Die Wahrheit der Toten (eBook)

Thriller

(Autor)

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2020
Heyne Verlag
978-3-641-24501-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Wahrheit der Toten - Michael Koryta
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FBI-Agent Rob Barrett ist zwar noch unerfahren, doch ein Naturtalent, wenn es um Verhöre geht. Als er zu einem ungeklärten Doppelmord an einem jungen Paar nach Maine beordert wird, ist er der Einzige, der die Tatverdächtige zum Sprechen bringen kann. Nach dem Geständnis scheint der Fall zunächst glasklar, aber dann findet die Polizei nach und nach Beweise, die nicht den Aussagen der Täterin entsprechen. Wieso tauchen die Leichen hundert Kilometer vom erwarteten Fundort auf? Barrett muss alle Hebel in Bewegung setzen, wenn er seinen guten Ruf nicht für immer verlieren will ...

Michael Koryta begann bereits in jungen Jahren seine ungewöhnliche Karriere. Schon auf der Highschool arbeitete er nebenher für eine Privatermittler-Agentur. Später verdingte er sich als Reporter und unterrichtete an der Indiana University. Wenn er nicht gerade schreibt, begibt sich der Abenteurer und Outdoor-Fan bevorzugt in die Beartooth Mountains. Er gilt in den USA derzeit als einer der aufregendsten Thriller-Autoren.

1

Ich habe ihn zum ersten Mal an dem Tag gesehen, als wir ihn umgebracht haben.

Jackie hingegen kannte ich schon seit einer Ewigkeit. Wir waren nie befreundet, aber das hier ist eine Kleinstadt, und die Mädchen kennen sich alle untereinander. Wir gingen in dieselbe Klasse, zumindest bis zur Highschool. Dort belegte sie dann die Kurse für die begabteren Schüler. Sie ist nie viel ausgegangen. Ich kann mich vor allem noch daran erinnern, wie ihre Mutter starb, als sie die fünfte Klasse besuchte. Warum haben Sie mich überhaupt danach gefragt? Das ist lange her und hat nichts mit der Sache zu tun. Aber daran kann ich mich wahrscheinlich am besten erinnern, bevor wir sie dann umgebracht haben.

Ihre Mutter starb bei einem Autounfall. Ich glaube, sie ist im Schnee mit dem Wagen über den Mittelstreifen gerutscht. Jackie kam danach für ein paar Tage nicht in die Schule, und wir mussten für sie Karten schreiben, na ja, mit Bildern drauf und ein paar Zeilen, in denen wir unser Mitgefühl zum Ausdruck brachten. In der Woche darauf kam sie dann wieder in den Unterricht. Ihr Dad brachte sie ins Klassenzimmer und hielt ihre Hand dabei fest umklammert. Als wollte er sie nicht gehen lassen. Bei ihrem Anblick musste ich an die Karten denken, die wir für sie geschrieben hatten, und … Das hört sich jetzt schlimm an, aber ich war deswegen stinksauer. Denn obwohl es traurig war, dass ihre Mutter gestorben war, hatte sie doch immer noch ihren Dad, oder? Also, ich lebte damals bei meiner Großmutter. Meine Eltern waren zwar nicht tot, aber sie hätten es genauso gut sein können. Ich meine, mein Dad hat nie meine Hand gehalten, wie Howard Pelletier das bei Jackie getan hat. Niemand hat das. Sie tat mir zwar leid, aber … niemand hat die ganze Klasse gebeten, Karten für mich zu schreiben, wissen Sie? Es war den Leuten scheißegal, wie es mir ging. Die Leute haben sich nie für mich interessiert, man hat mich einfach … übersehen.

Ich kann nicht fassen, dass sie diese Karte aufbewahrt hat. Hat sie sie etwa alle aufgehoben? Aber das ist nicht wichtig. Nichts davon. Ich kapiere nicht, warum Sie danach gefragt haben, Barrett. Das hat nichts mit dem zu tun, was letzten Sommer passiert ist.

Der Tag, der wirklich wichtig ist, war der letzte richtig heiße Sommertag. Anfang September war es heißer als den ganzen August über. Ich schätze, das hatte irgendwie mit der Sache zu tun. Also, das soll jetzt keine Entschuldigung sein, aber ich muss immer wieder daran denken, wie alles angefangen hat und was dann passiert ist, und ich bin mir absolut sicher, dass wir das nicht getan hätten, wenn es nicht so heiß gewesen wäre. Wenn die Hitze allen nicht so zugesetzt hätte, besonders Mathias. Soll ich seinen vollständigen Namen sagen? Wir kennen ihn doch sowieso alle. Mathias Burke. Wissen Sie, was komisch ist? Jedesmal, wenn Sie seinen vollständigen Namen hören, kneifen Sie die Augen zusammen. Jedesmal, wenn ich ihn ausspreche, verkrampft sich Ihr Körper. Als würden Sie sich auf einen Faustschlag gefasst machen. Oder als würden Sie gleich zuschlagen. Was denn nun? Hey, Sie haben doch gesagt, dass ich alles mit meinen eigenen Worten erzählen soll, oder? Das haben Sie jetzt davon, Barrett.

Also schön … es war das erste Wochenende, nachdem die Touristen abgereist waren, die meisten jedenfalls, die Leute mit Kindern. Danach kehrte etwas Ruhe ein, und Mathias fiel die Decke auf den Kopf. An diesem Abend – einem Freitagabend – war er völlig aufgedreht. Kurz vor dem Explodieren. Als müsste sich etwas in seinem Innern Luft verschaffen. Er fluchte die ganze Zeit über die Hitze. Cass war ebenfalls davon genervt, weil sie Angst hatte, dass ihre Schminke verlaufen könnte. Sie sah damit immer aus wie eine Nutte. Sie schaffte es einfach nicht, sich dezent zu schminken, wissen Sie? Sie trug immer reichlich dick auf, obwohl viel weniger auch genügt hätte. Ich weiß, ich sollte nicht schlecht über sie reden, weil sie tot ist, aber das ist die Wahrheit.

Lassen Sie mich etwas zurückspringen – ich hatte die Tagesschicht im Spirituosenladen. Um sechs hatte ich Feierabend, und Cass kam rüber, um sich mit mir zu treffen. Wir wollten in die Stadt oder so. Oder in ihrem Wohnwagen ein wenig abhängen. Wir hatten nichts Besonderes vor. Wenn wir ein bestimmtes Ziel gehabt hätten, wären wir ihm an diesem Abend gar nicht über den Weg gelaufen. Aber wir hatten uns nichts vorgenommen.

Irgendwann tauchte Mathias dann im Laden auf … so gegen halb sechs, würde ich sagen. Kurz bevor ich Feierabend hatte. Ich kenne ihn seit Jahren, aber ich habe nie was mit ihm gehabt oder so. Wir haben nicht mal Zeit zusammen verbracht. Darum war ich auch so überrascht, als er mich fragte, was ich an diesem Abend vorhätte. Mathias ging kaum aus. Er schien die ganze Zeit zu arbeiten. Wenn er überhaupt mal was trank, dann im Winter. Im Sommer schien er zwanzig Stunden am Tag zu arbeiten. Als ich ihm sagte, dass Cass und ich was trinken gehen wollten, wirkte er enttäuscht. Für einen Moment fragte ich mich, ob er mich anbaggern wollte. Aber als Cass dann auftauchte, veränderte sich plötzlich sein Verhalten.

Er erzählte uns vom Haus einer Kundin, zu dem er Zugang hatte. Es gehörte irgendeiner reichen Schlampe, die es nur zwei Wochen im Jahr nutzte. Es sei echt was ganz Besonderes. Er wollte dort hinfahren, um was zu trinken und eine Runde zu schwimmen. Das klang ziemlich verlockend. Als er jedoch meinte, er könne etwas Stoff besorgen, schreckte mich das ab, denn ich versuchte gerade, clean zu werden. Aber Cass war ganz Feuer und Flamme.

Nachdem ich meine Schicht beendet hatte, gingen wir auf den Parkplatz. Dort genehmigten wir uns ein Sixpack Twisted Tea und ein paar Flaschen Bier, und Cass trank etwas Wodka. Mit Apfel- oder Himbeergeschmack, was weiß ich. Wir saßen auf der Heckklappe seines Pick-ups, rauchten Zigaretten und tranken etwas. Das war der Pick-up, den er für die Arbeit benutzte. Nicht der Wagen, mit dem wir sie getötet haben.

Die meiste Zeit unterhielten wir uns über die Hitze. Darum weiß ich auch noch, dass Mathias davon genervt war. Er schaute hinauf in die Sonne und redete darüber, als hätte sie es auf ihn persönlich abgesehen. Als würde die Sonne an diesem Tag so heiß brennen, weil sie Streit mit ihm suchte.

Wir hingen dort eine Weile ab, bis er irgendwann meinte, dass er einen tollen Ort kenne, wo wir etwas Spaß haben könnten. Außerdem hatte er Stoff dabei, von dem er mir etwas abgeben wollte, wenn ich ihn zu seinem Pick-up zurückfahren würde. Ich dachte nur, Du sitzt gerade auf deinem Pick-up, du Schlaumeier. Aber er meinte den Wagen vor dem Haus seiner Kundin, darum müsse ihn jemand dort rausfahren. Wissen Sie, als Hausverwalter hat er Zugang zu sämtlichen Ferienhäusern, die er betreut.

Also, ich habe den ganzen Sommer über eigentlich nur Alkohol getrunken. Und vielleicht etwas Gras geraucht, mehr nicht. Na ja, und ein paar Pillen eingeworfen. Aber ich habe kein hartes Zeug genommen, denn letzten Sommer sind eine Menge Leute gestorben, auch schon vor Cass. Es kam überall in den Nachrichten. Irgendjemand hatte aus DC schlechtes Heroin mitgebracht. Ein Schwarzer, glaube ich. Vielleicht war er auch Mexikaner. Jedenfalls weiß ich, dass der Stoff aus DC kam, denn die Leute haben ihn so genannt. Es war, als würde in diesem Sommer irgendein tödliches Fieber umgehen. Die Leute starben, ohne sich eine Überdosis zu verpassen, weil der Stoff mit irgendeiner Substanz verschnitten war. Keine Ahnung, was das für Zeug war. Ich weiß nur, dass der Stoff schlecht war und Menschen starben. Ich glaube, es gab in diesem Sommer in Maine mehr Drogentote als im gesamten Vorjahr. Vielleicht stimmt das auch nicht, aber das habe ich jedenfalls gehört.

Wie gesagt, ich versuchte damals gerade, clean zu werden. Doch wenn Cass und Mathias ohne mich gefahren wären, wäre ich alleine da zurückgeblieben. Mit einem beschissenen Sixpack Twisted Tea an einem Freitagabend. Wer hat darauf schon Lust? Also bin ich einfach … Sie wissen ja, wie das läuft. Schließlich gibt man eben irgendwann nach. Man rechnet ja nicht damit, dass irgendwas Schlimmes passiert. Ich sagte, ich würde zwar mitkommen, aber keine Drogen nehmen. Mathias zwinkerte mir darauf nur zu und sagte, Warten wir’s ab.

Also machten wir uns auf den Weg. Ich saß hinterm Steuer und Mathias auf dem Beifahrersitz. Cass, die eigentlich auf der Rückbank Platz nehmen sollte, krabbelte in die Mitte und hockte quasi auf seinem Schoß. Es war echt nervig, aber so war sie halt. Mich wunderte nur, dass Mathias offensichtlich nichts dagegen hatte. Ich habe ihn nie für einen dieser Typen gehalten, die … wie soll ich sagen? Er war eher der korrekte Typ. Immer mit seinem eigenen Kram beschäftigt. Darum fand ich sein Verhalten merkwürdig.

In diesem Moment wurde mir klar, dass er nicht nur ein wenig angetrunken war.

Jedenfalls saß ich hinterm Steuer und konzentrierte mich auf seine Wegbeschreibung, denn ich wollte nicht, dass man uns anhält. Er sagte, dass er uns zu diesem Ferienhaus bringen würde, sobald wir bei seinem Pick-up wären. Er schwärmte davon, wie toll das Haus sei, und kriegte sich gar...

Erscheint lt. Verlag 13.1.2020
Übersetzer Frank Dabrock
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel How it Happened
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amerikanische Kleinstadt • eBooks • Ermittler • FBI • Geständnis • Maine • Thriller
ISBN-10 3-641-24501-X / 364124501X
ISBN-13 978-3-641-24501-6 / 9783641245016
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