Liebe in den Dales -  Elisabeth Hancock

Liebe in den Dales (eBook)

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2019 | 1. Auflage
297 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7494-5577-5 (ISBN)
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In einer Zeit, in der der 2. Weltkrieg tiefe Wunden in den Körpern und Seelen der Menschen hinterlassen hat, ereignet sich eine zauberhafte Liebesgeschichte. Die junge Caroline tritt eine Stelle als Gemeindekrankenschwester im Norden Englands an. Mit Temperament und Begeisterung stürzt sie sich in das Abenteuer, die weit verstreut wohnenden Patienten zu versorgen. Doch nicht jeder empfängt sie mit offenen Armen. Nat Lowry zum Beispiel, ein verbitterter, kriegsversehrter Farmer, begegnet ihr mit unverhohlener Feindseligkeit...

Elisabeth Hancock schreibt seit vielen Jahren unter diesem Pseudonym.Ihr zentrales Thema sind Menschen, die mit traurigen, schweren Erlebnissen zurechtkommen müssen und ihren ganz persönlichen Weg zurück ins Leben und ins Glück finden. Von ihr ist bisher auch der Roman "Liebe in den Dales" erschienen.

Kapitel 1


Als ich den langen, dunklen Flur entlang ging, hallten die Absätze meiner weißen Schwesternschuhe laut auf den dunkelroten Fliesen.

Wie schon so oft fragte ich mich, wie viele Schwestern in den letzten achtzig Jahren diesen Gang schon entlang geeilt waren und welche Schicksale sich innerhalb dieser dicken Mauern ereignet hatten. Jede Treppenstufe, jede Fensternische und jede noch so kleine Abstellkammer dieses altehrwürdigen Gebäudes waren Zeitzeugen von mindestens drei Epochen, hatten menschliche Tragödien gesehen und ebenso medizinische Fortschritte. Die Luft um mich herum schien zu knisterten, so prall war sie mit Geschichte gefüllt.

Die Tür am Ende des langen Ganges war deckenhoch und aus dunklem Holz. Ich klopfte.

„Herein“, erklang eine feste Stimme.

Oberin Ethel Hambling saß kerzengerade hinter ihrem Schreibtisch, auf dem Akten und Papiere in ganzen Stapeln säuberlich sortiert lagen. Bei meinem Eintreten legte sie den Füllfederhalter aus der Hand und deutete auf einen Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand.

„Nun, Miss Hudson, ich habe eine Nachricht für Sie“, sagte sie und nahm einen Brief zur Hand.

„Ihre Bewerbung um eine Stelle als Gemeindekrankenschwester hatte Erfolg. Die local district nursing association von Northumbria will Sie einsetzen.“

Ich merkte, wie meine Wangen vor Freude rot wurden und hatte Mühe, ihr den Brief nicht ungeduldig aus der Hand zu reißen. Doch irgendetwas stimmte nicht, denn die Stirn der Oberin war in tiefe Falten gelegt. Sie sah auf und ich las Skepsis in ihrem Blick.

„Ich will offen mit Ihnen reden, Miss Hudson, denn auch, wenn ich womöglich demnächst nicht mehr Ihre Dienstvorgesetzte bin, fühle ich mich doch nach all den Jahren für Sie verantwortlich. Wie ich Ihnen neulich schon sagte, halte ich Sie für zu jung, um in die Gemeindekrankenpflege zu gehen. Dort braucht es oft mehr als nur Fachwissen, welches Sie zweifellos haben. In der häuslichen Pflege ist aber auch Lebenserfahrung wichtig, und zwar in einem Maße, wie man sie mit Mitte zwanzig noch nicht hat – gar nicht haben kann.“

Sie stockte.

„Obwohl – Ihre Generation muss bedauerlicherweise einen Krieg erleben … Nun ja, meine letzte Behauptung stimmt wohl nicht so ganz.“

Sie straffte sich und nahm ihre Brille ab, um mich ernst zu fixieren.

„Wie auch immer – das, was Ihnen jetzt angeboten wird, halte ich für ganz und gar indiskutabel! Man beauftragt Sie, in einer Gegend nahe der schottischen Grenze die Gemeindekrankenpflege aufzubauen. Das heißt, es gibt dort

noch niemanden“, fügte sie unnötigerweise hinzu und warf mir einen missbilligenden Blick zu, so als sei ich Schuld daran.

„Was sagen Sie dazu?“

Ich holte tief Luft. Nun war die Erfüllung meines Traumes so nah, dass ich gar nicht daran dachte, einen Rückzieher zu machen. Der dünn besiedelte, kalte Norden Englands ließ mich nicht zurückschrecken, weil er meine Heimat war.

Seit man mich nach dem Tod meines Vaters vor fünfzehn Jahren weggebracht hatte, litt ich unter Heimweh. Daran hatten weder die Jahre noch die Freundinnen, die ich gefunden hatte, etwas geändert.

Als ich vor einem Monat die Bewerbung geschrieben hatte, hatte ich keine große Hoffnung gehabt – eben wegen der Gründe, die die Oberin soeben vorgebracht hatte. Doch nun wollten sie mich haben!

Ich sah auf und sagte:

„Ich mache es.“

Die Oberin sah mir fest in die Augen und ich hielt ihrem Blick stand. Dann nickte sie langsam.

„Das hatte ich befürchtet“, meinte sie trocken und nahm wieder den Brief zur Hand, während sie sich gleichzeitig die Brille aufsetzte.

„Warten Sie ab, bis Sie das hier gehört haben: es geht um ein Gebiet nördlich der Stadt Alnwick. Das sagt Ihnen wahrscheinlich mehr als mir. Da es dort bisher keine Gemeindekrankenpflege gibt, existiert auch kein Schwesternheim. Die association hat deshalb ein Cottage von einem ansässigen Schaffarmer gemietet. Es steht am Rande eines Dorfes mit dem Namen Burefield . Kennen Sie das?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Nun, sie werden dort wohnen und die Frau des Farmers wird Ihnen den Haushalt führen. Was Sie zwingend wissen sollten, ist, dass Sie mehrere kleine Dörfer und Farmen in einem Umkreis von etwa zehn Quadratmeilen versorgen müssen …“ sie blickte auf und hielt einen kurzen Moment inne, um dann mit gewählter Betonung hinzuzufügen: „ … und das ohne Automobil!“

Ich verehrte Oberin Ethel Hambling sehr, aber ihr Versuch, mich abzuschrecken, hätte mich beinahe auflachen lassen. Diese Dinge liefen bei uns daheim anders. Bei uns daheim! Bei diesem Gedanken konnte ich ein glückliches Lächeln nicht mehr unterdrücken. Natürlich war ich ihr deshalb eine Erklärung schuldig:

„Oberin, das macht gar nichts. Sehen Sie, es ergibt sich immer eine Mitfahrgelegenheit. Da fährt sicher ein Bus nach Alnwick, der mich an einer Straßenkreuzung absetzen oder einsammeln kann oder der Milchwagen oder ein Farmer mit seinem Pferdefuhrwerk. Und sobald kein Schnee mehr liegt, nehme ich natürlich das Fahrrad.“

Es war Januar und hier in London waren die Trümmer der zurückliegenden Luftangriffe der Deutschen seit ein paar Tagen gnädig von einer dünnen Schicht Schnee überdeckt.

Die Oberin erwiderte zunächst nichts, sondern musterte mich nur sehr ernst.

Ich bewunderte diese Frau, weil sie seit ungefähr zwanzig Jahren die Verantwortung für zahlreiche Schwestern, Schwesternschülerinnen, Hilfskräfte und jetzt im Krieg auch für die freiwilligen Helferinnen trug. Sie war eine äußerst geschickte Organisatorin und gegenüber den ärztlichen und kaufmännischen Krankenhausdirektoren eine zähe Verhandlungspartnerin.

Während des letzten Luftangriffes der Deutschen 1941 hatte ich erlebt, wie sie im größten Chaos zwischen schreienden Verwundeten, gehetzten Schwestern und verzweifelten Ärzten mitgeholfen hatte, den Brand in einem der Seitentrakte des Krankenhauses zu löschen. In Windeseile hatte sie eine Löschkette organisiert und als die Feuerwehr, die an vielen Ecken Londons gebraucht wurde, endlich kam, war der Brand bereits unter Kontrolle.

Sie hatte Courage und ich hielt viel von ihr und ihrem Urteil. Doch in dieser einen Sache ließ ich mich nicht von ihr beirren. Sie spürte das, ließ aber noch nicht locker:

„Stellen Sie sich das nicht so leicht vor, Miss Hudson! Die ersten Tage wird alles ganz abenteuerlich und vielleicht sogar lustig sein. Aber schon bald wird sich das ändern, wenn Sie zum Beispiel am Ende eines langen Tages durch den Schneesturm zu Fuß zurückgehen müssen, weil eben nicht zufällig irgendein Gefährt vorbeikommt, das Sie mitnimmt.“

Nun, das war zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber doch ziemlich unwahrscheinlich. Keiner meiner Landsleute würde die Krankenschwester allein in die Nacht rausschicken. Doch das behielt ich für mich. Stattdessen hielt ich ihrem Blick ruhig Stand. Schließlich seufzte sie, legte Brief und Brille ab und lächelte mir müde zu.

„Sie kommen aus der Gegend, wie ich weiß. Heimweh?“

Ich nickte.

„Seit fünfzehn Jahren, Oberin. Und es wird immer schlimmer.“

„Tatsächlich? Sie waren doch noch ein Kind als Sie weggehen mussten. Wie kam das eigentlich?“

„Ich war Halbwaise, und als ich zehn Jahre alt war, starb auch mein Vater. Ich hatte keine weiteren Verwandten außer einer Cousine meiner Mutter, die hier in London lebt. Zu ihr hat man mich geschickt und sie hat mich großgezogen.“

„War sie gut zu Ihnen?“

In Gedanken an Rosabelle lächelte ich.

„Und ob! Sie hat mir eine sehr unkonventionelle Erziehung angedeihen lassen – und Sie haben das ausbaden müssen, wenn Sie sich erinnern.“

Nun musste die Oberin lachen, was sie für einen kurzen Moment mädchenhaft erscheinen ließ. Die Wangen ihres schmalen Gesichtes röteten sich und ihre Augen blitzten vergnügt.

Wir dachten wohl beide an die junge Schwesternschülerin, die sich vehement dagegen wehrte, dass man ihr das Schminktäschchen entzog. Der Gedanke an meine Flucht über den Zaun, der das Schwesternwohnheim umgab, um verbotenerweise zu einem Tanzabend zu gehen, trieb mir die Schamesröte ins Gesicht.

„Sie hatten es nicht leicht mit mir, oder?“

Doch die Oberin winkte immer noch leise lachend ab. Dann wurde sie wieder ernst.

„Bitte überlegen Sie es sich noch einmal, Kind. Hier müssen Sie auch hart arbeiten, aber Sie haben halbwegs geregelte Dienste und hin und wieder einen freien Tag. Da Sie da oben im Norden allein auf sich gestellt sein werden, können Sie all diese Dinge für lange Jahre vergessen. Das ist hart!“

Ich tat ihr den Gefallen und dachte noch einmal gründlich nach. Würde ich diesen Belastungen gewachsen sein? Gesund war ich immerhin und auch ziemlich belastbar. Das hatte nicht zuletzt der Krieg gezeigt, denn auch, wenn man uns Schwesternschülerinnen immer noch in gewisser Weise behütet hatte, so konnte man uns...

Erscheint lt. Verlag 20.5.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7494-5577-5 / 3749455775
ISBN-13 978-3-7494-5577-5 / 9783749455775
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