GIER - Wie weit würdest du gehen? (eBook)
448 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-21517-0 (ISBN)
Ein rasanter Thriller, der den Finger auf den wunden Punkt unserer Gesellschaft legt, vom »Meister der düsteren Vision.« ZDF
»Stoppt die Gier!«, rufen sie und »Mehr Gerechtigkeit!«. Auf der ganzen Welt sind die Menschen in Aufruhr. Bei einem Sondergipfel in Berlin will man Lösungen finden.
Der renommierte Nobelpreisträger Herbert Thompson soll eine Rede halten, die die Welt verändern könnte, denn angeblich hat er die Formel gefunden, mit der Wohlstand für alle möglich ist. Doch dazu wird er nicht mehr kommen. Bei einem Autounfall sterben Thompson und sein Assistent - aber es gibt einen Zeugen, der weiß, dass es Mord war, und der hineingezogen wird in ein gefährliches Spiel. Jan Wutte will wissen, was hinter der Formel steckt, aber die Mörder sind ihm dicht auf den Fersen ...
»Eine rasante Flucht durch die Berliner Hausbesetzer-Szene und Nobelhotels hält den Leser über 448 Seiten in Atem. Die komplexe Wirtschaftstheorie der britischen Wissenschaftler hat Elsberg dafür in eine simple Bauernfabel verpackt.« Deutschlandfunk Kultur
Lesen Sie auch den aktuellen Thriller von Marc Elsberg: °C - Celsius! Ein Klimathriller, der alles auf den Kopf stellt.
Außerdem erhätlich:
BLACKOUT. Morgen ist es zu spät. Auch als Premiumausgabe - mit einer exklusiven Kurzgeschichte von Marc Elsberg und weiteren Extras!
ZERO. Sie wissen, was du tust.
HELIX: Sie werden uns ersetzen.
Der Fall des Präsidenten
MARC ELSBERG wurde 1967 in Wien geboren. Er war Strategieberater und Kreativdirektor für Werbung in Wien und Hamburg sowie Kolumnist der österreichischen Tageszeitung »Der Standard«. Heute lebt und arbeitet er in Wien. Mit seinem internationalen Erfolgsroman BLACKOUT etablierte er sich als Meister des Science-Thrillers. Seitdem ist jedes seiner Bücher ein Bestseller und er ein gefragter Gesprächspartner für Politik und Wirtschaft.
8
Vor Jörn Schesta inspizierten Feuerwehrmänner in schwerem Brandschutz das rauchende Autogerippe und die verkohlten Reste der Insassen. Hinter ihm hielten seine Kollegen mindestens fünf Dutzend Schaulustiger an den Flatterbändern zurück.
Ein Stück weiter vorn klappte ein Notarzt seinen Koffer zu. In seinem Rücken reckten die Gaffer die leuchtenden Bildschirme ihrer Mobiltelefone in die Luft. Wie auf einem Pop-Konzert. Mistkerle!
Entlang der Straße reihte sich eine Kolonne zwölf verschiedener Einsatzfahrzeuge. Zwei Löschzüge der Feuerwehr, noch ein kleinerer der Roten, drei Rettungswagen, Polizei in verschiedenen Varianten.
»Haben wir gerade noch gebraucht, was?«, sagte Jörn zum Chef der Feuerwehr. Dessen Gesicht war vom Ruß so schwarz wie sein gewaltiger Schnurrbart. Er sah aus wie Jörns Lieblings-Videospielfigur aus Kindertagen. Machte ihn sofort sympathisch. Statt der blauen Latzhose trug dieser hier einen dicken roten Overall. »Als ob wir nicht schon genug Stress hätten.«
Brand-Mario schob den Helm in den Nacken.
»Irgendwo brennt es immer«, meinte er lakonisch.
»Mussten Sie schon zu den Demos?«, fragte Jörn. Gemeinsamkeit unter Blaulichtlern herstellen.
Der Feuerwehrchef nickte.
»Aber noch nichts Schlimmes«, sagte er.
Jörn warf einen Blick über die Schulter des Mannes, auf das Wrack. Nicht schön.
»Schon eine Idee, was hier passiert ist?«,
»Sieht klassisch aus. Fahrer verliert die Kontrolle, prallt gegen Bäume, aus.«
Von den Leichen zwischen dem verkeilten, von schmutzigen Schaumresten bedeckten Blech sah Jörn kaum etwas.
»Waren sie sofort tot?«
»Wird die Gerichtsmedizin feststellen.«
»Das war ein modernes Auto. Brennt das so einfach?«
Brand-Mario zuckte mit den Schultern.
»Nicht so einfach. Aber der hier flog ein paar Meter durch die Luft. Muss ein ganz schönes Tempo gehabt haben für die Stadt. Da werden Kräfte frei. Der Tank kann platzen. Das Metall der Karosserie schlägt beim Aufprall ein paar Funken … und – wumm! Kann passieren, wenn’s blöd läuft.« Er wandte sich dem Wrack zu. Betrachtete es andächtig, fast wie ein Kunstwerk. »Jetzt, wo Sie es sagen … Die Brandfläche könnte etwas anders aussehen, wenn er gleich beim Aufprall explodierte. Unregelmäßiger … es sei denn …«
Jörn zügelte seine Neugier und blieb still. Ließ Brand-Mario untersuchen, nachdenken, Schlüsse ziehen.
»… es sei denn, er lag noch kurz da, und das Benzin sickerte nur aus dem Tank, bevor alles in die Luft flog. Und dort«, er ging ein paar Schritte zur Seite, zeigte auf Glassplitter. »Die hier stammen von keinem Auto. Sondern von einer Flasche.«
»Sie meinen, ein Molotowcocktail?!«
»Waren zum Unfallzeitpunkt Demonstrationen in der Nähe?«
»Ein paar hundert Meter weiter«, sagte Jörn.
»Dann sind die Splitter wohl simpler Müll, den irgendjemand hier liegen gelassen hat.«
»Was hätte das Benzin entzündet, wenn es keine Funken von der Karosserie waren? Wenn der Wagen da schon ruhig gelegen hat?«
Sein Blick wanderte zu dem angeblichen Zeugen, der bei den Kollegen seine Aussage machte.
»Werden wir herausfinden«, sagte Brand-Mario.
»Wann?«
»Heute? Morgen? In einer Woche? Wie Sie sagten: Gerade sollten wir wahrscheinlich woanders sein.«
»Das sollten wir immer.«
»Wie wahr.«
Hinter sich hörte Jörn eilige Schritte. Zwei Polizisten kamen rasch auf ihn zu. Einer hielt sein leuchtendes Handy.
»Das Kennzeichen ist identifiziert«, sagte er zu Jörn.
»Bis später«, sagte Jörn zu dem Feuerwehrkommandanten und wandte sich den Kollegen zu.
»Es gehört zum Wagen eines Limousinenservices«, erklärte der Polizist. »Er war heute Abend für einen Gipfelteilnehmer gebucht.«
Jeder von ihnen stöhnte auf.
»Hoffentlich kein hohes Tier«, sagte Jörn.
»Ein gewisser Herbert Thompson«, erklärte der Kollege. »Wirtschaftsnobelpreisträger.«
Verflucht!
Jack war mit dem Rover weitergefahren und wartete in einer der Seitenstraßen beim Brandenburger Tor. El und Sam hielten sich im Hintergrund. Sorgfältig achteten sie darauf, nicht vor die Linsen der Schaulustigen zu kommen. Ihre Schirmkappen hatten sie tief in die Stirn gezogen, falls es doch passierte.
El interessierte nur der Samariter. Auf dem Rückweg hatte er sein Fahrrad aufgehoben und mitgenommen. Jetzt stand es ordentlich auf seinen Ständer gestützt neben ihm. Seit einigen Minuten redete er mit zwei Polizisten. Gestikulierte, zeigte. Er hatte eine sehr sprechende Gestik. Gerade zog sein Arm einen Bogen durch die Luft von der Straße zu den Bäumen. So war der Wagen geflogen! El konnte sich jedes Wort ausmalen. Sicher erzählte er gleich, wie er helfen wollte. Wie dann die bösen Typen gekommen waren, die ihm ans Leder wollten und den Wagen anzündeten. El sah die Polizisten nicken. Ihre Gesichter sagten ihm mehr, als der Samariter in seiner Aufregung wohl wahrnahm. Skepsis. Gerunzelte Stirn. Gut so.
»Die Tasche?«, fragte El.
Bell trug sie noch immer, als wäre sie seine eigene. Wobei sie unter dem muskelbepackten Arm des Einmeterneunzig-Kerls wie ein Puppenspielzeug wirkte. Die Wunde in seiner Hand hatte er mit zwei dicken Pflastern provisorisch verarztet.
Bell öffnete die Tasche, El kramte. Fand eine schmale Geldbörse, zwei Stifte, die Schlüsselkarte von Thompsons Hotel, einen Schreibblock. Flippte hastig durch. Leere Blätter. Eine Mappe mit losen Karteikarten im A5-Format. Dünner Karton, wie sich herausstellte. Auf dem ersten stand in englischer Sprache »Sehr geehrte Damen und Herren, Exzellenzen …« und noch mehr Titel – eine Begrüßung. Das musste es sein. Er überflog noch ein paar Karten. Ja. Kurzer Blick zu dem Samariter. Redete immer noch mit den Polizisten. Weiter mit der Tasche. Ein dicker Stapel gebundener A4-Papiere, auf dem Deckblatt eine Überschrift. Wealth Economics. By Herbert Thompson and Will Cantor. Ein USB-Stick. Wer verwendete denn noch so etwas? Ein loses A4-Blatt, dicht vollgeschrieben mit winziger, krakeliger Schrift, die El kaum entziffern konnte.
Während sein Blick wieder den Samariter checkte, streckte er Bell die Hand entgegen wie ein Chirurg während einer Operation.
»Kuvert.«
Bell reichte ihm den bereitgehaltenen Umschlag.
El verstaute die Mappe mit den Karteikarten, den dicken gebundenen Stapel, das vollgekritzelte Blatt Papier und den USB-Stick darin. Zog das Schutzband vom Klebestreifen und verschloss die Lasche. Übergab das Päckchen an Sam.
»Du weißt Bescheid.«
Sam zog ab.
»A-Ge anrufen«, befahl er seinem Headset. Die Augen wieder auf den Samariter.
Am anderen Ende meldete sich die Stimme des Auftraggebers. Im Hintergrund hörte El Stimmengewirr von vielen Menschen.
»Zielpersonen deaktiviert«, meldete El. »Paket unterwegs.«
»Alles glattgegangen?«
»So gut wie. Nur noch eine Kleinigkeit zu erledigen.«
»Muss ich mir Sorgen machen?«
»Nein.«
El beendete das Gespräch und war wieder ganz bei der Szene mit den Polizisten. Sie schienen den Samariter was zu fragen.
Wie haben diese Männer denn ausgesehen, wollten die sicher wissen. Beredte Gesten zur Antwort. Waagrechte Handfläche fast einen Kopf über seinem. So groß. Ellbogen raus, Arme gebeugt wie ein Gorilla – hieß wohl: groß, muskulös. Die Polizisten notierten pflichtbewusst. Wechselten Blicke. Fragten wieder. Der Samariter sah sich um, zeigte in die Richtung, in die er geflohen war. Zuckte mit den Schultern. Keine Ahnung, wohin die sind.
Wir sind da. Näher, als dir lieb sein kann. Ganz nah. Wir behalten dich im Auge.
Hinter Jan schälte die Feuerwehr drei verkohlte Leichen aus der Limousine. Der Ozongeruch des Schweißgerätes vermischte sich mit dem von verbranntem Fleisch und leichtem Müllgeruch aus dem Wald. Um die Straßenlampen Insektenwolken. Jan wagte kaum, sich umzudrehen.
Grelle Scheinwerfer verliehen der Szene ein unpassendes Strahlen. Zwischen den Feuerwehruniformen erkannte Jan kaum das verkohlte Wrack. Der Brechreiz stieg wieder hoch. Trotzdem konnte er den Blick nicht von den grotesken schwarzen Figuren losreißen.
»Jan Wutte?«
Der Polizist war ein hagerer Typ, einer von denen, die sich im Boxstudio Muskeln zulegen oder es zumindest versuchen. Mit ihm fünf seiner Kollegen. Darunter die zwei, die Jan abgefangen hatten.
»Jörn Schesta«, stellte sich der Neue vor. Wirkte wie der Chef der Truppe. Musterte Jan aus schmalen Augen. Senkte den Blick auf sein Handy.
»Achtzehn Jahre, Ausbildung zum Pfleger, seit dem vierzehnten Lebensjahr mehrmals öffentliche Ruhestörung …«
»Das bisschen Party …«
»… mehrfach Konsum illegaler Rauschmittel …«
»Ein paar Joints, Mann …«
»Verdacht auf Körperverletzung …«
»… nichts dran, im Gegenteil«, begehrte Jan auf. »Hab mich aus der Kneipenschlägerei rausgehalten, wurde von fliegenden Stühlen verletzt! Das haben Zeugen bestätigt! Warum wurde das nicht gelöscht?«
»… und jetzt drei Tote.«
Wie bitte?! Und jetzt?!
»Was soll das? Ich habe Ihren Kollegen alles erzählt.«
»Ziemlich abgefahrene Geschichte«, stellte der Polizist fest. »Warum sind Sie weggelaufen?«
»Habe ich doch erklärt! Wegen dieser Typen, die mich niedergeschlagen haben und mit verbrennen wollten! Da, sehen Sie!«
Jan tippte auf seine Stirn. Die rechte Hälfte pulsierte immer noch von der unfreiwilligen Begegnung mit der Karosserie.
Der Blick des Polizisten streifte nur kurz darüber. Er...
Erscheint lt. Verlag | 25.2.2019 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
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ISBN-10 | 3-641-21517-X / 364121517X |
ISBN-13 | 978-3-641-21517-0 / 9783641215170 |
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