John Sinclair 2143 (eBook)

Aibons Schattenreich

(Autor)

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2019 | 1. Aufl. 2019
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-8393-5 (ISBN)

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John Sinclair 2143 - Rafael Marques
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Aibons Schattenreich

Die Zukunft Aibons lag in seinen Händen.
Wie auch immer er sich entschied, seine Handlungen würden weitreichende Folgen für die Zukunft eines Landes haben, das er selbst als seine Heimat bezeichnete. Viele sahen das mit Sicherheit anders, und er konnte gut nachvollziehen, warum sie ihn für eine weitere Geißel hielten, für einen, der seinem alten Meister in nichts nachstand.
Schließlich war er ein Dämon, eine Höllenkreatur und auch jemand, der großes Leid über viele Wesen dieses Landes gebracht hatte ...

Doch selbst er hatte einen Sinn für Loyalität. Nicht nur deshalb war er hin und her gerissen, aber es spielte schon eine gewichtige Rolle. Er stand zwischen zwei Welten, und der Eindruck in ihm, irgendwann zwischen ihnen zermalmt zu werden, verstärkte sich immer mehr.

Daneben gab es noch eine weitere Seite, die er über Jahrhunderte hinweg erfolgreich verdrängt hatte. Er war eine Kreatur der Finsternis und damit auch ein Dämon mit zwei Gesichtern. Das eine war eine Echsenfratze, sein wahres Ich, als das er vor Äonen entstanden war. Zu einer Zeit, als es noch keine Menschen gab und es zu der großen Schlacht zwischen den Heerscharen des Himmels und jenen des aufbegehrenden Luzifer gekommen war. Das andere Gesicht war das eines bärtigen Mannes. Nichts als Schau und Scharade, um sich unter den Menschen frei und unauffällig bewegen zu können.

Über Jahrtausende waren diese Voraussetzungen gleich geblieben. Bis er eines Tages auf eine junge Frau namens Aurelie getroffen war, die in einem Kloster in Frankreich lebte. Sie hatte seine Sicht auf die Dinge verändert, auf sein Leben und auf das, was er war.

Plötzlich war die Maske zu einem Teil seiner selbst geworden, und in ihm hatten sich Gefühle entwickelt, für die er eigentlich niemals geschaffen worden war.

Eines hatte er damals jedoch vergessen: Die Mächte der Finsternis entließen niemals jemanden aus ihren Klauen.

Sie hatten ihm die Ausputzer der Hölle geschickt, eine Gruppe der gefährlichsten Kreaturen der Finsternis, die seine Geliebte töteten und ihn zurück in den Schoß des gefallenen Engels hatten führen sollen.

Daraufhin hatte er der Hölle abgeschworen, erst einem seiner schlimmsten Feinde, der daraufhin zu seinem Verbündeten geworden war, später noch einmal am Grab jener Frau, durch die er ein Anderer geworden war.1)

Böse, wie es die Menschen nannten, blieb er dennoch, obwohl er seiner Aurelie etwas anderes versprochen hatte. Vor einiger Zeit war er an dieses Versprechen erinnert worden.

Seitdem ging Dravotan, dem großen Erben Guywanos, ihr Gesicht nicht mehr aus dem Kopf. Alles in ihm sehnte sich danach, sie aus dem Reich der Toten zurückzuholen und wieder in seine Arme zu schließen. Aber das war nicht möglich, jedenfalls nicht so, wie er es sich vorstellte.

Was blieb, war ein Dämon, der mit sich kämpfte. Es war eine stille Schlacht, die er schon seit einiger Zeit ausfocht. Er war verzweifelt, und er war schon einen Schritt weiter gegangen: Es lag etwa einen Tag zurück, dass er seinen eigentlichen Erzfeind John Sinclair aus einer beinahe tödlichen Falle gerettet hatte. Seitdem war viel geschehen, und trotz seines Einschreitens steuerte Aibon darauf zu, bald sein Ende zu finden.

Man ließ ihn allein. Niemand sonst wusste, was in ihm vorging. Anderenfalls hätte man ihn längst – allein schon für seine Gedanken – vernichtet. Seinesgleichen kannten in solchen Fällen keine Gnade.

Ihm gegenüber hing ein einsamer, in Gold gerahmter Spiegel an der Wand. Die grau und beschlagen wirkende Fläche geriet langsam in Wallung. Dravotan wusste, was das bedeutete. Jemand versuchte, Kontakt zu ihm aufzunehmen.

Die graue Masse, die sich als Dunstschwaden entpuppte, schob sich zur Seite und schuf so Platz für eine Kreatur, die der Aibon-Magier Dravotan nur zu gut kannte. Selbst unter den dämonischen Heerscharen der dunklen Seite des Druidenparadieses war der sich in einer Metallrüstung verbergende Vampir Rog gefürchtet.

Man sagte ihm nach, das Blut einer zu mächtigen Gestalt getrunken und deshalb seinen normalen Körper verloren zu haben. Selbst Dravotan kannte von dem Blutsauger nur das, was in der aufgeklappten Öffnung des Visiers zu erkennen war. Seine kalkweißen Augäpfel mit ihren dunklen Pupillen schwammen in einer fast schwarzen Masse, von der hin und wieder einige Tropfen auf die Rüstung herabfielen. Der Gestank, den der Vampir verströmte, war bestialisch. Deshalb war er froh, ihm nicht persönlich gegenüberstehen zu müssen.

Trotz oder gerade wegen seiner bizarren Erscheinung war Rog ein wichtiger Baustein in dem Plan, ganz Aibon zu erobern. Selbst jetzt, nachdem es tatsächlich gelungen war, die schlafende Armee zu erwecken, wollte Dravotans Meister nicht auf seine Dienste verzichten.

»Was ist passiert, Rog?«, fragte der Magier, wobei er sich langsam aufrichtete.

»Die Truppen des Roten Ryan haben die Grenze überschritten. Sie sind bereits auf dem Weg, genau dorthin, wo wir sie haben wollen.«

»Gut. Ist Namek auch unter ihnen?«

»Natürlich. Ohne ihn wüssten wir das gar nicht. Soll ich die zweite Phase einleiten?«

Dravotan zögerte, ließ sich seine Zweifel aber nicht anmerken. Er wusste, dass, wenn er Rog freie Hand gab, es kein Zurück mehr geben würde. In jedem Fall läutete er damit das Ende des Roten Ryan ein. Zumindest, wenn alles nach Plan lief. Sollte er versuchen, die Ausführung des Plans zu verzögern, würde er sich damit nur verdächtig machen. Noch hielt er einige Trümpfe in der Hand, nur benötigte er dafür die passende Gelegenheit.

»Ja«, antwortete er schließlich nur.

Rog nickte ihm zu. »Dann soll es so sein.«

Der Vampir zog sich zurück, woraufhin die Dunstschwaden wieder die Spiegelfläche bedeckten. Dravotan war wieder allein, doch jetzt wusste er, dass er nicht mehr lange grübeln durfte. Er musste eine Entscheidung treffen, jetzt und hier.

Du kennst die Antwort doch schon, flüsterte ihm seine innere Stimme zu.

Ja, er kannte sie, und er würde dementsprechend handeln. So schnell er konnte verließ er den Saal seiner unsichtbaren Festung.

»Weißt du was, John?«

»Nein, was denn?«

»Ich fühle mich beschissen.«

Ich atmete tief durch, nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Suko sprach im Prinzip genau das aus, was ich auch dachte. Selten zuvor war es mir so vorgekommen, als säßen wir in einer Sackgasse, aus der es keinen Ausweg gab. Wir waren dazu verdammt, nichts zu tun, während sich in einer anderen Welt die Hölle auftat.

Etwas mehr als vierundzwanzig Stunden lag es zurück, dass uns eine mysteriöse Entführungsserie in den nahe des Örtchens Lllanfamlingh gelegenen Wald geführt hatte. Der Förster Amos Willis, dessen Frau ebenfalls zu den Opfern eines gehörnten Monsters zählte, das in Häuser eindrang und Frauen wie Männer einfach mit sich nahm, war es gewesen, der uns den Weg zu einer versteckt gelegenen Höhle wies – oder uns vielmehr dorthin lockte. Ebenso wie sein Hund stand er unter dem Einfluss des Landes Aibon, das kurz darauf eine Horde Monster ausgespuckt hatte, die uns im Auftrag Luzifers töten sollten.

Das war nicht gelungen, vor allem dank der Hilfe des Aibon-Magiers Dravotan, der uns neuerdings öfter zur Seite stand. Nachdem er uns den Weg in das Paradies der Druiden gewiesen hatte, hatte das Unheil seinen Lauf genommen. Wir waren auf eine Gruppe Banshees getroffen, die mit uns nach einer Felsenburg suchen wollten, in der ihre Urahnin Valena seit Äonen vom dem Rest Aibons getrennt worden war. Die gesamte Burg stand ebenso wie die Banshees selbst unter dem Schutz des Sehers und mehrerer Engel, Seraphim, die er ihr als Leibwächter zur Verfügung gestellt hatte.

Dank meines Kreuzes war es uns gelungen, den Weg in die Festung und dort auch Valena zu finden. Sie sollte uns mitteilen, was es mit dem ‚Reich der Schatten’ auf sich hatte, das ausgerechnet unsere alte Freundin Miriam di Carlo in furchtbaren Visionen heimsuchte.

Über einen kurzen, geistigen Kontakt hatte ich von ihr erfahren, dass sie im Sterben lag und gesehen hatte, dass Aibon von einem schwarzen Loch beziehungsweise eben diesem Schattenreich zerstört werden sollte.

Kurz bevor mir Valena erzählen konnte, welche Bedeutung dieser Begriff hatte, war jemand erschienen, von dem ich sicher gewesen war, er wäre für immer vernichtet: Guywano. Dem grausamen Druidenfürsten war es gelungen, Valena, die Banshees und auch die Engel zu vernichten. Beinahe wären wir auch gestorben, wenn nicht das Kreuz und Guywanos Magie uns gemeinsam zurück in unsere Welt geschleudert hätten.2)

Es war eine Niederlage auf der ganzen Linie gewesen, an der wir lange zu knabbern haben würden. Mich ließ auch der Gedanke an Miriam nicht los. Die Anführerin der Banshees hatte mir erklärt, dass sie bald sterben würde, und ich war nicht in der Lage gewesen, etwas dagegen zu unternehmen – im Gegenteil, ich war mit den Banshees zu der Felsenburg geritten, statt für sie da zu sein. Obwohl das genau Miriams Wunsch gewesen war, fühlte ich mich dabei mehr als schlecht.

Hinzu kam, dass wir jetzt anscheinend nicht nur mit Luzifer rechnen mussten, der dabei war, die Macht in Aibon zu übernehmen, sondern zusätzlich mit Guywano. Ich konnte einfach nicht fassen, dass der uralte Dämon tatsächlich noch lebte und jetzt seine Rückkehr erfahren hatte.

Einerseits war es nachvollziehbar, dass einer wie er nicht einfach vernichtet werden konnte, indem man ihn verbrannte, trotzdem kam mir seine Rückkehr zu plötzlich vor. Zumal ich nicht glauben konnte, dass sich der Rote Ryan so getäuscht hatte. Aber es war nun einmal eine Tatsache, dass er wieder da war, und irgendwie mussten wir uns damit abfinden.

Unsere Versuche, nach Aibon zurückzukehren, waren schon daran gescheitert, dass die Höhle mit dem magischen Tor komplett eingestürzt war. Ich hatte noch versucht, mit meinem Kreuz etwas Restmagie aufzuspüren. Natürlich ohne Erfolg. So war uns nichts weiter geblieben, als den Abtransport der Entführungsopfer zu organisieren und die traumatisierten Angehörigen zu informieren....

Erscheint lt. Verlag 6.8.2019
Reihe/Serie John Sinclair
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7325-8393-7 / 3732583937
ISBN-13 978-3-7325-8393-5 / 9783732583935
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