Held aller Zeiten (eBook)
992 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99380-7 (ISBN)
Brandon Sanderson, geboren 1975 in Nebraska, ist internationaler Bestsellerautor und lebt in Utah. Nach seinem Debütroman »Elantris« widmete er sich ab 2007 der Vollendung von Robert Jordans epischer Fantasyreihe »Das Rad der Zeit«. Zudem begeistert er mit seiner Saga um »Die Nebelgeborenen« weltweit die Fans. Er steht regelmäßig ganz vorne auf der New-York-Times-Bestsellerliste und seine Bücher wurden in 35 Sprachen übersetzt. Im Jahr 2022 machte er Furore mit der größten Crowdfundingkampagne aller Zeiten, mit der er vier komplett neue Romane finanzierte. Die ersten beiden, »Weit über der smaragdgrünen See« und »Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England« erscheinen im Piper Verlag.
Brandon Sanderson, geboren 1975 in Nebraska, ist internationaler Bestsellerautor und lebt in Utah. Nach seinem Debütroman "Elantris" widmete er sich seit 2007 der Vollendung von Robert Jordans "Das Rad der Zeit". Zudem begeistert er mit seiner Saga um "Die Nebelgeborenen" weltweit die Fans. Er steht regelmäßig ganz vorne auf der New-York-Times-Bestsellerliste.
Unglücklicherweise bin ich der Held aller Zeiten.
Kapitel 1
Fatren blinzelte in die rote Sonne, die sich hinter ihrem ewigen Schirm aus dunklem Dunst verbarg. Ein wenig schwarze Asche fiel aus dem Himmel, wie es in letzter Zeit oft geschah. Die dicken Flocken regneten schnurgerade herunter, die Luft war stickig und heiß, und nicht die geringste Andeutung einer Brise hob Fatrens Stimmung. Seufzend lehnte er sich zurück gegen das Bollwerk aus Erde und blickte über Vetitan. Über seine Stadt.
»Wie lange?«, fragte er.
Druffel kratzte sich an der Nase. Sein Gesicht war schwarz gefleckt von der Asche. In der letzten Zeit hatte er nicht mehr sonderlich auf Reinlichkeit geachtet. Fatren wusste jedoch, dass er selbst nach den Anstrengungen der vergangenen Monate auch keinen großartigen Anblick bot.
»Vielleicht eine Stunde«, sagte Druffel und spuckte in den Schmutz des Bollwerks.
Fatren seufzte und betrachtete die niedergehende Asche. »Glaubst du, dass es stimmt, Druffel? Was die Leute sagen?«
»Was?«, fragte Druffel zurück. »Dass die Welt untergeht?«
Fatren nickte.
»Keine Ahnung«, meinte Druffel. »Ist mir auch egal.«
»Wie kannst du das nur sagen?«
Druffel zuckte die Achseln und kratzte sich. »Sobald die Kolosse da sind, bin ich ein toter Mann. Das ist zumindest für mich das Ende der Welt.«
Fatren schwieg darauf. Er mochte es nicht, seinen Zweifeln Ausdruck zu verleihen; er sollte schließlich der Starke sein. Als die Grafen den Ort verlassen hatten – eine bäuerliche Gemeinschaft, die ein wenig städtischer war als die Plantagen im Norden –, war er derjenige gewesen, der die Skaa dazu überredet hatte, weiterhin Ackerbau zu betreiben. Fatren war es gewesen, der die Erpresserbanden ferngehalten hatte. In einer Zeit, in der die meisten Dörfer und Plantagen jeden halbwegs gesunden Mann an die eine oder andere Armee verloren hatten, besaß Vetitan noch eine arbeitsfähige Bevölkerung. Ein großer Teil des Getreides hatte als Bestechungsgeld herhalten müssen, aber Fatren war es gelungen, seine Leute zu schützen.
Größtenteils.
»Heute hat sich der Nebel erst gegen Mittag verzogen«, sagte Fatren leise. »Er hält sich immer länger. Du hast die Ähren gesehen, Druffel. Es geht ihnen nicht gut – zu wenig Sonnenlicht, vermute ich. Im nächsten Winter werden wir nicht genug zu essen haben.«
»Wir werden es nicht bis zum nächsten Winter schaffen«, entgegnete Druffel. »Nicht einmal bis zum nächsten Sonnenuntergang.«
Das Traurige – das wirklich Entmutigende – daran war, dass Druffel früher einmal ein Optimist gewesen war. Fatren hatte seinen Bruder schon seit Monaten nicht mehr lachen gehört. Nichts hatte Fatren lieber vernommen als dieses Lachen.
Nicht einmal die Mühlen des Obersten Herrschers haben Druffel das Lachen austreiben können, dachte Fatren. Aber den letzten beiden Jahren ist es gelungen.
»Fatz!«, rief eine Stimme. »Fatz!«
Fatren schaute auf, als ein Junge am Rande des Bollwerks herbeigelaufen kam. Sie hatten es fast vollendet; es war Druffels Idee gewesen, bevor er endgültig aufgegeben hatte. Ihr Ort zählte etwa siebentausend Einwohner und war daher recht ausgedehnt. Es war viel Arbeit gewesen, ihn vollständig mit einem Verteidigungswall zu umgeben.
Fatren hatte kaum tausend richtige Soldaten unter seinem Kommando – es war sehr schwer gewesen, so viele Männer bei einer so geringen Einwohnerzahl zu finden – und darüber hinaus gab es etwa tausend weitere Männer, die entweder zu jung oder zu alt oder zu ungeübt zum Kämpfen waren. Er hatte keine Ahnung, wie groß die Koloss-Armee war, aber sicherlich handelte es sich um mehr als zweitausend Soldaten. Der Verteidigungswall würde nur sehr wenig ausrichten können.
Der Junge – Sev – hatte Fatren endlich schnaubend und keuchend erreicht. »Fatz!«, rief er. »Da kommt jemand!«
»Schon?«, fragte Fatren. »Druff hat doch gesagt, dass die Kolosse noch ziemlich weit entfernt sind.«
»Kein Koloss, Fatz«, sagte der Junge. »Ein Mann. Komm und sieh ihn dir an!«
Fatren wandte sich an Druff, der sich die Nase wischte und mit den Schultern zuckte. Sie folgten Sev an der Innenwand des Bollwerks entlang bis zum Vordertor. Asche und Staub wirbelten über die gestampfte Erde, sammelten sich in den Ecken, trieben umher. Es war kaum mehr Zeit zum Saubermachen geblieben. Die Frauen mussten auf den Feldern arbeiten, während die Männer zu Soldaten ausgebildet wurden und Vorbereitungen für den Krieg trafen.
Vorbereitungen für den Krieg. Fatren sagte sich, dass er eine Streitmacht von zweitausend »Soldaten« zur Verfügung hatte, aber was er wirklich hatte, waren bloß tausend Skaa-Bauern mit Schwertern. Es stimmte, dass sie eine zweijährige Ausbildung erhalten hatten, doch sie hatten kaum Kampferfahrung.
Eine Gruppe von Männern hatte sich um das Vordertor versammelt; sie standen entweder auf dem Bollwerk oder lehnten sich dagegen. Vielleicht war es falsch, dass ich so viele Männer zu Soldaten gemacht habe, dachte Fatren. Wenn diese tausend Männer stattdessen in den Minen gearbeitet hätten, dann besäßen wir ein wenig Erz für Bestechungen.
Doch die Kolosse waren nicht bestechlich. Sie töteten einfach nur. Fatren dachte mit einem Schaudern an Gartwald. Diese Stadt war größer als seine eigene gewesen, aber kaum einhundert Überlebende hatten bis nach Vetitan entkommen können. Das war vor drei Monaten gewesen. Verrückterweise hatte er gehofft, die Kolosse wären vielleicht damit zufrieden, diese Stadt zerstört zu haben.
Er hätte es besser wissen müssen. Die Kolosse waren nie zufrieden.
Fatren kletterte auf die Krone des Verteidigungswalls. Soldaten in geflickter Kleidung und umgebundenen Lederstücken machten ihm Platz. Er spähte durch die fallende Asche auf das dunkle Land, das aussah, als wäre es mit tiefschwarzem Schnee bedeckt.
Ein einsamer Reiter näherte sich; er trug einen dunklen Umhang mit einer Kapuze.
»Was meinst du, Fatz?«, fragte einer der Soldaten. »Ein Späher der Kolosse?«
Fatren schnaubte. »Kolosse senden keine Späher aus, vor allem keine menschlichen.«
»Er hat ein Pferd«, meinte Druffel und stieß ein Grunzen aus. »Wir könnten noch eines gebrauchen.« Es gab nur fünf in der Stadt. Und alle litten an Unterernährung.
»Ein Kaufmann«, sagte einer der Soldaten.
»Er hat keine Waren dabei«, wandte Fatren ein. »Außerdem müsste es ein sehr tapferer Kaufmann sein, wenn er in dieser Gegend allein reist.«
»Ich habe noch nie einen Flüchtling auf einem Pferd gesehen«, meinte einer der Männer. Er hob seinen Bogen und sah dabei Fatren an.
Fatren schüttelte den Kopf. Niemand schoss, als der Fremde ohne große Eile herbeiritt. Er hielt sein Pferd unmittelbar vor dem Stadttor an. Fatren war stolz auf dieses Tor. Zwei Flügel aus echtem Holz steckten in dem Bollwerk aus Erde. Das Holz und auch die erstklassigen Steine, aus denen der Rahmen bestand, hatte er aus dem Herrenhaus im Innern des Ortes geholt.
Nur sehr wenig war von dem Fremden unter dem dicken, dunklen Mantel zu erkennen, den er zum Schutz vor der Asche trug. Fatren schaute über die Krone des Verteidigungswalls, betrachtete den Fremden eingehend, sah dann seinen Bruder an und zuckte die Achseln. Still fiel die Asche herab.
Der Fremde sprang von seinem Pferd herunter.
Sofort hastete er den Wall hoch, als erhielte er einen Auftrieb von unten. Dabei öffnete sich der flatternde Umhang. Darunter trug er eine Uniform aus strahlendem Weiß.
Fatren fluchte und sprang zurück, als der Fremde die Spitze des Bollwerks erreicht hatte und sich auf den Rahmen des hölzernen Tores stellte. Der Mann war ein Allomant. Ein Adliger. Fatren hatte gehofft, sie würden sich in ihren Kämpfen im Norden verzetteln und seine Leute in Ruhe lassen.
Oder zumindest in Ruhe sterben lassen.
Der Neuankömmling drehte sich um. Er trug einen kurzgeschorenen Bart und kurzes schwarzes Haar. »In Ordnung, Männer«, sagte er, während er mit einem unnatürlichen Gleichgewichtssinn über den Torsturz schlenderte, »uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Machen wir uns an die Arbeit.« Er trat von dem Tor auf den Wall. Sofort zog Druffel sein Schwert und deutete mit der Spitze auf den Fremden.
Das Schwert sprang aus Druffels Hand und flog durch die Luft, angetrieben von einer unsichtbaren Kraft. Der Fremde ergriff die Waffe, als sie an ihm vorbeischoss. Er wirbelte das Schwert in seiner Hand hin und her und untersuchte es. »Guter Stahl«, sagte er und nickte. »Ich bin beeindruckt. Wie viele von euren Soldaten sind so gut ausgerüstet?« Er drehte die Waffe noch ein wenig in seiner Hand und gab sie dann mit dem Griff voran Druffel zurück.
Druffel warf Fatren einen verwirrten Blick zu.
»Wer seid Ihr, Fremder?« fragte Fatren mit so viel Mut, wie er aufzubringen vermochte. Er wusste nicht viel über Allomantie, aber er war sich ziemlich sicher, dass dieser Mann ein Nebelgeborener war. Vermutlich konnte der Fremde jeden einzelnen Mann auf dem Wall mit einem bloßen Gedanken töten.
Der Fremde beachtete seine Frage nicht, sondern drehte sich um und schaute auf die Stadt. »Ist sie ganz von dem Verteidigungswall umgeben?«, fragte er an einen der Soldaten gewandt.
»Äh … ja, Herr«, bestätigte der Mann.
»Wie viele Tore gibt es?«
»Nur dieses eine, Herr.«
»Öffnet das Tor und führt mein Pferd herein.«
Also, dachte Fatren missmutig, als der Soldat davoneilte, dieser Fremde weiß eindeutig, wie man Leute herumkommandiert. Der Soldat dachte nicht einmal einen Augenblick lang darüber nach, dass er...
Erscheint lt. Verlag | 2.5.2019 |
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Reihe/Serie | Die Nebelgeborenen |
Die Nebelgeborenen | Die Nebelgeborenen |
Übersetzer | Michael Siefener |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Hero of Ages (Mistborn 3) |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Buch • Bücher • Cosmere • Die Nebelgeborenen 3 • Elantris • epische Fantasy • Fantasy Bücher • Fantasy Reihe • Fantasy Romane • Fantasy Saga • Fantasy Serie • Herrscher des Lichts • High Fantasy • Kosmeer • Mistborn • Mistborn 3 • Nebelgeborene • Peter Brett |
ISBN-10 | 3-492-99380-X / 349299380X |
ISBN-13 | 978-3-492-99380-7 / 9783492993807 |
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