Kinder der verlorenen Sonne -  Margret Schwekendiek

Kinder der verlorenen Sonne (eBook)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
172 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-2149-6 (ISBN)
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Um das Überleben ihres Volkes im Kampf gegen einen übermächtigen Gegner zu sichern, schicken die Drivaner ein Generationsraumschiff mit Kindern auf die Reise, bevor ihre Welt vernichtet wird. In der Eile wurde das zentrale Gehirn jedoch ungenügend programmiert. Sein Programm bezieht sich nur auf Kinder, nicht auf die Erwachsenen, weshalb es die tötet. Lediglich die in jeder Generation auftretenden Mutanten werden gebraucht, um das Schiff zu steuern. Durch Zufall beobachtet die junge Listana, wie die Neu-Erwachsenen, die angeblich in den Dienst der Götter treten, getötet werden. Ihr Weltbild bricht zusammen.

1.


Irgendwo schlug ein Gong, kraftvoll und stöhnend, hallte lange nach mit seinem dunklen Klang, erfüllte die Herzen der Anwesenden mit Vorfreude.

Das Licht in der Tempelhalle flammte auf, beleuchtete die Versammlung der Neu-Erwachsenen, die sich vor dem Priesterpaar versammelt hatten, um den letzten Segen zu empfangen.

Die Neu-Erwachsenen trugen im Gegensatz zu den übrigen Bewohnern des Schiffes rote Roben, ein Zeichen, dass sie bereits den Göttern geweiht waren und nicht mehr zu den Kindern gehörten, die das Raumschiff bevölkerten. Sie würden ihren Weg gehen, der ihnen vorbestimmt war, den Weg in den Dienst der Götter.

Trivia, die Tochter von Helmar und Katra, die bereits lange bei den Göttern weilten, strich sich mit einer unbewussten Bewegung ihre langen schwarzen Haare zurück. Ihr hübsches, schmales Gesicht mit den großen schwarzen glutvollen Augen wandte sich rasch umher, schaute in die Tempelhalle. Sie wusste, sie würde diesen Raum zum letzten Mal in ihrem Leben sehen. Trivia musterte die mit kostbaren Stoffen vorhandenen Wände, an denen die jüngeren Kinder Ehrenwache hielten. Ganz in weiß gekleidet, blickten sie mit großen Augen teilweise etwas verängstigt auf die Versammlung.

Trivia dachte flüchtig an ihre zwei Kinder, die noch zu klein waren, um teilzunehmen. Sie befanden sich in der Obhut der Wachenden Schwestern in der Säuglingsstation. Auch die beiden würde sie nie mehr wiedersehen. Der Abschied war ihr schwer gefallen, es war nicht leicht für eine Mutter, ihre Kinder zu verlassen. Doch das war schon immer der ewige Kreislauf gewesen, die Neu-Erwachsenen mussten die Gemeinschaft verlassen, um den Göttern zu dienen, so lautete das Gesetz.

Trivia kehrte mit ihren Gedanken zurück in die Gegenwart, musterte das vor ihr stehende Priesterpaar, Jacor und Satra. Die beiden hatten ihr Amt erst vor Kurzem übernommen, und dies war die erste Verabschiedung. Sie wirkten nervös, ängstlich, und bemühten sich sehr, alles richtig zu machen.

Jacor war 13, ebenso wie Satra. Das Priesterpaar war immer gleich alt recht, gemeinsam führten sie ihr Amt, gemeinsam verließen sie es, um ebenfalls den Göttern zu dienen. Es gab auf dem ganzen Raumschiff kein Wesen, das älter als 18 Standard-Jahre gewesen wäre. Mit 15 Jahren setzte die Geschlechtsreife ein, mit 18 zählte man zu den Neu-Erwachsenen und wurde abberufen. Wohin, das wusste niemand. Der Dienst der Götter war etwas streng Geheimes, noch niemand war von dort zurückgekommen, um darüber zu berichten.

Jacor und Satra streckten nun gemeinsam ihre Hände aus, legten sie einem jeden der 14 Neu-Erwachsenen auf den Kopf, die sich dafür verbeugten, und sprachen die rituellen Worte.

„Geht nun, Brüder und Schwestern, dient den Göttern und lobt sie ob ihrer Gnade. Erfüllt eure Pflichten und geht ein in die Glückseligkeit der Berufenen. Unsere Wünsche und Sehnsüchte werden euch begleiten.“

Trivia traten Tränen in die Augen, liebend gern würde sie die Glückseligkeit der Berufenen tauschen für ein mühevolles Leben mit ihren Kindern. Doch gleich nahm sie sich zusammen. Es ging nicht, das wussten alle. Also unterwarfen sich auch alle den Gesetzen.

Die Neu-Erwachsenen standen auf, formierten sich in einer Reihe und schritten auf die sonst verschlossene Tür hinter dem Priestersitz zu. Wie von Geisterhand öffnete sich diese, metallisch schimmernde, glänzender Körper wurden sichtbar. Die Helfer der Götter waren gekommen, um die Berufenen zu ihrer Bestimmung zu geleiten. Wortlos folgten die Neu-Erwachsenen, die im Herzen doch noch immer Kinder waren, sie verbargen ihre Angst vor der Zukunft nur unzureichend. Die Maschinen bewegten sich fast lautlos, Trivia fragte sich, wie sie das machten. Doch eigentlich war es ihr egal. In ihrem Herzen schwanden Neugier und Trauer, nur die Angst blieb. Wohin wurden sie gebracht? Was war der Dienst für die Götter?

Der Weg führte durch viele schmale Gänge, manche nur unzureichend beleuchtet, andere grell erhellt.

Wohnen hier die Götter?, fragte sich Trivia. In ihrer Vorstellung lebten die Götter unerreichbar fern, irgendwo im unendlichen Schwarz draußen im Weltall. Ganz sicher aber nicht hinter einer dieser verschlossenen Stahltüren, an denen sie vorbei schritten.

Der Weg schien endlos, und doch hielten die Maschinen irgendwann an. Eine Tür glitt zur Seite, dahinter fiel helles Licht auf den hier nur unzureichend erleuchteten Gang. Trivia folgte ihren Brüdern und Schwestern und fand sich plötzlich in einem Raum, der eher wie eine Krankenstation aussah, denn wie ein Raum, in dem man den Göttern dienen konnte. Doch was wusste sie schon, wie sich die Götter den Dienst vorstellten? Vielleicht hatten sie alle untergeordnete Hilfsdienste zu leisten, wer wollte das sagen?

Jeder der Neu-Erwachsenen bekam eine silbern glänzende Haube auf den Kopf gesetzt, verschiedenfarbige Kabel führten von der Haube weg zu einem Maschinenblock, in dem es leise summte. Trivia spürte ein unangenehmes Kribbeln an ihrer Kopfhaut, als sie die Haube auf den Schädel setzte. In ihrem Geist schienen sich urplötzlich Sperren zu lösen, unzählige neue fremde Gedanken drangen auf sie ein, unwillkürlich schrie sie auf. Was war das?

Verwirrt und erschreckt riss sie das silberne Ding herunter, presste die Hände an die Schläfen, versuchte verzweifelt, die auf sie eindringenden Impulse zu verdrängen.

Zwei ihrer Brüder empfanden ebenso, auch sie schrien in höchster Pein und rissen die Hauben von den Köpfen. Zwei Roboter führten die zwei männlichen Erweckten zur Seite, während die übrigen Neu-Erwachsenen aus dem Raum gebracht wurden. Trivia blieb allein zurück.

„Wo bringt ihr sie hin?“, rief Trivia hinterher. Trotz des Chaos in ihrem Geist wollte sie nicht gern von ihren Brüdern und Schwestern getrennt sein. Doch sie bekam keine Antwort. Sie empfing verwirrende Gedanken wie nie zuvor, ging plötzlich den Weg im Geiste mit ihnen, sah durch ihre Augen, konzentrierte sich voll und ganz auf die Gedanken und Empfindungen der anderen, obwohl sie nicht verstand, warum das urplötzlich so war, und woher sie es konnte.

Eine weitere Maschine tauchte auf, auch Trivia wurde einen Gang entlanggeführt. Gleichzeitig blieb die junge Erwachsene mit den übrigen Brüdern und Schwestern verbunden, sah und spürte alles, was diese erlebten. Die Maschinen führten sie einen neuen Weg entlang, an dessen Ende sich eine große Tür mit einem leuchtend roten Blitz befand. Der Roboter öffnete die Tür, schob die Neu-Erwachsenen hinein, die gerade noch erkennen konnten, dass es sich nicht um eine weitere Tempelhalle handelte. Lodernde Flammen machten sich im Geist der jungen Frau breit, unerträgliche Hitze – das war der Tod! Das Letzte, was sie bewusst empfing, war ein ungeheurer Schmerz, dazu kam die Erkenntnis, nichts weiter zu sein als Nahrung für den Konverter.

Trivia schrie, gellend, sinnlos. Sie sank zusammen, Tränenfluten brachen aus ihr heraus, noch immer fühlte sie Todespein der anderen. Einer der Roboter wollte Trivia am Arm fassen und vom Boden hochziehen, doch sie schreckte zurück, wich bis in die äußerste Ecke zurück.

„Nein, nein, ich will nicht!“, schrie sie immer wieder. Doch einer seelenlosen Maschine kann man nicht entgehen. Die Maschine packte sie unsanft, aber mühelos am Arm und zerrte sie mit sich. Schließlich ergab sie sich in ihr Schicksal. Wenn sie schon sterben musste, dann wenigstens mit Würde.

So also sah der Dienst der Götter aus? Das war wahrlich keine große Tat, die Berufenen wurden kurzerhand getötet. Auch eine Art von Berufung, dachte Trivia mit bitterer Ironie.

Ihr Gesicht war wie versteinert, ihr Gang schleppend, sie fand sich damit ab, den Brüdern und Schwestern zu folgen, doch sie und die beiden Brüder, die man vor ihr aus dem Raum gebracht hatte, wurden in eine andere Richtung dirigiert. Eine weiße, unscheinbare Tür öffnete sich vor ihnen, dahinter lag ein heller, sauberer Raum. Die Tür wurde hinter ihnen sorgfältig verschlossen. Aus verborgenen Öffnungen klang ein leises Zischen. Der Raum füllte sich überraschend schnell mit einem Gas, wie Trivia erstaunt feststellte. Sie wurde von einem Augenblick auf den anderen völlig ruhig, fast apathisch. Es war ihr nun egal, was die Roboter mit ihr anstellen würden. Schlimmer als der Tod konnte es ohnehin nicht sein. Dachte sie!

Eine Wand glitt zur Seite, was sich dahinter auftat, erschreckte sie trotz der aufgezwungenen Apathie. Doch sie war nicht fähig, noch einmal mit Angst und Schrecken zu reagieren. Teilnahmslos und gleichgültig starrte sie auf das Bild, welches sich ihr und den Brüdern bot.

In langen Reihen lagen dort Wesen ihrer Art auf flachen Krankenliegen, die Körper an Schläuche angeschlossen, den Kopf bedeckt mit einer silbernen Haube, wie sie sie bereits kannte. Unzählige mussten es sein, die hier ihre Gehirnströme durch die bunten Kabel schickten, irgendwohin, einem unbekannten Zweck zu. Willenlos ließen die drei es geschehen, dass die Maschinen sie auf unbenutzte Liegen packten, sie anschlossen an die Schläuche, aus denen eine glasklare Flüssigkeit in ihrer Adern tropfte. Erneut bekamen sie eine Haube übergestülpt, hauchdünne Sonden mit hauchfeinen Nadeln bohrten sich in ihre Gehirne, schufen eine Verbindung zum System, schalteten den freien Willen aus.

Die Gehirne wurden in die Verbindung gezogen, alles war neu und unverständlich, doch dann erschienen die ersten klaren Gedanken von anderen ihrer Art in den Gehirnen. Unwillkürlich stellten sich Fragen; Bedauern und Angst erfüllte die neu hinzugekommenen, als die bereits vorhandenen Gehirne sie in den Kreis aufnahmen. Behutsam und vorsichtig tasteten sich die Gedanken der anderen vor, unterbanden die aufkeimende Panik, dann erlebten Trivia und...

Erscheint lt. Verlag 23.7.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7389-2149-4 / 3738921494
ISBN-13 978-3-7389-2149-6 / 9783738921496
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