Die Todeskönigin (eBook)

Roman
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2018
Penhaligon Verlag
978-3-641-21465-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Todeskönigin - Sarah Beth Durst
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Sie hat nur eine Möglichkeit, ihre Kinder zu beschützen - sie muss Königin werden.
Naelin weiß, was sie sich vom Leben wünscht: Familie, Kinder und ein ruhiges, glückliches Leben. Auf gar keinen Fall will sie Königin von Aratay werden. Sie scheut sowohl die Verantwortung als auch die damit verbundene Gefahr für ihr Leben und das Leben ihrer Kinder. Doch kann sie sich dieser Bürde entziehen, wenn ihre Weigerung jeden einzelnen Menschen in Aratay in tödliche Gefahr bringt? Denn in ihrem Land ist die Königin der einzige Schutz des gewöhnlichen Volks vor den Geistern, und Naelin ist die einzige mögliche Erbin der todgeweihten Königin Daleina. Wem gilt ihre größere Pflicht - ihren eigenen Kindern oder einem ganzen Volk ...?

Sarah Beth Durst hat an der Princeton University Anglistik studiert. Sie verbrachte dort vier Jahre damit, über Drachen zu schreiben und sich zu fragen, was die Campus-Gargoyles wohl erzählen würden, wenn sie sprechen könnten. Seit über 10 Jahren schreibt sie sehr erfolgreich Fantasy für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und wurde mehrfach ausgezeichnet (u.a. von der American Library Association). Mit ihrem Mann und ihren Kindern lebt sie in Stony Brook, New York.

Kapitel 1

Allem wohnt ein Geist inne: der Weide mit ihren Blättern, die sachte über die Oberfläche des Teiches streifen, dem Bach, der den Fluss speist, dem Wind, der den Geruch nach frischem Schnee mit sich bringt …

Und diese Geister wollen dich töten.

Es ist die erste Lektion, die jeder Bewohner von Renthia lernt.

Im Alter von fünf Jahren hatte Daleina miterlebt, wie ihr Onkel von einem Baumgeist in Stücke gerissen wurde, weil er in seinem eigenen Obstgarten einen Apfel gepflückt hatte. Mit zehn war sie Zeugin der Zerstörung ihres Heimatdorfes durch wild gewordene Geister geworden. Mit fünfzehn trat sie der namhaften Nordost-Akademie bei, und mit neunzehn wurde sie von einem Meister ausgewählt, der ihre Ausbildung vollendete. Noch im gleichen Jahr wurde sie Thronanwärterin und kurz darauf gekrönt: Königin Daleina der Wälder von Aratay, die einzige Überlebende des Krönungsmassakers. Sie hatte mindestens ein halbes Dutzend Lieder über ihre Geschichte gehört, und ein jedes schmerzte ihr mehr in den Ohren als das vorangegangene. Ganz besonders hasste sie die schrill klingenden Balladen über ihre Krönung, einen Tag, den sie lieber vergessen hätte. Doch immer wieder wurde er ihr von einem Sopran mit allzu einsatzfreudiger Lunge in den Schädel gehämmert.

Sechs Monate nach ihrer Krönung – die Beerdigungen lagen nun schon eine Weile zurück und die vielen Gräber ihrer Freundinnen waren nicht mehr so frisch – wollte ganz Aratay seine neue Königin feiern, und sie hatte sich von diesem Wunsch der Bevölkerung mitreißen lassen. Sie hatte beabsichtigt, ein Zeichen ihrer Herrschermacht zu setzen, indem sie eine der verödeten Landflächen, die während des Massakers entstanden waren, wieder fruchtbar machte und sie durch einen neuen Dorfbaum ersetzte.

Es ist, dachte sie, eine der schlechtesten Ideen, die ich seit Wochen gehabt habe.

Bei Tagesanbruch lag Daleina wach im Bett und wünschte, sie hätte sich entschieden, stattdessen mit einer Parade zu feiern. Paraden waren schön. Alle mochten Paraden. Oder sie hätte den heutigen Tag einfach zu einem Feiertag erklären und alle wieder ins Bett schicken können. Aber nein, ich musste es dramatisch und königinnenhaft machen.

Sie legte sich ihre seidene Robe um die bloßen Schultern und trat auf den Balkon. Daleina hatte für sich Gemächer in den Ästen eines der östlichen Bäume gewählt, statt in die Räume der ehemaligen Königin zu ziehen. Es erschien ihr falsch, im Bett der Frau zu schlafen, die zu töten sie geholfen hatte.

An das glatte Holz des Torbogens gelehnt spähte sie hinaus. Ihr offenes Haar mit seinen Strähnen in Rot, Gold, Orange und Braun fiel ihr ins Gesicht, und sie strich es zurück. Draußen drangen die zitronengelben Strahlen der Sonne zwischen den Blättern hindurch, und die Rinde erglänzte warm, wo das Licht sie berührte. Daleina sah kleine Fleckchen Himmel, helles Morgenblau, aber nur, wenn der Wind kräftig genug wehte, um das Blätterdach über ihr in Bewegung zu versetzen. Die Bäume in diesem Bereich des Waldes waren groß und dicht, mit Ästen, die sich gegenseitig umschlangen, und Blättern, die den Blick nach oben auf den größten Teil des Himmels und nach unten auf die gesamte Erde versperrten. In den Ästen hockten bereits Menschen, die früh dort ihr Lager aufgeschlagen hatten, um die beste Sicht zu haben. Auf sie. Seufzend trat sie zurück.

Du hast gewusst, dass du Publikum haben würdest, sagte sie sich. Du brauchst also gar nicht so überrascht zu tun.

Hinter ihr ertönte eine amüsierte Stimme: »Sie nennen Euch nicht mehr die Blutkönigin. Jetzt nennen sie Euch Königin Daleina, die Furchtlose.«

Daleina schnaubte. »Alle furchtlosen Menschen, die mir je begegnet sind, waren schrecklich dumm.« Sie drehte sich um. Vor ihr stand Kommandantin Alet, ihre treue Wächterin und Freundin. Alet schien stets ein außergewöhnliches Gespür dafür zu haben, wann Daleina wach war. Sie war lautlos in den Raum getreten und stand jetzt vor der reich verzierten Tür, in Lederrüstung, mit Messern, die sie an Arme und Beine gegürtet trug. Ihr dichtes schwarzes Haar mit der weißen Strähne war hochgesteckt, und sie hatte noch mindestens zwei weitere Messer in ihren Locken verborgen.

»Es soll ein Kompliment sein, aber wenn ich die Menschen davon abhalten soll, Euch so zu nennen, dann braucht Ihr es nur zu sagen. Ich kann jederzeit ein paar der schlimmsten Missetäter erstechen.«

»Ihr seid zu freundlich. Blutrünstig, aber freundlich.« Daleina straffte die Schultern und ging zu ihrem Schrank hinüber. Sie öffnete die Türen, hinter denen ihr Krönungskleid sichtbar wurde, ein wahres Wunderwerk aus Spitze, die im Morgenlicht schimmerte. Vorsichtig berührte sie den Stoff. Siebzehn Näherinnen hatten daran gearbeitet und sorgfältig Hunderte von Glasperlen aufgestickt, damit sie aussah wie mit funkelndem Tau benetzt. Das Kleid konnte noch in nahezu vollständiger Dunkelheit das Licht einfangen. Es war bei Weitem das Hübscheste – und Unpraktischste – , was sie je gesehen hatte.

»Nach dem heutigen Tag wird man noch viel mehr Lieder über Euch schreiben«, bemerkte Alet.

»Vor allem, wenn ich sterbe.«

»Vor allem dann«, bestätigte Alet.

Daleina zog die Augenbrauen hoch. »Ihr solltet eigentlich sagen, dass mir mein Vorhaben zweifellos gelingen wird. Dass ich die großartigste Königin bin, die Aratay je gesehen hat, die Beste der Besten, das Juwel des Waldes, die Geißel der Geister, die unser Blut vergießen, und so weiter.« Alle Höflinge liebten diese Phrasen, und Daleina war überzeugt, dass sie auf das Repertoire zurückgriffen, dessen sie sich schon gegenüber ihrer Vorgängerin bedient hatten, Königin Fara. Daleina wusste nur zu genau, dass sie nie die Beste der Besten gewesen war.

Sie war lediglich die Einzige gewesen, die überlebt hatte.

Alet schwieg für einen Moment, dann sagte sie: »Ihr könnt es immer noch absagen.« Ihre Miene war ausdruckslos, sie verbarg geschickt, was sie dachte. Daleina hatte diesen Gesichtsausdruck im Spiegel geübt, aber bei ihr funktionierte es nie so recht. Stets verriet sie ein Zucken ihrer Lippen oder ihrer Augenbrauen.

»Ihr wisst, dass ich das nicht kann.«

»Doch, das könnt Ihr«, berichtigte Alet. »Ihr wollt es nur nicht.«

Daleina musterte ihre Freundin. Alet hatte eine frische Narbe über der Augenbraue. Sie war dick und rot, aber wer immer sie angegriffen hatte, hatte ihr Auge verfehlt. Und sie hatte sich heute für ihre Kriegsrüstung entschieden statt für die Festtagskleidung. Auch auf dem Leder prangte das königliche Wappen, aber es war mit Gold und Grün gemalt, statt mit allerlei Schmuckelementen bedeckt zu sein, die sich an einem Zweig oder einer Waffe verfangen konnten. Warum hat sie … Plötzlich verstand Daleina. »Ihr könnt mir nicht folgen. Ich muss es allein tun. Und das beunruhigt Euch.«

Alet verzog das Gesicht. »Ihr werdet nicht geschützt sein vor Pfeilen, Speeren und geworfenen Gegenständen jeder Art. Die Situation ist eine ganz andere als bei den Thronprüfungen, wo Ihr ausreichenden Sicherheitsabstand zum Volk hattet. Ihr seid für jedermann sichtbar, und obwohl Euch Euer Volk von Herzen liebt, gibt es doch auch ein paar wenige, die Euch töten wollen.«

»Menschliche Feinde machen mir keine Sorgen«, wandte Daleina ein. »Die Geister werden mich beschützen.«

»Ihr wisst, dass Ihr ihnen nicht trauen könnt.«

»In dieser Angelegenheit kann ich es.«

Alet schüttelte den Kopf. Die Messer in ihrem Haar bewegten sich nicht. Eine widerspenstige Locke löste sich jedoch aus den Nadeln und fiel ihr in die Stirn. Dass Alet auch nur eine solche Kleinigkeit ihrer Kontrolle entgleiten ließ, überraschte Daleina. »Die Geister wollen Euren Tod«, erklärte Alet brüsk.

»Sie wollen mich töten. Kleiner Unterschied. Wenn sie einem menschlichen Bogenschützen gestatten, mein Herz mit seinem oder ihrem Pfeil zu durchbohren, dann wird ihnen das Vergnügen verwehrt, mich bei lebendigem Leib zu häuten.« Daleina nahm das wunderschöne Kleid aus dem Schrank und trug es zu ihrem Bett. »Helft Ihr mir beim Umziehen?«

Seufzend verließ Alet ihren Posten an der Tür und ging zum Bett hinüber. »Ihr solltet eine der Palastdienerinnen rufen lassen, damit sie Euch hilft. Dieses alberne Kleid hat mindestens tausend Knöpfe.«

Daleina ließ ihr Seidenkleid von den Schultern gleiten, und es sammelte sich als kleines Häufchen zu ihren Füßen. »Es hat siebenunddreißig Knöpfe, und ich will heute keine Dienerinnen um mich haben. Nur meine Freundin.«

Sie sah einen Muskel in Alets Wange zucken, beinahe ein Lächeln, und Daleina lächelte zurück. Als sie die Arme hob, streifte Alet ihr das Krönungskleid über den Kopf. Sie kam sich vor wie in eine Wolke gehüllt. Die verschiedenen Schichten des Rocks flatterten um sie herum. Sie drehte Alet den Rücken zu und wandte sich zum Spiegel, während ihre Freundin ihr das Kleid zuknöpfte.

Wahrscheinlich wäre es ratsam, ein klein wenig Puder unter den Augen aufzutragen, um die Spuren ihrer Schlaflosigkeit zu verbergen. Niemand durfte glauben, dass sie nicht im absoluten Vollbesitz ihrer Kräfte war. In diesem Punkt hatte Königin Fara recht gehabt: Die Menschen wollten nicht fürchten müssen, dass sie eine schwache Königin hatten. Vielleicht sollte sie einen Hauch Rosa auf ihre Wangen legen. Eingehüllt in das schimmernde Weiß und Gold ihres Gewandes wirkte sie bleich. »Sehe ich königlich oder kränklich...

Erscheint lt. Verlag 26.11.2018
Reihe/Serie Die Königinnen von Renthia
Die Königinnen von Renthia
Übersetzer Michaela Link
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Reluctant Queen (The Queens of Renthia 2)
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte All Age • Coming of Age • eBooks • elementargeist • Fantasy • Freundschaft • Für Leser von Trudi Canavan • Heroische Fantasy • High Fantasy • Kendare Blake • Peter V. Brett • Schule
ISBN-10 3-641-21465-3 / 3641214653
ISBN-13 978-3-641-21465-4 / 9783641214654
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