Walter muss weg (eBook)

Frau Huber ermittelt. Der erste Fall

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
384 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31757-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Walter muss weg -  Thomas Raab
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Auf dem Dorf kommen die Leichen wenigstens an die frische Luft! Glaubenthal: Umgeben von ausgedehnten Wäldern liegt es in einer sanften, von wildromantischen Schluchten durchzogenen Hügellandschaft. Doch der schöne Schein trügt - dieses Dorf hat es in sich! Das bekommt auch Hannelore Huber auf der Beerdigung ihres Mannes zu spüren. Groß war die Vorfreude auf ein beschauliches Leben in Harmonie: endlich Witwe. Nun aber muss sie auf ihre alten Tage auch noch Ermittlerin werden. Denn im Sarg ruht, wie sich zeigt, nicht ihr Ehegatte, sondern eine falsche Leiche ... Thomas Raab erzählt mit großartigem schwarzem Humor, wie sich die grantige Huberin auf die Suche nach dem verstorbenen Ehegatten begibt und zu ermitteln beginnt. Unterstützung erhält sie dabei ungebeten von einer fremden rotzfrechen Göre, die zumindest einen vielversprechenden Nachnamen trägt: Glück.

Thomas Raab, geboren 1970, lebt nach abgeschlossenem Mathematik- und Sportstudium als Schriftsteller, Komponist und Musiker mit seiner Familie in Wien. Zahlreiche literarische und musikalische Nominierungen und Preise, u.a. den »Buchliebling« 2011 und den Leo-Perutz-Preis 2013. Die Kriminalromane rund um den Restaurator Willibald Adrian Metzger zählen zu den erfolgreichsten in Österreich. Zwei davon wurden bereits für die ARD verfilmt. Außerhalb der Metzger-Reihe erschien 2015 der vom Feuilleton hochgelobte Serienmörderroman »Still. Chronik eines Mörders«. 2017 wurde Thomas Raab mit dem erstmals verliehenen Österreichischen Krimipreis ausgezeichnet. »Peter kommt später« ist nach »Walter muss weg« (2019) und »Helga räumt auf« (2020) der dritte Band der Bestsellerreihe um die Ermittlerin Hannelore Huber.

Thomas Raab, geboren 1970, lebt nach abgeschlossenem Mathematik- und Sportstudium als Schriftsteller, Komponist und Musiker mit seiner Familie in Wien. Zahlreiche literarische und musikalische Nominierungen und Preise, u.a. den »Buchliebling« 2011 und den Leo-Perutz-Preis 2013. Die Kriminalromane rund um den Restaurator Willibald Adrian Metzger zählen zu den erfolgreichsten in Österreich. Zwei davon wurden bereits für die ARD verfilmt. Außerhalb der Metzger-Reihe erschien 2015 der vom Feuilleton hochgelobte Serienmörderroman »Still. Chronik eines Mörders«. 2017 wurde Thomas Raab mit dem erstmals verliehenen Österreichischen Krimipreis ausgezeichnet. »Peter kommt später« ist nach »Walter muss weg« (2019) und »Helga räumt auf« (2020) der dritte Band der Bestsellerreihe um die Ermittlerin Hannelore Huber.

2 Und sie bewegt sich doch


Drei Tage ist es her. Da nahm er mittels eines Telefonanrufes zu ihr Kontakt auf. Gott.

Sie mochte ihn noch nie, diesen eitlen Pfau mit seinem stets akribisch, schmierig nach hinten gekämmten Haar, langen, geschmeidigen Fingern, seiner drahtigen Figur. Viel zu groß, viel zu braun gebrannt, viel zu geschniegelt für seinen Beruf, denn wenn es nach der alten Huber ginge, sollte sich seine Heiligkeit ja zwischen den Sprechstunden nicht selbstgefällig die Frisur samt Kragen richten, sondern in erster Linie gründlich auf seine Patienten schauen. Kurt Stadlmüller also war am Apparat.

»Hallo, Hanni!«

Schweigen.

»Ich bin’s, dein Bürgermeister!«

Wieder Schweigen.

»Hannelore! Bist du dran!«

»Rufst du mich grad an oder auf?«

Kurt Stadlmüller ist der in Glaubenthal praktizierende Allgemeinmediziner, muss man wissen. Dorfarzt und Bürgermeister in Personalunion, kurz genannt: Bürgerdoktor. Ein Umstand, der informationstechnisch günstiger kaum sein kann. Sprechstunden, Hausbesuche, Leichenschau. Da lernt man seine Pappenheimer nämlich gründlich kennen. Und weil es der Herrgott in Weiß mit seiner Schweigepflicht ähnlich genau nimmt wie der hiesige Gottesdiener in Schwarz, sprich Pfarrer Ulrich Feiler, mit dem Beichtgeheimnis, hat ihm die ohnedies so wortkarge Hannelore nichts mehr zu sagen.

 

»Ganz schön schlecht schaust du aus!«, musste sie vergangenen Herbst notgedrungen in seinem Wartezimmer Platz nehmen, zwischen der Schleimbeutelentzündung des Postlers Emil Brunner und dem Nesselausschlag der Pfarrersköchin Luise Kappelberger.

»Dass du schlecht ausschaust, hab ich g’sagt!«, so ebendiese erneut, mit gewohnt feindseligem Unterton. Worauf sich die alte Huber zu einem heftigen Hustenanfall hat hinreißen lassen und entsprechend schnell an die Reihe kam. »Darfst vor, dann bist schneller wieder weg!«

Seit Wochen schon ausgehöhlt war ihr Zustand, energielos. Der Kopf schwer, Appetit und Schlaf zu finden ebenso, dazu eine Dauererkältung, Halsschmerzen, jedes Hausmittel sinnlos, sogar ihr Johanniskraut.

»Das wird wie beim Eselböck Alfred und der Schäfer Heike etwas Bakterielles sein«, so Doktor Stadlmüller. »Ich verschreib dir ein Antibiotikum. Außerdem tippe ich zusätzlich auf ein seelisches Tief. Kummer. Hast du schon mit Walter gesprochen?«

Hannelore verstand die Frage nicht. Als wäre für den großen Kummer dieser Ehe extra noch ein Gespräch nötig gewesen.

»Mit Walter? Worüber? Ob er zur Abwechslung zu Hause einen Finger rührt, anstatt mit dir beim Brucknerwirt oder weiß der Teufel wo herumzuhocken?« Beste Freunde eben, die beiden.

Und offenbar verstand auch Kurt Stadlmüller diese Antwort nicht, griff nur in seinen Medikamentenschrank.

»Ich geb dir versuchsweise etwas mit.«

»Spinnst du jetzt komplett! Hanf-Öl?«

»Kein Mensch wird dich verhaften, Hanni. Ist legal, frei von Suchtstoffen, lässt deine innere Unruhe verschwinden, fördert den Schlaf und wirkt als natürlicher Stimmungsaufheller besser als dein Johanniskraut. Kannst du beruhigt nehmen, dann wird das alles ein bisschen erträglicher. Auch dein Mann.« Gemeint hat er allerdings: ›Auch für deinen Mann!‹, diese Ausgeburt der Niedertracht.

Denn keine paar Tage später kam Walter die zweite Nacht hintereinander schon nicht nach Hause. Also ist sie anstandshalber zum Brucknerwirt hinuntermarschiert, die alte Huber. Ein Mindestmaß an Sorge füreinander gehört sich eben sogar in der schlechtesten Ehe, außerdem wäre es nicht das erste Mal gewesen, wenn der Stammtisch auch als Sterbebett hätte herhalten müssen. Entsprechend groß ihre Anspannung bei Betreten der Gaststube.

Völlig umsonst, denn dort saß er dann auf seiner Eckbank. Walter. Ein Frühstücksbier vor, Kurt Stadlmüller neben und offenbar jede Menge Groll in sich. Schwere Gewitterwolken hingen da noch in der Luft, so viel erkannte die alte Huber schon allein an den verbissen in ihre Richtung starrenden Gesichtern, musste also gerade ziemlich heftig gekracht haben zwischen den beiden.

»Und?«, brach sie das Schweigen: »Bist du jetzt endgültig hierher übersiedelt?« Nur da kam kein Wort zurück, wurde durch sie hindurchgesehen, als stünde nicht einmal ein Niemand hier, sondern nur das Nichts. So etwas trifft.

Sprachlos ist sie wieder hinaus, die in den Rahmen gedonnerte Tür ihr einziger Kommentar, hinterdrein zuerst Walters Gebrüll: »Ich hab geglaubt, du nimmst jetzt Haschischtropfen zur Beruhigung!«, dann die Stimme des Bürgerdoktors: »Ein elender Sturkopf bist du, Walter!« und schließlich die Brucknerwirtin Elfie: »Was nimmt die Hanni?«

Und weil Elfie Bruckner, die Pfarrersköchin Luise Kappelberger und die Gemischtwarenhändlerin Heike Schäfer hier der aktuelle Dienst sind, die örtlichen Tagesthemen, Zeit im Bild, verbreitete sich die freudige Nachricht ruckzuck in ganz Glaubenthal: »Die alte Huber schluckt jetzt Drogen gegen ihren Grant. Hoffentlich hilft’s!« Kein Wort mehr hat sie seither mit diesem Kurpfuscher Stadlmüller gewechselt.

Bis eben zu diesem Anruf vor drei Tagen.

 

»Es ist etwas passiert, Hannelore!«

»Wird das jetzt ein Quiz? Also red. Fällt dir ja sonst nicht so schwer!«

»Etwas wirklich Schreckliches!« Überraschend kleinlaut sein Tonfall. Dazu ein Schlucken, das nervöse Schmatzen eines trockenen Rauchermundes, und endlich die Fortsetzung.

»Ich bin gerade bei der Marianne, wenn du weißt, was ich mein.«

Natürlich ein Hohn, diese Feststellung. Möglicherweise wüsste der eine oder andere Glaubenthaler bei Ban Ki-moon nicht weiter, Anne-Sophie Mutter, Lang Lang oder Kurz sogar. Marianne aber kennt hier jeder, dieses zwischen Sankt Ursula und Glaubenthal gelegene Provinzpuff. Mutterseelenallein wartet es auf weiter Flur, und wenn die Nacht einbricht, schimmert der umliegende Raps nicht mehr goldgelb, sondern kirschrot. Sogar die sanfte grüne Hügelkette dahinter leuchtet noch in einem herrlichen Rosa. Bunte Welt.

»Stell dir vor, Hanni. Die haben mich angerufen, weil, weil … Der Walter. Er liegt hier! Bist du noch in der Leitung?«

»Gleich nicht mehr!«

»Verstehst du denn nicht?«, kam Doktor Stadlmüller endlich auf das Wesentliche zu sprechen. »Dein Mann ist –«

Tot also.

Nicht durch Verkehrsunfall oder Gehirnschlag, sondern laut ärztlicher Diagnose beides. Die zentrale Gefäßerweiterung hier, die finale Gefäßverengung dort. Ekstase und Ex. Höhepunkt und Punkt. Blöde Geschichte.

Ein Schock natürlich, so eine Neuigkeit. Und demütigend obendrein. Ohnedies schon eine Ehe führen, jede Schmeißfliege erfährt zu Hause deutlich mehr Aufmerksamkeit, und dann stirbt der werte Gemahl als Draufgabe auch noch in den Armen einer Prostituierten. Grund genug, den Göttergatten posthum gehörig zum Teufel zu schicken. Hannelore aber kam es trotzdem so vor, als hätte das alles nichts mit ihr zu tun, als liefe gerade das Transistorradio, und ein Nachrichtensprecher würde von dem Schicksal eines ihr unbekannten Pianisten berichten, seinem Spaziergang, dem Gehsteig, der Häuserzeile, dem herabstürzenden Stutzflügel. Unpersönlich zwar, und doch irgendwie: »Ach herrje! Wenigstens ein schneller Tod!« Beim besten Willen wusste sie also nicht, was sagen, wie reagieren.

Anders Bürgerdoktor Stadlmüller: »Keine Sorge, Hanni, ich regle das schon. Diskretion wird hier großgeschrieben, und die blöde Nachred braucht keiner. Wir erzählen einfach, Walter wäre bei einem Waldspaziergang verstorben und ich hätte ihn beim Joggen gefunden. Das glaubt jeder. Du kannst dich auf mich verlassen!«

Beinah ein Lacher wäre ihr ausgekommen. Diskretion? Sich verlassen können? Auf Kurt Stadlmüller? Ein Wunder wäre das. Und wenn schon Wunder, dann wohl eher Lourdes, Fátima, Bern, aber garantiert nicht Glaubenthal. In Windeseile würde hier der Spott umgehen: »Habt ihr schon gehört. Der Huber Walter hat sich zu Tode spaziert, waagrecht! Schöner kann Mann nicht sterben.«

Und je länger die alte Huber den Bürgermeister da reden hörte, desto klarer wurde ihr: Alles nicht wichtig. Das Bordell, der Betrug, die Kränkung. Ob Kurt Stadlmüller schweigt oder spricht, die Glaubenthaler trauern oder lachen, selbst wenn von nun an möglicherweise jede Menge hoffnungsfrohe Ehefrauen ihre Männer mit ein paar Marianne-Gutscheinen überraschen. Egal.

Das Glück hat schließlich viele Gesichter, und nein, darunter müssen zwingenderweise nicht immer nur lebendige sein. Hoch lebe das Etablissement Marianne. Ein Ort allergrößter Befriedigung, zuerst für Walter, und von nun an auch für Hannelore selbst.

»Sag mir, wie sie heißt.«

»Wer?«

»Die Dame, bei der es passiert ist!«

»Warum willst du das wissen?« Die pure Angst lag da plötzlich in der Stimme des Bürgermeisters. Sein nervöses Schmatzen wie ein Maul voll bittrer Medizin. Herrlich, um nachzusetzen, Druck zu erzeugen: »Sag mir, wie sie heißt, oder ich bestell mir ein Taxi und komm!« Dann endlich: »Svetlana!«

Das musste sein. Aus Anstand dieser Frau gegenüber. Denn wenn schon ein Dankgebet, dann wissen, an wen!

Gelobt sei Svetlana, in Ewigkeit, Amen.

 

Und jetzt also steht sie hier, die alte Huber, nach drei intensiven Tagen der Begräbnisvorbereitung, der...

Erscheint lt. Verlag 16.8.2018
Reihe/Serie Frau Huber ermittelt
Frau Huber ermittelt
Frau Huber ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alpen-Krimi • Bestseller-Autor • Dorf-Krimi • Frau Huber • Krimi-Bestseller • Krimi Neuerscheinung 2020 Taschenbuch • Krimi-Neuerscheinungen 2018 • Landhaus-Krimis • Metzger-Krimi • Miss Marple • Österreichischer Krimipreis • Österreich-Krimi • Rita Falk • Thomas Raab
ISBN-10 3-462-31757-1 / 3462317571
ISBN-13 978-3-462-31757-2 / 9783462317572
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Droemer eBook (Verlag)
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Droemer eBook (Verlag)
9,99