Das Kokainschiff (eBook)
223 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-501-1 (ISBN)
Austin James Small (1894-15.1.1929) war ein britischer Schriftsteller mit einem sehr großen Output. Er schrieb Dutzende Pulp-Romane, Western-Geschichten und Agentenreißer, meist unter seinem Pseudonym Seamark. Small starb durch Selbstmord.
Austin James Small (1894–15.1.1929) war ein britischer Schriftsteller mit einem sehr großen Output. Er schrieb Dutzende Pulp-Romane, Western-Geschichten und Agentenreißer, meist unter seinem Pseudonym Seamark. Small starb durch Selbstmord.
Zu diesem Buch
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Langsam dämmerte der graue Morgen über dem breiten Flusslauf der unteren Themse herauf. In der kalten, feuchten Luft lag Teergeruch, und über dem Wasser hingen, flüchtig und vorübergehend wie die Morgendämmerung selbst, gespenstische Nebelschwaden, während die Flut machtvoll die Themse heraufkam. Vor dem Polizeimotorboot ragte die Tower Bridge aus dem leichten Dunst auf, und dahinter erhob sich am Ufer majestätisch die Kuppel von St. Paul.
Die ganze Nacht hindurch hatte das Polizeiboot die weite Wasserfläche auf und ab patrouilliert. Ein genauer Beobachter konnte auch erkennen, dass die Schleppnetze ausgeworfen waren. Grau und trüb plätscherten die Wellen gegen den Bug.
Eine halbe Meile entfernt fuhr die Spindrift stromauf zu ihrem Ankerplatz in der Nähe des Parlamentsgebäudes. Ihr schlanker Kiel durchschnitt das Wasser wie eine scharfe Messerschneide. Es war ein herrliches Boot von rassiger Form, aus Aluminium und Eichenholz gebaut, das schnellste Fahrzeug, das Marineingenieure entworfen und gezeichnet hatten. Wenn der Motor voll arbeitete, konnte das zehn Meter lange Boot mit mehr als sechzig Knoten die Stunde fahren. Aber an diesem Morgen hatte es nur geringe Geschwindigkeit, denn Toby Essex, der Eigentümer, nahm Rücksicht auf die kleinen Boote, die am Ufer angekettet waren. Wenn die Spindrift mit voller Geschwindigkeit fuhr, warf sie eine so große Kielwelle auf, dass selbst schwer beladene Kähne heftig hin und her schaukelten.
Ein hübsches, schlankes Mädchen stand hinter Toby am Steuer. Sie trug einen glitzernden, schwarzen Ölmantel und eine eng anliegende Kappe und machte einen ebenso vorzüglichen Eindruck wie das schnelle Motorboot. Hillary Kittredge war für eine Saison der Pferderennen müde geworden und hatte sich für Motorbootrennen begeistert. Und sie war ganz in ihrem Element, wenn sie während der tosenden Fahrt am Steuer stand, wenn die frische Salzluft ihr ins Gesicht schlug und Schaumspritzer auf sie niederregneten. Wie liebte sie die atemlose Spannung, wenn sie mit dem Boot in möglichst enger Kurve um die Eckbojen jagte! Sie erlebte alle aufregenden Momente eines Rennens mit fiebernden Pulsen, und das Rauschen des aufgepeitschten Wassers war für sie hinreißende Musik. Zwei Stunden lang hatte sie mit Essex außerhalb der Nore-Sandbank1 das schnelle Boot in allen Gangarten ausprobiert. Nun waren sie müde, durchnässt und hungrig wie zwei Matrosen.
Essex bemerkte zuerst das kleine Polizeiboot, das höchstens zehn Knoten in der Stunde machte.
»Möchtest du gern eine Sensation erleben?« fragte er und zeigte auf das Polizeiboot. »Die Schleppnetze sind ausgeworfen, wahrscheinlich fischen sie nach einem Selbstmörder.«
»Ich sehne mich mehr nach einem ordentlichen Frühstück mit Schinken und Eiern. Wenn du dich nur dazu entschließen würdest, den alten Kasten schneller laufen zu lassen! Dann kämen wir wenigstens noch nach London, bevor die Frühstückskarten von den Tischen genommen werden. Wenn du mich fragst –«
Essex brachte sein Rennboot etwa in hundert Meter Entfernung zum Stehen. Er und Hillary beobachteten, wie sich die Schleppleinen spannten und wie die Netze eingeholt wurden. Die Beamten lehnten sich weit über den Hinterteil des Bugs hinaus, um einen Gegenstand zu fassen, der sich langsam aus dem Wasser hob.
Die beiden konnten zunächst nicht genau erkennen, was es war; erst als die Beamten drüben mit starken Armen zugriffen, entdeckten sie, dass die Leute einen menschlichen Körper an Bord zogen.
Essex sah sich schweigend nach seiner Begleiterin um. Hillary war bleich geworden und blickte starr auf die traurige Szene. Sie hatte den Mund ein wenig geöffnet, und ihre Finger trommelten nervös gegen das Holz.
»Um Himmels willen, Toby, es ist ein Toter!« rief sie.
Essex stellte den Motor wieder an, und das Boot bewegte sich langsam vorwärts. »Rege dich nicht darüber auf. Das passiert hier auf der Themse leider ziemlich häufig. Die Zeitungen nehmen kaum noch Notiz davon.«
In diesem Augenblick fuhr die Spindrift unter dem weit vorragenden Hinterteil eines Frachtdampfers durch, der in der Nähe von Wapping Old Stairs vor Anker lag. Essex sah zu der schmutzigen und rostigen Brücke des Dampfers hinauf, um nicht immer das unangenehme Bild vor Augen zu haben. Plötzlich stieß er Hillarys Fuß an.
Sie sah sich schnell nach ihm um und folgte dann der Richtung seines Blicks. In derselben Sekunde erkannte sie, dass es sich hier um mehr als einen Selbstmord handelte.
Über die Brücke lehnte sich ein hässlicher Mann. Sein Gesicht war aufgeschwemmt und fleischig und passte zu seinem unförmigen Körper. Die Schlitzaugen, die deutlich asiatische Abstammung verrieten, blickten nach dem Polizeiboot. Der feindselige, teuflische Ausdruck in den Zügen dieses Menschen war geradezu furchterregend. Die Augen flammten wie glühende Kohlen, und das Gesicht war verzerrt von dämonischer Wut.
Er schien das elegante Motorboot, das dicht an seinem Dampfer vorbeifuhr, überhaupt nicht zu sehen; seine Blicke verschlangen das Polizeiboot. Langsam hob er die Faust und drohte den drei Männern, die immer noch mit der Bergung des Toten beschäftigt waren.
Hillary hielt den Atem an, als sie zur Brücke hinaufsah, als ob die Wildheit und der Hass dieses Mannes sie hypnotisiert hätten.
»Was soll das nur bedeuten?« fragte sie schließlich.
Essex zuckte die Schultern. »Die Strompolizei ist im Allgemeinen nicht beliebt bei solchen Leuten. Alle möglichen Menschen kommen im Lauf des Jahres die Themse herauf, und viele von ihnen sind gerade nicht sehr angenehm und manierlich. Wahrscheinlich hat der da oben auch einen Groll gegen die Beamten. Vielleicht haben sie ihn einmal scharf angefasst und ihm das Spiel verdorben, und nun revanchiert er sich dafür.«
»Aber Toby, das ist doch ein Chinese! Ich dachte immer, diese Leute wären bekannt wegen ihrer unbeirrbaren Ruhe. Sie zeigen doch sonst niemals ihre Gefühle.«
»Hm – es mag ein halber sein. Jedenfalls macht er aus seinem Herzen keine Mördergrube und zeigt deutlich, was er von den Beamten denkt.«
Hillary Kittredge trat zu ihm und nahm ihm das Steuer aus der Hand. Ihre Augen blickten entschlossen, und das Kinn hatte sich etwas vorgeschoben.
»Was ist denn los?« fragte Essex.
»Ich fahre zu dem Polizeiboot«, erklärte sie bestimmt.
Essex kannte diesen Ton und überließ ihr das Steuer ohne Widerspruch. Er sah sie gern,...
Erscheint lt. Verlag | 12.12.2024 |
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Reihe/Serie | Krimis bei Null Papier | Krimis bei Null Papier |
Mitarbeit |
Fußnoten: Jürgen Schulze |
Übersetzer | Jürgen Schulze, Ravi Ravendro |
Verlagsort | Neuss |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Edgar Wallace • Krimi • London • Moriarty • Rauschgift • Schmuggel • Sherlock Holmes • Spione |
ISBN-10 | 3-96281-501-5 / 3962815015 |
ISBN-13 | 978-3-96281-501-1 / 9783962815011 |
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