Raven - Söhne des Donners (eBook)

Roman
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2018 | 1. Auflage
432 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-22336-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Raven - Söhne des Donners -  Giles Kristian
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Raven, den man als Blutauge kennt, und seine Wikinger-Brüder sind verraten worden. Der missgünstige Ealdred ist geflohen - in das Reich von Kaiser Charlemagne, wo angeblich unendliche Reichtümer versteckt sind. In der Wut brennender Rache machen Raven und sein Wolfsrudel harter Kämpfer sich auf in das Land der Christen, wo die Heiden unbekannte Gefahren, finstere Intrigen und große Schlachten erwarten.

Seine norwegische Herkunft und die Werke von Bernard Cornwell inspirierten Giles Kristian dazu, historische Romane zu schreiben. Um seine ersten Bücher finanzieren zu können, arbeitete er unter anderem als Werbetexter, Sänger und Schauspieler. Doch Kristians Herz schlägt für die Welt der Wikinger, die er in Götter der Rache zum Leben erweckt. Mittlerweile ist Giles Kristian Bestseller-Autor und kann sich ganz dem Schreiben widmen.

1

Niemand verrät seine Gemeinschaft und erlebt, dass sein Haar weiß wird. Denn eine solche Gemeinschaft ist aus Ehre und Eid geschmiedet, sie ist stark wie ein Bär, schnell wie ein Drachenschiff und so nachsichtig wie das Meer. Wenn du eine Kameradschaft verrätst, bist du ein toter Mann, und Ealdorman Ealdred von Wessex hatte uns verraten.

Das Segel war gesetzt und die Fichtenruder verstaut, also kümmerten sich die Männer um ihre Ausrüstung. Sie schliffen ihre Schwerter, wetzten geduldig die Scharten aus, die der Kampf hinterlassen hatte. Das rhythmische Schaben wirkte beruhigend, ebenso die gemurmelten Gespräche und das nasse Flüstern, mit dem der Bug der Seeschlange durchs Meer glitt. Die Männer legten ihre Brynjur über die Knie, suchten nach beschädigten Ringen, die sie mit Ringen der Brynjur ersetzten, die sie den Toten ausgezogen hatten. Zwei Nordmänner warfen sich grunzend einen Sack zu, der recht schwer zu sein schien. In dem Sack war grober Sand, und wenn man sein Kettenhemd hineinlegte und den Sack anschließend herumschleuderte, scheuerte der Sand den Rost vom Eisen und machte das Kettenhemd wie neu. Andere Männer schmierten ihre Brynjur mit Schafsfett ein, wickelten frisches Leder oder dünnen Kupferdraht um ihre Schwertgriffe, reparierten Schildriemen und spannten neue Häute über die Bretter aus Lindenholz. Sie hämmerten Beulen aus Helmen, schärften Speerblätter so spitz, dass man damit eine Schnecke aus ihrem Haus spießen konnte. Axtköpfe wurden auf ihren festen Sitz am Schaft überprüft, damit sie nicht beim ersten Schlag davonflogen. Silber wurde gewogen, Pelze wurden überprüft, und die Männer stritten, nörgelten oder prahlten über die Beute, die sie in ihren Seekisten hatten.

Wir kämmten uns Flöhe aus den Bärten und dem Haar, durchlebten unsere Kämpfe aufs Neue, wobei wir unsere Taten und unsere Kühnheit übertrieben, spielten Tafl, überprüften die Kalfaterung der Seeschlange und legten Lederstreifen in Stiefel, um Löcher zu stopfen. Wir kümmerten uns um unsere Verletzten und erzählten uns Geschichten von Freunden, die jetzt an Óðins Metbank in Walhall saßen. Wir beobachteten die Möwen hoch über uns und genossen das Knarren des Spanten und das leise Summen der Takelage. Und die ganze Zeit glaubten wir, dass Njørð, der Gott des Meeres, der freundlich zu denen ist, die ihn achten, unser Segel mit Wind füllte und wir schon bald unsere Beute als einen dunklen Punkt am sonnigen Horizont sehen würden. Die Fjord-Elch.

Denn uns trieb ein frischer Wind von achtern vor sich her, und wir machten gute Fahrt. Das Land der Wessexmänner war schon bald nur noch ein grünes Band am Horizont im Norden. Blieb uns Njørðs Wohlwollen erhalten, würde Sigurd mit der Seeschlange auch nachts weitersegeln, um den Abstand zwischen der Fjord-Elch und uns zu verkürzen. Wenn wir dann schließlich die verräterischen Männer erreichten, die auf ihr segelten, würden unsere Schwerter und Äxte bald Blut schmecken.

Asgot der Godi zog einen Hasen aus einem Segeltuchsack. Es war ein räudiges Tier, das seit unserem Aufbruch wie verrückt in dem Sack gekratzt und getreten haben musste. Denn sein Fell war schweißnass, sein Maul blutig, und die Augen wild aufgerissen vor Furcht. Der Godi packte seinen Kopf mit seiner alten Faust, zückte sein scharfes Opfermesser und stach es dem Tier in die Brust. Mit seinen langen Beinen trat es hoffnungslos in der Luft. Dann zog Asgot die Klinge dem Hasen über den Bauch. Ein paar Eingeweide fielen auf die Planken, aber trotzdem trat das Tier immer noch in der Luft, als hoffte es, über eine Sommerwiese entkommen zu können. Dann wischte der Godi das blutige Messer am Fell des Hasen ab, steckte es in die Scheide und riss den Rest der Eingeweide heraus, das immer noch klopfende Herz und den dunklen Darm der Kreatur. Er schleuderte sie ins Meer. Anschließend warf er den Kadaver hinterher. Wir sahen eine Weile zu, während die Wellen diese winzige Opfergabe davontrugen. Die Seeschlange segelte weiter und der Hase verschwand unter Ráns Töchtern. Dabei sprach Asgot unaufhörlich zu den Göttern, bat sie, uns mit einem ruhigen Meer und gutem Wetter zu segnen. Pater Egfrith schlug ein Kreuz als Schutz gegen die alte Magie von Asgot, und ich glaubte, dass er einen Gegenzauber murmelte. Allerdings hielt ich mich von ihm fern, weil ich nicht wollte, dass diese Christen-Worte in meine Ohren drangen.

Dieser Kampf würde verdammt blutig werden. Ein wahres Gemetzel. Denn Ealdorman Ealdred von Wessex und sein Erster Kämpfer Mauger waren nichtsnutzige, schleimige Hurensöhne, die uns feige verraten hatten. Ealdred hatte das Evangelienbuch des heiligen Hieronymus, das wir dem König von Mercia gestohlen hatten, an sich gebracht, und dieses Arschloch von einer Kröte war jetzt unterwegs, um diesen christlichen Schatz an den Kaiser der Franken zu verkaufen, an Charlemagne oder König Karolus, wie manche ihn damals nannten. Dieser Wurm wurde vielleicht so reich wie ein König, nachdem er uns verraten und dem Tod überantwortet hatte. Aber Ealdreds Gott und sein friedliebender Sohn hatten nicht genug Macht. Sie würden ihn nicht vor uns retten können, die wir an den wahren Göttern festhielten, den alten Göttern, die immer noch den Himmel mit Donner erschütterten und den Ozean mit Wellen verfluchten, die so hoch waren wie Klippen. Ich war mir sicher, dass wir diese aufgeblasene Made am nächsten Tag oder am Tag danach einholen würden. Denn die Engländer kannten die Fjord-Elch nicht. Schiffe sind wie Frauen – man kann nicht die eine an denselben Stellen berühren wie eine andere und hoffen, denselben Ritt zu bekommen. Sigurd jedoch kannte jeden Zoll der Seeschlange, und sein Steuermann Knut kannte jedes Salzkorn in jeder wogenden Welle. Wir würden die Engländer einholen, und dann würden wir sie umbringen.

»Diese Christen wissen, wie man kotzt, Raven!« Das Sonnenlicht ließ Bjørns Zähne schimmern. »Die Fische werden heute satt werden, jede Wette.«

»Und wir werden die Fische essen und folglich die Kotze der Christen.« Ich antwortete auf Nordisch, damit Cynethryth mich nicht verstand.

Sie und Penda beugten sich nebeneinander über die Relingsplanke und kotzten sich die Eingeweide aus dem Leib, obwohl die See so ruhig war wie ein Teich, über den ein Windhauch ging, doch es genügte, den Leuten aus Wessex die Mägen umzudrehen. Die Nordmänner grinsten und lachten über die beiden neuen Mannschaftsmitglieder, und auch wenn ich Cynethryth bedauerte, war ich gleichzeitig glücklich, dass sie diesmal nicht über mich lachten. Denn ich hatte am Anfang selbst mehr als einmal über dem Dollbord gehangen.

Penda, der Wessexmann, war ein wahrhaft Furcht einflößender Krieger. Ich hatte gesehen, wie er die Waliser vor Caer Dyffryn abgeschlachtet hatte, bis die grüne Weide rot gefärbt war. Aber jetzt flößte Penda niemandem Furcht ein, weil seine Galle auf die glatte Meeresoberfläche spritzte.

»Es ist nicht normal, auf einem Kienspan über das Meer zu treiben«, sagte Penda, stieß sich vom Dollbord ab und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »So etwas tut man einfach nicht«, knurrte er.

Sigurd grinste mich wissend an. Er wusste, dass ich noch vor nicht allzu langer Zeit an Pendas Stelle gestanden hatte, aber obwohl das stimmte, hätte ich die Seeschlange niemals als »Kienspan« bezeichnet. Ich hatte immer die Handwerkskunst bewundert, die sie erschaffen hatte, denn ich war Schüler des alten Ealhstan gewesen, des Tischlers, und hatte einen Blick für gutes Handwerk. Und die Seeschlange war eine Schönheit. Sie maß sechsundsiebzig Fuß in der Länge und siebzehn Fuß über die volle Schiffsbreite. Für sie waren mehr als zweihundert Eichenbäume gefällt worden, und sie bot ursprünglich Platz für sechzehn Ruderer auf jeder Seite. Aber Sigurd hatte Kampfplattformen am Bug und am Heck errichten lassen, sodass jetzt nur noch Platz für dreizehn Ruderer auf jeder Seite war. Unsere Mannschaft bestand aus zweiunddreißig Männern und einer Frau, sodass es für meinen Geschmack etwas eng war, aber nicht unbehaglich. Olaf hatte mir erzählt, dass sie auf einer von Sigurds Raubzügen mit einer doppelten Mannschaft von siebzig Kriegern gesegelt waren. Damals war die Seeschlange ganz neu und er hatte dieFjord-Elch noch nicht. Eine der Besatzungen ruhte sich aus, während die andere ruderte. Das war zweifellos recht nützlich, wenn es zu einem Kampf kam, aber ich konnte mir nicht vorstellen, mir den Schlafplatz mit so vielen furzenden Männern teilen zu müssen. Das Schiff hatte einen kleinen offenen Frachtraum für Handelsgüter und Proviant sowie ein klobiges Kielschwein und einen Kielbalken. Sie war vierzehn Planken hoch, hatte ein großes viereckiges Segel aus rot gefärbter Wolle, und an ihrem Bug prangte der Kopf von Jørmungand, der Midgard-Schlange, die die Erde umkreist. Die blassroten Augen der Bestie starrten auf das graue Meer hinaus in unsere Zukunft. Jeder Nordmann an Bord, jeder Krieger, der auf seiner Seekiste mit seinen Habseligkeiten hockte, ehrte die Seeschlange so, wie er seine Mutter ehrte, liebte sie, wie er seine Ehefrau liebte, und genoss sie, wie er seine Huren genoss.

Cynethryth drehte sich um und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ich schwöre, ihr Gesicht war so grün wie...

Erscheint lt. Verlag 12.11.2018
Reihe/Serie Raven-Serie
Übersetzer Wolfgang Thon
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Raven: Sons of Thunder
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Abenteuerroman • Christen • eBooks • Heiden • Historische Romane • kleine geschenke für frauen • Vikings • Wikinger
ISBN-10 3-641-22336-9 / 3641223369
ISBN-13 978-3-641-22336-6 / 9783641223366
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