John Sinclair 603 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-8429-1 (ISBN)
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989!
Die Pestklaue von Wien.
Er wußte, daß sie seinen Tod beschlossen hatten und daß er sterben mußte, doch er kämpfte ums Überleben! Die anderen aber ließen nicht locker und taten ihre 'Pflicht'. Dem Mann wurde die rechte Hand abgeschlagen, danach warfen sie ihn lebend zu den Pesttoten und vergaßen ihn. Das war ihr Fehler!
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Von ihrem Hotelzimmer aus konnte sie fast bis zur Staatsoper spucken, die Kärntner Straße war auch nicht weit, und der Stephansdom lag ebenfalls in der Nähe. Sie wohnte im ehrwürdigen Hotel Bristol, sehr zentral, hätte sich geborgen fühlen müssen und spürte dennoch, dass ihr immer häufiger die Angstschauer über den Rücken krochen und das Gefühl einer Bedrohung ständig zunahm.
Selbst in der Hotelhalle, wo sie nervös von einem Fuß auf den anderen trat, durch die Glastür schaute und den Verkehr vorbeifluten sah, glaubte sie, unter einem harten Druck zu stehen.
»Ihr Schlüssel, Madame.«
Isabel de Dijon schrak zusammen, als sie die weiche Stimme des korrekt gekleideten Rezeptionsmenschen hörte, der ihr den Schlüssel übergab und zudem ein freundliches Lächeln schenkte. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Madame?«
»Non, Monsieur, non.« Isabell sprach nur wenige Brocken Deutsch, sie unterhielt sich im Ausland in ihrer Heimatsprache. Überhastet nahm sie den Schlüssel an sich und eilte zu den Lifts, begleitet von den Blicken des Mannes hinter der Rezeption, der seine Stirn in Falten gelegt hatte und darüber nachdachte, was diese junge Frau wohl haben könnte. Er arbeitete schon lange in der Branche und konnte oft mit einem Blick feststellen, mit wem er es zu tun hatte.
Diese elegante Person in dem schwarzen, sehr modisch geschnittenen Kostüm steckte in Schwierigkeiten. Sie musste einen seelischen Druck erleiden, sonst hätte sie nicht so fahrig reagiert, wäre viel lockerer und cooler gewesen.
Am Lift stehend und nervös auf die Kabine wartend, schaute sie noch einmal zur Rezeption zurück, wo der Mann sich gerade in dem Augenblick umdrehte, als ein Telefon summte.
Draußen dämmerte es bereits. Über Wien, das tagsüber von einer wunderbar warmen Septembersonne beschienen worden war, legten sich die ersten langen Schatten.
Jetzt war die Zeit der Musse, jetzt sollte man einen Kaffee oder einen Cocktail trinken, daran dachte Isabel zwar, doch es war ein sehr flüchtiger Gedanke, den sie schnell wieder verwarf, denn wo immer sie auch hinging, sie fühlte sich ständig von anderen Augen beobachtet oder von Blicken durchbohrt.
Sie wollte nur auf ihr Zimmer, sich frisch machen, aufs Bett legen, vielleicht schlafen …
Mit dem Lift fuhr sie hoch. Das Hotel gehörte zu den wunderschönen Grand Hotels, die noch mit breiten Fluren ausgestattet waren und nicht die engen Schläuche besaßen, wie man sie in vielen Ketten-Herbergen vorfindet, die man zudem noch sehr teuer bezahlen muss. Trotz der Breite kam ihr der Gang eng vor. Sie hastete über den Teppich, vorbei an den echten Gemälden, bis sie endlich ihre Zimmertür erreicht hatte, mit zitternden Fingern aufschloss und in den Raum stürmte, stehen blieb, sich umschaute und zischend ausatmete, weil sie den Raum leer vorfand.
Niemand hatte auf sie gewartet, niemand wollte sie mehr bedrohen, statt dessen roch es sehr frisch, das Bett war schon gemacht, im Bad lagen Handtücher bereit, die wundervoll dufteten.
»Ich bin verrückt!«, flüsterte sie. »Ich bin einfach verrückt, mein Gott. Das kann doch nicht wahr sein …« Sie schaute auf das Telefon und überlegte, wen sie anrufen sollte.
Zahlreiche Namen huschten an ihrem geistigen Auge vorbei, keiner blieb hängen.
Das waren alles Typen aus der Modebranche, ausgeflippt und immer da, wenn es etwas zu feiern gab. Wehe aber, jemand steckte in Schwierigkeiten, da zogen die meisten den Kopf ein.
Unter der Kostümjacke trug sie ein weißes Top. Alles war verklebt, verschwitzt. Auf dem Weg zum Bad streifte sie die Sachen ab und schleuderte sie achtlos zu Boden. Dabei fiel der Seidenslip leicht wie ein Blatt auf den Teppich.
Das Licht im Bad war nicht zu grell, sondern sehr weich, es kaschierte deshalb.
Nicht bei ihr.
Sie war fünfundzwanzig, ein gutes Alter, aber sie sah aus wie dreißig und fühlte sich doppelt so alt. Ihr Körper konnte einem Stylisten Freude bereiten, er besaß genau die Formen, die man für den Laufsteg brauchte, zudem achtete Isabel darauf, kein Gramm zuzunehmen, das hätte sie möglicherweise Strafe gekostet, aber das Gesicht – Himmel, sie sah schlecht aus. Schatten lagen unter den Augen, die für innerliche Vibrationen sorgte, sich aber auch körperlich bemerkbar machte.
Das Wasser rauschte in die Wanne. Ein Badezusatz produzierte Schaum. Sie freute sich auf das Bad, vielleicht war es möglich, dass sie ihre Probleme ausschwitzte.
Ihr Haar war gegelt, glatt nach hinten gekämmt, sodass ihr Gesicht einen etwas strengen Ausdruck bekam. Wieder fand sie ihre Nase zu groß, die Wangenknochen zu stark hervortretend, aber da konnte man nichts machen.
Sie nahm die Badehaube, setzte sich auf und stieg in das herrlich temperierte Wasser.
Aufseufzend streckte sie sich aus, dachte dabei an den Job, was ihr nur unvollkommen gelang. Etwas anderes schob sich ständig zwischen ihre Gedanken.
Eine Hand!
Gewaltig, groß, graubraun, mit Fingern lang wie Männerbeine und wahnsinnig kräftig. Eine regelrechte Killerklaue, die alles zerquetschte, was sich ihr in den Weg stellte.
Warum die Hand?
Seit sie in Wien war, wurde sie von ihr verfolgt. Sie hatte die Klaue bei der Besichtigung der Katakomben gesehen, unter der Decke war sie angebracht worden, als wollte sie die in den Wandnischen stehenden Urnen und auch die Särge beobachten.
Schon beim ersten Anblick der Hand war es ihr durch und durch gegangen. Da hatte sie gespürt, dass etwas nicht stimmte und dass genau diese Hand mit ihr zu tun hatte, mit ihrem Schicksal, mit ihrem Werdegang. Von diesem Zeitpunkt an waren die Schweißausbrüche und die Angstgefühle über sie hereingebrochen und hatten sie immer stärker verfolgt.
Es war Isabel de Dijon gelungen, diesen Zustand vor den Kolleginnen verborgen zu halten, irgendwann jedoch würde sie es nicht mehr schaffen und durchdrehen.
Zudem sollte in genau drei Tagen die große Schau beginnen. Stars und Mode, eine Schau im Freien, der Wettergott spielte mit, und das alles lief auf dem berühmten Platz vor dem Stephansdom ab.
Aber in dessen Tiefe kauerte die Klaue …
In einem der unheimlichen Räume, durch die man die Mannschaft geführt hatte, denn ein Besuch in den Katakomben und bei den Pesttoten gehörte einfach zum Wien-Programm.
Warum nur? Warum? Immer wieder hatte sie sich die Frage gestellt, aber nie eine Antwort erhalten. Weshalb war ihr Schicksal mit dem der Klauen so eng verknüpft?
Schwaden trieben durch das Bad, hatten sich auf die Spiegelfläche gelegt und sie blind gemacht. Isabel fand, dass es eine gute Idee von ihr gewesen war, sich in die Wanne zu legen und die Wärme eines Bads zu genießen. Das Wasser lenkte sie auch von der Klaue ab.
Nach etwa einer halben Stunde spürte sie, wie sich das Wasser allmählich abkühlte. Jetzt war es an der Zeit, die Wanne zu verlassen.
Noch einmal streckte sie sich und tauchte dabei bis zum Kinn unter. Dann drehte sie sich, umklammerte den Haltegriff und zog sich langsam in die Höhe.
Isabel fühlte sich besser. Der Schaum perlte über ihre Haut, begleitet von türkisfarbenen Wasserstreifen. Rasch wickelte sie sich in das flauschige Badetuch und knotete es über ihrer Brust zusammen. Bevor sie sich abtrocknete, wollte sie mit der Bürste durch die Haare streichen, nahm die Haube ab und hörte, wie sich das Telefon im Nebenzimmer meldete.
Sie überlegte. Wer wollte was von ihr? Vielleicht eine Kollegin oder der Manager der Truppe. Möglicherweise auch die Einladung irgendeines Sponsors, denn bekannte Firmen zahlten die große Schau auf dem Stephansplatz.
Zuerst wollte Isabel de Dijon nicht abheben, beim vierten Summen hatte sie es sich überlegt, ging in den Wohnraum und setzte sich aufs Bett, bevor sie den Hörer ans Ohr drückte und ihr »Ja, hallo, wer ist da?«, in die Muschel sprach.
Nichts war zu hören. Keine Stimme, keine Worte, kein Lachen …
Über Isabels Schultern kroch eine Gänsehaut. »He, wer sind Sie? Melden Sie sich, sonst lege ich auf!« Das hatte sie schon längst gewollt. Seltsamerweise schaffte sie es nicht. Da war irgendein Hindernis, das sie Zwang, es nicht zu tun und weiter zuzuhören, obwohl sich niemand am anderen Ende befand.
Oder doch?
Etwas Zischendes drang an ihr Ohr, als wäre jemand dabei, tief Luft zu holen. Und dann vernahm sie sehr deutlich das heisere Flüstern. »Leg nicht auf, Isabel.«
Es gab ihr einen Stich. Sie spürte ihn in der Herzgegend. Wieder überfiel sie das Zittern, und sie dachte automatisch an die Hand. Aber sie konnte nicht reden.
»Bist du noch da?«
»J … ja …«
»Schön, Isabel, schön. Ich freue mich, dass wir sprechen können.« Er lachte leise und gemein. »Ja, ich freue mich sehr. Ich habe lange darauf gewartet.«
»Was wollen Sie? Wer sind Sie?« Isabel merkte, wie ihre Stimme immer stärker zitterte, obwohl sie es nicht wollte, deshalb ärgerte sie sich so sehr darüber.
»Das kann ich dir sagen, Isabel. Sitzt du auf dem Bett? Ja, du sitzt auf deinem Bett, das kann ich spüren. Du sitzt auf deinem Bett, telefonierst und hast Furcht. Du drehst dem Fenster dabei den Rücken zu. Stimmt es?«
Obgleich sie nicht antworten wollte, entschlüpfte ihren Lippen eine Bestätigung.
»Das habe ich mir doch gedacht. Du kannst sitzenbleiben, aber dreh dich dabei um und schau zu den beiden Fenstern hin. Zuerst zu dem größeren, das ja eine Balkontür ist.«
»Weiß ich.«
»Dreh dich, schau hin!«
Isabel de Dijon reagierte wie unter Zwang. Sie konnte einfach nicht anders, sie musste sich auf der Bettkante hockend bewegen...
Erscheint lt. Verlag | 31.5.2019 |
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Reihe/Serie | John Sinclair |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | blutig • Clown • Gruselroman • Horror • Horror Bücher ab 18 • horror thriller • Jason Dark • Lovecraft • Paranomal • Sinclair • Slasher • Splatter • Stephen King • Steven King • Zombies |
ISBN-10 | 3-7325-8429-1 / 3732584291 |
ISBN-13 | 978-3-7325-8429-1 / 9783732584291 |
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