Treffinger und der Mörder aus der letzten Reihe (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
400 Seiten
Limes (Verlag)
978-3-641-20590-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Treffinger und der Mörder aus der letzten Reihe -  Stefan Nink
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Mit einem Mörder über Irlands grüne Hügel ...
Thomas Treffinger ist Busfahrer. Aus Leidenschaft. Christkindlmarkt, König der Löwen, Pfälzer Weinfeste - hat er alles gemacht. Und jetzt? Bietet sein Chef plötzlich Auslandsreisen an. Die erste soll nach Irland führen, zu den Höhepunkten der Grünen Insel - Burgen, Klöster, historische Pubs. Mit dabei: Reiseleiterin Mara, fünfzig Senioren und Treffingers Tante Emmy, die Stammkundin bei Schuler Reisen ist. Aber bereits am zweiten Tag stolpern sie über einen Toten. Dann gibt es eine zweite Leiche. Und bald eine dritte. Ganz allmählich keimt in Treffinger ein Verdacht: Könnte es sein, dass er einen Mörder durch Irland fährt?

Stefan Nink fliegt, fährt und läuft für Magazine, Radiostationen und Buchverlage über den Planeten. Seine Reportagen wurden vielfach ausgezeichnet und in 17 Sprachen übersetzt. Er hat über dreißig Reisebücher veröffentlicht. Wenn er zu Hause ist, steht er samstags bei Heimspielen von Mainz05 im P-Block.

1


»Und diesen Inspector Barnaby lieben doch auch alle. Doch, das wird funktionieren. Ganz sicher. Kein Grund zur Beunruhigung. Ich setz uns mal noch nen Kaffee auf.«

Schuler hob sich aus seinem Stuhl und schob sich am Schreibtisch vorbei Richtung Kaffeemaschine. Dass er dort jetzt erst einmal die Filtertüten suchen musste und dann das Pulver und dann zwei Tassen, gab Treffinger Zeit zum Nachdenken. Theoretisch.

Die Realität sah leider anders aus. Er war viel zu müde, um sich zu konzentrieren. Vor gut zwei Stunden war er, mit sechs Stunden Verspätung, aus Hamburg zurückgekehrt. Die übliche Wochenendfahrt, 148 Euro, Drei-Sterne-Hotel, Stadtführung, Hafenrundfahrt und mit Aufpreis Karten für den König der Löwen, Freitagnachmittag hin, Sonntagnachmittag zurück, Ankunft 23 Uhr, plusminus. Wenn alles glattlief. Wenn man nicht in einen Stau geriet. Wenn sich auf der A1 ein paar Kilometer vor einem nicht dreizehn Autos ineinander verkeilten. Sie hatten fünf Stunden gestanden, weil die Autobahn komplett gesperrt worden war und sämtliche Abschleppwagen der Umgebung anrücken mussten, um die Unfallfahrzeuge aus dem Weg zu räumen.

Anschließend waren sie eine weitere Stunde im Schritttempo gekrochen, bis der Stau sich aufgelöst hatte, und aus der Ankunft spätabends war eine frühmorgens geworden. Dann musste ausgeladen und der Bus durchgecheckt werden. Mittlerweile war es acht. Und er war noch immer nicht zu Hause, sondern saß bei seinem Chef.

Schuler hatte ihn vom Parkplatz weg direkt ins Büro gerufen; Treffinger war gerade erst ausgestiegen. Seit wie vielen Jahren arbeitete er jetzt für den Busunternehmer? Seit acht? Neun? Und wie oft war es vorgekommen, dass Schuler ihn nach einer Fahrt abgefangen hatte? Ein einziges Mal. Damals, als es einen Unfall mit einer Rentnerin gegeben hatte und sie ihre Reise um einen Tag hatten verlängern müssen. Und jetzt eben heute.

Treffinger hatte geahnt, dass sein Chef keine guten Nachrichten für ihn hatte. Und im Büro hatte Schuler gleich losgelegt: die Dumpingpreise bei den Billigfliegern, die ständigen »Für 29 Euro quer durch Deutschland«-Angebote bei der Bahn und die neuen Busunternehmen, die eigentlich genau dieser Bahn Konkurrenz machen sollten und nun auch ihnen die Kunden abluchsten. Natürlich hatte er nicht abluchsen gesagt – Schuler verwendete ein Vokabular, als sei er eigentlich Regierungssprecher. Oder Börsenanalyst. »Zielführende Entscheidungen treffen«, »alternativlose Ausgangsbedingungen«, »zeitnah handeln«, mit solchen Floskeln warf er um sich. Wenn Schuler einem mitteilen wollte, dass sein Unternehmen kurz vor dem Bankrott stand, nannte er das »eine Verschlechterung der monetären Perspektive«.

»Am Ende des Tages wird Schuler-Reisen durch die Diversifizierung des Angebotsportfolios aber wieder exzellent aufgestellt sein.« Er stellte eine Tasse vor Treffinger, an der mehrere kleine Ecken fehlten. Außerdem hatte sie Risse. Treffinger fixierte den feinen Strich, der durch die Keramik verlief, als könne er dadurch ein Zerspringen der Tasse verhindern. Er führte sie vorsichtig zum Mund. Der Kaffee schmeckte erstaunlich gut.

»Wir werden im kommenden Quartal beginnen. Mit attraktiven Angeboten außerhalb unserer normalen Produktpalette. Carla wird unsere Webseite überarbeiten.« Schuler klopfte mit dem Zeigefinger auf den Bildschirm seines Computers, als sei die Webseite des Unternehmens etwas, das seine Tochter dort drinnen untergebracht habe. »Und natürlich bekommen alle unsere Stammkunden regelmäßig einen Newsletter. Ich habe vor zwei oder drei Wochen schon einen rausgeschickt. Die unmittelbare Resonanz war absolut positiv.«

»Ok, Chef.« Nach zwei, drei Schluck Kaffee fühlte sich Treffinger wieder halbwegs wach. So wach jedenfalls, dass er etwas sagen konnte zu Schulers Plänen, die er ihm in den vergangenen Minuten dargestellt hatte. Und die »Goldene Busfahrerregel Nummer 15« hatte er auch eingehalten: Lass den Chef immer ausreden, immer.

Bislang hatte Schulers Unternehmen ausschließlich Inlandstouren angeboten. Reisen wie die nach Hamburg. Wochenendausflüge, drei Tage, maximal. Das Kerngeschäft aber waren die überaus populären Tagesfahrten: Weihnachtsmärkte, Chortreffen, Ausstellungen, morgens hin, abends zurück. Und jetzt wollte sein Chef plötzlich ins Pauschalreisegeschäft einsteigen? Und dann gleich nach Irland? Wieso probierte es Schuler denn nicht zuerst mit einem Reiseziel, das ein bisschen einfacher zu erreichen war? Das Allgäu, Tirol, das Salzkammergut? Warum Schuler ausgerechnet auf Irland gekommen war, konnte sich Treffinger nicht erklären. Wenn er das mit Inspector Barnaby ernst gemeint hatte, handelte es sich eher um eine Verwechslung – die Fernsehserie spielte in England. Irland! Es gab nun wirklich genügend Auslandsziele, bei denen man nicht zuerst ein Meer überqueren musste, bevor es richtig losgehen konnte.

»Ich habe an zwei bis drei Wochen gedacht.« Schuler hatte sich ebenfalls eine Tasse Kaffee eingeschenkt. »Dem Chef seine« stand auf ihr, darunter war ein Foto zu sehen, das Schuler auf einer Wiese zeigte, angestrengt lächelnd. Wahrscheinlich ein Geburtstagsgeschenk von seinen Golffreunden, dachte Treffinger. Schuler spielte regelmäßig und offenbar ziemlich gut, auf dem Sideboard links neben dem Schreibtisch standen mehrere Pokale. Treffinger konnte sich vorstellen, dass die Redeweise seines Arbeitgebers auch damit zusammenhing, dass er mehrmals in der Woche lange Stunden damit verbrachte, gemeinsam mit irgendwelchen Kreisverwaltungs- und Finanzamtsmenschen über den Golfplatz zu laufen.

»Die Touren der Mitbewerber sind meistens kürzer. Aber wir wollen uns ja abgrenzen, und die Leute wollen ja auch was sehen für ihr Geld. Eine von Carlas Freundinnen ist Spezialistin. Hat offenbar irische Geschichte studiert oder etwas ähnlich Abstruses. Und auch schon das eine oder andere Mal als Reiseleiterin gearbeitet. Carla meinte, die sei super geeignet; hat wohl auch ein Händchen im Umgang mit schwierigen Charakteren. Sie heißt … Sekunde …« Schuler griff nach einem Stoß Zettelchen neben dem Computermonitor. Treffinger entdeckte einen Lottoschein und einen ausgeschnittenen Zeitungsartikel, auf dem mehrere Golfspieler zu sehen waren. »Tellke heißt die Frau.« Schuler hatte das gesuchte Post-it gefunden. »Mara Tellke. Ich habe sie angefragt, ob sie Zeit hat, die Reiseleitung zu übernehmen. Und wie viel sie für den Job haben will.«

Was wahrscheinlich der entscheidende Faktor sein wird, ob sie den Job bekommt, dachte Treffinger. Er wusste nicht, wie genau es um die finanzielle Situation der Firma stand, konnte sich aber in etwa vorstellen, wie eng es für Schuler-Reisen in den vergangenen Monaten geworden war. Was überhaupt nichts mit den Kunden zu tun hatte. Bei so gut wie allen Fahrten, die Treffinger in den vergangenen Wochen gemacht hatte, war sein Bus bis auf den letzten Platz besetzt gewesen. Oft genug gab es eine Warteliste mit Interessenten. Bei den Spottpreisen, die Schuler für solche Touren verlangte, um gegen die neue Fernbuskonkurrenz anzukommen, war das aber nicht weiter verwunderlich. 30 oder 40 Euro für eine Tagesfahrt konnten sich viele leisten. Die 148 Euro für ein Wochenende Hamburg mit zwei Übernachtungen waren mit Sicherheit auch äußerst knapp kalkuliert. Und weil Schuler solche Trips minutiös plante und es so gut wie immer schaffte, einen charismatischen oder zumindest sehr sympathischen Reiseführer aufzugabeln, bekamen die Leute einiges für ihr Geld. Dementsprechend viele Stammgäste hatten sie. Und dementsprechend mager fiel der Gewinn wahrscheinlich aus. Am Ende des Tages, wie Schuler sagen würde.

»Und wie soll das ablaufen? Setzen wir die Leute hier schon in den Bus und nehmen sie mit auf die Fähre?« Treffinger stellte sich vor, wie er mit einem Bus voller Rentner in den Wellen der Irischen See unterwegs war. Es war keine besonders Mut machende Vision. Überhaupt gefiel ihm die Idee nicht besonders, und je mehr Details er von Schuler erfuhr, desto mehr sträubte sich etwas tief in ihm drin gegen eine solche Reise. Er fuhr gerne Bus, sehr gerne, und er fuhr auch gerne für Schuler, aber mal im Ernst: Zwei oder drei Wochen? Im Ausland? Verantwortlich für dreißig Passagiere?

Treffinger hatte sehr lange gebraucht, bis er sich mit den Wochenendfahrten hatte anfreunden können. Hotels in lauten Innenstädten, fremde Betten, schlechte Matratzen und schon vor dem ersten Schluck Kaffee morgens die ersten Probleme – das alles empfand er als sehr anstrengend. Am liebsten war er bei den Tagestouren von Schuler-Reisen im Einsatz, bei denen war er abends wieder zu Hause und konnte in seinem eigenen Bett übernachten. Und jetzt wochenlang Irland? Und womöglich noch per Fähre?

»Ja, so habe ich mir das gedacht. Eine Anreise mit dem Flugzeug wäre viel zu teuer, ich habe das durchgerechnet.« Schuler stellte die Tasse ganz an den Rand des Schreibtisches, auf dem es zwischen Papierstapeln, Zeitungen und Prospekten nirgendwo sonst einen Platz für sie gab. Er begann, in den Papierbergen nach etwas zu suchen. »Ich hab dir mal eine Liste zusammengestellt … mit denen, die sich bereits gemeldet haben. Ein paar Leute müsstest du schon kennen.«

»Chef? Können wir das morgen besprechen?« Treffinger merkte, wie er unruhig wurde. Und ungeduldig. Das kam bei ihm nur in zwei Situationen vor: wenn er lange Zeit nichts gegessen hatte, und wenn er vollkommen übermüdet war. Gerade im Moment traten beide Auslöser gemeinsam auf. Dazu kamen seine immer stärker werdenden Vorbehalte gegen die geplante Reise. Alles, was er jetzt wollte, war ein deftiges Frühstück und anschließend...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Busreise • Cosy Crime • Donnerstags im Fetten Hecht • eBooks • Familie • Irland • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Liebe • Mario Giordano • Mord • Reise • Roman • Romane • Tante Poldi
ISBN-10 3-641-20590-5 / 3641205905
ISBN-13 978-3-641-20590-4 / 9783641205904
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9,49
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv (Verlag)
14,99