Dorian Hunter 13 - Horror-Serie (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-7669-2 (ISBN)
DER KOPFJÄGER
von Neal Davenport
Vergebens versuchte Pierre Gormat, den Kopf zu bewegen. Er konnte sich nicht erklären, weshalb er seinen Körper nicht spürte.
Vor seinem Bett stand eine kleine Frau, deren blauer Morgenrock offenstand. Ihr Haar war zerzaust. »Ich bin Madelaine Dupont. Sie haben mich eingesperrt, aber ich konnte die Schwester ausschalten. Ich will fliehen. Kommen Sie mit?«
»Ich kann mich nicht bewegen.«
»Ach was!«, sagte sie. »Ich wette, Sie sind überhaupt nicht verletzt.« Sie riss die Bettdecke zurück und erstarrte.
Pierre Gormat hatte keinen Körper mehr.
Die unberechtigten Anschuldigen des Secret Service haben Spuren hinterlassen: Dorian Hunter beschließt, seinen Kampf allein fortzusetzen. Auf Umwegen und ohne Wissen der Inquisitionsabteilung begibt er sich nach Paris, um den letzten seiner Brüder zu stellen - Fredric de Buer ...
1. Kapitel
Wir verließen das Flughafengebäude. Das Wetter war scheußlich, der Himmel grau, und es nieselte leicht. Vor einem beigen Morris blieb Capote stehen. Ich setzte mich in den Fond des Wagens und stellte den Koffer neben mich auf den Sitz.
»Sind Sie informiert, worum es geht, Mr. Capote?«, fragte ich.
Der kleine Mann schüttelte den Kopf und glitt hinters Steuer. Er startete und fuhr sanft an.
»Nein, Sir«, sagte er bedauernd. »Ich kann Ihnen leider nichts sagen. Ich soll Sie nur ganz dringend zum O. I. bringen.«
Ich nickte. Trevor Sullivan tat immer so geheimnisvoll. Trotzdem hatte ich kein gutes Gefühl. Man würde mir sicherlich einen Haufen Vorwürfe machen – berechtigterweise, wie ich grimmig zugeben musste. Ich war einfach aus London verschwunden und nach Wien geflogen, ohne dem Secret Service oder Coco Bescheid zu geben. Sicherlich wusste der O. I. bereits über die Geschehnisse in Wien Bescheid. Und vor allem Coco. Bei dem Gedanken an sie krampfte sich mein Herz zusammen. Ich hatte ein wenig Angst vor dem Zusammentreffen mit ihr. Sie musste annehmen, dass ich am Tod ihrer Familie die Hauptschuld trug; dabei hatte ich nichts damit zu tun.
Ich blickte auf die Uhr. Es war kurz nach siebzehn Uhr. Der Regen wurde stärker, und das monotone Geräusch der Scheibenwischer machte mich schläfrig. Ich schloss die Augen.
Irgendwie musste ich eingenickt sein. Als ich die Augen wieder aufschlug, befanden wir uns in einer Gegend von London, in der ich noch nie zuvor gewesen war. Ich starrte verwundert aus dem Fenster. Es hatte zu regnen aufgehört. Der Himmel war dunkelblau.
»Wo sind wir?«, fragte ich überrascht.
»In der High Lane, Brentham«, sagte Capote. »Links liegt der Brent-Golf-Platz.«
Ich nickte. »Wohin bringen Sie mich, Capote?«
»In die Manor Court Road, Sir«, sagte er.
Irgendetwas stimmte nicht. Ich war schläfrig, und mein Hirn war wie gelähmt. Ich starrte durch die Windschutzscheibe. Sie war staubtrocken; ebenso die Straße. Keine Spur, dass es vor kurzer Zeit noch geregnet hatte.
Capote erreichte die Church Road, verlangsamte das Tempo und bog in die Manor Court Road ein. Es war eine schmale Straße. Links und rechts lagen großzügig angelegte Gärten; zweifelsohne eine Gegend, in der keine armen Leute wohnten. Vor einem mit einem schmiedeeisernen Gitter umgebenen Grundstück hielt er an.
»Hier erwartet Sie der O. I.«
Vom Haus konnte ich nicht viel erkennen. Sträucher und Bäume versperrten die Sicht. Capote stieg aus und öffnete die Tür. Ich kroch aus dem Wagen und blickte mich um. Capote hatte den Wagen zwischen einem Cadillac und einem Rover geparkt. Es stand noch ein ganzer Haufen sündhaft teurer Wagen auf der Straße, doch kein Mensch war zu sehen. Ich hörte Vogelgezwitscher, und betäubender Rosenduft lag in der Luft.
»Das Tor ist offen, Sir. Ich werde hier auf Sie warten.«
Meine Schläfen fingen zu pochen an. Ich blickte in Capotes lächelndes Gesicht. Irgendetwas stimmt nicht, dachte ich wieder und schüttelte den Kopf, doch der Nebel wollte nicht verschwinden; jeder Gedanke fiel mir schwer.
Ich öffnete das Gartentor. Ein weißer Kiesweg führte zum Haus. Der Garten musste von einem Künstler angelegt worden sein. Das Haus selbst war ein merkwürdiger Bau: ganz aus Glas und Beton. Die tiefstehende Sonne spiegelte sich in den riesigen Scheiben.
Der Kies knirschte unter meinen Füßen. Ich ging langsam aufs Haus zu. Rasensprenger waren angestellt. Ich stutzte. Als wir London überflogen hatten, war die Stadt von düsteren, grauen Wolken bedeckt gewesen, und inzwischen hatte es geregnet. Doch der Kies war staubtrocken. Ich wandte mich um. Vom beigen Morris und Capote war nichts mehr zusehen. Ich lief zur Straße zurück, aber Capote blieb verschwunden. Einige Sekunden überlegte ich, was ich tun sollte, dann hob ich die Schultern und ging wieder den Weg zum Haus entlang. Ich ging ziemlich rasch. Vom Sonnenlicht geblendet, kniff ich die Augen zusammen. Je näher ich dem Haus kam, umso stärker wurde das Hämmern in meinem Schädel. Ich hatte dröhnende Kopfschmerzen. Meine Stirn war schweißbedeckt. Ich wollte meine Schritte verlangsamen, aber etwas trieb mich weiter. Ich schwitzte noch stärker, als ich das Haus erreichte. Die Tür stand offen. Ich musste drei Stufen hochsteigen. Dann wurde es schwarz vor meinen Augen.
Ich tauchte aus unergründlichen Tiefen empor. Die Kopfschmerzen waren weg. Dunkelheit lastete um mich, doch durch eine halb offenstehende Tür fiel Licht. Langsam gewöhnten sich meine Augen an das Dämmerlicht. Ich stand in einem Raum, den ich nie zuvor gesehen hatte. Die Wände waren schräg, den Boden bedeckte ein dicker Hochflorteppich. Undeutlich erkannte ich eine Sitzgarnitur und einige kleine Tischchen, auf denen Gläser und Aschenbecher standen.
Ganz langsam kehrte meine Erinnerung zurück. Zögernd machte ich zwei Schritte. Völlige Stille umgab mich. Ich erreichte die Tür und bemerkte, dass ich etwas in der rechten Hand hielt. Ich betrachtete den Gegenstand und schüttelte den Kopf. Meine Hand umklammerte ein riesiges Krummschwert. Die Klinge funkelte. Ich sah sie näher an. Sie war mit Blut befleckt. Überrascht starrte ich auf meine Hände; das Schwert entglitt meinen Fingern. Meine Hände waren ebenfalls voller Blut. Auch mein Anzug war blutbespritzt.
Ich hörte eine Tür zufallen und zuckte erschrocken zusammen.
»Hunter!«, rief eine Stimme. Es war Steve Powell, einer der jüngeren Exekutor Inquisitoren, die mir unterstellt waren.
»Hier bin ich!«, schrie ich.
Schritte kamen näher, und die Tür wurde aufgerissen. Powells roter Schopf tauchte im Rahmen auf. Seine Augen weiteten sich, als er mich sah. Fassungslos starrte er auf das blutbesudelte Schwert. Langsam trat er einen Schritt zurück. In der rechten Hand hielt er eine entsicherte Pistole.
»Was ist los?«, fragte er.
»Das frage ich mich auch«, sagte ich grimmig. »Wo ist der O. I.?«
»In seinem Büro«, sagte Powell verwundert. Er blickte mich misstrauisch an. »Sie haben uns angerufen, Mr. Hunter. Wir sollten ganz dringend hierherkommen.«
»Ich habe niemanden angerufen«, sagte ich.
»Steve!«, brüllte jetzt eine Stimme. Ich kannte sie ebenfalls. Sie gehörte Marvin Cohen, einem anderen meiner Agenten.
»Hier!«, rief Powell.
Cohen tauchte in der Tür auf. Sein Gesicht war bleich. Er starrte mich mit zusammengepressten Lippen an und hob die Pistole.
»Bewegen Sie sich nicht, Hunter!«, sagte er.
»Was soll der Unsinn?«, fragte ich wütend. »Ich möchte …«
»Ich bin ja nicht gerade zartbesaitet«, sagte Cohen, »aber das, was Sie in diesem Haus anrichteten, das geht zu weit. Sie müssen verrückt geworden sein.«
»Ich verstehe kein Wort«, sagte ich und trat näher.
»Stehenbleiben!«, schrie Cohen. Die Mündung der Waffe war auf meinen Bauch gerichtet. »Einen Schritt noch, und ich schieße.«
»Ich bin Ihr Vorgesetzter!«, brüllte ich. »Ich dulde es nicht, dass Sie in so einem Ton mit mir sprechen. Ich werde …«
»Sie werden gar nichts«, sagte Cohen bestimmt.
»Das wird Sie teuer zu stehen kommen, Cohen«, keuchte ich.
»Abwarten!«, sagte er. »Steve, ruf den O. I. an! Er soll sich die Schweinerei mit eigenen Augen ansehen, die Hunter da veranstaltet hat.«
Steve blickte Cohen an und wandte sich schließlich unsicher an mich.
»Was soll ich tun, Mr. Hunter?«, fragte er.
»Nachdem Cohen anscheinend übergeschnappt ist«, sagte ich, »folgen Sie einfach seinem Befehl.«
Kopfschüttelnd verließ Powell das Zimmer.
»Wollen Sie mir nicht endlich erklären, was das alles zu bedeuten hat, Cohen?«
Er lachte höhnisch. »Da gibt es nicht viel zu erklären. Sehen Sie sich doch an! Ihr Anzug und die Hände sind blutbesudelt. Dazu das Schwert! Ich habe ja schon einiges gesehen, aber das schlägt dem Fass den Boden aus. Der O. I. wird toben, wenn er die Sauerei sieht.«
Ich atmete einmal tief durch. »Können wir uns nicht wie normale Menschen unterhalten?«, fragte ich.
Er gab keine Antwort.
»Ich bin heute in London angekommen«, sagte ich. »Noch auf dem Flughafen wurde ich von einem Agenten namens Turan Capote abgeholt, der mich hierher brachte und mir sagte, dass mich der O. I. erwarte.«
»Unsinn!«, schnaubte Cohen. »Vor einer halben Stunde haben Sie bei uns in der Baring Road angerufen. Ihre Stimme ist während des Gesprächs fast übergeschnappt. Sie sagten, dass wir sofort hierher kommen sollten, Sie wären einer ganz großen Sache auf der Spur. Steve und ich sind wie die Wahnsinnigen gefahren. Wir haben das Haus durchsucht, und da sah ich es. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, so etwas hätte ich nie für möglich gehalten. Sie sind kein Mensch mehr, Hunter. Sie sind ein Monster, ein Ungeheuer!«
»So hören Sie mir doch zu!«, schrie ich ungehalten. »Ich habe keine Ahnung, was hier gespielt wird. Was haben Sie entdeckt?«
»Spielen Sie nicht den Naiven!«, rief Cohen entrüstet.
Powell trat ins Zimmer. »Ich habe den O. I. verständigt«, teilte er mit. »Er kommt sofort. Was ist los? Warum bedrohst du Hunter?«
»Geh in die Diele!«, sagte Cohen. »Die zweite Tür links. Aber blick nur kurz ins Zimmer! Du wirst den Anblick nicht ertragen.«
Steve entfernte sich.
»Was ist in diesem Zimmer, Cohen?«
»Sie wollen mich wohl für dumm verkaufen, Hunter, was?« Wir blickten uns böse an. »Wohl in...
Erscheint lt. Verlag | 26.2.2019 |
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Reihe/Serie | Dorian Hunter - Horror-Serie |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7325-7669-8 / 3732576698 |
ISBN-13 | 978-3-7325-7669-2 / 9783732576692 |
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