketten. Seine Afrokrause war unter einer olivgrünen Kappe gebändigt. Die Sneakers, die er in seinen letzten Jahren bevorzugt trug, dicke weiße Sohle mit Leuchtstreifen, blinkten Rot, als er mich über eine kurze Treppe und über eine schmale Galerie in den Konferenzraum führte.

»Hast du Hunger?«, fragte er mich.

»Danke, nein«, antwortete ich, obwohl ich seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte.

»Sehr schade«, erwiderte Prince. »Ich sterbe vor Hunger.«

Ich zuckte zusammen. Wir hatten kaum mehr als ein Dutzend Wörter miteinander gesprochen und drifteten schon auseinander.

In den langen Glastisch des Meetingraums war Princes Trademark-Symbol eingraviert – sein Liebessymbol, bei dem das Frauen- und das Männerzeichen kunstvoll miteinander verschmelzen. Am hinteren Ende stand eine herzförmige Couch neben einem Farn. Die gewölbte Decke zeigte eine Wandmalerei mit purpurfarbenem Nebel, an dessen Rändern Klaviertasten gezeichnet waren. Prince ließ sich an der Kopfseite des Tisches nieder und forderte mich auf, neben ihm Platz zu nehmen – etwas Gebieterisches hatte er stets an sich, wie ich später bemerken würde. »Setz dich hierher.« Es machte den Eindruck, als sei er es gewohnt, den Raum um sich herum zu gestalten.

»Es riecht gut hier«, sagte ich.

»Yeah, ich mag Kerzen«, erwiderte Prince.

Aber eins nach dem anderen: Ob ich eine Kopie meiner Stellungnahme dabei habe? Er wolle sie gern zusammen mit mir durchgehen. Das hatte ich nicht, aber ich bot an, sie von meinem Handy abzulesen, wenn er wollte. Ich kramte in meiner Tasche danach und fürchtete bereits, dass die Sache für mich schon gelaufen war. Ich wusste, dass Prince Mobiltelefone nicht besonders schätzte. Das Display von meinem hatte Risse, womit ich bei ihm vielleicht doch wieder punkten konnte. Ich räusperte mich und fing an: »Wenn ich der Musik von Prince lausche, habe ich das Gefühl, ein Gesetz zu brechen.«

»Warte, ich muss dich hier direkt unterbrechen«, sagte Prince. »Warum hast du das geschrieben?«

Ich hatte plötzlich den Verdacht, dass er mich womöglich den langen Weg nach Minneapolis hatte antreten lassen, nur um mir zu sagen, dass ich überhaupt keine Ahnung von seinem Werk habe.

»Für mich bricht die Musik, die ich mache, keine Gesetze«, erklärte er. »Ich schreibe in Harmonie. Ich habe immer in Harmonie gelebt – wie du hier siehst.« Er machte eine ausschweifende Handbewegung. »Die Kerzen …« Er fragte mich, ob ich je vom Teufelsintervall oder auch Tritonus gehört habe: der Kombination von Noten, die eine schmerzhafte, bedrohliche Dissonanz ergeben. Es erinnere ihn an Led Zeppelin. Ihre Art der Rockmusik, bluesig und schroff, breche die Regeln der Harmonie. Robert Plants jaulende Klagelaute – das klang gesetzeswidrig für ihn, als er noch ein Kind war. Nicht die Musik, die er oder seine Freunde machten. Prince meinte das todernst. Ich versuchte einen Witz darüber zu machen, wie manche Songs vielleicht ein geringfügiges Vergehen darstellten, andere hingegen ein Kapitalverbrechen. Doch seine Miene war wie versteinert.

Okay. Das war jetzt mal ein richtig frostiger Start. Hinter seiner sphinx-gleichen Fassade spürte ich die Skepsis mir gegenüber. Ich versuchte, mich zu beruhigen und so viel Augenkontakt wie möglich zu halten. Obwohl sein Teint makellos war und seine Haut strahlte, verrieten seine Augen eine Spur von Müdigkeit. Sie kam und ging, aber sie war da: eine Glasigkeit, eine flüchtige Unruhe.

Ich las weiter aus meinem Statement vor. Zu meiner Erleichterung kam vieles davon bei ihm besser an als die ersten Zeilen. Wir sprachen eine Weile über Stil. Prince hatte sehr genaue Vorstellungen davon, welche Wörter zu seinem Orbit gehörten und welche nicht. »Manche Wörter beschreiben mich einfach nicht«, sagte er. So gab es Ausdrücke, die das kritische weiße Establishment immer wieder benutzte und damit zeigte, dass sie überhaupt keine Ahnung hatten, wer er war. Mehr noch, alle Bücher über ihn seien falsch, weil ihnen diese kritischen weißen Begriffe zugrunde lagen. »Alchemie« war eines davon. Wenn Autoren seiner Musik alchemistische Merkmale zuschrieben, dann ignorierten sie die buchstäbliche Bedeutung des Wortes, die dunkle Kunst, unedles Metall in Gold zu verwandeln. Er würde so etwas nie tun. Sein Ziel war Harmonie.

Ganz besonders wütend machte ihn das Wort »magisch«. Auch ich hatte es in meiner Stellungnahme hier und da eingeflochten.

»Funk ist das Gegenteil von Magie«, sagte er. »Beim Funk geht es um Regeln.« Er sei menschlich, das Ergebnis von Arbeit und Schweiß – daran sei überhaupt nichts magisch.

Prince sagte, er fände »ein bisschen von dem«, was ich über ihn geschrieben hatte, gut: das über seine Wurzeln, die Arbeit an den Platten, das Finden der Stimme, das Bewahren des Mysteriums. Nun war er neugierig auf den Prozess. Was hatte das Schreiben eines Buches mit dem Schreiben eines Albums gemein? Ich hatte das Gefühl, dass er etwas lernen wollte: Er wollte bei dem Buch dieselbe Sorgfalt, Geschicklichkeit und Technik einsetzen, die ihn so viele Instrumente beherrschen ließ. Er wollte die Regeln kennen, um zu wissen, ob und wann er sich über sie hinwegsetzen durfte.

An diesem Punkt der Unterhaltung, die knapp neunzig Minuten dauerte, wurde die Atmosphäre etwas gelöster, und wir begannen, die Situation zu genießen. Gespräche mit Prince, so lernte ich, waren häufig diskursive Angelegenheiten. Aspekte schwappten an die Oberfläche, sickerten ein oder zwei Minuten später wieder weg, um fünf Minuten danach erneut hochgespült zu werden. Immer wieder kehrten wir zu einer Handvoll Themen zurück: Gott, Liebe, Rassenzugehörigkeit und Geschlecht in Amerika, die Doppelzüngigkeit der Musikindustrie, das schwer fassbare Wesen von Kreativität, Technik und die Vergangenheit.

Er meinte, er habe genug vom...

Erscheint lt. Verlag 11.11.2019
Übersetzer Claudia Wuttke, Eike Schönfeld
Zusatzinfo durchg. 4c
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Beautiful Ones
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Biografie • Biographien • eBooks • Funk • Geschenk für Papa • Kiss • Kunst • Memoir • Musik • Musikgeschichte • Muttertag • Muttertagsgeschenk • Purple Rain • R&B • Rock • Soul • Th Artist Formerly known as • Vatertag • Vatertagsgeschenk • When Doves Cry
ISBN-10 3-641-23191-4 / 3641231914
ISBN-13 978-3-641-23191-0 / 9783641231910
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