Dorian Hunter 3 - Horror-Serie (eBook)

Der Puppenmacher

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Aufl. 2018
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-6984-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dorian Hunter 3 - Horror-Serie - Ernst Vlcek
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»Komm, komm, meine Puppe!«, lockte der Mann.
Das Mädchen wollte den dunklen Raum nicht betreten, aber ebenso willenlos, wie sie dem Mann über die Treppe und durch die Korridore hierher gefolgt war, näherte sie sich auch der offenstehenden Tür, hinter der er wie ein Schemen lauerte. Wie ein Polyp mit unzähligen Armen. Alles in ihr drängte danach, umzukehren und davonzulaufen, aber sie kam nicht gegen die Kraft an, die von ihm ausging und sie zwang, den Weg weiterzugehen, den sie einmal beschritten hatte. Es war ein Weg ins Verderben, das wusste sie ...

Dorian Hunter ist es gelungen, seinen untoten Bruder Bruno Guozzi zu vernichten - aber viel gewonnen ist damit noch nicht. Wenn Guozzi das Feuer auf Schloss Lethian überlebt hat, dann vielleicht auch noch andere seiner Brüder? Dorian ahnt, dass er diesen Kampf nicht ohne Mitstreiter gewinnen kann - denn bei seiner Rückkehr nach London erwartet ihn bereits der Puppenmacher!

2. Kapitel

Während Chapman die drei Stufen zum Eingang der Villa hinaufging und so heftig an der Türglocke zog, dass das Gebimmel bis zu ihnen herausdrang, blickte sich Dorian um. Der Park, durch den sie gekommen waren, wirkte verwahrlost. Auf dem Weg spross zwischen dem Kies Unkraut hervor, das Laub vom Herbst lag noch herum, und die Ziersträucher waren verwildert. Die Villa selbst befand sich in einem ähnlichen Zustand. Obwohl in der Dunkelheit keine Einzelheiten zu erkennen waren und das Licht aus den Fenstern des Erdgeschosses ihn blendete, entging ihm nicht, dass an vielen Stellen der Verputz abblätterte. Einst mochte die Villa ein imposanter Bau gewesen sein. Sie stammte aus der Jahrhundertwende und wies typische Merkmale des Jugendstils auf – eine Stilrichtung, die in England weniger gepflegt worden war als in vielen Ländern auf dem Kontinent. Jetzt aber war davon nicht mehr viel zu sehen. Zwar wies die Vorderfront noch die Schlangenlinie auf, und die Fenster zierten Verschnörkelungen mit Medusenhäuptern und anderen Masken, aber da der Großteil abgebröckelt war, benötigte man einige Phantasie, um die einstige Pracht des Bauwerkes zu erahnen.

Ungefähr eine Minute nachdem Chapman geläutet hatte, wurde die Tür von einem jungen Mann geöffnet. Er mochte so alt wie Dorian sein, und er war schlank, wirkte gepflegt und trug einen dunklen Abendanzug mit Fliege. In seinen Lackschuhen, die unter der Hose mit den hohen Stulpen hervorsahen, spiegelte sich das Licht eines Kristalllüsters. Als er die beiden Männer sah, runzelte er die Stirn.

»Wie sind Sie denn hier hereingekommen?«, herrschte er die beiden an.

Chapman blieb ungerührt. »Die Gartenpforte war offen. Anscheinend hat Lady Hayward vergessen, sie abzuschließen, als sie das Anwesen verließ«, sagte er und beobachtete sein Gegenüber dabei scharf. »Im Übrigen sind wir bei Lord Hayward angemeldet. Mein Name ist Donald Chapman – ich komme von Lloyds. Und das ist …«

»Dorian Holborn«, sagte Dorian, einer plötzlichen Eingebung folgend. Er fand, dass es nichts schaden konnte, wenn er einen falschen Namen nannte.

»Ich wusste gar nicht, dass Lord Hayward heute Besuch erwartet«, meinte der junge Mann und gab den Weg ins Haus widerstrebend frei.

»Es ist auch nicht anzunehmen, dass Lord Hayward seine Bediensteten in seine Privatangelegenheiten einweiht«, entgegnete Chapman kühl und trat ein.

Der junge Mann machte ein Gesicht, als hätte man ihn geschlagen, dann sagte er würdevoll: »Ich bin Gast in diesem Haus. Wenn ich Ihnen geöffnet habe, dann nur, weil die Diener im Augenblick nicht verfügbar sind.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und überließ es Dorian, die Tür zu schließen.

»Wer ist da, Henry?«, fragte eine schrille Frauenstimme aus einem Raum zur Linken.

Der junge Mann warf den Besuchern einen abfälligen Blick zu und antwortete: »Niemand, Mutter. Nur zwei Hausierer. Angeblich sind sie mit Lord Hayword verabredet.«

»Tatsächlich?«, fragte die Frauenstimme. »Nun, wenn Sie es sagen, wird es schon stimmen. Scotty verkehrt ja mit den seltsamsten Leuten. Führe die beiden doch in den Salon, bis er kommt. Ich möchte sie sehen.«

Henry machte ein säuerliches Gesicht und bedeutete Dorian und Chapman mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. Sie betraten den Salon, aus dem die Frauenstimme erklungen war. Eine ältere Dame blickte ihnen aus einem mit Brokat bezogenen Ohrensessel entgegen. Ihr Gesicht war von einer dicken Puderschicht bedeckt, die ihre Falten noch stärker zur Geltung brachte, statt sie zu vertuschen. Ihre gekräuselten Haare waren gefärbt, die wulstigen, spröden Lippen grellrot geschminkt. Ihr tiefes Dekolleté enthüllte außer einem goldenen, mit Edelsteinen besetzten Halsband viel verwelkte Haut. Sie nähte gerade an einem Puppenkostüm. Jetzt legte sie ihre Arbeit in den Schoß und blickte den beiden Neuankömmlingen entgegen.

»Henry ist ein unausstehlicher Lausebengel. Er muss immer übertreiben. Als er von Hausierern sprach, da habe ich natürlich an verwahrloste, heruntergekommene Gestalten gedacht. Sicherlich sind Sie gar keine Vertreter, die Scotty – ich meine, Lord Hayward – irgendwelchen Nonsens verkaufen wollen.«

»So ist es«, antwortete Chapman. »Wir sind Angestellte der Lloyds Versicherungen und durchaus ehrenwert.«

»Dass Sie ehrenwert sind, das sehe ich Ihnen an. Ich habe einen Blick für Menschen«, sagte die alte Dame und streckte Chapman ihre abgemagerte Hand zum Kuss hin. »Ich bin Lady Hurst.«

»Sehr angenehm«, sagte Chapman und nannte seinen Namen. Dorian stellte er als Mr. Holborn vor.

Lady Hurst nahm es ziemlich gelassen auf, dass der Dämonenkiller ihre Hand nicht küsste, sondern nur kräftig schüttelte.

»Ich will ja nicht neugierig sein«, sagte sie mit kokettem Lächeln, »aber Sie kommen sicher wegen der Lebensversicherung, die Scotty für seinen bedauernswerten Sohn abschließen möchte.«

Chapman räusperte sich diskret. »Wenn Sie ohnehin darüber informiert sind, kann ich es wohl zugeben.«

Die alte Dame wandte sich Dorian zu. »Dann sind Sie bestimmt der Arzt, der die Untersuchung des armen Jungen vornehmen soll?«

»So kann man wohl sagen«, antwortete er. »Sie sprechen von Lord Haywards Sohn, als würde ihm Ihr ganzes Mitgefühl gehören, Lady Hurst. Steht es so schlecht um ihn?«

»Ja, wissen Sie denn nicht …«

»Mutter!«, fuhr Henry Hurst dazwischen.

»Oh!«, machte Lady Hurst betroffen. »Habe ich etwas gesagt, was sich ungünstig auf den Versicherungsabschluss auswirken könnte?«

»Wenn Phillip Hayward leidend ist, dann könnte das schon eine Rolle spielen«, meinte Dorian.

Lady Hurst lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Etwas Ernstes ist es bestimmt nicht. Er hat in den letzten Tagen nur etwas kränklich ausgesehen, aber im Grunde ist er kerngesund. Sie werden sich selbst davon überzeugen können.«

»Das werde ich tun«, sagte Dorian.

Lady Hurst nahm ihre Handarbeit wieder auf. »Das ist meine Lieblingsbeschäftigung«, erklärte sie augenzwinkernd. »Ich nähe, häkle und stricke Puppenkostüme.«

»Für Henrys Puppen?«, fragte Chapman scheinheilig und erntete dafür einen giftigen Blick des jungen Hurst.

»Nein«, sagte Lady Hurst lachend. »Henry spielt schon längst nicht mehr mit Spielzeug. Dafür interessiert er sich für eine andere Art von Puppen.« Sie deutete mit den Händen üppige Formen an. Dann blickte sie Chapman prüfend in die Augen und sagte anzüglich: »Sie sehen mir ganz so aus, als würden Sie sich ebenfalls sehr intensiv mit jungen Püppchen beschäftigen. Habe ich recht, Mr. Chapman, dass Sie kein Kostverächter sind?«

Chapman wurde der Kragen eng. Zu seiner Erleichterung wurde er einer Antwort enthoben, denn in diesem Augenblick erschien Lord Hayward. Er war mittelgroß, etwa ein Meter achtzig, fast mager und trug langes, wirres Haar, das ihm schlohweiß bis in den Nacken hinunterfiel. Um seine Augen zuckte es nervös, als er seinen Blick über die Anwesenden wandern ließ.

»Du hast Besuch, Scotty«, rief Lady Hurst, als sie ihn sah.

»Ich weiß«, sagte Lord Hayward und knetete nervös seine Hände. Er hielt den Blick gesenkt, um niemandem in die Augen sehen zu müssen. Mit einer fahrigen Bewegung in Chapmans Richtung fügte er hinzu: »Wollen Sie mir bitte in mein Arbeitszimmer folgen, meine Herren?«

Lord Haywards Arbeitszimmer legte Zeugnis darüber ab, dass er in früheren Jahren viel durch asiatische Länder gereist war: Buddhafiguren auf den Schränken und auf dem Tisch, chinesische Drachenmasken an den Wänden, ein Schrumpfkopf polynesischer Kopfjäger und tausenderlei andere Souvenirs füllten den holzgetäfelten Raum. In dieser erdrückenden Fülle von Erinnerungsstücken stach Dorian ein kleiner Bilderrahmen ins Auge, der in einem Regal stand. Er nahm ihn in die Hand und blickte auf das Foto eines etwa zehnjährigen Jungen, der ein schmales Gesicht und große, ausdruckslose Augen besaß, die in unbekannte Fernen starrten. Sein Mund war voll und sinnlich und besaß einen fein geschwungenen Amorbogen. Eigentlich hätte es viel eher das Bildnis eines Mädchens sein können, aber wegen des kurzen Haarschnitts und weil Lord Hayward einen Sohn und keine Tochter hatte, nahm Dorian automatisch an, dass es sich um Phillip handelte.

»Ja, das ist mein Sohn«, antwortete Lord Hayward auf seine Frage. Er ging hinter seinen beladenen Schreibtisch und deutete auf die beiden bequemen Besuchersessel. »Nehmen Sie doch bitte Platz!« Er setzte sich ebenfalls und spielte nervös mit einem Briefbeschwerer, der die Form eines malaiischen Dolches besaß. Kaum dass Dorian und Chapman saßen, sprudelte es nur so über Haywards Lippen. »Sie sind also Dorian Hunter. Und Sie glauben, dass Sie meinem Sohn helfen können? Ich würde alles dafür geben, wenn Ihnen das gelänge. Sie ahnen gar nicht, was wir schon alles versucht haben, um Phillip … Aber das gehört nicht hierher. Hat Ihnen Mr. Chapman meine Befürchtungen mitgeteilt? Schön. Dann kann ich mir lange Erklärungen sparen. Was meinen Sie, Mr. Hunter, werden Sie Erfolg mit Ihrer Teufelsaustreibung haben?«

Dorian holte Atem und sagte: »Sie schätzen mich falsch ein, Lord Hayward. Ich bin kein Exorzist, denn das, was man unter Teufelsaustreibung versteht, gehört in den Bereich der Scharlatanerie.«

»Was sind Sie dann?«, fragte Hayward scharf und warf Chapman einen rügenden Blick zu. »Glauben Sie etwa nicht an Dämonen?«

Dorian erwiderte nüchtern: »Ich glaube an Dämonen, weil ich weiß, dass es sie gibt. Aber man...

Erscheint lt. Verlag 9.10.2018
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7325-6984-5 / 3732569845
ISBN-13 978-3-7325-6984-7 / 9783732569847
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