Ein Tod ist nicht genug (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
384 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-21164-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Tod ist nicht genug - Peter Swanson
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Traue nie der Unschuld, denn sie verbirgt manchmal die tödlichsten Geheimnisse ...
Harry Ackerson ist am Boden zerstört, als er erfährt, dass sein Vater bei einem Sturz von den Klippen ums Leben gekommen ist. Die Polizei hält es für einen Unfall, doch Harry weiß, dass sein Vater fit war und den Weg jeden Tag lief. Auf der Beerdigung fällt ihm eine Frau auf, die er noch nie zuvor gesehen hat. Und dann spricht Harrys Stiefmutter Alice den Verdacht aus, dass sein Vater eine Affäre hatte. Liegt hier der Schlüssel zu seinem Tod? Harry ahnt nicht, dass jede der Frauen Geheimnisse hütet und dass die Wahrheit viel finsterer ist, als er sich in seinen schlimmsten Träumen ausmalen könnte ...

Peter Swanson studierte am Trinity College, der University of Massachusetts in Amherst und am Emerson College in Boston und hat Abschlüsse in kreativem Schreiben, Pädagogik und Literatur. Er veröffentlichte Kurzgeschichten und Gedichte in zahlreichen namhaften Magazinen wie The Atlantic. Mit seinem Thriller »Die Gerechte« gelang ihm ein internationaler Bestseller. Der Roman wurde von der Presse begeistert besprochen und für einen Ian Fleming Steel Dagger Award nominiert. Zudem schrieb Swanson weitere spannende Thriller, zuletzt »Angst sollst du haben«. Er lebt mit seiner Ehefrau in Somerville, Massachusetts.

KAPITEL 1


JETZT

Harry war für einen kurzen Moment geblendet, als er in die mit Muschelschotter bedeckte Einfahrt des Hauses in Kennewick Village bog und die Sonne genau im richtigen Winkel auf seine Windschutzscheibe traf. Er stellte seinen Honda neben dem orangefarbenen Volvo-Kombi ab – sein Vater hatte den Wagen geliebt –, legte die Hände vors Gesicht und hätte beinahe geweint.

Alice, die zweite Frau seines Vaters, hatte Harry am Vortag morgens angerufen, um ihm mitzuteilen, dass sein Vater Bill tot sei.

»Was? Wie?«, hatte Harry gefragt. Mit dem Handy am Ohr war er gerade durch den von Bäumen gesäumten Innenhof seines Colleges zu seinem Zimmer spaziert. Er hatte an seine Abschlussfeier gedacht, die in nicht einmal einer Woche stattfinden würde, und sich den Kopf darüber zerbrochen, was er mit dem Rest seines Lebens anfangen sollte.

»Er ist ausgerutscht und gestürzt.« Alice sprach abgehackt. Harry begriff, dass sie weinte, es sich aber nicht anmerken lassen wollte, dass sie versuchte, ruhig und vernünftig zu klingen.

»Wo?«, fragte Harry. Ihm war plötzlich kalt, und seine Beine fühlten sich wie Gummi an. Er blieb stehen, und das Mädchen hinter ihm, das ebenfalls gerade telefonierte, streifte im Vorübergehen seinen Rucksack.

»Draußen auf dem Klippenpfad, wo er so gern spazieren gegangen ist.« Alice weinte jetzt hörbar, die Worte klangen wie durch ein nasses Handtuch gesprochen.

»Wer hat ihn gefunden?«

»Touristen. Keine Ahnung. Sie kannten ihn nicht, Harry.«

Ein zweites Telefongespräch später am Tag war nötig, damit er alle Einzelheiten erfuhr. Alice war am Nachmittag zum Einkaufen außer Haus gewesen. Sie hatte bei Bill im Laden vorbeigeschaut, und er hatte ihr gesagt, er beabsichtige, vor Einbruch der Dunkelheit noch einen Spaziergang zu unternehmen, werde zum Abendessen aber zu Hause sein. Wie immer hatte sie ihn ermahnt, vorsichtig zu sein, und gesagt, sie werde ihm einen Shepherd’s Pie zubereiten, so wie er ihn mochte, mit gewürfeltem Lammfleisch statt Hackfleisch. Das Essen war um sechs Uhr abends fertig gewesen, zu ihrer gewohnten Essenszeit – von Bill aber keine Spur, und an sein Telefon war er auch nicht gegangen. Sie hatte John angerufen, den einzigen Angestellten im Buchladen, und der hatte nur das wiederholt, was Alice bereits wusste: Bill sei kurz vor fünf zu einem Spaziergang aufgebrochen. Inzwischen war es dunkel, und Alice verständigte die Polizei und wurde zu einem Officer Wheatley durchgestellt. Als dieser ihr eben erklärte, dass die Polizei nichts tun könne, wenn eine Person nur seit etwas über einer Stunde vermisst werde, hörte sie, wie eine zweite Stimme im Hintergrund den Beamten unterbrach. Wheatley bat Alice um einen Moment Geduld, und da wusste sie Bescheid. Als er sich wieder meldete, klang seine Stimme verändert, und er sagte, er werde sie an einen Detective Dixon weiterleiten. Nicht weit von Kennewick Harbor sei eine Leiche entdeckt worden und ob Alice für eine Identifizierung zur Verfügung stehe.

»Wie ist er gestorben?«, fragte Harry.

»Sie schließen nichts aus, aber offenbar glauben sie, dass er ausgerutscht ist und sich den Kopf angeschlagen hat.«

»Er hat diesen Spaziergang jeden Tag gemacht.«

»Ich weiß. Das habe ich ihnen auch gesagt. Bald werden wir mehr erfahren, Harry.«

»Ich verstehe es einfach nicht.« Er hatte das Gefühl, diese Worte schon hundertmal an diesem Tag gedacht zu haben. Heute war Donnerstag, und die Abschlussfeier sollte am Sonntagnachmittag stattfinden. Sein Vater und Alice hatten geplant, am Samstagabend nach New Chester in Connecticut zu kommen, bis Montag zu bleiben und Harry dann beim Packen für seine vorübergehende Rückkehr nach Maine zu helfen.

Stattdessen war Harry die halbe Nacht auf gewesen und hatte selbst gepackt. Zwischen seinen Lehrbüchern und Heften hatte er die Taschenbuchausgabe von Hillary Waughs Eine perfekte Indizienkette entdeckt, die ihm sein Vater zu Beginn des letzten Semesters geschenkt hatte.

»Es ist ein Krimi, der an einer Universität spielt«, hatte sein Vater erklärt. »Ich weiß, du magst Ed McBain, deshalb dachte ich, dass dir das auch gefallen könnte, natürlich nur, wenn du Zeit findest, es zu lesen. Es ist ein sehr frühes Beispiel für einen Krimi, in dem die Arbeitsweise der Polizei beschrieben wird.«

Harry hatte die Zeit bisher nicht gefunden, aber jetzt schlug er das Buch auf. Ein Zettel mit der Handschrift seines Vaters steckte darin. Es hatte zu den Lieblingsbeschäftigungen seines Vaters gehört, Listen zu erstellen, die fast immer einen Bezug zu Büchern hatten. Diese hier lautete:

Die fünf besten Campus-Krimis:

»Aufruhr in Oxford« von Dorothy Sayers

»Mord vor der Premiere« von Edmund Crispin

»Eine perfekte Indizienkette« von Hillary Waugh

»Die schweigende Welt des Nicholas Quinn« von Colin Dexter

»Die geheime Geschichte« von Donna Tartt

Harry starrte auf den Zettel und versuchte zu verarbeiten, was es bedeutete, dass sein Vater – der einzige noch verbliebene Mensch in seinem Leben, den er aufrichtig geliebt hatte – nun von ihm gegangen war. Am selben Morgen schrieb er noch eine E-Mail an Jane Ogden, die Betreuerin seiner Abschlussarbeit, teilte ihr mit, dass er das Abendessen der Fakultät für Geschichte am selben Tag ausfallen lassen müsse, und erklärte ihr auch, wieso. Dann ging er auf die Homepage seines Colleges und fand eine E-Mail-Adresse, unter der er seine Teilnahme an der Abschlusszeremonie absagen konnte. Auf der Seite hieß es zwar in Fettdruck, eine Absage sei in den letzten beiden Wochen nicht mehr möglich, aber was sollten sie machen? Wen interessierte es schon, wenn sein Name aufgerufen wurde und er nicht da war?

Sonst blieb nur wenig zu tun. Seine Arbeiten und Examen waren abgeschlossen, alle Anforderungen erfüllt. Natürlich mussten Freunde besucht werden. Und dann war da noch Kim. Er war ihr am vergangenen Wochenende auf dem Fest im St. Dun über den Weg gelaufen. Sie hatten sich im Billardraum geküsst und einander versprochen, dass sie sich vor der Abschlussfeier noch einmal sehen würden. Aber er wollte Kim jetzt eigentlich nicht sehen. Er wollte niemanden sehen. Seine Freunde würden die Neuigkeit früher oder später auf die ein oder andere Weise erfahren.

Harry rieb sich die Augen mit den Handflächen, stellte den Motor ab und trat in die salzige Seeluft hinaus, die viel kühler war als in Connecticut. Er entdeckte Alice an einem Fenster im ersten Stock – das Schlafzimmer von ihr und seinem Vater –, und als sie sah, dass Harry sie bemerkt hatte, winkte sie kurz. Sie trug einen weißen Morgenmantel, ihre Haut und ihr Haar waren wie bleiches Gold, und in dem viktorianischen Bogenfenster wirkte sie beinahe geisterhaft. Nachdem sie gewinkt hatte, verschwand sie aus seinem Blickfeld. Harry atmete tief durch, er bereitete sich auf die Begegnung mit Alice und darauf vor, das Haus zu betreten, das er immer nur als das Haus seines Vaters gekannt hatte und das voller Dinge seines Vaters war.

In der Tür umarmte er Alice. Ihr Haar roch nach einem teuren Shampoo, etwas mit Lavendel.

»Danke, dass du so früh zurückgekommen bist«, sagte sie, und ihre Stimme klang vom Weinen heiserer als sonst.

»Ist doch selbstverständlich«, sagte Harry.

»Ich hab dir dein altes Zimmer hergerichtet. Soll ich dir beim Reintragen helfen?«

»Nein, nein«, sagte Harry. »Es ist nicht viel.«

Er musste nur dreimal zwischen dem Wagen und dem Raum im ersten Stock hin- und herlaufen. Harrys altes Zimmer war eigentlich nie sein Zimmer gewesen; zumindest hatte er es nie als solches betrachtet. Seine Mutter war an Lungenkrebs gestorben, als Harry fünfzehn Jahre alt gewesen war. Damals hatten sie in einer Dreizimmerwohnung über dem ersten Laden seines Vaters – Ackerson’s Rare Books – im West Village in New York gewohnt. Da Harry gerade mit der Highschool angefangen hatte, als seine Mutter starb, hatte sein Vater beschlossen, es wäre am besten, wenn sie in Manhattan blieben, bis Harry die Schule abgeschlossen hätte. Mit seinem Vater in der dunklen, engen Wohnung zusammenzuleben, die durch das Fehlen seiner Mutter irgendwie kleiner wirkte, war furchtbar und tröstlich zugleich gewesen. Solange sie dort gewohnt hatten, konnten sie Emily Ackersons Anwesenheit und die kalte Wirklichkeit fühlen, dass sie für immer fort war.

Im Sommer verbrachten Harry und sein Vater meist mehr Zeit in Sanford, Maine, als in New York. Es war Bills Heimatstadt. Seine Schwester und ihre Familie sowie ein Cousin, dem er nahestand, lebten immer noch dort. Während dieser Aufenthalte begann Bill Standorte für einen zweiten Laden für seltene Bücher an der Küste auszukundschaften. Sie mieteten ein Cottage am Kennewick Beach, damit Bill mehr Zeit hatte, sich Liegenschaften anzusehen. Auf diese Weise lernte er Alice Moss kennen, die bei einem Immobilienmakler arbeitete. Sie verlobten sich, als Harry in seinem Abschlussjahr an der Highschool war, und als er aufs College ging, zog sein Vater dauerhaft nach Maine, heiratete Alice und kaufte das renovierungsbedürftige viktorianische Haus, das er Grey Lady taufte. Ron Krakowski, sein Geschäftspartner, betrieb den Laden in New York indessen weiter, und Bill und Alice eröffneten einen zweiten Laden in Kennewick Village, nur einen kurzen Fußmarsch vom Haus entfernt.

Der Sommer nach seinem ersten Studienjahr war der einzige ganze Sommer gewesen, den Harry mit seinem Vater und dessen neuer Frau Alice in Maine verbracht hatte. Alice war nie verheiratet gewesen, hatte keine Kinder,...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2020
Übersetzer Fred Kinzel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel All the Beautiful Lies
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Buchverfilmung • Die Gerechte • eBooks • Geschenk Frau • Geschenk Freund • Geschenk Mann • Geschenk Ostern • Geschenk Vater • Hitchcock • jp delaney • Klippen • Krimis und Thriller deutsch • Maine • Meer • Ostergeschenk • psychologische Spannung • Psychopathin • Psychothriller • Ratzeputz • spannende Bücher für Erwachsene • SPIEGEL-Bestsellerautor • Thriller • Thriller Bücher
ISBN-10 3-641-21164-6 / 3641211646
ISBN-13 978-3-641-21164-6 / 9783641211646
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