Löwenzahnkind (eBook)

Thriller. Die Nr. 1 aus Schweden – »Ein Weltbestseller!« Sunday Times
eBook Download: EPUB
2019
448 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-23534-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Löwenzahnkind - Lina Bengtsdotter
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Charlie Lager ist Stockholms beste Ermittlerin - doch sie hat Leichen im Keller ...
Gullspång, eine Kleinstadt in Westschweden. Als in einer heißen Sommernacht die siebzehnjährige Annabelle spurlos verschwindet, ist schnell klar, dass Verstärkung angefordert werden muss. Mit Charlie Lager schickt die Stockholmer Polizei ihre fähigste Ermittlerin - doch was die Kollegen nicht wissen dürfen: Die brillante Kommissarin ist selbst in Gullspång aufgewachsen. Und je tiefer Charlie nach der Wahrheit hinter Annabelles Verschwinden gräbt, desto mehr droht das Netz aus Lügen zu reißen, das sie um ihre eigene dunkle Vergangenheit gesponnen hat. Doch die Zeit drängt - sie muss Annabelle finden, bevor es für sie beide zu spät ist ...

Lina Bengtsdotter wuchs in der schwedischen Kleinstadt Gullspång auf, die sie zum Setting ihrer beliebten Thriller-Serie um die Ermittlerin Charlie Lager machte, mit der sie auch in Deutschland die Bestsellerliste stürmte. Lina Bengtsdotter lebt in Stockholm.

Kapitel eins


Es war Anfang Juni, und nachts wurde es nicht mehr richtig dunkel. Fredrik Roos saß im Auto und blickte über die nebligen Wiesen. Er wusste, dass Annabelle hier gerne den Weg abkürzte, dass sie bereits ihre eigenen Trampelpfade im hohen Gras angelegt hatte. Nora hatte ihr natürlich verboten, sich nachts dort herumzutreiben, aber Fredrik wusste, dass sie es trotzdem tat, und er hatte Verständnis dafür. Bei Noras strengen Ausgangsregeln war jede Minute wertvoll. Er hoffte, dass seine Tochter bald durch das hohe Gras auf ihn zukommen würde, in dem dünnen blauen Kleid, das sie aus dem Schrank ihrer Mutter genommen hatte. Nora hatte sich fürchterlich aufgeregt, als sie es entdeckt hatte. Er dachte an seine Frau, ihre aufbrausende Natur und die innere Unruhe. Sie war schon immer labil und ängstlich gewesen. Als sie sich kennengelernt hatten, war es irgendwie faszinierend gewesen, wie sie aus ganz alltäglichen Ereignissen wahre Horrorszenarien entwickelte. Doch mit den Jahren war die Faszination gewichen, Irritation und Ärger hatten ihren Platz eingenommen. Als er jetzt im Auto saß, wieder einmal von Nora ausgeschickt, um Annabelle nach Hause zu holen, merkte er, dass er bald keine Kraft mehr hatte.

Man kann sie nicht vor allem beschützen, sagte er immer wieder, auch wenn er wusste, dass Nora nichts mehr auf die Palme brachte. Dass man sie nicht vor allem beschützen konnte, war schließlich kein Argument dafür, es nicht wenigstens zu versuchen. Das Problem war nur, dass sie unterschiedlicher Auffassung waren, wie weit sie dabei gehen sollten. Fredrik fand es in Ordnung, wenn Annabelle allein von ihren Freunden nach Hause ging, selbst nachts. Er hielt nichts davon, dass sie ständig anrufen und Bescheid geben sollte, falls sich ihre Pläne spontan änderten. In seiner Jugend war er gekommen und gegangen, wie er wollte. Er wäre wahnsinnig geworden, hätte jemand versucht, ihn so zu kontrollieren, wie Nora es mit Annabelle tat. Kein Wunder, dass Annabelle gegen ihre Regeln aufbegehrte. Nicht die lockeren Zügel sind das Problem, dachte Fredrik, sondern Noras extremes Kontrollbedürfnis.

Das Gebäude, das einmal einen Dorfladen beherbergt hatte, lag auf der anderen Seite des Ortes. Es stand seit Jahren leer und wurde als Treffpunkt von den Jugendlichen der Gegend genutzt. Fredrik wusste, dass viele Einwohner dafür waren, das alte Haus abzureißen. Er selbst hatte bei einer dieser Unterschriftenaktionen unterzeichnet, wenn auch nur wegen des äußeren Scheins. Ihm war klar, dass die Jugendlichen zum Feiern einfach irgendwo anders hinziehen würden, wenn das Gebäude abgerissen wurde. Wahrscheinlich noch weiter außerhalb.

Er parkte vor dem Eingang. Im großen Schaufenster klebten immer noch alte Titelblätter. Ein dumpfer Bass dröhnte aus dem Haus. Fredrik nahm das Handy, um Nora anzurufen und zu fragen, ob Annabelle in der Zwischenzeit nach Hause gekommen war. Er hatte keine Lust, in eine Teenagerparty zu platzen, wenn es sich vermeiden ließ. Er tippte gerade ihre Nummer, als Nora ihn anrief und fragte, ob er schon dort sei.

»Ich bin gerade angekommen.«

»Ist sie da?«

»Ich bin eben erst aus dem Auto gestiegen.«

»Dann geh schon rein.«

»Bin auf dem Weg.«

Die verwilderten Beete entlang der Hausfassade waren voller Bierdosen, Zigarettenkippen und Flaschen. Er ging durch die Tür in den großen Raum, in dem sich früher das Geschäft befunden hatte. Ein Geruch nach Verlassenheit schlug ihm entgegen. Eine Weile stand er da und betrachtete den schmutzigen Boden, den Tresen mit der alten Registrierkasse und die leeren Regale an den Wänden. Über ihm hämmerte der Bass. Er ging zu der Tür, die zu der Wohnung über dem Laden führte. Abgeschlossen. Er ging wieder nach draußen und auf die Rückseite des Hauses. Auf der Veranda an der Schmalseite des Gebäudes schlief ein Junge mit der Hand unter dem Hosenbund. Fredrik musste über ihn hinwegsteigen, um zur Hintertür zu gelangen.

Im Flur roch es süßlich. Er folgte der Musik eine lange, geschwungene Treppe hinauf. Ebba Grön, »800°«, das kannte er noch.

Warme Kleider und trotzdem Gänsehaut.
Kein Wunder, ich seh um mich rum nur Idioten.
Achthundert Grad, du kannst mir vertrauen, du kannst mir vertrauen.

Fredrik sah gerade noch rechtzeitig zu Boden, um zu merken, dass die nächste Treppenstufe fehlte. Dass hier noch keiner zu Tode gestürzt war, dachte er, während er bis zum Treppenabsatz weiterging.

Zwei Jungen saßen in der Küche an einem dunklen Holztisch, der von Aschenbechern, Flaschen, Dosen und Zigarettenpackungen überquoll. Einer hackte ununterbrochen mit einem kleinen Messer auf die Tischplatte ein. Fredrik hatte die beiden schon mal gesehen, hatte aber keine Namen parat. Sie mussten älter sein als Annabelle, sonst hätte er es gewusst. Sie bemerkten ihn erst, als er direkt vor ihnen stand.

»Hallo!«, rief er dem zu, der die Tischplatte mit dem Messer malträtierte, und erkannte im gleichen Augenblick, dass es sich um den Sohn des Sperrholzfabrikanten handelte. Svante Linder.

»Hey, setz dich und nimm dir was zu trinken!«, brüllte dieser zurück. »Und schau ein bisschen fröhlicher, bei der geilen Party hier. Die anderen haben schon alle aufgegeben, aber wir halten durch, bis die Sonne aufgeht.«

»Das ist sie schon längst, Svante«, meinte der Junge neben ihm lachend und klopfte gegen das schmutzige Küchenfenster. »Ich glaube, die ist gar nicht untergegangen.«

»Ist Annabelle hier?«, fragte Fredrik.

»Annabelle?« Die jungen Männer sahen einander an.

Svante grinste, wobei der Tabakpfropfen unter seiner Oberlippe sichtbar wurde, und sagte, er wisse ja, dass Annabelle auf alte Knacker stünde, aber dass sie jetzt auch nicht übertreiben müsse. »Du könntest ihr Vater sein, verdammt noch mal.«

»Ich bin ihr Vater«, erwiderte Fredrik und trat näher an den Tisch heran mit dem kaum zu unterdrückenden Bedürfnis, diesem abfällig grinsenden Kerl eine reinzuhauen.

Die beiden starrten ihn an.

»Oh, shit«, meinte Svante. »Sie sind das.« Er trat gegen einen freien Stuhl am Tisch und entschuldigte sich hastig. Er hatte doch nicht andeuten wollen … er hatte ihn nur nicht erkannt. Sie hatten ein paar Bier zu viel. »Und dann diese verdammte Hitze, man verdurstet ja geradezu. Gib dem Mann was zu trinken, Jonas«, sagte Svante und nickte dem Jungen zu, der ihm gegenübersaß. »Was ordentlich Starkes. Los, beweg dich, Jonte.«

»Ich möchte nichts trinken«, antwortete Fredrik. »Ich will nur wissen, wo meine Tochter ist. Habt ihr sie gesehen?«

»Es waren so viele Leute hier«, erwiderte Svante. »Und wir haben ganz schön gefeiert, um es mal so zu sagen. Wir haben um sieben Uhr angefangen, deshalb sind die anderen schon umgekippt. Aber sie war hier, auch wenn ich glaube, dass sie schon gegangen ist. Oben sind noch ein paar«, er deutete Richtung Zimmerdecke. »Da würde ich mal nachfragen. Über uns sind noch mehr Stockwerke«, rief er Fredrik nach, als dieser zur Treppe ging.

Je höher Fredrik kam, desto lauter wurde die Musik. Im nächsten Stockwerk war ein langer Flur. An einer Wand stand ein Aquarium. Als er näher kam, sah er eine Schildkröte im Wasser herumpaddeln, das voller Zigarettenstummel war. Wer macht so etwas?, dachte er. Kippen in ein Aquarium werfen, in dem eine Schildkröte lebt?

Von dem Flur ging ein Wohnzimmer mit grünen Plüschsofas voller Brandlöcher ab. Auf einem davon lag ein junges Mädchen mit zerzaustem Haar. Fredrik dachte, sie schliefe, doch als er zu ihr ging, sah er ihre weit aufgerissenen Augen.

»Alles in Ordnung?«, fragte er.

»Total super«, flüsterte das Mädchen. »Danke, dass du fragst.« Dann lachte sie auf einmal und wedelte mit den Händen. Die hat garantiert mehr als nur Alkohol intus, dachte Fredrik. Vielleicht sollte er sie nach ihrem Namen fragen und sie nach Hause bringen. Sobald er Annabelle gefunden hatte, würde er genau das machen, beschloss er.

Wir erfrieren, es ist so kalt. Armes Kind, bald wird es warm.

Die Stereoanlage stand im nächsten Zimmer. Die Musik war ohrenbetäubend laut. Fredrik drehte die Lautstärke herunter. Dann ging er weiter, öffnete eine Tür nach der anderen, doch die anderen Räume auf diesem Stockwerk waren leer. Schließlich landete er in einer kleinen Diele, von der eine schmale Treppe weiter nach oben führte. Wie hoch war dieses Gemäuer eigentlich? Hörte es denn gar nicht auf?

Ganz oben waren zwei Türen. Die linke war verschlossen, die rechte ging auf, als Fredrik die Klinke herunterdrückte.

Das Fenster stand offen, und eine schmutzige Gardine wehte im Wind. Auf dem Bett in der Mitte des Raumes bewegte sich jemand rhythmisch unter einer Decke.

»Annabelle?«, fragte Fredrik. »Bist du hier?«

»Was zum Teufel?« Ein Junge blickte am Fußende des Bettes unter der Decke hervor. »Hau ab, du perverser Sack«, rief er. »Verpiss dich!«

»Ich suche nach meiner Tochter. Ist Annabelle zufällig hier?« Fredrik sah, wie der Junge bei dem Namen zusammenzuckte.

»Nein. Keine Ahnung, wo sie ist.«

»Und wer ist da mit dir unter der Decke?«

»Rebecka«, antwortete der Junge. »Zeig, dass du es bist.«

»Ich bin es«, bestätigte Rebecka unter der Decke. »Ich weiß nicht, wo Annabelle ist. Sie hat gesagt, sie wollte nach Hause gehen.«

»Ich dachte, sie wäre bei dir«, meinte Fredrik. »Nora hat gesagt, ihr wolltet euch bei dir einen Film ansehen.«

»Haben wir auch«, rechtfertigte sich Rebecka, »aber dann hat sich was anderes ergeben.«

»Wann ist sie gegangen?«

»Ich weiß nicht genau. Wir haben ganz schön viel gekippt, und Annabelle … Sie war ordentlich betrunken.«

»Entschuldigung!«,...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2019
Reihe/Serie Die Charlie-Lager-Serie
Die Charlie-Lager-Serie
Übersetzer Sabine Thiele
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Annabelle
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestes Debüt 2017 • Bestseller • Charlie Lager • Charlie Lager (1) • Die Lüge • eBooks • internationaler Bestseller • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kristina Ohlsson • Linda Castillo • Mattias Edvardsson • Nordic Noir • Schweden • Schwedenkrimi • Skandinavien • Sommer • starke Ermittlerin • Stockholm • Thriller • Thriller Bestseller • Urlaub • Urlaubslektüre • verschwundenes Mädchen • Westschweden
ISBN-10 3-641-23534-0 / 3641235340
ISBN-13 978-3-641-23534-5 / 9783641235345
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