Seductio - Von Monden erwählt (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
404 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98423-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Seductio - Von Monden erwählt -  Regina Meißner
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Von Dunkelheit umgeben. Im Mondlicht erwählt. Nachdem sich das Tor zu Embonis geöffnet hat und die Schatten in die menschliche Welt geflohen sind, arbeiten Ivory, Kil und Lenidas zusammen.  Eine mysteriöse Karte bringt die Freunde zurück in das Decessarenreich, wo alte Geheimnisse gelüftet werden. In den Wäldern Embonis finden sich Ivory und Kil auf einer gefährlichen Schatzsuche wieder. Um ihren Fehler gut zu machen, tut Ivory alles. Dafür muss sie sich jedoch mit Kil verbünden. Ihre gemeinsame Zeit gehört der Vergangenheit an, doch alte Wunden wiegen schwer. Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, Versprechen werden gebrochen und neue Freundschaften geschlossen. Doch der wahre Feind thront oben am Himmel. 'Seductio - Von Monden erwählt' ist der dritte Teil der Seductio-Trilogie und eine überarbeitete Neuausgabe des unter dem selben Titel bereits im Selfpublishing erschienen Werkes.

Regina Meißner wurde im März 1993 in einer Kleinstadt in Hessen geboren, in der sie noch heute lebt. Nach dem Abitur hat sie im Jahr 2012 ein Studium in den Fächern Germanistik und Anglistik begonnen. Neben dem Schreiben liest und fotografiert sie sehr gern. Außerdem ist sie als Bloggerin unterwegs und mag es, Zeit mit ihrem Dackel im Wald zu verbringen.

Kapitel eins


Mathematisch gesehen verstand man unter dem Begriff einer Strecke eine beidseitig begrenzte Linie, also etwas, das über einen bestimmbaren Anfang und ein ebenso definierbares Ende verfügte. Genau so hatte ich mein Leben immer betrachtet. Der Tag, an dem ich von den Schatten erfahren hatte, stellte auch den Beginn meiner Flucht dar. Das Ende sollte der Tag sein, an dem mir der Triumph über die Decessaren gelang und ich als Sieger aus meinem Krieg herausging. So hatte meine Vorstellung ausgesehen, zumindest optimistisch betrachtet. Natürlich konnte es auch sein, dass die Schatten über mich triumphierten und mich jahrelang als ihre Geisel hielten. Beide Phänomene waren möglich – wenn auch nicht von gleicher Wahrscheinlichkeit. Dennoch hatte ich mir so oder so mein Leben immer vorgestellt. Aber die Situation, in der ich mich nun befand, hatte nichts mit dem Beschriebenen gemein. Ich war gefangen zwischen der Chance, etwas richtig zu machen, und der Gefahr, alles noch zu verschlimmern. Ich hatte mich mit zwei Wesen verbündet, die offiziell als meine Feinde galten. Trotzdem war es mir gelungen, mich in einen von ihnen zu verlieben. Doch unsere kurze Allianz lag mittlerweile ein gefühltes Leben zurück – und außer einem tauben Loch in meiner Brust war nicht viel davon übrig geblieben.

Ich wusste nicht, was ich von all dem halten sollte. Wusste nicht, wie ich mich benehmen musste, wusste nicht, was ich fühlen durfte und was nicht. Mein Kopf glich einem Nirwana – mein Herz ein stummer Muskel, der nur beim Gedanken an meine Tante sich noch zu Wort meldete. Meine Bewegungen schienen mechanisch – ich tat, was man mir sagte.

Vielleicht war in viel zu kurzer Zeit einfach viel zu viel geschehen.

»Ivory?«

Lynns Stimme drang zu mir herüber – zaghaft, wie in letzter Zeit so oft. Ich sah, dass sie ihre Hand hob. Vielleicht, um sie mir beruhigend auf die Schulter zu legen. Vielleicht, um mir Nähe zu spenden. Was auch immer sie vorhatte, sie ließ es sein, als ich mich vom Fenster wegdrehte und sie mit einem müden Blick bedachte.

»Sie sind schon eine ganze Weile fort. Langsam mache ich mir Gedanken.«

Es dauerte eine Weile, bis ich den Sinn hinter Lynns Worten ausmachte. Kilian und Lenidas. Das waren die beiden, von denen sie sprach. Langsam nickte ich.

»Sie sind immer wiedergekommen«, erwiderte ich lethargisch und steuerte den grünen Sessel an, der seit Neuestem im Hotelzimmer stand, um bei Krisensituationen den fehlenden vierten Sitzplatz zu bieten. Zumindest für die Gespräche, bei denen Lynn anwesend sein durfte. Seufzend ließ ich mich auf das harte Polster sinken und fuhr mir durch die Haare. Ich sollte sie dringend waschen – und nicht nur das: Mein ganzer Körper war schmutzig; seit vielen Tagen hatte ich nicht mehr geduscht.

»Sollen wir sie mal anrufen?«, kam es von Lynn, die sich einen Stuhl genommen hatte und nun mir gegenübersaß. Aus den Augenwinkeln nahm ich ihre angespannte Haltung wahr; die Ader auf ihrer Stirn pulsierte verräterisch und ihre Wangen waren etwas röter als sonst. Nervös legte sie die Beine übereinander und sah mich an.

»Das ist nicht nötig«, sagte ich leise. »Sie haben uns selbst gesagt, dass es dieses Mal länger dauern wird.«

Länger. Ein sehr dehnbares Wort.

Mir kam die Zeit, die ich in diesem Zimmer verbringen musste, mittlerweile wie eine Ewigkeit vor. Ich tat nicht viel mehr als schlafen, essen, warten und mit Lynn zu reden. Kil und Lenidas waren dauernd unterwegs, vertrösteten mich mit Ausreden und schauten ab und zu, ob ich noch anwesend war. Wahrscheinlich hätte ich ihnen sagen können, dass das nicht nötig war – ich hatte nicht vor, wegzulaufen. Ich konnte niemanden mehr retten, weil es dafür zu spät war. Ich konnte die Vereinigung nicht rückgängig machen, das Tor nicht schließen, weil bereits alle Schatten aus Embonis geflohen waren und es sich in unserer Welt gemütlich gemacht hatten. Es gab nichts mehr, was ich hätte ändern können, weswegen ich meine Tage in dem tristen Hotelzimmer fristete, die Decke anstarrte und nicht wusste, worauf ich wartete.

»Lynn, du kannst nach Hause fliegen«, meinte ich müde.

»Wir haben doch schon darüber geredet, Ivy«, beharrte sie – wie immer. Seufzend sah ich sie an.

»Ich weiß ja nicht einmal selbst, wie es weitergehen wird. Seit zwei Wochen verharren wir in diesem Zimmer und haben keine Ahnung, was kommen wird. Das musst du dir nicht antun. Selbst Kil und Lenidas haben gesagt …«

»Mir ist es egal, was sie gesagt haben. Ich möchte bei euch bleiben.« Mit Nachdruck in der Stimme sah sie mich an.

»Ivy, ich möchte dir eine Freundin sein. Vielleicht willst du es dir nicht eingestehen, aber du brauchst mich jetzt.« Sie streckte ihre Hand nach meiner aus, aber ich ergriff sie nicht.

»Ich will nicht, dass dein Vater sich Gedanken macht.«

»Das haben wir doch schon besprochen.« Lynn setzte sich aufrecht hin. »Ich melde mich regelmäßig bei ihm, habe ihm gesagt, dass ich einfach ein bisschen Zeit für mich brauche. Es gefällt ihm, dass ich mit einer Freundin unterwegs bin. Nach dem Tod meiner Mutter hatte ich eine schlimme Phase, aber jetzt weiß er, dass er mir wieder vertrauen kann.«

»Die Schule …«, startete ich einen letzten, kläglichen Versuch.

»Was bringen mir mathematische Formeln, wenn unsere Welt bald von Schatten bevölkert sein wird?«

Sie hatte es als Scherz formuliert, Schalk haftete ihren Zügen an. Und doch war es genau dieser Satz, der mein totes Herz zum Klopfen brachte. Wann immer jemand die Problematik beim Namen nannte, die Wahrheit ungeniert aussprach, kehrte Leben in mich zurück. Aber nicht die Sorte von Lebendigkeit, die erfüllte und glücklich machte, sondern die, die in ihrer dunkelsten Form auftrat.

»Tut mir leid, Ivy«, meinte Lynn sofort und presste sich die Hand vor den Mund. Mitgefühl zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Ich schüttelte den Kopf.

»Alles in Ordnung. Du hast ja recht.«

Damit war unser Gespräch beendet.

Ich starrte auf den Teppich unter mir und wartete, bis sich die Flusen vor meinen Augen auflösten.

 

Sie kamen in der Nacht, als die Stadt bereits am Schlafen war und ein heller, voller Mond oben am Himmel stand. Sie kamen, als sich keine Menschenseele mehr auf der Straße aufhielt und gespenstische Stille uns umgab. Lynn schnarchte friedlich neben mir, aber ich war wach. Wach, seit ein Albtraum mich nass geschwitzt hatte aufschrecken lassen. Stocksteif saß ich seitdem im Bett und hörte dem Schlüssel zu, der sich im Schloss umdrehte. Da ich schon so lange wach war, hatten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Daher sah ich, wie die Klinke langsam, aber bestimmt heruntergedrückt wurde und kurz darauf zwei Gestalten in den Raum huschten. Ich hatte Kil und Lenidas oft genug gesehen, um sie auch aus der Distanz und in der Dämmerung ausmachen zu können. Man musste ihnen zugutehalten, dass sie wenigstens versuchten, keinen Lärm zu machen, und sich wie zwei Schatten in den Raum schlichen. Kurz vergewisserte ich mich davon, dass Lynn noch schlief, dann schwang ich meine Beine aus dem Bett. Ich bemerkte, wie Lenidas ertappt zusammenzuckte. Für einen Moment trafen sich unsere Blicke. Schnell kam ich auf ihn zugeeilt.

»Du bist wach?«, fragte er überflüssigerweise.

Ich nickte. Lenidas’ Gesicht wies tiefe Furchen auf. Er schien um Jahre gealtert zu sein.

»Wir dürfen nicht so laut sein, Lynn schläft«, wisperte ich ihm zu. Mein Blick ruhte auf ihm, bis Kil sich neben ihn stellte.

»Es tut mir leid, dass wir dich so lange haben warten lassen«, sagte er mit professionell kühler Stimme, die mir jedes Mal einen Schauder bereitete.

»Was habt ihr herausgefunden?«, fragte ich, weil ich nicht zulassen wollte, dass sich die Stille wie ein drohendes Gespenst über uns ausbreitete. Die letzten Tage hatte ich in einem so tiefen Schweigen verbracht, dass mir ein Ausbruch auf einmal überdringlich erschien.

»Nicht hier«, erwiderte Kil sofort. Fragend sah er sich im Raum um, bis er am Bett hängen blieb.

»Sie muss nicht alles wissen.«

Auch ich schaute Lynn noch einmal an. Eben war ich mir sicher gewesen, dass sie schlief, aber andererseits hatte sie den Zustand des Schlummers schon so oft vorgetäuscht, dass ich nicht mit Gewissheit davon ausgehen konnte.

»Wenn du schlafen willst, Ivory …«, schaltete sich Lenidas ein, aber ich schüttelte den Kopf.

»Ich habe so lange gewartet. Ich muss endlich wissen, was los ist.«

Kil und sein Bruder tauschten einen Blick, den ich nicht einordnen konnte.

»Na schön. Hier können wir nicht reden«, meinte Kil dann.

»Das Hotel hat einen Gemeinschafts…«, wollte ich ihm zu Hilfe kommen, aber er schüttelte den Kopf.

»Wir setzen uns ins Auto. Das scheint mir der sicherste Platz zu sein.«

Der Gedanke, endlich aus dem Zimmer zu kommen, war befreiend und furchterregend auf dieselbe Weise. Einerseits konnte ich es nicht abwarten, endlich die vier Wände hinter mir zu lassen, andererseits stand mir nicht der Sinn danach, nach draußen in die Kälte zu gehen. Doch wie es schien, blieb mir nichts anderes übrig, denn Kil hatte bereits nach dem Türgriff gefasst und Lenidas rief mir noch zu, dass ich eine Jacke mitnehmen sollte. Ich bat um fünf Minuten, in denen ich mir etwas Vernünftiges anziehen konnte, wartete ihre Zustimmung aber gar nicht erst ab, sondern verschwand im Badezimmer, wo ich meinen Schlafanzug gegen einen schwarzen Pullover und eine dunkle Jeans austauschte. Schnell schlüpfte ich in meine Stiefel und ging zu den Brüdern, die vor der Tür auf mich warteten.

Um diese Uhrzeit brannte nur diffuses Licht in den Gängen des Hotels. Wir...

Erscheint lt. Verlag 4.12.2018
Reihe/Serie Seductio
Seductio
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Amy Ewing • Dystopie • Erin Watt • Historische Romane • Hunger Games • ivory • Liebesromane • Mara Woolf • Märchen • Romantic Fantasy • Romantik • Seductio - Reihe • Trilogie • Young Adult
ISBN-10 3-492-98423-1 / 3492984231
ISBN-13 978-3-492-98423-2 / 9783492984232
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