Das tiefe blaue Meer der Côte d'Azur (eBook)

Der sechste Fall für Kommissar Duval
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
320 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31944-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das tiefe blaue Meer der Côte d'Azur -  Christine Cazon
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Mörderischer Sommer in Cannes - Band 6 der erfolgreichen Krimi-Reihe um Kommissar Léon Duval In seinem sechsten Fall der erfolgreichen Krimiserie ermittelt Kommissar Duval im Herzen der Altstadt von Cannes, dem Suquet. Doch allzu leicht gibt diese scheinbare Idylle ihre Geheimnisse nicht preis, und Duval wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Ein junger Fischer wird tot aufgefunden, vor sich einen Abschiedsbrief an seine Geliebte. Als Duval klar wird, dass es sich bei der Geliebten um Nicky, die Frau seines Dauerfeindes Louis Cosenza handelt, wird er misstrauisch. Was auf den ersten Blick wie Selbstmord aussieht, muss ja vielleicht gar keiner sein, wenn Cosenza seine Finger im Spiel hat. Duval nimmt die Ermittlungen auf, und schnell geraten immer mehr Leute in den Fokus der Polizei. Unter anderem Cosenzas Sohn, aber auch Patrick, ein ehemaliger Skipper aus dem Suquet. Auf unterschiedlichen Pfaden, die so verschlungen sind wie die Gassen des Suquet, nähert sich Duval der Lösung des Falles. Und auch für ihn persönlich gibt es noch Überraschungen: Er erfährt endlich das Geheimnis, das seinen Vater mit Cosenza verband.

Christine Cazon, Jahrgang 1962, hat ihr altes Leben in Deutschland gegen ein neues in Südfrankreich getauscht. Sie lebt mit ihrem Mann und Katze Pepita in Cannes, dem Schauplatz ihrer Krimis mit Kommissar Duval. 

Christine Cazon, Jahrgang 1962, hat ihr altes Leben in Deutschland gegen ein neues in Südfrankreich getauscht. Sie lebt mit ihrem Mann und Katze Pepita in Cannes, dem Schauplatz ihrer Krimis mit Kommissar Duval. 

Inhaltsverzeichnis

2


Die Sonne schien bereits kräftig auf den Balkon und durch die Fensterfront des kleinen Apartments und ließ die verchromten Stühle auf dem Balkon blitzen. Duval nahm die Sonnenbrille ab, beugte sich über die Brüstung und sah zu, wie man die Bahre mit dem Toten durch die engen Sträßchen des Suquets abtransportierte. Der morgendliche Lärm der Stadt drang herauf. Die verschiedenen Dienste der Müllabfuhr arbeiteten sich langsam durch die Straßen vor, gefolgt von den Straßenreinigungsfahrzeugen, die die Straßen mit bestem Trinkwasser reinigten, sodass sie nun in der strahlenden Sonne dampften und kleine Feuchtigkeitswolken abgaben. Auf dem Balkon im dritten Stock spürte man schon die sommerliche Hitze, die auch heute wieder an der gesamten Côte d’Azur herrschen würde. Duval seufzte. Er war bereits erschöpft. Um sechs Uhr morgens hatte das Thermometer schon oder vielleicht auch immer noch knapp 30°C in seiner Wohnung angezeigt. Allerdings waren es gleichzeitig auch draußen bereits 30°C, sodass er die geöffneten Fenster sofort schloss. Die Fensterläden waren im Sommer ohnehin immer geschlossen. Man verbrachte die Tage bei stehenden Temperaturen und im steten Halbdunkel. Ihn erschöpfte diese Hitze, und selbst die Erfrischung vom frühmorgendlichen Schwimmen im Meer hielt nicht lange an. Vielleicht müsste er zu Hause doch eine Klimaanlage einbauen lassen, anstatt nachts die Fenster offen stehen zu lassen, überlegte er zum wiederholten Mal in diesem Sommer. Auf frische Luft wartete er derzeit sowieso vergebens. Nur Moskitos, die wummernden Bässe der Musikveranstaltungen am Strand und der im Sommer unablässige nächtliche Autolärm drangen durch die offenen Fenster in die Wohnung. Er sah sehnsüchtig hinaus aufs Meer. Am hellblauen Himmel war kein einziges Wölkchen zu sehen, und das türkisfarbene Meer kräuselte sich schon leicht vom aufkommenden Wind, den er hier oben nur erahnte. Die ersten weißen Segelschiffe kreuzten bereits vor den Îles des Lérins. Einige Yachten und ein mehrstöckiges Kreuzfahrtschiff lagen ebenfalls in der Bucht, und kleine Fährschiffe transportierten noch immer die Passagiere an Land. Es war wieder einer dieser unglaublich großen Sommertage, deren leuchtendem Blau die Côte d’Azur ihren Namen verdankte.

»Commissaire!«, unterbrach Léa Leroc seine Gedanken, und Duval wandte sich seufzend vom türkisfarbenen Meer ab und seinem mühseligen Polizeialltag zu. Dieser junge gut aussehende Mann, dessen braun gebrannter und muskulöser Körper, einer der plagistes vielleicht, auch leblos noch so kraftvoll wirkte, hatte sich das Leben genommen. Das zumindest besagte der Abschiedsbrief, den man gefunden hatte.

»Ja?«

»Das hier ist ein Ferienapartment, genau wie die beiden anderen im Haus auch. Im Nachbarhaus genau das Gleiche. Sie werden wochenweise vermietet an Touristen oder Kongressteilnehmer. Der Hausbesitzer lebt in Paris und hat das ganze Prozedere einer Agentur übertragen, die sich um die Vermietung, die Sauberkeit und Bettwäsche kümmert.«

»Und weiter?!«

»Die Agentur hat die Betreuung der Apartments weitervergeben an eine junge Frau …«

»Léa«, unterbrach Duval, »ich muss das nicht alles wissen. Wer ist dieser junge Mann? Das will ich wissen!«

»Er heißt Raphaël Picot«, sie hielt ihm den Personalausweis des jungen Mannes in einer Plastikhülle entgegen.

»Raphaël Picot«, wiederholte Duval. »Ein Tourist?! Ein junger Mann ganz allein hier in Urlaub? Ohne Freunde? Ungewöhnlich, oder? Kriegen Sie raus, wer er ist, ob es ihn vielleicht in irgendwelchen Karteien gibt, das interessiert mich. Und wieso er sich im besten Lebensalter erschossen hat, interessiert mich natürlich auch. Er ist, wenn’s hochkommt, dreißig, da erschießt man sich doch nicht wegen einer Frau, oder?«

»Er ist dreiunddreißig«, korrigierte Léa mit Blick auf den Personalausweis, »und er ist in St. Raphaël geboren. Vielleicht heißt er deshalb Raphaël? Vermutlich kein Tourist.« Sie betrachte das Foto. »Es soll Männer geben, die nehmen sich eine Liebesgeschichte zu Herzen. Sind ja nicht alle so drauf wie Villiers«, befand Léa kritisch.

»Hm«, machte Duval halb zustimmend, halb zweifelnd. Er war spät eingetroffen. Man hatte den Toten schon nach unten transportiert, für ihn aber noch einmal den Reißverschluss des Transportsacks geöffnet. Er hatte die sehnigen Unterarme und die breiten, kräftigen Hände voller Hornhaut betrachtet, die, obwohl sauber, dunkle Ränder unter den kurzen Fingernägeln hatten. »Er hat Arbeiterhände. Ein junger Mann, braun gebrannt, muskulös, der offensichtlich mit den Händen arbeitete, und dann bringt er sich einfach so um?«

»Warum denn nicht?«, widersprach Léa. »Vielleicht war er depressiv? Wenn Sie wüssten, wer heute alles depressiv ist! Oder bipolar.« Léa Leroc hatte erst vor kurzem eine Dokumentation über Bipolarität im Fernsehen gesehen, die sie nachhaltig beeindruckt hatte. Außerdem war eine ihrer engeren Freundinnen, vielleicht war sie auch die Freundin, Duval konnte das nur vermuten, denn in all den Jahren hatte Léa nur wenig über ihr Privatleben preisgegeben, diese Freundin war auf jeden Fall Psychologin oder Psychotherapeutin, weshalb Léa immer häufiger ihr Wissen über das Seelenleben der Menschen verbreitete. »In den manischen Phasen sind die Menschen oft überaktiv, fühlen sich kraftvoll, großartig, ›beinahe wie Gott‹, sagte einer der Männer in der Dokumentation, die ich neulich gesehen habe. Und der hat auch mit den Händen gearbeitet, war Schiffbauer oder so was.«

Duval nickte.

»Und von einem auf den anderen Tag bricht diese gefühlte Großartigkeit weg, und man fühlt sich unfähig, all die Projekte, die man eben noch angeleiert hat, auch auszuführen.«

»Ich weiß Léa, Sie haben das schon das eine oder andere Mal ausgeführt.«

Léa schwieg gekränkt.

»Das würde auch diesen dramatischen Abschiedsbrief erklären. Die Angst, diese Situation nicht mehr ertragen zu können, überfiel ihn …«

»Welche Situation, Léa? Darüber wissen wir noch gar nichts. Haben Sie einen Computer gefunden, eines dieser Pads oder tablets im Nachttisch oder ein Mobiltelefon? Das ist doch nicht normal, dass ein junger Mensch nichts davon hat, oder? Wenigstens ein Mobiltelefon!«

Sie schüttelte den Kopf. »Aber er war in den Ferien. Vielleicht wollte er mal eine Auszeit von all dem elektronischen Spielzeug nehmen. Es gibt immer mehr Menschen, die davon abhängig sind und bewusst versuchen, sich eine Zeitlang davon zu lösen. Und vielleicht wollte er Abstand zu seiner unglücklichen Liebe haben, um sie zu überdenken.«

Duval seufzte unhörbar. »Wäre gut zu wissen, wer die Frau ist, die ihn dazu brachte, sich eine Kugel ins Herz zu schießen.«

»Was sagt denn Charpentier? Wenn er überhaupt schon etwas gesagt hat?« Solange der Gerichtsmediziner nicht alles haarklein belegen konnte, ließ er sich nicht zu voreiligen Schlüssen hinreißen.

»Docteur Charpentier ist nicht gegen die Selbstmordtheorie. Eher dafür. Wenn Sie etwas früher gekommen wären, hätten Sie noch, ich meine …« Sie zeigte auf den Schreibtisch, auf dem das eingetrocknete Blut noch sichtbar war.

Duval überhörte die Kritik. »Erzählen Sie’s mir.«

»Also, er saß hier.« Léa zeigte auf den Stuhl. »Er hat wohl noch diesen Brief geschrieben.«

»Der Brief ist eigenartig für einen jungen Mann, finden Sie nicht?«

»Stimmt, klingt altmodisch. Aber es gab einen ersten Entwurf, den er zerknüllt in den Papierkorb geworfen hatte. Er hat also einen Text erarbeitet, könnte man sagen. Der Stift, ein Tintenroller, lag noch offen daneben. Dann hat er sich erschossen und ist nach vorne auf den Tisch gesackt, die Waffe fiel ihm dabei aus der Hand. Eine Beretta, Kaliber 7.65 übrigens.«

»Seine Waffe?«

»Sieht so aus. Wir haben Patronen in einer der Schubladen gefunden. Das ist alles schon auf dem Weg zur PTS. Die haben auch Fingerabdrücke genommen, das Übliche eben.«

Flüssigkeit tropfte zu Boden. Überrascht blickte Duval unter sich und tastete nach seiner Nase. Dann wischte er sich mit einem Papiertaschentuch den Schweiß vom Gesicht. »Diese Hitze macht mich fertig. Es ist unerträglich hier. Kann man nicht die Rollos runterlassen?« Er suchte nach einem Schalter neben der Fensterfront. »Oder gibt’s eine Klimaanlage? Die machen doch heute keine Ferienwohnung mehr ohne Klimaanlage.«

Léa drückte auf einen Schalter neben der Tür, und augenblicklich sprang leicht summend ein Kasten über der Tür an und blies kühle Luft in den Raum.

Duval betrachtete interessiert den Apparat über der Tür. »Ich war bislang immer gegen Klimaanlagen«, sagte er und stellte sich in die Nähe des Luftzugs, »das ist eines dieser reversiblen Dinger, oder? Im Winter Heizung, im Sommer Klimaanlage? Haben Sie Erfahrung damit?« Duval sah Léa an, die kritisch die Augenbrauen hochzog. »Was ist los, Léa?! Bin ich Ihnen zu pragmatisch?«, fragte er. »Der Sommer dieses Jahr bringt mich um«, fügte er entschuldigend hinzu.

Léa, die sich bemüht hatte, ihren kritischen Blick zu entschärfen, musste jetzt wider Willen lachen: »Da gibt’s doch einen Film, der so heißt, oder?«

»Ach wirklich?«, tat Duval überrascht. »›Der Sommer, der mich umbrachte‹?«

»Nein, Mörderischer Sommer, das ist doch ein alter Film mit Isabelle Adjani, oder?«

»Ah, die schöne Isabelle Adjani«, seufzte Duval und sah Léa Leroc verschmitzt an. »Sie waren doch noch nicht mal geboren, als der Film rauskam, oder? Ich war ja selbst...

Erscheint lt. Verlag 7.3.2019
Reihe/Serie Kommissar Duval ermittelt
Kommissar Duval ermittelt
Kommissar Duval ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 6. Band • Alain Delon • Altstadt-Suquet • Bestseller • Cannes • Cannes Altstadt • Cazon Krimi-Reihe • Cote d Azur • Duval sechster Fall • Fischer • frankreich-krimi • Frankreich Urlaub • Kommissar Duval • Krimi Cote d'Azur • Krimi für Frankreich Urlaub • Krimi-Reihe • Mord • Südfrankreich-Krimi • Suquet • Urlaubskrimi
ISBN-10 3-462-31944-2 / 3462319442
ISBN-13 978-3-462-31944-6 / 9783462319446
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