Das Blut Roms (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019
560 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-23982-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Blut Roms - Simon Scarrow
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Rom, A.D. 55: Das mächtige Persische Reich fällt in das von Rom regierte Armenien ein. König Rhadamistus, bei aller Härte loyal gegenüber Rom, wird nach blutigen Kämpfen vom Thron gestoßen. Nun obliegt es seinem General Corbulo, den Kampf gegen die persischen Eindringlinge zu führen. Präfekt Cato und Centurio Macro springen Corbulo bei. Die zahlenmäßig unterlegene Schlagkraft der armenischen Krieger müssen Cato und Macro mit Tapferkeit und ihrem strategischen Geschick ausgleichen: Es beginnt ein gewaltiger Kampf um Leben und Tod ...

Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, eine Tätigkeit, die er aufgrund des großen Erfolgs seiner Romane nur widerwillig und aus Zeitgründen einstellen musste.

KAPITEL 1


Ktesiphon, Hauptstadt des Partherreichs,
März 55 n. Chr.

Die untergehende Sonne beleuchtete das breite Band des Tigris, sodass der Fluss wie geschmolzenes Gold unter dem blassen Orange des Himmels erstrahlte. Die Luft war kühl und windstill, die letzten Wolken des Gewitters, das sich über der Stadt entladen hatte, waren nach Süden weitergezogen und hatten einen feinen Eisengeruch zurückgelassen. Die Diener des königlichen Palastes eilten hin und her, um im Pavillon am Fluss alles für die Zusammenkunft des Königs mit seinen engsten Vertrauten vorzubereiten. Sie würden heute Abend darüber beraten, wie man mit der wachsenden Bedrohung durch die Römer umgehen sollte. Überwacht wurden die Arbeiten vom Kammerherrn des Königs, der die Diener mit ungeduldigen Zurufen und Schlägen antrieb. Er war ein zaundürrer Mann, frühzeitig ergraut angesichts der ständigen Unsicherheit, in der man in den Diensten eines jähzornigen Herrschers lebte, dessen Reich sich von den Ufern des Indus bis zur Grenze der römischen Provinz Syrien erstreckte. König Vologaeses war fest entschlossen, den Einfluss des Partherreichs auszuweiten und seine Pläne von niemandem durchkreuzen zu lassen. Wer sich ihm und seinem Schicksal in den Weg stellte, musste die Konsequenzen tragen – ob es sich um einen rebellischen Adligen oder nur um einen ungeschickten Diener handelte. Der letzte Kammerherr hatte es bei einem Festmahl verabsäumt, dafür zu sorgen, dass das Essen dem König heiß genug serviert wurde. Dafür hatte man ihn beinahe zu Tode gepeitscht und danach auf die Straße geworfen. Der jetzige Kammerherr war fest entschlossen, diesem Schicksal zu entgehen. Deshalb trieb er seine Untergebenen mit wütenden Befehlen und Schlägen an, während diese die Diwane aufstellten, die Kohlebecken befüllten und an drei Seiten des Pavillons dicke bestickte Wandschirme anbrachten. Die vierte Seite blieb offen, damit der König und seine Gäste die Aussicht auf den Fluss genießen konnten, während die Sonne hinter dem Horizont verschwand und die Sterne nach und nach am Himmel erschienen und das dunkle Wasser des Flusses schimmern ließen.

Als die letzten Seidenkissen sorgfältig ausgelegt waren, warteten die Diener an den Seiten des Pavillons, während der Kammerherr ihre Arbeit überprüfte und noch geringfügige Änderungen vornahm, bis er absolut nichts mehr fand, woran sein Herr Anstoß nehmen könnte. Zwar neigte Vologaeses nicht unbedingt dazu, den Luxus, von dem er umgeben war, bis ins kleinste Detail zu begutachten. Dennoch, dachte sich der Kammerherr, war es besser, Sorgfalt walten zu lassen, als auch nur das kleinste Risiko einzugehen, den Zorn des Königs auf sich zu ziehen. Nachdem er alles überprüft hatte, klatschte er laut in die Hände.

»Los, ihr Hunde! Bringt Früchte und Wein.«

Während die Diener sich anschickten, seine Anweisungen auszuführen, wandte er sich seinem Stellvertreter zu: »Und du, sag dem Küchenmeister, er soll alles vorbereiten, damit er das Essen jederzeit auftragen kann, sobald ich die Anweisung gebe.«

Sein Stellvertreter, ein junger, fülliger Mann, der zweifellos damit liebäugelte, ihn möglichst bald zu ersetzen, nickte und eilte los. Der Kammerherr warf einen letzten prüfenden Blick auf die Arbeit seiner Leute, dann trat er vor das Podium des Königs und begutachtete mit zusammengekniffenen Augen den großen Diwan, die Kissen und Decken. Er beugte sich vor, strich den Stoff an einer Stelle glatt, wo er eine kleine Falte bildete, trat einen Schritt zurück und verschränkte zufrieden die Arme. Dann schlich sich ein seltenes Lächeln in sein Gesicht, und er sah sich rasch um. Er war allein. Solche Momente waren ihm nicht oft vergönnt – zu zahlreich waren die Pflichten, die sein Amt mit sich brachte. Die Augenblicke der Muße verstrichen allzu schnell; bald würden die Diener mit Früchten und Wein zurückkehren, und der königliche Vorkoster würde von jeder Schüssel essen und aus jedem Krug trinken, um sicherzugehen, dass König Vologaeses sich gefahrlos an Speis und Trank laben konnte. Das Reich der Parther war groß und beständig – nicht ganz so beständig war die Herrschaft seiner Könige. Nicht selten fiel der Herrscher einer Verschwörung durch mächtige Adlige oder den ehrgeizigen Plänen eines Mitglieds der königlichen Familie zum Opfer.

Der Kammerherr atmete tief durch und betrachtete lächelnd den Diwan des Königs. Ihn überkam ein starkes Verlangen, sich in die seidenen Kissen zu werfen, solange er allein und unbeobachtet war. Es würde ganz schnell gehen, niemand würde es bemerken. Sein Herz raste bei der Aussicht auf eine so gewagte Überschreitung seiner Befugnisse. Für einige Augenblicke war er drauf und dran, der Verlockung nachzugeben. Doch dann trat er einen Schritt zurück, als ihm mit Schaudern bewusst wurde, was ihm blühte, falls der König herausfände, was er getan hatte. Obwohl der Kammerherr im Moment völlig allein war, beherrschte die Angst vor seinem Herrn sein Herz, und er zitterte angesichts des wahnwitzigen Gedankens, der ihn für einen kurzen Moment in Versuchung geführt hatte. Er drehte sich um, eilte zur Treppe und blickte auf den Garten zu beiden Seiten des Weges hinaus, der zum Palast führte. Der erste Diener näherte sich bereits mit einem riesigen silbernen Teller, auf dem sich Feigen, Datteln und andere erlesene Früchte türmten.

»Lauf, du fauler Hund!«, blaffte der Kammerherr. Der Mann beschleunigte seine Schritte und bemühte sich, nichts zu verlieren und die sorgfältig arrangierten Früchte nicht durcheinanderzubringen.

Der Kammerherr schaute sich noch einmal prüfend um und schickte ein rasches Stoßgebet zu Mithra mit der Bitte, dass sein Herr nichts finden möge, was sein Missfallen erregte.

Als der König mit seinem kleinen Gefolge aus dem Palast kam, war die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwunden, und ein bronzefarbenes Band zierte den Himmel über der verdunkelten Landschaft jenseits des Flusses. Nach oben hin ging der Bronzeton ins Violette und schließlich in die samtschwarze Dunkelheit der Nacht über, in der bereits die ersten Sterne als kleine silbrige Lichter leuchteten. Ein Trupp Leibwächter marschierte, mit Speeren bewaffnet, voraus. Sie trugen weite, reich bestickte Hosen, die in ledernen knöchelhohen Schuhen steckten. Ihre Schuppenharnische und konischen Helme glänzten im Lichtschein der Fackeln und Kohlebecken, die zu beiden Seiten des Weges brannten. Doch ihr Äußeres wirkte wie schlichtes Eisen neben purem Gold, verglichen mit der prachtvollen Erscheinung ihres Herrn. Vologaeses war ein hochgewachsener, stattlicher Mann mit breiter Stirn und kantigem Kinn, das durch den sorgfältig getrimmten schwarzen Bart noch betont wurde. Ebenso dunkel waren seine Augen, die wie blank poliertes Ebenholz glänzten und seinem Blick etwas Eindringliches, Ehrfurchtgebietendes verliehen. Dennoch war auch ein Funke Humor in seinem Gesicht zu erkennen. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem angedeuteten Lächeln, wenn er mit seiner tiefen, wohlklingenden Stimme sprach. Er besaß durchaus Witz und konnte sich auch gütig zeigen – Eigenschaften, die seine Klugheit und seinen Ehrgeiz trefflich ergänzten, sodass er bei seinen Soldaten und im Volk recht beliebt war. Alle, die ihn etwas besser kannten, wussten jedoch, wie schnell seine Stimmung kippen konnte. Also lächelten sie, wenn er lächelte, und schwiegen ängstlich, wenn er tobte.

An diesem Abend war seine Stimmung eher gedämpft. Aus Rom war die Nachricht vom – angeblich gewaltsamen – Tod Kaiser Claudius’ ins Partherreich gelangt. Nun, da dessen Adoptivsohn Nero die Nachfolge auf dem Thron angetreten hatte, stellte sich für Vologaeses die Frage, wie sich dieser Machtwechsel auf die angespannten Beziehungen zwischen den Parthern und Rom auswirken würde. Wieder einmal war Armenien zum Zankapfel zwischen den beiden mächtigen Reichen geworden, jenes unglückselige Grenzgebiet, auf das es sowohl Rom als auch die Parther abgesehen hatten. Vor vier Jahren war Prinz Rhadamistus aus dem benachbarten Königreich Iberien in Armenien eingefallen, hatte den König und seine Familie getötet und selbst den Thron übernommen. Rhadamistus hatte sich als ebenso grausam wie ehrgeizig erwiesen, und die Armenier hatten sich mit der Bitte an Vologaeses gewandt, sie von dem Tyrannen zu befreien. Also hatte er seine Armee nach Armenien entsandt, Rhadamistus vertrieben und seinem Bruder Tiridates den Thron übergeben. Vologaeses wusste, dass die Römer dies als Provokation auffassen würden, da sie Armenien seit über hundert Jahren ihrem Einflussbereich zurechneten. Rom würde den Einmarsch der Parther nicht tatenlos hinnehmen.

Der Kammerherr, der beim Eingang zum Pavillon gewartet hatte, verbeugte sich tief, während der König mit seinem Gefolge die Stufen hochstieg. Die Leibwächter nahmen ihre Posten vor dem Pavillon ein, nur zwei besonders kräftige Wächter gingen zu beiden Seiten des königlichen Podiums in Stellung. Vologaeses ließ sich auf dem Diwan nieder und machte es sich bequem, ehe er den Angehörigen seines Rates ein Zeichen gab.

»Setzt euch.«

Bei einer förmlichen Zusammenkunft wären seine Gäste vor ihrem Herrn stehen geblieben, doch Vologaeses hatte sie diesmal aus gutem Grund in den Pavillon kommen lassen und auf strenge Etikette verzichtet, um seine Untergebenen zu ermutigen, offen ihre Meinung zu äußern. Nachdem sie ebenfalls auf ihren Diwanen Platz genommen hatten, beugte der König sich vor, nahm sich eine Feige vom Teller und biss hinein, womit er den anderen die Erlaubnis gab, sich ebenfalls zu bedienen.

Vologaeses warf die halb verzehrte Frucht auf den Teller und sah in die...

Erscheint lt. Verlag 12.8.2019
Reihe/Serie Rom-Serie
Rom-Serie
Übersetzer Norbert Jakober
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Blood of Rome
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Abenteuerroman • Bernard Cornwell • Bürgerkrieg • das Römische Reich • eBooks • Historische Romane
ISBN-10 3-641-23982-6 / 3641239826
ISBN-13 978-3-641-23982-4 / 9783641239824
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