Borgia - Die Vergeltung (eBook)

Historischer Roman
eBook Download: EPUB
2019
352 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-24568-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Borgia - Die Vergeltung - Elena Martignoni, Michela Martignoni
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Rom 1497: Die mächtige Familie der Borgia hält alle Fäden in der Hand. Doch dann wird die Stadt durch eine mysteriöse Mordserie erschüttert. Innerhalb weniger Tage werden drei Kardinäle brutal ermordet, der Täter versteckt sein Antlitz dabei hinter einer Maske. Nur beim dritten Mord erhascht ein zufälliger Beobachter, der junge Adlige Andrea Gianani, einen Blick auf das Gesicht des Täters. Dieser entkommt jedoch und streut das Gerücht, Gianani sei der Mörder. Dem bleibt nur die Flucht aus Rom. Unterschlupf findet er bei der Bauerstochter Gemma, doch die Borgia sind ihm auf der Spur. Denn sie haben kein Interesse daran, dass der wahre Mörder entdeckt wird ...

Elena und Michela Martignoni sind gebürtige Mailänderinnen. Die beiden Schwestern teilen ihre Liebe zur Geschichte. Gemeinsam schreiben sie sehr erfolgreiche historische Romane. Ihre große Borgia-Trilogie wurde in Italien zum Bestseller.

Prolog
Der geheime Name

Pisa, August 1497

Der Pater blieb vor der einsamen Hütte stehen, der letzten vor den Feldern, die sich hinter der Gasse erstreckten.

Er schaute über seine Schulter, lauschte einen Moment lang den Geräuschen der Nacht, dann griff er nach dem eisernen Türklopfer, der an die Tür genagelt war, und klopfte laut.

Als er zwei Augen sah, die ihn misstrauisch durchs Guckloch betrachteten, zog er die Kapuze auf seinem Kopf etwas zurück.

»Pater Tommaso schickt mich«, sagte er leise.

Die Kette wurde geöffnet, eine Alte tauchte auf der Schwelle auf und zischte: »Endlich.« Sie bat ihn, am Ende eines schmalen, düsteren Flurs eine Treppe hinaufzusteigen. Oben zündete die alte Frau eine Öllampe an, die einen kahlen Raum erleuchtete, an dessen Wänden die dunkle Farbe abblätterte. Der Weihrauch, der in einem Kohlebecken im kalten Kamin brannte, konnte den von der Augusthitze noch verstärkten Gestank der Krankheit nicht überdecken.

Auf einem Metallbett in einer Ecke des Zimmers lag ein Mann.

»Komm näher, Bruder«, murmelte er keuchend. Dann musterte er ihn und fragte: »Wer bist du?«

»Pater Tommaso wurde an ein anderes Krankenlager gerufen und hat daher mich geschickt«, antwortete der Geistliche.

Der Mann betrachtete konzentriert die fadenscheinige Kutte, die nackten Füße in Sandalen, die fromm gefalteten Hände und versuchte, die von der Kapuze verdeckten Gesichtszüge zu erkennen.

»Er wäre mir lieber gewesen, aber … im Grunde … ist ein Pfarrer so gut wie ein anderer, denn ich möchte beichten.«

Mit einer Handbewegung schickte er die Diener hinaus.

»In nomine Patris et Filii, et Spiritus Sancti«, begann der Beichtvater und machte ein Kreuzzeichen, dann setzte er sich neben das Bett. »Ich höre.«

»Du darfst das, was ich dir beichte, nicht weitererzählen, richtig?«

»Das Beichtgeheimnis schützt dich.«

Der Kranke schwieg einen Augenblick, dann begann er stockend zu sprechen.

»Ich habe das Rattenloch meiner Eltern verlassen, noch bevor mir ein Bart gewachsen war. Da drinnen verhungerte man, aber Kälte und Prügel gab es im Überfluss. Ich habe alles Mögliche gemacht, um zu überleben: Ich habe gestohlen. Das musste ich, um essen zu können! Ich habe viele mit Würfeln und Karten betrogen und auch so manche Frau. Ich war auch Soldat, und der Krieg hat sich ein Stück hiervon geholt«, sagte er und legte eine Hand auf sein rechtes Bein, das dünner war als das linke. »Jetzt siehst du mich so, aber früher wurde der Name Lapo il Pisano respektiert!«

Der Pater, den Kopf gesenkt, folgte ihm aufmerksam.

»Du willst wissen, ob ich die Zehn Gebote kenne. Ja, Pater, die kenne ich gut: Man hat sie mir eingeprügelt, daher habe ich sie nie respektiert«, fuhr Lapo fort. Er stützte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einen Ellbogen. »Aber ich bin immer davongekommen. Beim letzten Mal jedoch …« Er wandte den Blick zur Tür, aus der die Alte gegangen war, und bat den Beichtvater, etwas näher zu kommen, dann wisperte er: »Gott hat es mir geschworen!«

Er ließ sich auf die Kissen fallen, dann räusperte er sich und sprach weiter: »Es war Februar. Hier in Pisa war es bitterkalt, und ich hätte auch Asche gegessen. Ich wusste nicht, wie ich weitermachen sollte. In der Taverna del Leone suchte ich an diesem Abend jemanden, der mir ein Bier bezahlte, als ich an einen Tisch zum Kartenspielen gerufen wurde. Da traf ich auf meinen Waffenbruder, einen gewissen Bernardo. Ich wusste, dass er es in Rom geschafft hatte, als Vertrauter eines mächtigen Mannes, aber ich hatte ihn lange nicht gesehen. Ich tat so, als würde ich ihn nicht erkennen, dann spielten wir. Er ließ mich gewinnen. Die anderen Spieler verließen den Tisch bald, und ich sagte ihm: ›Freund, was willst du von mir? Du weißt, dass ich nicht dumm bin, ich begreife sofort, wenn jemand falschspielt.‹ Aber er beharrte darauf, dass ich das Geld behalten sollte, ja, er versprach mir sogar noch mehr, so viel, wie ich noch nie gesehen habe, wenn ich ihm einen Gefallen täte. Mit ihm nach Rom reisen, um die Gunst von Juan Borgia, dem Sohn des Papstes, zu gewinnen und ihm dabei zu helfen, sich so sehr zu amüsieren wie noch nie. ›O nein‹, habe ich ihm gesagt, ›du legst mich nicht aufs Kreuz! Du willst, dass ich den Katalanen zum letzten Dolchstoß präsentiere. Nein, mein Freund, das ist selbst für Lapo zu viel: Wer einen Borgia angreift, verliert sein Leben!‹ Aber er erinnerte mich an den Gefallen, den ich ihm schuldete, denn er hatte mir in einer Schlacht das Leben gerettet. Weißt du, Pater, wenn es um die Ehre geht, dann kann Lapo sich nicht weigern, außerdem riskierte ich nicht viel dabei, einen Kuppler zu spielen, während ich in Pisa verhungert wäre. Also habe ich zugesagt.«

Er hielt inne, um Luft zu holen, und zeigte auf einen Krug mit Wasser. Der Mönch schenkte ihm ein und half ihm beim Trinken.

»Das Vertrauen dieses Bastards zu gewinnen war leicht«, fuhr Lapo leise fort. »Ich habe ihm gegeben, was er suchte: Frauen, Spiel, Ausgelassenheit. Er wollte mich immer an seiner Seite haben, auch wenn er mein Gesicht nie gesehen hat. Er dachte, ich würde die Folgen der französischen Krankheit verbergen mit dieser …« Lapo hob seinen Arm etwas und deutete auf eine schwarze und zerschlissene Maske, die anstelle eines Kreuzes über dem Bett hing.

»Am Abend des 14. Juni habe ich ihn bei einem Bankett im Palazzo seiner Mutter getroffen. ›Don Juan‹, habe ich ihm gesagt, ›wenn Ihr Euch die kleine Gräfin della Mirandola gönnen wollt, dann ist das die richtige Nacht: Sie hat ihre Dienerin geschickt, um zu sagen, dass sie allein ist und Euch erwartet, aber sie wird nur Euch und mich in den Palazzo einlassen, wir müssen also dieses Muskelpaket Alonço loswerden. Ihr wollt Euren Leibwächter doch nicht mitnehmen ins Bett Eurer Schönen! Er schaute mich zweifelnd an, aber ich sagte nur: ›Keine Sorge, Alonço werden wir mit einer List los. Wir betreten das Freudenhaus an der Piazza Giudea und lassen ihn draußen auf uns warten, aber wir gehen auf der anderen Seite wieder hinaus und dann zum Palazzo Mirandola. Ihr amüsiert Euch mit der Gräfin und ich mich mit der Dienerin!‹ Borgia hat akzeptiert, aber so ist es nicht abgelaufen. Ich habe Bernardo in meinen Plan eingeweiht, und er ist mit seinen Männern zur Piazza Giudea gekommen, während Borgia und ich aus der Hintertür des Freudenhauses traten. Sie haben Alonço umgebracht, dieser treue Hund hat etwas über mich erfahren, das er nicht wissen durfte. Dann haben sie uns auf der Straße abgefangen, und ohne dass er auch nur Zeit für einen Schrei hatte, haben sie diesem verdammten Katalanen die Kehle durchgeschnitten und ihn in den verdreckten Tiber geworfen, in die Scheiße von Rom!«

Lapo wurde von einem Hustenanfall geschüttelt, spuckte dunkles Blut in ein Taschentuch. Er wartete, bis er wieder zu Atem gekommen war, dann fragte er in ironischem Tonfall: »Hast du gehört, was ein Krüppel tun kann?«

Der Mönch schwieg und berührte das Kreuz, das an der Kordel seiner Kutte hing.

»Meine Ehrenschuld war bezahlt«, sagte Lapo. »Bernardo hat mir sofort gegeben, was mir zustand, und so habe ich mich schnell aus Rom davongemacht. Ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Geld und hatte es in wenigen Monaten verspielt und versoffen, bis ich mich ruiniert habe. Aber immer noch besser als Bernardo. Ich habe gehört, dass er ermordet wurde … Verfluchtes Geld! Und verflucht sei, wer es ihm gegeben hat!« Er dachte einen Augenblick nach, dann platzte er heraus: »Ich will mein Gewissen ganz reinwaschen. Wer es gewollt hat, ist verdorbener als ich. Er hat sich die Hände nicht schmutzig gemacht, aber die Seele, o ja, die Seele schon! Ich sage dir ihre Namen …«

Er näherte sich dem Ohr des Mönches und befreite sich von seinem Geheimnis.

»Jetzt weißt du alles … Nun vergib mir.«

»Vorher musst du bereuen und um Gottes Gnade bitten.«

»Bereuen? Ich?«, der Sterbenskranke lachte keuchend. »Das habe ich noch nie getan!«

Der Beichtvater stand auf, aber Lapo hielt ihn an einem Zipfel seiner Kutte fest.

»Nein, warte! Ich will nicht in der Hölle enden.«

»Doch, genau dort wirst du enden, Neco«, verkündete der Pater und änderte den Tonfall.

Lapo sah ihn ungläubig an.

»Warum nennst du mich bei diesem Namen?«

»Mit diesem hast du deine Seele verdammt.«

»Du irrst dich, Freund, ich bin Lapo il Pisano …«

»Ich irre mich nicht, Neco.«

»Wer bist du?«, murmelte Lapo und suchte in seinem Gedächtnis, zu wem diese feurigen Augen gehörten, die aus der tiefen Schwärze der Kapuze Blitze schleuderten.

Der Pater nahm die Kapuze ab.

Lapo riss die Augen auf, als sähe er einen Geist vor sich.

»Ihr!«, rief er ungläubig aus.

Er öffnete den Mund, um zu schreien, aber es war zu spät. Der Pater hatte ihm bereits die Hände um den Hals gelegt.

Lapo schoss hoch, erdrückt vom Klammergriff um seine Kehle, der ihm den Atem nahm. Mit blauem Gesicht kämpfte er verzweifelt, schlug mit den hageren Armen ins Gesicht des Angreifers, aber sein müdes Herz wurde langsamer, hielt an und schlug nicht mehr.

Nach wenigen Augenblicken fiel Lapo wie eine Puppe zurück.

Der Pater blieb noch eine Minute schnaufend über ihm, dann ließ er ihn los und schloss die aufgerissenen Augen des Toten.

»Jetzt bist du dort, in der Hölle«, murmelte er und zog seine Kapuze erneut über den Kopf. Ohne Zögern ging er...

Erscheint lt. Verlag 21.10.2019
Reihe/Serie Die Borgia-Trilogie
Die Borgia-Trilogie
Übersetzer Ingrid Exo, Christine Heinzius
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Die Borgia-Trilogie: - Autunno rosso porpora 2 (Purpurroter Herbst)
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 15. Jahrhundert • Borgias • eBooks • Historischer Kriminalroman • Historische Romane • Historischer Roman • Mittelalter Romane • Rom
ISBN-10 3-641-24568-0 / 3641245680
ISBN-13 978-3-641-24568-9 / 9783641245689
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