In deinem Licht und meinem Leben -  Michaela Harich

In deinem Licht und meinem Leben (eBook)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
212 Seiten
Alea Libris Verlag
978-3-945814-18-5 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
3,49 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Als Lena erfährt, dass ihr Vater gestorben ist, bricht für sie eine Welt zusammen. Doch als sie sieht, wie sehr ihre Mutter leidet, beschließt sie, dem Tod einen Deal vorzuschlagen: er gibt ihr ihren Vater zurück und bekommt dafür ihr Leben, wobei sie aus der Erinnerung ihrer Familie gelöscht wird. Der Tod erweitert den Pakt. Er gibt Lena ein Jahr Zeit, dafür zu sorgen, dass sich ihre Familie wieder an sie erinnert, dann dürfe sie mit ihren Eltern glücklich leben. Wenn sie es nicht schafft, muss sie den Platz ihres Vaters im Totenreich einnehmen. Lena setzt alles daran, dass sich ihre Liebsten an sie erinnern - doch sie hat die Rechnung ohne ihre Gefühle und den Tod gemacht.

Kapitel 1


Das Summen ihres Smartphones weckte sie, kaum dass

ihr Kissen vibrierte. Für ihren Wecker war es noch zu früh,

fand Lena, also war es ein Anruf, vermutlich von ihrer Mutter.

Verschlafen fuhr sie mit der Hand über das Laken, tastete nach

dem Handy und blinzelte gegen das helle Licht des Displays.

Nur mühsam konnte sie durch den Schleier, der noch auf ihren

Augen lag, den Namen erkennen, der in einem hellen Grün auf

dem Bildschirm blinkte.

»Mama, echt jetzt?«, murmelte sie müde, ihre Laune sank.

Es war noch nicht einmal neun Uhr, sie hatte gerade mal

vier Stunden geschlafen. Lena setzte sich auf, strich sich eine

Strähne aus dem Gesicht und gähnte, während sie den Anruf

entgegennahm. »Mama, was ist denn? Ist jemand gestorben

oder warum rufst du mich um die Uhrzeit an?« Als sie die Ant-

wort ihrer Mutter hörte, war sie mit einem Mal hellwach. »Jetzt

mach hier keine dummen Scherze! Das ist doch wohl nicht

dein Ernst, oder? Oder?« Lena sprang aus dem Bett. Ihr Herz

raste. Angst stieg in ihr hoch, eine Gewissheit breitete sich in

ihr aus. Doch sie wollte sie nicht wahrhaben. Wollte nicht, dass

sie wahr sein könnte. Sie ging durch den Flur, ein Rauschen in

ihren Ohren. Im Wohnzimmer ließ sie sich auf das Sofa fallen,

während ihre Mutter die Nachricht wiederholte. Mehrfach.

»Mama, das … wie? Wann? Warum?« Lena schluckte. Sie

hatte das Gefühl, den Boden unter ihren Füßen zu verlieren,

und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Das geht nicht! Das

darf nicht ... Mama, was ... soll ich vorbeikommen? Soll ich -«

Weiter kam sie nicht. Ihr Schluchzen machte es ihr unmöglich,

weiterzusprechen. Der Stimme nach zu urteilen, ging es ihrer

Mutter ähnlich. Auch sie weinte und war kaum zu verstehen.

»Mama, soll ich wirklich nicht ...« Lena schloss ihren Mund.

Das Weinen ihrer Mutter zerriss ihr das Herz. Mit einem Mal

glaubte sie, in einen dunklen Strudel aus Trauer, Schmerz und

Verzweiflung zu versinken. Fuzzy war tot, und ihre Mutter so

leiden zu wissen, war zu viel für Lena. Sie schloss ihre Augen

und konzentrierte sich, unterdrückte mühsam all ihre Gefühle,

während sie mit ihrer Mutter sprach. Sie musste stark bleiben.

Für sie beide. Wie damals, bei Stefan, ihrem guten Freund

und Kollegen, als es darum gegangen war, seine Freundin und

besten Freund von Dummheiten abzuhalten und sie durch

die Trauer zu führen. Sie konnte das. Sie schaffte das. War ja

immerhin nicht das erste Mal. Lena schluckte, als ein neuer

Schluchzer in ihr hochstieg. »Mama, warte. Leg jetzt nicht

auf -« Doch zu spät. Ihre Mutter hatte das Gespräch bereits

beendet. Lena legte das Handy neben sich, winkelte die Beine

an und schlang die Arme um ihre Knie. Langsam atmete sie

tief durch und schloss ihre Augen. Die Mauer, die sie um ihr

Innerstes errichtet hatte und die sie normalerweise vor emotio-

nalen Ausbrüchen bewahrte, brach mit einem Mal zusammen.

Sie biss sich auf die Lippe. Ein Schrei wollte aus ihr hervor-

brechen. Der Schmerz, der die Nachricht über den Tod ihres

Stiefvaters hervorgerufen hatte, schüttelte sie. Brach ihr das

Herz. Lena krallte ihre Nägel in ihre Arme, fest, so fest, dass

es blutete. Doch sie merkte es nicht, spürte den Schmerz nicht.

Sie hielt die Augen fest geschlossen, hoffte, die Tränenflut wie-

der in den Griff zu bekommen. Mit aller Macht versuchte sie

sich zu konzentrieren und alles auszublenden und auszusper-

ren. Sie musste jetzt einfach stark bleiben.

»Ey, Schatz, was’n los?« Erst als sich zwei Arme um sie

legten, schien sie aus ihrer Starre zu erwachen. »Was ist los?

Was ist passiert?«

Lena schluckte, räusperte sich. Sie schien ihre Stimme verlo-

ren zu haben.

»Du hast geschrien! Warum? Hast du dir wehgetan? Was ist

los? Sag doch was! Ich mach mir verdammt noch mal Sorgen!«

»Ich ... ich hab geschrien?«, stammelte Lena. Ihre Stimme

klang sogar in ihren Ohren fremd, rau, verzerrt. Sie räusperte

sich erneut. Wieder kamen ihr die Tränen. »Ich dachte, ich

hätte -« Ein raues Schluchzen brach aus ihr hervor, schmerzte

in ihrer Kehle, ihrem Herzen. »Fuzzy ist tot.«

»Das ist kein guter Witz. Du warst schon mal lustiger. Hast

du denn schon einen Kaffee getrunken?«

»Dom, das ist kein Scherz!«, fuhr Lena ihn an, froh, sich auf

ein neues Gefühl konzentrieren zu können. »Fuzzy ist tot. Heu-

te Morgen. Gestürzt, haben sie Mama erzählt. Aus acht Metern

Höhe gefallen und hat noch gelebt, doch die Reanimierungs-

versuche haben nichts gebracht, also er kam halt nicht mehr zu

Bewusstsein.« Sie war über sich selbst überrascht, wie ruhig sie

ihrem Freund die Situation schilderte. »Sein Bruder faselt die

ganze Zeit was von Selbstmord, seine Mutter irgendwas von

Depressionen, die Polizei von Mord, und meine Mutter - die

weiß nicht, wo ihr der Kopf steht.« Sie bemerkte den verunsi-

cherten Ausdruck in Dominiks Augen. Sie waren jetzt schon

seit zwei Jahren zusammen, es konnte ihn unmöglich noch im-

mer verunsichern, dass sie ihre Gefühle unter Verschluss hielt

und von sich schob. Denn genau das tat sie gerade. Sie musste

einfach alles ausblenden, ihre Gefühle ausschalten. Sonst würde

sie wahnsinnig werden. Ansonsten würde sie in diesen dunklen

Abgrund aus Trauer, Schmerz und Verzweiflung fallen, aus

dem es kein Entkommen gab. Die Leere in ihrem Herzen fraß

sie auf, doch Lena schob sie zur Seite. Weigerte sich, weiter da-

rüber nachzudenken. Stark bleiben, einen kühlen Kopf bewah-

ren, befahl sie sich stumm. Dominik streichelte mit einer Hand

ihren Rücken, mit der anderen hielt er ihre Hand.

»Und, was glaubst du?« Er sprach sanft und ruhig mit ihr.

Hatte er Angst, sie würde die Kontrolle verlieren und hyste-

risch werden? Lena biss sich auf die Lippe. Soweit würde sie es

nicht kommen lassen.

»Ich weiß es nicht. Ja, er hatte schon den einen oder anderen

Selbstmordversuch hinter sich, aber ich kann es mir nicht vor-

stellen. Er wollte heute doch noch wandern, wäre ja heute auch

aus der Reha entlassen worden. Ich kann’s mir einfach nicht

vorstellen. Zumal ich ja gestern noch mit ihm telefoniert habe

und wir über diese Schrottkarre, die meine Mutter Auto nennt

und mit der ich mich durch Tübingen quäle, gelästert haben.

Wie gesagt, ich glaub nicht an einen Selbstmord.« Lena schüt-

telte ihren Kopf, klammerte sich an die Wut auf ihre Stief-

familie. Wut war schon immer ein gutes Mittel gegen Trauer

gewesen. Nachdem ihr erster Stiefvater gestorben war, hatten

die Wut und der Hass auf ihn und alles, was er ihr angetan

hatte, ihr dabei geholfen, die Beerdigung und die Begegnungen

mit ihrer damaligen Stieffamilie zu überstehen. Und auch dieses

Mal würde sie sich an ihrer Wut festhalten, um ihrer Mutter

aufrecht und stark durch die schwierige Zeit zu helfen, auch

wenn sie sich am liebsten ins Bett legen und dort zusammen-

rollen würde, um weinend über den Verlust des einzigen Men-

schen zu trauern, der immer an sie geglaubt und sie so akzep-

tiert hatte, wie sie war, ohne sie verbiegen oder versucht hatte,

über ihr Leben zu bestimmen, damit sie den Vorstellungen und

Wünschen anderer entsprach. Auch wenn Fuzzy nur acht Jahre

Teil ihres Lebens gewesen war, so hatte er ihre Mutter glücklich

gemacht und wieder die Hoffnung auf eine glückliche Familie

in ihr geweckt. Lena lächelte traurig, als sie daran dachte. Sie

war ihm gegenüber anfangs zwar skeptisch gewesen, aber es

hatte nicht lange gedauert, da hatte sie ihn als Vater akzeptiert.

Als den Vater, den sie nie gehabt, sich aber immer gewünscht

hatte. Nun fand sie sich wieder am Anfang: ohne Vater, ihre

Mutter am Ende und allein. Lena schüttelte ihren Kopf. Das

war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um sich in Selbstmitleid

zu suhlen und sich darin gehen zu lassen. Jetzt galt es, sich um

ihre Mutter zu kümmern. Lena war nicht bereit, ihre Mutter zu

verlieren. Weder an den Wahnsinn noch an den Tod, und wenn

sie selbst schon von Fuzzys Tod aus der Bahn geworfen wurde,

wollte sie sich nicht ausmalen, wie es ihrer Mutter erging.

»Was mach ich jetzt? Was mach ich denn jetzt nur?«,

murmelte sie und fuhr sich durch die Haare. Als ihre Fin-

ger auf Widerstand trafen und sie die verfilzten Knoten mit

Gewalt löste, entwich ihr ein Wimmern. Unschlüssig, wie es

weitergehen sollte, was sie machen sollte, setzte sie sich an

ihren PC und starrte den schwarzen Bildschirm an. »Ich kann

heut Abend nicht arbeiten. Wie soll ich das schaffen?« Sie barg

ihr Gesicht in den Händen, rang um Fassung. Etwas ruckelte

über den Schreibtisch. Ihr Handy robbte leuchtend über die

Tischplatte. Lena verfluchte die Schutzhülle mit den Konturen,

die jede Nachricht bei Vibrationsalarm zu einem Spektakel

machte. Neugierig, aber auch genervt und wenig begeistert las

sie die Nachricht und seufzte., Natürlich konnte keiner ihrer...

Erscheint lt. Verlag 24.9.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Partnerschaft / Sexualität
Kinder- / Jugendbuch
ISBN-10 3-945814-18-9 / 3945814189
ISBN-13 978-3-945814-18-5 / 9783945814185
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 2,6 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Natürliche Familienplanung mit Sensiplan. Das Praxisbuch

von Malteser Deutschland gGmbH

eBook Download (2021)
Trias (Verlag)
19,99