Bleib doch, wo ich bin (eBook)

Roman

****

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
352 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490993-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bleib doch, wo ich bin -  Lisa Keil
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Kaya hat alles, was sie zu ihrem Glück braucht: eine kleine Buchhandlung in ihrem Heimatort, beste Freunde und ihr heiß geliebtes Shetlandpony. Für einen Mann, der länger bleibt als eine Nacht, ist eigentlich kein Platz in ihrem Leben. Lasse ist überzeugter Großstädter und nur aufs Land gezogen, weil er als Lehrer die erstbeste Vertretungsstelle annehmen musste. Als Kaya ihn auf einer Scheunenparty trifft, ahnt sie nicht, dass der gutaussehende Typ der Klassenlehrer ihrer Nichte ist. Eine Begegnung mit aufregenden Folgen ...

Lisa Keil landete mit ihrem ersten Roman »Bleib doch, wo ich bin« gleich auf der Bestsellerliste. Sie lebt mit ihrem Mann, zwei Kindern und den drei Pferden Sunday, Radieschen und Chapter in einem Ort zwischen Sauerland und Soester Börde in Nordrhein-Westfalen. Die Autorin arbeitet in ihrem Traumberuf als Tierärztin in einer ländlichen Praxis.

Lisa Keil landete mit ihrem ersten Roman »Bleib doch, wo ich bin« gleich auf der Bestsellerliste. Sie lebt mit ihrem Mann, zwei Kindern und den drei Pferden Sunday, Radieschen und Chapter in einem Ort zwischen Sauerland und Soester Börde in Nordrhein-Westfalen. Die Autorin arbeitet in ihrem Traumberuf als Tierärztin in einer ländlichen Praxis.

Bereits beim ersten Blick auf das liebevoll aufbereitete Buch von Lisa Keil ist klar: Dieses Werk ist etwas ganz Persönliches.

witzig-romantische Liebesgeschichte

Keine Frage: Nach ›Bleib doch, wo ich bin‹ möchte man mehr lesen von Lisa Keil.

Eine federleichte Liebesromanze

2


ICH BETRACHTE MICH zweifelnd im Spiegel. Cordulas graues Kostüm passt perfekt, und mit dem straffen Dutt und den dunkel geschminkten Augenbrauen sehe ich meiner Schwester tatsächlich ziemlich ähnlich. Aber als Nichts-als-Jeans-Trägerin weiß ich nicht wirklich, wie ich mich mit dem kurzen Rock bewegen soll, und drehe mich unsicher hin und her. Glücklicherweise hat Milli im Schuhschrank ihrer Mutter ein Paar Ballerinas gefunden, denn wenn ich jetzt noch auf Cordulas geliebten Absätzen laufen müsste, würde ich verzweifeln.

Milli klatscht begeistert in die Hände. »Yeah, so könntest du die gesamte Schulkonferenz täuschen.«

»Milli, wenn das auffliegt …« Mir ist ganz flau im Magen.

»Das fliegt nicht auf. Du machst das, Tante Kaya!«, jubelt sie und erntet einen bösen Blick. Ich kann es nicht leiden, wenn sie mich Tante nennt, weil ich mir dann uralt vorkomme, und das weiß sie genau.

»Wie sieht er überhaupt aus, dein Herr Lehrer?« Ich zupfe an der Nylonstrumpfhose herum. Irgendwie möchte ich wetten, dass ich die erste Laufmasche habe, bevor ich überhaupt in der Schule angekommen bin.

»Oh, der sieht voll gut aus«, flötet sie, »ein bisschen wie Bryan Adams.«

Ich drehe mich mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr um. »Woher kennst du junges Ding denn Bryan Adams?«

»Ist das dein Ernst? Der ist voll cool. Weißt du noch, wie wir diesen Zeichentrickfilm mit den Wildpferden geguckt haben? Der hat die ganze Musik davon gemacht. So wie Bryan Adams auf dem Cover der CD aussieht, genauso sieht Herr Fries aus. Na ja, fast genauso.«

Ich muss lachen und schüttele den Kopf. Es ist schon lange her, dass Milli und ich den Film über den wilden Mustang Spirit gesehen haben, aber ich kann mich noch erinnern, wie beeindruckt sie war. Von ihrer Traumlehrerbeschreibung glaube ich kein Wort. Wahrscheinlich sieht er eher aus wie Hansi Hinterseer. Als letztes Accessoire meiner Verwandlung in mein Schwesterherz setze ich ihre Ersatzbrille mit dem schwarzen Rahmen auf. Sofort verschwimmt alles. »Viel sehen werde ich von diesem Herrn Fries sowieso nicht. Wie viel tausend Dioptrien hat deine Mutter? Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht aus Versehen mit einer Stehlampe unterhalte.«

 

Unser Plan ist einfach und hoffentlich gut genug. Ich werde besorgt und fürsorglich auftreten, beteuern, wie leid Milli das alles tut und wie schwierig es für sie war zu entscheiden, was richtig ist. Wenn das noch nicht reicht, werde ich an sein Herz appellieren und erzählen, dass es für Milli nicht leicht ist mit der alleinerziehenden Karrierefrau als Mutter und dem täglichen Pendeln zwischen der Wohnung in der Stadt und der Schule in Neuberg. Dieser Meinung bin ich übrigens wirklich. Vor zwei Jahren hat meine Schwester eine Stelle als Dozentin an der Uni angenommen und ist mit Milli in die Nähe ihres Arbeitsplatzes gezogen. Für die Kleine bedeutete das einen Wechsel von der Klitzekleinstadt in die Großstadt, weg von Freunden und gewohnter Umgebung in ein neues Zuhause, in dem sie viel allein ist. Sie wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen, die Schule zu wechseln, und nimmt deshalb jeden Tag mehr als zwei Stunden Zugfahrt in Kauf. Und ein Leben zwischen den Welten. Ich glaube, in keiner fühlt sie sich richtig zu Hause. Und ich hoffe, sie weiß, dass ich mich jedes Mal freue, wenn sie bei mir ist.

Eigentlich bin ich für meine Schwester bestimmt nicht die bevorzugte Millibetreuerin, wenn die Schulferien sich mal wieder nicht nach ihren Kongress- und Seminarplänen richten. Ich befürchte, ich bin immer noch so eine Art Notlösung in Ermanglung geeigneter Alternativen. Da Cordula jetzt aber schon seit sieben Jahren immer wieder auf diese Notlösung zurückgreift, kann ich damit gut leben. Beim ersten Mal war Milli sechs Jahre alt. Sie war vom Kindergarten bereits abgemeldet, und die Schule hatte noch nicht begonnen, aber meine Schwester war gerade mit ihrer Doktorarbeit beschäftigt und hatte weder Zeit noch Nerven, die Tage mit ihrer lebhaften Tochter zu verbringen. Meine Eltern waren für eine Reportage weit weg auf irgendeiner Insel in Asien oder so. Ich hätte fast eher damit gerechnet, dass Cordula die kleine Milli in ein Flugzeug setzt und dorthin schickt, als dass sie sie in meine unqualifizierte Obhut gibt, aber da ich anscheinend die Einzige mit unverplanten Semesterferien weit und breit war, bekam ich einen unerwarteten Anruf und durfte Milli für eine ganze Woche zu mir nehmen. Meine Schwester brachte mir nicht nur Milli, sondern Gepäck für eine Weltreise, inklusive Nordpolexpediton, ein Portfolio voller Impfpässe, Untersuchungshefte und Zusatzversicherungen und ein mehrseitiges, akkurat formatiertes Dossier über die Betreuung von Milena Mahler, dessen Inhalt mir nur zum Teil bekannt ist, weil ich bei »Bitte nur eine erbsengroße Menge Zahnpasta« aufgehört habe zu lesen. Überraschenderweise überlebte Milli die Woche trotzdem, und es folgten weitere, denen meine Nichte mit Begeisterung und meine Schwester weiterhin mit Skepsis entgegensah. Dennoch scheint sie sich inzwischen an die Notlösung gewöhnt zu haben. Manchmal glaube ich, sie merkt, dass es Milli auch ganz guttut, wenn bei mir statt Fordern und Fördern einfach mal Leben und Lachen auf dem Programm steht. Das würde Cordula natürlich nie zugeben, und vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Wenn sie Milli nach einer Woche abholt und die schon bei der Begrüßungsumarmung von Tiefkühlpizza bis Äpfelklauen alles aussprudelt, was sie eigentlich für sich behalten sollte, wirft Cordula mir über ihre Schulter ein Stirnrunzeln zu und zupft seufzend ein Pferdehaar von der Jacke. Aber dann zückt sie ihren Kalender, um mit mir zu besprechen, ob ich beim nächsten Kongresswochenende notfalls Milli nehmen könnte, falls sie niemand anderen findet, und das ist es, worauf es ankommt.

 

Letztes Jahr hätte ich meine Milli-Lizenz allerdings fast verspielt. Ich wollte mit ihr unbedingt zur Pferdemesse Equitana fahren, und weil es da am Wochenende viel zu voll ist, hatte ich uns für donnerstags Karten besorgt und Milli für die Schule eine perfekte Magen-Darm-Virus-Entschuldigung geschrieben. Meine Nichte ist Klassenbeste, und es gab nichts zu verpassen, aber weil sie das Pflichtbewusstsein ihrer Mutter geerbt hat, brauchte es etwas Überredungskunst, um sie für den Ausflug zu begeistern. Wir schauten uns die Pferdeshows an, stöberten nach Reitstiefeln und kauften ein neues Lederhalfter und Leckerchen mit Lakritzgeschmack, so dass Milli ihr schlechtes Gewissen bald vergessen hatte. Was passiert ist, kann man eigentlich nur als Unglück im Glück bezeichnen. Es gab eine Aktion, bei der junge Reiter die Möglichkeit bekamen, auf einem Lipizzanerhengst der Spanischen Hofreitschule zu reiten, und Milli wurde tatsächlich ausgewählt. Mit strahlenden Augen durfte sie im großen Ring auf einem imposanten Schimmel sitzen, der von einem Mann in der klassischen Uniform der Wiener Hofreitschule geführt wurde, während aus dem Lautsprecher barocke Musik erklang. Der Rest der Geschichte ist digital. Jemand knipste ein Foto von dem kleinen Mädchen auf dem schicken Pferd und stellte es ins Internet, ein anderer erkannte Milli, mailte der vermeintlich stolzen Mutter das Bild, und noch bevor wir unsere überteuerten Messepommes aufgegessen hatten, hatte ich Cordula am Handy und konnte mir einen Vortrag über Verantwortungslosigkeit und schlechten Einfluss anhören. Meine Schwester kann ähnlich aufbrausen wie Mama, aber leider dauert es bei ihr eine Ewigkeit, bis sie sich abregt. Unser Ausflug hatte jedenfalls zur Folge, dass ich für Cordula als Millis Betreuungsperson abgeschrieben war und sie eine tabellarische Liste von Eliteinternaten in ganz Deutschland erstellte, die wochenlang wie ein Damoklesschwert über ihrem Schreibtisch hing und sowohl Milli als auch mir Albträume bescherte. Ich denke, ich habe es Mamas Einfluss zu verdanken, dass diese Liste irgendwann in einer Schublade verschwand und Milli acht Wochen nach dem Ritt auf dem Lipizzaner wieder ein Wochenende bei mir verbringen durfte. Unter strengsten Sicherheitsauflagen versteht sich. Inzwischen bin ich wieder Notlösung Nummer eins, aber ich weiß, dass das auf ziemlich wackligen Füßen steht.

Deshalb habe ich keine Ahnung, was ich machen soll, wenn Millis Lehrer ihr ernsthaft Schwierigkeiten machen will. Ich muss das irgendwie verhindern. Milli hat alles auf eine Karte gesetzt. Und diese Karte bin ich.

 

Ich atme einmal tief durch und lege die Brille zurück ins Etui, das ich in die schicke kleine Handtasche gleiten lasse. »So, mein rattenrettendes Töchterlein. Deine Mutti setzt dich jetzt am Bahnhof ab und wird sich dann die Standpauke über deine schlechte Erziehung anhören.«

Milli lächelt gequält. »Das werde ich dir nie vergessen!«

Ich klopfe dreimal auf die alte Kommode. »Ach, Süße, drück einfach die Daumen, dass deine Chaostante es nicht vermasselt.«

*

Als ich pünktlich um vier an die Tür des Lehrerzimmers klopfe, ist mir schon etwas mulmig zumute. Sollte ich direkt auffliegen, würde ich so tun, als wäre es meiner Meinung nach abgesprochen gewesen, dass statt der Mutter die Tante zum Gespräch kommt. Aber unser Plan, Cordula aus der Sache rauszuhalten, wäre damit wahrscheinlich zunichte. Und die würde zur Furie werden, wahrscheinlich erst mal unsere Eltern in Frankreich verrückt machen, Milli statt ins Internat gleich ins Bootcamp schicken und mir für immer den Umgang verbieten.

Diese Gedanken sind nicht gerade das ideale Rezept gegen meine Nervosität. Noch dazu fühle ich mich mit der Brille wie ein...

Erscheint lt. Verlag 23.1.2019
Reihe/Serie Neuberg
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Buchhändlerin • Buchhandlung • Dorf • Frauenroman • Gabriella Engelmann • Heimat • Jana Lukas • Kleinstadt • Köln • Land • Landleben • Landliebe • Landlust • Lehrer • Lesecafé • Liebe • Liebeserklärung • Liebesroman • Lisa Keil • Neuberg • Osterbuch • Osterfeuer • Paare • Pferd • Pony • Ponyhof • Scheune • Stadt • Tierarzt • Valentinstag
ISBN-10 3-10-490993-8 / 3104909938
ISBN-13 978-3-10-490993-6 / 9783104909936
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