Keine Kompromisse (eBook)

Ein Jack-Reacher-Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019
448 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-22107-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Keine Kompromisse - Lee Child
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Eine Kleinstadt im Nirgendwo. Ein unvorstellbares Verbrechen. Nur Jack Reacher nimmt den Kampf auf.
Jack Reacher folgt einem plötzlichen Impuls, als er in der Kleinstadt Mother's Rest irgendwo im Mittleren Westen aus dem Zug steigt. Die Privatermittlerin Michelle Chang wartete dort vergeblich auf ihren Partner und kommt mit Reacher ins Gespräch. Allein durch die wenigen beiläufig geäußerten Worte gerät dieser ins Visier einer skrupellosen Bande, die bereits Changs Partner auf dem Gewissen hat. Doch die Verbrecher unterschätzen, worauf sie sich einlassen, als sie auch Reacher ermorden wollen - denn niemand ist härter als Jack Reacher!

Lee Child wurde in den englischen Midlands geboren, studierte Jura und arbeitete dann zwanzig Jahre lang beim Fernsehen. 1995 kehrte er der TV-Welt und England den Rücken, zog in die USA und landete bereits mit seinem ersten Jack-Reacher-Thriller einen internationalen Bestseller. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Anthony Award, dem renommiertesten Preis für Spannungsliteratur.

1

Einen Mann von Keevers Größe und Gewicht zu transportieren war nicht einfach. Als versuchte man, die Kingsize-Matratze eines Wasserbetts zu bewältigen. Daher begruben sie ihn in der Nähe des Hauses. Was ohnehin vernünftig war. Die Weizenernte würde erst in zwei Wochen beginnen, und eine frisch aufgegrabene Stelle in einem Feld wäre aus der Luft sichtbar gewesen. Und nach einem Kerl wie Keever würden sie aus der Luft suchen. Mit Flugzeugen und Hubschraubern, vielleicht sogar mit Drohnen.

Mit der Arbeit begannen sie um Mitternacht, weil ihnen das am ungefährlichsten erschien. Sie befanden sich inmitten von zehntausend Hektar Leere, und das einzige Bauwerk von Menschenhand zwischen ihnen und dem Horizont stellte das Bahngleis östlich von ihnen dar, aber Mitternacht war fünf Stunden nach dem Abendzug und sieben Stunden vor dem Morgenzug. Also würde es keine Augenzeugen geben. Ihr Bagger hatte vier Zusatzscheinwerfer an einem Träger über der Fahrerkabine, ähnlich wie Kids ihre Pick-ups aufmotzten, und diese Scheinwerfer tauchten den Arbeitsbereich in gleißend helles Halogenlicht. So war auch die Dunkelheit kein Problem. Die Grube hoben sie im Schweinepferch aus, in dem das Erdreich ohnehin ständig aufgewühlt war. Jedes Mastschwein wog hundert bis hundertzehn Kilo, und jedes Schwein hatte vier kräftige Füße. Deshalb gab es hier keinen Quadratzentimeter nicht zerwühlter Erde. Aus der Luft würde nichts zu sehen sein, auch mit keiner Wärmebildkamera. Die dampfenden Tiere selbst und die dampfenden Haufen und Pfützen ihrer Ausscheidungen würden das Bild sofort weiß werden lassen.

Also gefahrlos.

Schweine wühlen gern die Erde auf, deshalb achteten sie darauf, die Grube tief genug auszuheben. Was auch kein Problem darstellte. Der Arm ihres Baggers war lang, griff mit rhythmischen, fließenden Bewegungen jeweils zwei Meter weit aus, wobei die verchromten Hydraulikzylinder im Scheinwerferlicht glitzerten, der Motor kurz aufheulte, bevor seine Drehzahl wieder abfiel, und die Fahrerkabine sich hob, senkte und drehte, während der Schürflöffel gefüllt, herausgehoben und entleert wurde. Als die Grube fertig war, setzte der Baggerfahrer zurück, wendete und benutzte seinen Planierschild, um Keever in sein Grab zu befördern. Die Maschine schob und wälzte ihn und bedeckte seinen Leichnam mit Erde, bis er endlich über den Rand fiel und auf dem im Schatten liegenden Boden der Grube aufschlug.

Nur eine Kleinigkeit ging schief – und das in genau dieser Minute.

Der Abendzug kam mit fünf Stunden Verspätung vorbei. Am folgenden Morgen hörten sie im Radio, eine defekte Diesel­lok habe hundert Meilen weiter südlich den Verkehr aufgehalten. Aber das wussten sie in diesem Augenblick nicht. Sie hörten lediglich das klagende Heulen der Lok an dem weit entfernten Bahnübergang, und dann konnten sie sich nur noch umdrehen und die lange Schlange beleuchteter Wagen anstarren, die in mittlerer Entfernung vorbeirumpelten: einer nach dem anderen, wie ein Traumbild, scheinbar endlos lange. Aber irgendwann war der Zug vorbeigefahren. Die Gleise summten noch etwa eine Minute lang, und dann wurden die Schlusslichter von dem mitternächtlichen Dunkel verschluckt, und die Männer machten sich wieder an die Arbeit.

Zwanzig Meilen weiter nördlich wurde der Zug immer langsamer, bis er endlich mit zischenden Druckluftbremsen hielt. Die Türen gingen automatisch auf, und Jack Reacher stieg die zwei Stufen zu dem betonierten Bahnsteig vor einem Getreide­heber von der Größe eines Apartmenthauses hinunter. Links vor sich sah er vier weitere Elevatoren, die noch größer als der erste waren, und rechts stand eine mit Wellblech beplankte riesige Lagerhalle so groß wie ein Flugzeughangar. Hier gab es in regel­mäßigen Abständen aufgestellte Lichtmasten mit Natriumdampflampen, deren gelbe Lichtkegel das Dunkel unterteilten. In der Nachtluft hing leichter Nebel. Das Ende des Sommers stand bevor. Der Herbst kündigte sich an.

Reacher blieb stehen. Hinter ihm fuhr der Zug weiter: mühsam, mit langsamem Rat-a-tat-Rhythmus, der allmählich schneller wurde, sodass der Fahrtwind an seiner Kleidung zerrte. Außer ihm war hier niemand ausgestiegen. Was nicht überraschte, denn dieser Ort war weiß Gott kein Pendlerzentrum, sondern rein landwirtschaftlich geprägt. Sein kümmerlicher Bahnhof lag zwischen Getreidehebern und der riesigen Lagerhalle eingezwängt; er bestand aus einem kompakten Gebäude, in dem es einen Fahrkartenschalter und zwei Bänke für Wartende gab. Der kleine Bau im traditionellen Eisenbahnstil mutete wie ein Spielzeug an, das jemand zwischen zwei glänzend polierte Ölfässer gestellt hatte.

Aber auf dem Schild, das quer über seine ganze Seite verlief, stand der Grund dafür, dass Reacher hier ausgestiegen war: Mother’s Rest. Als er diesen Ortsnamen auf einem Streckenplan entdeckt hatte, war ihm das als großartiger Name für einen Haltepunkt erschienen. Er stellte sich vor, die Bahnstrecke kreuze dort einen alten Planwagentrail an genau der Stelle, wo sich vor vielen Jahren etwas Bedeutsames ereignet hatte. Vielleicht hatten bei einer hochschwangeren jungen Frau die Wehen eingesetzt. Das Ruckeln und Schütteln der großen Fuhrwerke konnte nicht zuträglich gewesen sein. Oder die Planwagen hatten dort ein, zwei Wochen haltgemacht oder sogar einen Monat lang. Möglicherweise hatte jemand sich viele Jahre später daran erinnert. Irgendein Nachkomme. So war eine Familiensage entstanden. Vielleicht existierte auch ein aus einem einzigen Raum bestehendes kleines Museum.

Oder es gab eine traurigere Interpretation. Vielleicht hatten die Siedler hier eine Frau beigesetzt. Zu alt und zu schwach für die lange Reise. Dann würde es bestimmt irgendwo einen Gedenkstein geben.

So oder so hatte Reacher Lust, die Wahrheit herauszufinden. Er hatte kein bestimmtes Ziel und beliebig viel Zeit, um es zu erreichen, sodass Umwege ihn nichts kosteten. Deshalb war er hier ausgestiegen. Anfangs jedoch mit einer gewissen Enttäuschung. Seine Erwartungen waren viel zu hochgeschraubt gewesen. Er hatte sich ein paar staubige Häuser und eine Koppel mit einem einsamen Pferd vorgestellt. Und das aus einem einzigen Raum bestehende Museum, das ehrenamtlich betreut wurde. Vielleicht von einem alten Mann aus einem der Häuser. Oder den Gedenkstein, vielleicht aus Marmor, in einem Karree aus schmiedeeisernen Gitterstäben.

Nicht erwartet hatte er eine gigantische landwirtschaftliche Infrastruktur. Andererseits nur logisch. Hier trafen Weizen und Eisenbahn aufeinander. Millionen Tonnen Getreide, die jedes Jahr auf den Weg gebracht werden mussten. Er machte zwei Schritte nach links und schaute durch eine Lücke zwischen Gebäuden. Dahinter herrschte Halbdunkel, aber er konnte eine halbkreisförmige Bebauung erahnen. Natürlich Wohnhäuser fürs Bahnpersonal. Und er sah Lichter, die hoffentlich ein Motel oder ein Diner, ein Schnellrestaurant oder beides ankündigten.

Auf dem Weg zum Ausgang mied er gewohnheitsmäßig die Lichtkreise der Natriumdampflampen. Doch dem letzten Lichtkegel konnte er nicht entkommen, weil die Lampe direkt über dem Ausgang hing. Also sparte er sich die Mühe, die vorigen zu umgehen, indem er auch den vorletzten Lichtkreis durchquerte.

Im nächsten Augenblick trat eine Frau aus dem Schatten.

Sie kam regelrecht energiegeladen auf ihn zu, mit zwei, drei raschen Schritten, als freute sie sich, ihn zu sehen. Ihre Körpersprache signalisierte vor allem Erleichterung.

Dann plötzlich nicht mehr. Stattdessen war ihr Enttäuschung anzusehen. Sie blieb ruckartig stehen und sagte: »Oh.«

Sie war eine Asiatin. Aber nicht klein und zierlich. Einen Meter fünfundsiebzig, vielleicht sogar einen Meter achtzig. Und entsprechend gebaut. Nirgends ein Knochen zu sehen. Kein Magermodel. Er schätzte sie auf ungefähr vierzig. Sie trug ihre langen schwarzen Haare offen, hatte Jeans und ein schwarzes T-Shirt unter einer kurzen Lederjacke an, dazu elegante Schnürstiefeletten.

Er sagte: »Guten Abend, Ma’am.«

Sie blickte über seine Schulter.

Er sagte: »Ich bin der einzige Fahrgast.«

Sie erwiderte seinen Blick.

Er sagte: »Außer mir ist niemand ausgestiegen. Also kommt Ihr Freund wohl nicht mehr.«

»Mein Freund?«, fragte sie ohne erkennbaren Akzent. Sie sprach neutrales Alltagsamerikanisch, das man jetzt überall hörte.

Er sagte: »Wozu sollte jemand hier sein, außer um auf den Zug zu warten? Sonst gibt’s keinen Grund herzukommen. Um Mitternacht dürfte es hier wohl nichts zu sehen geben.«

Sie äußerte sich nicht dazu.

Er sagte: »Erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie seit sieben Uhr hier gewartet haben.«

»Ich wusste nicht, dass der Zug Verspätung hat«, erwiderte sie. »Hier gibt’s keinen Handyempfang. Und von der Bahn ist niemand da, der einem Auskunft geben könnte. Und der Pony Express fällt heute wegen Krankheit aus, glaube ich.«

»Er war nicht in meinem Wagen. Auch nicht in den beiden nächsten.«

»Wer?«

»Ihr Freund.«

»Sie wissen doch gar nicht, wie er aussieht.«

»Er muss ein großer Kerl sein«, sagte Reacher. »Deshalb sind Sie auf mich zugestürzt, als Sie mich entdeckt haben. Sie hielten mich für ihn. Zumindest eine Sekunde lang. Und in meinem Wagen saßen keine großen Männer. Auch nicht in den beiden anderen.«

»Wann kommt der nächste Zug?«

»Sieben Uhr morgens.«

Sie fragte: »Wer sind Sie? Und was führt Sie hierher?«

»Ich bin nur jemand auf der Durchreise.«

»Der Zug ist weitergefahren. Sie nicht. Sie sind ausgestiegen.«

»Wissen Sie irgendwas über diesen Ort?«

»Nichts, gar nichts.«

»Haben Sie ein Museum oder einen Gedenkstein gesehen?«

»Wozu sind Sie hier?«

»Wer...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2019
Reihe/Serie Die-Jack-Reacher-Romane
Die-Jack-Reacher-Romane
Übersetzer Wulf Bergner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Make Me (20 Reacher)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte action • Alan Ritchson • Amazon Prime Video • Amerikanische Kleinstadt • eBooks • Entführung • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Mittlerer Westen • Mord • New-York-Times-Bestseller • Spiegelbestsellerautor • Streaming Serie • Thriller • TV Serie • TV-Serie • Verwechslung
ISBN-10 3-641-22107-2 / 3641221072
ISBN-13 978-3-641-22107-2 / 9783641221072
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