Der Ring des Lombarden (eBook)

Historischer Roman

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
416 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40470-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Ring des Lombarden -  Petra Schier
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Köln im Mittelalter - aufregend, abwechslungsreich und gefährlich. Ein extrem spannender und hervorragend recherchierter Roman über eine starke Frau und schmutzige Geldgeschäfte im 15. Jahrhundert. Köln, 1423. Der Tod ihres Mannes, des Lombarden Nicolai Golatti, hat Aleydis de Bruinker zu einer sehr jungen und sehr reichen Witwe gemacht. Und zu einer Frau mit vielen Feinden: Konkurrenten, die sie als unfähig verleumden, die geerbte Wechselstube zu führen. Angeblich ehrenwerte Männer, die an die Mitgift ihrer Mündel wollen. Und eine unsichtbare Bedrohung aus der Schattenwelt, dem Netz aus Intrigen und Erpressung, das ihr Mann zu Lebzeiten gewoben hat. Als ein Brandanschlag auf Nicolais Mörderin die Stadt erschüttert, muss Aleydis etwas tun, das ihr überhaupt nicht behagt: Gewaltrichter Vinzenz van Cleve um Hilfe bitten, den Mann, der ohnehin schon zu viel Platz in ihren Gedanken einnimmt ... Nach «Das Gold des Lombarden» der zweite in sich abgeschlossene Roman über die Lombardenwitwe Aleydis de Bruinker.

Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann und einem Schäferhund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet seit 2005 als freie Autorin. Ihre historischen Romane, darunter die Reihe um die Apothekerin Adelina, vereinen spannende Fiktion mit genau recherchierten Fakten. Petra Schier ist Mitglied des Vorstands der Autorenvereinigung DELIA.  

Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann und einem Schäferhund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet seit 2005 als freie Autorin. Ihre historischen Romane, darunter die Reihe um die Apothekerin Adelina, vereinen spannende Fiktion mit genau recherchierten Fakten. Petra Schier ist Mitglied des Vorstands der Autorenvereinigung DELIA.  

Kapitel 1


Köln, 22. Oktober, Anno Domini 1423

Aufgeregtes Gackern der Hennen im Hof drang zum Fenster von Aleydis’ Schlafkammer herein. Die Hausherrin, die gerade vor dem polierten, aufstellbaren Silberspiegel saß und ihr goldblondes Haar geflochten und hochgesteckt hatte, hielt erschrocken inne. Als gleich darauf das lautstarke Gezeter der Magd Irmel losbrach und augenblicklich auch noch der Altknecht Lutz zu fluchen begann, fasste sie sich seufzend an den Kopf. Offenbar war schon wieder am helllichten Tag der Fuchs auf die Hühner losgegangen.

Nun beeilte sie sich, eine silberdurchwirkte Kappenhaube samt zartem Seidenschleier auf ihrem Haar zu befestigen, in die Schuhe zu schlüpfen und den zur Kappe passenden schwarzen, mit Silberstickereien verzierten Mantel überzuwerfen. Während sie bereits die Stiege ins Erdgeschoss hinabeilte, nestelte sie noch hektisch an den beiden Fibeln am Mantel herum und wäre auf Höhe der Küchentür beinahe mit der dicken Köchin Ells zusammengestoßen, die ebenfalls auf den Aufruhr im Hof aufmerksam geworden war.

«Ah, Herrin, verzeiht.» So gut es ihre behäbige Gestalt zuließ, wich Ells zur Seite. «Ihr seid aber geschwind die Treppe runter. Eilt Euch nicht so. Ist doch bloß wieder der Fuchs im Hühnerhof. Eines Tages kriegt den der Lutz schon noch, dann ist endlich Ruhe.»

«Das ist ihm allerdings seit zwei Monaten nicht geglückt.» Aleydis stemmte die Hände in die Hüften. «Was bringt dich auf den Gedanken, er könne bald mehr Glück haben? Reynke Fuchs hat eine große Familie zu versorgen, wie es scheint, und wird immer flinker und dreister.» Entschlossen ging sie der Köchin voraus nach draußen in den Hof, wo ihr Lutz entgegenkam.

Der etwa fünfzigjährige Altknecht, dessen kahler Schädel nur noch von einem dünnen Haarkranz umgeben war, hielt ein totes Huhn an den Füßen und seufzte überlaut, als er seine Herrin erblickte.

«Frau Aleydis, seht Euch das an – schon wieder eine unserer Hennen! Diesmal konnte ich sie dem Mistvieh abjagen.»

«Und eine unserer besten Legehennen noch dazu!», zeterte Irmel. Die knochige Magd zupfte sichtlich verzweifelt an ihrem Kopftuch herum, sodass ihr struppiger, mausbrauner Zopf sich darunter fast auflöste. «Was für ein Unglück! Wir müssen Fallen aufstellen, sonst haben wir bald kein einziges Huhn mehr im Stall.»

«Das hier war bestimmt keine gute Legehenne mehr.» Lutz musterte den toten Vogel skeptisch.

«Doch, doch, der Fuchs sucht sich immer die guten raus!»

«So ein Blödsinn, Irmel. Schau dir das Huhn doch mal an. Das wäre wahrscheinlich bald von selbst von der Stange gefallen.» Verärgert hielt Lutz der Magd den Vogel unter die Nase, woraufhin die erschrocken kreischte und zurückwich.

«Liebe Zeit, Irmel.» Kopfschüttelnd nahm Aleydis dem Knecht das Huhn ab und reichte es an Ells weiter. «Hier, koch für morgen eine Suppe daraus.» Sie runzelte die Stirn. «Das war wirklich eine von den ganz alten. Ich schätze, ich muss mich darum kümmern, dass wir ein paar neue junge Hennen bekommen.»

«Und einen neuen Hahn, nachdem den unseren ja der Schlag getroffen hat», fügte Lutz hinzu. «Dann haben wir bald selbst wieder neue Küken.»

«Aber nur, wenn wir vorher den Fuchs unschädlich gemacht haben.» Ells wog die Henne prüfend in der Hand. «Wird ein hübsches Süppchen geben, die hier. Hab noch Lauch im Garten und Wirsing und Weißkohl. Ein paar Möhren und Pastinaken dazu … Gut, dass der Herbst bisher so mild war und es nur wenig Frost gegeben hat. Das deutet auf einen nicht allzu harten Winter hin. Außerdem mausern sich ein paar unserer Hennen, also wird es von November bis März keinen strengen Frost geben.»

Lutz winkte ab. «Diese Wetterregel hat noch selten gestimmt. Ich erinnere mich an Jahre mit einem milden Oktober, auf den dann richtig eisige Winter mit massenhaft Schnee gefolgt sind.»

«Aber heute ist der Tag der heiligen Ewalde, und wenn der mild ist, wird es den ganzen Winter über genauso werden», beharrte die Köchin.

Aleydis hüstelte. «Ganz gleich, wie das Wetter werden wird – wir müssen neue Hühner anschaffen und den Hof besser gegen den Fuchs absichern.»

«Ich sag ja, wir müssen Fallen aufstellen!», greinte Irmel, die sich von allen am meisten über den Tod der Henne grämte. Sie wischte sich sogar über die Augen.

«Das habe ich doch schon versucht. In die Fallen laufen höchstens die Katzen der Nachbarn, und das ist nicht Sinn der Sache», widersprach Lutz. «Der Fuchs ist viel zu schlau. Wir brauchen einen neuen Hofhund. Soll ich nicht doch eines von den Viechern holen, die bei meinem Bruder auf dem Kappeshof am Eigelstein rumlaufen? Er hat nämlich zu viele davon.»

«Nein.» Rigoros wehrte Aleydis ab. «Ich habe die Biester gesehen, die sind bissig und gefährlich. Solche Köter will ich nicht auf meinem Grund und Boden.»

«Aber sie sind darauf abgerichtet, Füchse und anderes Getier unschädlich zu machen.» Lutz zuckte mit den Achseln. «Bloß die Mädchen sollten dann aufpassen, wenn sie draußen herumlaufen und spielen.»

«Genau deshalb will ich keinen von diesen Hunden haben, Lutz.» Aleydis’ Blick fiel auf die Gestalt eines jungen Mädchens, das hinten am Rand des Gemüsegartens still auf der steinernen Bank saß und sich von der Unruhe im Hof offenbar gar nicht stören ließ. «Am Ende fällt so ein Biest noch eins der Mädchen an und verletzt es. Gegen einen neuen Hofhund habe ich nichts, und wachsam darf er auch sein, aber nicht gefährlich.»

«Na gut.» Der Knecht nickte. «Ich höre mich mal um, ob jemand einen Wurf Hunde hat und ein Tier abgeben will.»

«Tu das», stimmte Aleydis ihm zu, war aber mit den Gedanken schon bei dem Mädchen. Rasch ging sie auf die Gartenbank zu und blieb kopfschüttelnd stehen. «Brunhild?» Als immer noch keine Reaktion kam, räusperte sie sich energisch. «Brunhild!»

Das ein wenig zur Molligkeit neigende schwarzhaarige Mädchen zuckte zusammen und richtete den Blick, der zuvor in die Ferne gerichtet gewesen war, auf Aleydis. «Oh.» Hastig erhob Brunhild sich. «Verzeiht, Frau Aleydis, ich habe Euch gar nicht kommen hören.»

«Wo warst du denn schon wieder mit deinen Gedanken?» Aleydis bemühte sich, einen nicht allzu ungehaltenen Ton anzuschlagen, weil sie wusste, dass das nichts bringen würde. Brunhild war die Tochter von Alba, der verwitweten Schwester des Gewaltrichters Vinzenz van Cleve. Der hatte Aleydis vor kurzem mit Rat und sehr tatkräftig beigestanden, als ihr Gemahl, der reiche Lombarde Nicolai Golatti, ermordet worden war. Zum Dank dafür, und weil sie darauf bedacht war, den Zwist beizulegen, der zwischen den Familien Golatti und van Cleve einst geherrscht hatte, hatte Aleydis sich bereit erklärt, sich für ein oder zwei Jahre um die Betreuung und Ausbildung von Albas Tochter zu kümmern, bis diese an einen geeigneten Mann verheiratet werden konnte. Alba selbst, obwohl sehr klug und selbstbewusst, kam mit dem schwärmerischen und verträumten Wesen ihrer Tochter nicht gerade gut zurecht, deshalb hatte sie Anfang September Aleydis darum gebeten, sich des Mädchens anzunehmen. Bei der Gelegenheit hatte sie Aleydis auch ihre Freundschaft angeboten.

Aleydis hatte zugestimmt, sich um Brunhild zu kümmern, während Alba nun zwei- bis dreimal die Woche herkam, um die beiden Enkelinnen von Nicolai, Marlein und Ursel, in der Kunst der Handarbeit zu unterrichten. Aleydis selbst besaß darin kein großes Geschick, weil sie immer schon mehr mit Zahlen als mit Nadel und Faden hatte anfangen können. Ihr Vater hatte sie in seinem Tuchhandel mitarbeiten lassen, und später, als er zugestimmt hatte, sie mit seinem guten, wenn auch um etliche Jahre älteren Freund Nicolai zu verheiraten, hatte dieser ihr ebenfalls erlaubt, ihm in seiner Wechselstube zur Hand zu gehen und seine Rechnungsbücher zu führen.

Das Arrangement zwischen Aleydis und Alba funktionierte gut – was die Freundschaft anging, so blieb Aleydis jedoch zurückhaltend. Die noch nicht lange zurückliegenden Ereignisse um Nicolai und seine Tochter, die ihn zwar geliebt aber dennoch hatte ermorden lassen, waren noch zu frisch, und die Wunden, die Aleydis an ihrer Seele davongetragen hatte, heilten nur langsam.

Noch immer überkam sie eine Welle von Wehmut, wenn der Gedanke an ihren verstorbenen Gemahl sie streifte. Sie vermisste ihn sehr, seine stets ruhige, heitere und weltgewandte Art. Auch wenn er sechsunddreißig Jahre älter als sie gewesen war, hatten sie doch eine glückliche, von Liebe und gegenseitiger Wertschätzung geprägte Ehe geführt – die leider nur ein halbes Jahr lang gewährt hatte. Sein gewaltsamer Tod hatte Aleydis’ gesamte Welt auf den Kopf gestellt, denn sie hatte nicht gewusst, was für ein Mann Nicolai wirklich gewesen war. Und nun musste sie sich nicht nur ganz allein um einen großen Haushalt, die Wechselstube und seine Kreditgeschäfte kümmern, sondern auch mit seiner dunklen Seite zurechtkommen – jener Schattenwelt, die er sich in dreißig Jahren aufgebaut hatte und deren Ausmaß ihr auch jetzt noch, zwei Monate nach seinem Tod, nicht zur Gänze bekannt war.

Nicolai war ein einflussreicher Mann gewesen, vielleicht gar der mächtigste Mann Kölns, sah man einmal vom Erzbischof ab. Und selbst ihn hatte Nicolai möglicherweise mithilfe von Krediten oder Bestechung beeinflusst. Wie er es geschafft hatte, jene dunklen Geschäfte – Erpressung von Schutzgeldern und unlautere, zum Teil durch Androhung von Gewalt eingeleitete Kreditvergaben sowie Bestechung in vielfältiger Form gehörten hauptsächlich dazu – vor ihr und...

Erscheint lt. Verlag 28.1.2020
Reihe/Serie Die Lombarden-Reihe
Zusatzinfo Mit 1 s/w Karte
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Andrea Schacht • Daniel Wolf • Geldgeschäft • Geldverleih • Historische Romane • Iny Lorentz • Kölner Dom • Köln Krimi • Krimi • Mittelalter • Neuerscheinungen 2019 • Rebecca Gablé • Sabine Ebert
ISBN-10 3-644-40470-4 / 3644404704
ISBN-13 978-3-644-40470-0 / 9783644404700
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