Die neuen Eltern (eBook)
480 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00437-5 (ISBN)
Geboren am 18.11.1906 in München als ältester Sohn Thomas und Katja Manns. Klaus Mann schrieb mit 15 Jahren erste Novellen. Es folgten die Gründung eines Theaterensembles mit Schwester Erika, Pamela Wedekind und Gustaf Gründgens, 1929 unternahm er eine Weltreise «rundherum». In der Emigration (mit den Stationen Amsterdam, Zürich, Prag, Paris, ab 1936 USA) wurde er zur zentralen Figur der internationalen antifaschistischen Publizistik. Er gab die Zeitschriften «Die Sammlung» (1933-35) und «Decision» (1941-42) heraus, kehrte als US-Korrespondent nach Deutschland zurück. 1949 beging er aus persönlichen und politischen Motiven Selbstmord, nachdem er in dem von Pessimismus erfüllten Essay Die Heimsuchung des europäischen Geistes noch einmal zur Besinnung aufgerufen hatte. Mann sagte sich früh vom Daseinsgefühl der Eltern-Generation los und stellte die Lebenskrise der «Jungen» in der stilistisch frühreifen Kindernovelle und in der Autobiographie des Sechsundzwanzigjährigen Kind dieser Zeit dar. Seine bedeutendsten Romane schrieb Mann im Exil: Symphonie Pathétique, Mephisto. Roman einer Karriere, und Der Vulkan. In der Autobiographie Der Wendepunkt gelangt Klaus Manns Diktion zu Reife und gelassener Sachlichkeit. Er sprach stellvertretend für eine Generation, die in den 20-er Jahren ihre prägenden Eindrücke empfing, mit einem engagierten Freiheitsbewusstsein zu neuen Ufern aufbrechen wollte und zwischen den Fronten einer zerrissenen Nachkriegswelt an der Machtlosigkeit des Geistes verzweifelte.
Uwe Naumann, geboren 1951 in Hamburg. Studium der Germanistik, Soziologie und Pädagogik in Hamburg und Marburg. 1976 Erstes, 1979 Zweites Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. 1983 Promotion. 1984 bis 1985 Mitarbeiter der Hamburger Arbeitsstelle für deutsche Exilliteratur, Universität Hamburg. Seit 1985 Mitarbeit im Lektorat der Rowohlt Verlage, 2000 bis 2012 Programmleiter Sachbuch bei Rowohlt, danach Koordinator E-Book. Seit Ende 2016 im Ruhestand, weiterhin beratende Tätigkeit für Rowohlt. Lehrbeauftragter an den Universitäten Lüneburg und Mainz. Herausgeber der Reihe «rowohlts monographien». Features, Essays und Kritiken für verschiedene Rundfunkanstalten. Herausgeber der Werke von Klaus und Erika Mann und von Heinar Kipphardt. Edierte die Bildbände «‹Ruhe gibt es nicht, bis zum Schluß›. Klaus Mann (1906–1949)», 1999, und «Die Kinder der Manns. Ein Familienalbum», 2005. Zahlreiche weitere Editionen, vor allem zur deutschsprachigen Exilliteratur. Michael Töteberg, geboren 1951, leitete lange Jahre die Agentur für Medienrechte im Rowohlt Verlag und war dort verantwortlich für Literaturverfilmungen wie «Babylon Berlin» und «Tschick». Er verfasst Filmkritiken und ist Herausgeber unter anderem der Schriften von Rainer Werner Fassbinder und Tom Tykwer sowie des «Metzler Film Lexikons». Zudem ist er Autor zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien der Roman «Falladas letzte Liebe» (2021). Geboren am 18.11.1906 in München als ältester Sohn Thomas und Katja Manns. Klaus Mann schrieb mit 15 Jahren erste Novellen. Es folgten die Gründung eines Theaterensembles mit Schwester Erika, Pamela Wedekind und Gustaf Gründgens, 1929 unternahm er eine Weltreise «rundherum». In der Emigration (mit den Stationen Amsterdam, Zürich, Prag, Paris, ab 1936 USA) wurde er zur zentralen Figur der internationalen antifaschistischen Publizistik. Er gab die Zeitschriften «Die Sammlung» (1933-35) und «Decision» (1941-42) heraus, kehrte als US-Korrespondent nach Deutschland zurück. 1949 beging er aus persönlichen und politischen Motiven Selbstmord, nachdem er in dem von Pessimismus erfüllten Essay Die Heimsuchung des europäischen Geistes noch einmal zur Besinnung aufgerufen hatte. Mann sagte sich früh vom Daseinsgefühl der Eltern-Generation los und stellte die Lebenskrise der «Jungen» in der stilistisch frühreifen Kindernovelle und in der Autobiographie des Sechsundzwanzigjährigen Kind dieser Zeit dar. Seine bedeutendsten Romane schrieb Mann im Exil: Symphonie Pathétique, Mephisto. Roman einer Karriere, und Der Vulkan. In der Autobiographie Der Wendepunkt gelangt Klaus Manns Diktion zu Reife und gelassener Sachlichkeit. Er sprach stellvertretend für eine Generation, die in den 20-er Jahren ihre prägenden Eindrücke empfing, mit einem engagierten Freiheitsbewusstsein zu neuen Ufern aufbrechen wollte und zwischen den Fronten einer zerrissenen Nachkriegswelt an der Machtlosigkeit des Geistes verzweifelte.
Vorwort
Er kam als ein Enfant terrible in die deutsche Literatur: mit siebzehn Jahren wurde Klaus Mann Theaterkritiker in Berlin; als Achtzehnjähriger brachte er sein erstes eigenes Stück und seinen ersten Roman heraus; ab nun erschienen in schneller Folge Erzählungen, Dramen, Romane, Reisebücher, Kritiken und Essays. Mit vierundzwanzig Jahren schrieb er bereits eine autobiographische Bilanz seines bewegten Lebens.
Kritische Zeitgenossen wie Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht und Axel Eggebrecht haben den jungen Klaus Mann damals heftig attackiert: Er spiele sich zu Unrecht als Sprecher seiner Generation auf; seine Karriere sei allzusehr vom Namen des berühmten Vaters begünstigt. Klaus Mann sei Vertreter einer bürgerlichen «Pseudojugend» und habe von den eigentlichen Problemen der Zeit keine Ahnung.
Doch als Anfang der dreißiger Jahre in Europa die Nationalisten immer mehr Zulauf fanden, gehörte Klaus Mann zu den eindringlichen Warnern. Dem stets auf Verständigung und Internationalität bedachten Autor waren Rassenhaß und militärisches Gehabe der politischen Rechten zuwider. Nachdem im Januar 1933 die Nazis in Deutschland die Macht antraten, ging Klaus Mann ins Exil. Der Außenseiter wurde zu einem Repräsentanten der aus ihrer Heimat vertriebenen deutschen Kultur.
Das knappe Jahrzehnt, in dem diese Entwicklung Klaus Manns sich vollzog, von den umstrittenen literarischen Anfängen bis zur Entscheidung für das Exil, spiegelt sich in den journalistischen Arbeiten, die im vorliegenden Band gesammelt sind. Stets hat Klaus Mann in Aufsätzen und Kritiken über seine Lektüren und persönlichen Begegnungen, über Reisen wie über seine politischen Gedanken Auskunft gegeben. So läßt sich die geistige Biographie dieses Schriftstellers in ihren Facetten und Widersprüchen recht genau nachverfolgen.
Damit begründet sich auch das editorische Prinzip der mit diesem Band beginnenden Neuausgabe von Aufsätzen und Kritiken Klaus Manns. Die Texte werden weitgehend chronologisch angeordnet; der Leser ist eingeladen, den Autor auf seinen Wegen und Abwegen zu begleiten. Klaus Mann auf diese Weise als Kind und Zeugen seiner Zeit kennenzulernen, ist ein lohnendes Unterfangen.
«Immer schweifend, immer ruhelos, beunruhigt, umgetrieben, immer auf der Suche», so hat Klaus Mann sich selbst in seiner Autobiographie «Der Wendepunkt» charakterisiert und hinzugefügt, sein Leben sei «die Geschichte eines Schriftstellers, dessen primäre Interessen in der ästhetisch-religiös-erotischen Sphäre liegen, der aber unter dem Druck der Verhältnisse zu einer politisch verantwortungsbewußten, sogar kämpferischen Position gelangt». Zur entscheidenden Zäsur für diesen Prozeß wurde der Machtantritt der Nazis in Deutschland 1933. Mit dem Kampf gegen den Faschismus fand Klaus Mann die Aufgabe seines Lebens.
In den Jahren davor war er «Auf der Suche nach einem Weg» – so hieß programmatisch der Titel seines umfangreichen Aufsatzbandes, der 1931 erschien. Im Nachwort schrieb er damals: «Was bleibt zu tun, was lohnt sich? Ununterbrochene Bemühung des Aufnehmens, des Wählens, Einordnens und Verwertens. Unterwegs sein, diese Welt kennenlernen, von der wir mit unverständigem Anspruch verlangen, daß sie auch uns kenne. In Bewegung bleiben, auch wenn wir noch nicht genau wissen, wohin es geht.» Diese Sätze lesen sich wie ein Motto, das auch für die vorliegende neue Sammlung seiner frühen Aufsätze und Kritiken gilt.
Er begann als Kritiker für eine kleine Berliner Zeitung, im Herbst 1924. Klaus Mann berichtete über Klassikeraufführungen und Kabarettabende, über Boulevardkomödien und – bisweilen – über literarisch ambitionierte neue Stücke. Von den dreißig Beiträgen, die er seinerzeit im «12 Uhr Blatt» veröffentlichte, wurde ein Dutzend in den vorliegenden Band aufgenommen. Die Artikel wirken bereits erstaunlich sicher in Stil und Urteil. Zumeist haben sie einen sehr kritischen Unterton – einige sind glänzende Verrisse.
Noch im Herbst 1924 erschienen auch Klaus Manns erste Aufsätze in der renommierten «Weltbühne». In seiner Autobiographie betont Klaus Mann, er habe sie anonym eingesandt – und der Herausgeber Siegfried Jacobsohn habe die Texte akzeptiert, ohne den Namen des Verfassers zu wissen. Veröffentlicht wurden sie dann aber doch mit dem Namen des Autors. Dadurch gerieten sie zu einer kleinen Sensation in der literarischen Welt: der älteste Sohn Thomas Manns machte Furore. Nun öffneten sich ihm die Türen; im «Wendepunkt» bekennt er: «Was immer ich zu bieten haben mochte, man nahm es mir ab, man fand es interessant. Die feinsten Blätter und Revuen druckten meine Kurzgeschichten, Plaudereien und Betrachtungen …»
Plauderhaft wirken in der Tat manche der frühen Aufsätze Klaus Manns. Sie sind mit leichter Hand geschrieben, haben aber zugleich einen oft pathetischen Grundton. Der Anspruch, mit dem der junge Klaus Mann auftrat, war es, für seine Generation eine Sprache, eine «Melodie», einen Lebenssinn zu finden. Diese Ambition ist der rote Faden, der sich durch die Artikel des vorliegenden Bandes zieht – bei aller Vielfalt der Themen und Gegenstände, mit denen sich der Autor befaßt.
Die radikale Ablehnung der Eltern-Generation, wie sie noch die Expressionisten propagiert hatten – gipfelnd in dem literarischen Topos «Vatermord» –, war Klaus Manns Sache nicht. Im Gegenteil. Unter seinen Leitbildern und literarisch-philosophischen Mentoren finden sich erstaunlich viele Ältere: von Stefan George und Hugo von Hofmannsthal bis zum eigenen Vater und dem Onkel Heinrich Mann. In dem Essay «Die neuen Eltern» vom Sommer 1926 heißt es ausdrücklich: «Wir halten zu denen, die, neuen Zielen zustrebend, für die sie noch keine Worte haben, einer großen Angst und eines großen Glaubens voll, zu den Vorigen, zu den Vollendeten, zu den Vätern trotzdem zurückschauen – getrennt von ihnen, immer weiter wegstrebend von ihnen, aber lernend dabei, ehrfurchtsvoll vor dem, was diese gelebt und gebildet.»
Orientierung suchte und fand Klaus Mann aber auch durch den Blick über Ländergrenzen hinweg. Besonders mit französischen Schriftstellern verbanden ihn sehr bald viele persönliche Freundschaften. Er betätigte sich als Vermittler, indem er ihre Werke in oft euphorischen Aufsätzen dem deutschen Publikum vorstellte: René Crevel, Jean Cocteau, Julien Green, Jean Desbordes, um nur einige zu nennen.
Diese besondere Beziehung Klaus Manns zur französischen Kultur ist seit langem bekannt. Nicht zuletzt die Essay-Sammlungen, die Martin Gregor-Dellin in den sechziger Jahren herausgab, haben hierauf das Schwergewicht gelegt. Neu zu entdecken im jetzt vorliegenden Band ist dagegen das Interesse, mit dem Klaus Mann auch die Schriftsteller anderer Länder verfolgte. Seine Kritiken zur amerikanischen, englischen und irischen Literatur bezeugen einen weltoffenen, neugierigen, stets aufnahmebereiten Geist.
Eine Persönlichkeit ragt heraus unter den Künstlern, über die Klaus Mann schreibt, schon durch die Zahl der Artikel: André Gide. Der junge Deutsche wird nicht müde, Gide als den repräsentativen Europäer, als maßgeblichen Intellektuellen seiner Zeit zu preisen. Im Kern ist diese Verehrung geprägt durch Gides Versuch, eine höchst eigene Synthese von Freiheit und Gebundenheit zu finden – in der Lebensführung wie in den literarischen Werken. Hierin wurde er für Klaus Mann das wichtigste Vorbild. In seinen posthum veröffentlichten Tagebüchern übrigens nennt Klaus Mann ihn schlichtweg: «Le père Gide».
Auch nach 1933 behielt André Gide diese Bedeutung für Klaus Mann. Von anderen Idolen seiner frühen Jahre hat sich der Schriftsteller dagegen später distanziert. Gottfried Benn ist das bekannteste Beispiel dafür. Noch Anfang 1932 rezensiert Klaus Mann ein Oratorium Benns als «neue Probe des sprachlichen und intellektuellen Genies» dieses Dichters. Im Mai 1933 schon wird er an Benn einen Brief schicken, in dem er dessen Sympathien für den Nationalsozialismus mit ungläubigem Erstaunen kommentiert. Im Herbst 1933 erscheint dann eine scharfe Polemik Klaus Manns, überschrieben: «Gottfried Benn oder Die Entwürdigung des Geistes». Vier Jahre später wird ein weiterer Essay Klaus Manns über Benn zu einem der Auslöser für die Expressionismus-Debatte werden – eine der zentralen kunsttheoretischen Diskussionen unseres Jahrhunderts.
Solche Entwicklungslinien Klaus Manns in ihren Schritten und Widersprüchen nachvollziehbar zu machen, ist ein besonderes Anliegen der jetzt beginnenden Neuausgabe seiner Aufsätze. Der vorliegende Band ist die bisher umfangreichste Sammlung seiner frühen Publizistik. Aufgenommen wurden insgesamt 125 Beiträge.
Auf Vollständigkeit ist die Edition nicht angelegt. Bisweilen überschneiden sich Texte Klaus Manns, der seine Arbeiten stets vielfältig «verwertete»; hier galt es auszuwählen. Auch gibt es manche Artikel, die allzu offenkundig Gelegenheitsarbeiten waren, als daß sie einen Wiederabdruck lohnten. Und nicht zuletzt ist nicht jede kurze Rezension einer aktuellen Neuerscheinung der zwanziger Jahre noch von Interesse für den heutigen Leser.
Der vorliegende Band schließt ab mit dem Zeitpunkt, als Klaus Mann im März 1933 Deutschland verläßt. Es war die wichtigste und folgenreichste Entscheidung in seinem Leben. Die Texte, die in den ersten Jahren von Klaus Manns Emigration entstanden – bis zum Jahr 1938, als er den Spanischen Bürgerkrieg miterlebt und anschließend ins USA-Exil geht –, werden im zweiten Band der neuen Edition seiner essayistischen Schriften...
Erscheint lt. Verlag | 18.6.2019 |
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Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Essays / Feuilleton |
Schlagworte | Aufsätze • Deutschland • Essays • Familie Mann • Literaturkritiker • Reden • Schriftsteller • Theaterkritiken |
ISBN-10 | 3-644-00437-4 / 3644004374 |
ISBN-13 | 978-3-644-00437-5 / 9783644004375 |
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