Wir sind Götter (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018
448 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-22181-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wir sind Götter - Dennis E. Taylor
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Eigentlich hat Bob Johansson nie an ein Leben nach dem Tod geglaubt. Als er nach einem tödlichen Autounfall als Künstliche Intelligenz eines Raumschiffes wieder erwacht, ist er natürlich geschockt. Doch damit nicht genug - er ist der intelligente Computer einer von Neuman Probe, das heißt er wurde tausendfach repliziert. Bob und seine Kopien werden ausgeschickt, um in den Tiefen des Weltalls nach neuen, bewohnbaren Planeten zu suchen. Dabei stoßen sie nicht nur auf ein primitives Alien-Volk, das sie als Götter verehrt, sondern auch auf eine feindliche Spezies, die droht, die Erde anzugreifen - und die Bobs sind die Einzigen, die sie noch aufhalten können ...

Dennis E. Taylor war früher Programmierer und arbeitete nachts an seinen Romanen. Mit »Ich bin viele«, dem Auftakt seiner BOBIVERSE-Reihe, gelang ihm schließlich der Durchbruch, sodass er sich nun ganz dem Schreiben widmen kann.

1

Himmelsgott

Bob – Februar 2167

Delta Eridani

Aus dem Totholzhaufen drang ein wütendes Quieken. Die beiden Deltaner hielten kurz inne und bereiteten sich darauf vor, den Rückzug anzutreten. Doch als nichts weiter geschah, bewarfen sie die Stelle gleich darauf erneut mit Steinen.

Dem Jäger, den ich Bernie getauft hatte, sträubte sich vor Aufregung das Rückenfell. »Komm hierher, kutzi, kutzi, kutzi«, lockte er mit aufgestellten Ohren.

Um ihnen nicht die Sicht zu versperren, flog ich mit meiner Überwachungsdrohne ein Stück zurück. Es machte ihnen nichts aus, wenn ich bei der Jagd zusah, aber ich wollte sie nicht ablenken, da selbst die kleinsten Fehler zu Verletzungen führen konnten und nicht selten tödlich endeten. Allein Mike hob kurz den Kopf, als er die Bewegung wahrnahm, wohingegen die anderen Deltaner der fußballgroßen Drohne keinerlei Beachtung schenkten.

Anscheinend hatte einer der Steine sein Ziel gefunden, denn nun stürmte das Quasischwein laut kreischend wie eine wutentbrannte Dampfmaschine aus dem Eingang seines Baus. Sofort rannten die beiden Steinewerfer zur Seite, und die anderen Jäger nahmen ihren Platz ein. Sie stemmten ihre Speere in die Erde und stellten zusätzlich einen Fuß auf die Schaftenden, um die Waffen zu stabilisieren. Danach konnten sie nichts anderes mehr tun, als tapfer die Stellung zu halten. Obwohl ich selbst das Geschehen aus sicherer Distanz durch meine Überwachungsdrohne beobachtete, spürte ich, wie sich meine Eingeweide vor Angst zusammenzogen. Bei Gelegenheiten wie dieser fragte ich mich, ob ich es mit der Authentizität meiner VR-Umgebung vielleicht ein wenig übertrieb. Es war überhaupt nicht nötig, dass ich Eingeweide besaß, geschweige denn, dass sie sich zusammenzogen.

Das Quasischwein rannte ungebremst in die aufgepflanzten Speere. Schnell war es, das musste man ihm lassen, aber nicht besonders klug. Ich hatte noch nie ein Quasischwein gesehen, das den Speerspitzen auszuweichen versuchte. Ein Jäger namens Fred wurde zur Seite geworfen, als sich sein Speer zunächst bog und dann auseinanderbrach. Er schrie, offenbar ebenso sehr vor Überraschung wie aufgrund der Schmerzen, und aus seinem Bein sprudelte Blut. Dabei fiel mir wieder einmal auf, dass sich deltanisches und menschliches Blut farblich fast exakt glichen.

Die anderen Deltaner hielten dem Ansturm stand, und das Quasischwein erhob sich von der eigenen Wucht getragen auf den Speerspitzen in die Luft. Einen Moment lang schien es beinahe zu schweben, bis es mit einem letzten Kreischen zu Boden krachte.

Die deltanischen Jäger zogen die Lippen zurück und entblößten ihre beeindruckenden Fangzähne. Argwöhnisch warteten sie ab, ob sich das Tier noch mal bewegen würde. Denn gelegentlich kam es vor, dass selbst derart schwer verwundete Quasischweine aufsprangen und erneut angriffen.

Vorsichtig schlich Bernie sich an. In einer Hand hielt er seinen Speer, in der anderen einen Knüppel. Aus möglichst großer Entfernung beugte er sich vor und piekte das Quasischwein in die Schnauze. Als es sich daraufhin nicht rührte, drehte er sich grinsend zu seinen Jagdkameraden um.

Natürlich grinste er nicht wirklich, sondern wackelte nach Art der Deltaner mit den Ohren, aber ich war inzwischen so sehr mit ihren gestischen und mimischen Eigenheiten vertraut, dass ich nicht länger über ihre Bedeutung nachdenken musste. Um die gesprochene Sprache kümmerte sich derweil eine Übersetzungssoftware, die Redewendungen und Metaphern zwischen Englisch und Deltanisch hin und her übertrug. Damit ich die einzelnen Deltaner im Auge behalten konnte, hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht, ihnen zufällig ausgewählte menschliche Namen zu geben.

Ohne die Übersetzungssoftware war eine Kommunikation zwischen Menschen und Deltanern unmöglich, da ihre Sprache für unsere Ohren wie ein Sammelsurium aus Grunzlauten, Knurren und Schluckauf klang. Und laut Archimedes, meinem Hauptansprechpartner, erinnerten menschliche Stimmen die Deltaner wiederum an leidenschaftlich-wild sich paarende Quasischweine. Reizend.

Mit ihren tonnenförmigen Körpern, den spindeldürren Gliedmaßen, den großen, extrem beweglichen Ohren und einer Mundpartie, die an die Schnauzen von wilden Ebern erinnerte, sahen die Deltaner wie eine Kreuzung aus Fledermäusen und Schweinen aus. Ihre Felle waren größtenteils grau, mit individuellen hellbraunen Mustern im Gesicht und am Rest des Kopfes. Die Deltaner waren die erste nichtmenschliche intelligente Lebensform, auf die ich bislang gestoßen war – und zwar bereits im zweiten Sonnensystem, das ich nach meinem Aufbruch von der Erde vor mehr als dreißig Jahren angesteuert hatte. Vielleicht war intelligentes Leben tatsächlich so verbreitet, wie Star Trek es uns hatte glauben machen wollen.

Bill sendete regelmäßig die neuesten Nachrichten aus Epsilon Eridani, die jedoch neunzehn Jahre lang unterwegs waren, bevor ich sie empfing. Falls mittlerweile auch einer der anderen Bobs auf eine außerirdische Intelligenz gestoßen sein sollte, hatte Bill möglicherweise noch nicht einmal davon erfahren und schon gar nicht den entsprechenden Bericht an uns weitergeleitet.

Nun richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Deltaner, die gerade damit begannen, ihre Jagd nachzubereiten.

Sie untersuchten Fred, der auf einem Felsen saß, deltanische Flüche ausstieß und sich eine Hand auf die Wunde presste, um die Blutung zu stoppen. Ich näherte mich mit der Drohne, und einer der Jäger trat beiseite, damit ich mir Fred genauer ansehen konnte.

Er hatte Glück gehabt. Die Verletzung, die er sich zugezogen hatte, als sein Speer zerbrochen war, wies unregelmäßige Wundränder auf, war jedoch nicht tief und schien sauber zu sein. Wenn das Quasischwein die Zähne in ihn geschlagen hätte, wäre er nun tot.

Mike tat so, als wollte er seinen Speer in die Wunde stoßen. »Tut das weh? Sag schon, tut das weh?«

Fred bleckte die Zähne. »Ja, sehr witzig. Nächstes Mal kannst du ja den kaputten Speer nehmen.«

Ungerührt erwiderte Mike sein Lächeln, und Bernie schlug Fred auf die Schulter. »Komm, sei keine Heulsuse. Es blutet schon fast nicht mehr.«

»Genau, dann lasst es uns mal aufhängen, damit es ausbluten kann«, sagte Mike und wickelte ein Seil ab, das er sich um den Oberkörper geschlungen hatte. Während er es über einen geeigneten Ast warf, schlang Bernie das Ende des Seils um die Hinterläufe des Kadavers.

Knoten binden zählt nicht gerade zu ihren Stärken. Die Verschnürung war sehr simpel und würde sich vermutlich lösen. Ich nahm mir vor, Archimedes ein paar Seemannsknoten beizubringen.

Während Mike und Bernie den Kadaver an dem Seil in die Höhe zogen und begannen, ihn auszunehmen, stimmten die übrigen Deltaner ein Dankeslied an. Einen Moment lang erwartete ich beinahe, dass sie ihrer Beute einen Jagderlaubnisschein ans Ohr heften würden. Aber dafür befand ich mich natürlich im falschen Jahrhundert und auf dem falschen Planeten, wo ich es mit einer anderen Spezies zu tun hatte.

Grinsend wandte ich mich vom Videofenster der Drohne ab und griff nach der Kaffeetasse. Marvin, der mir über die Schulter geschaut hatte, warf mir einen verwirrten Blick zu, aber ich sah nicht ein, wieso ich es ihm erklären sollte. Er müsste sich doch von sich aus daran erinnern können, wie der Ursprüngliche Bob vor langer Zeit mit seinem Dad auf die Jagd gegangen war. Wortlos zuckte ich mit den Schultern. Das musst du dir schon selbst zusammenreimen, mein Freund.

Marvin verdrehte die Augen und kehrte zum Lay-Z-Boy zurück, den er stets erscheinen ließ, wenn er mich in meiner VR besuchte. Ich lehnte mich indes in meinem antiken Ohrensessel zurück und ließ mir von Jeeves Kaffee nachschenken. In allen VR-Umgebungen, in denen die Jeeves-KI zum Einsatz kam, sah sie wie John Cleese im Frack aus.

Während ich an dem Kaffee nippte, der wie immer perfekt schmeckte, betrachtete ich die Bibliothek um mich herum – die bis zur Decke reichenden Bücherregale, den großen, klassischen Kamin und die schmalen, bodentiefen Fenster, durch die permanent spätnachmittägliches Sonnenlicht hereinschien und den Raum erleuchtete. Und inmitten von alledem stand wie ein großes grelles Auge der mit rotem Cord bezogene Lay-Z-Boy, in den sich Marvin lümmelte.

Allerdings nur in der VR. In der echten Welt waren Marvin und ich leuchtende optoelektronische Würfel und in zwei verschiedenen Sonden installiert, die sich derzeit in einer Umlaufbahn um Delta Eridani 4 befanden. Doch früher waren wir Menschen gewesen und brauchten unsere VR-Umgebungen, um bei Verstand zu bleiben.

Spike kam herüber. Er sprang Marvin auf den Schoß und begann zu schnurren. Die KI der Katze agierte absolut realistisch, bis hin zu ihrem völligen Mangel an Loyalität. Ich schnaubte amüsiert und drehte mich zum Videofenster zurück.

Mittlerweile hatten die Jäger ihre Beute ausgeweidet. Im Grunde genommen hatten die Quasischweine nur wenig Ähnlichkeit mit irdischen Wildschweinen. Rein äußerlich erinnerten sie eher an Bären, aber sie besetzten die gleiche ökologische Nische und waren auch ebenso gut gelaunt und anhänglich wie ihre terrestrischen Entsprechungen.

Die Jagd auf diese Tiere war keineswegs eine einseitige Angelegenheit, und die Deltaner gingen dabei jedes Mal ein Risiko ein. Normalerweise unterlagen die Quasischweine, aber manchmal gelang es ihnen auch, einen oder zwei Jäger zu töten. Allerdings waren die Karten bei diesem Spiel noch mal neu...

Erscheint lt. Verlag 10.12.2018
Reihe/Serie Bobiverse
Bobiverse
Übersetzer Urban Hofstetter
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel For We Are Many - Bobiverse Book 2
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Aliens • eBooks • Fremde planeten • Ich bin viele • Künstliche Intelligenz • Raumschiffe • Space Opera • Von Neumann
ISBN-10 3-641-22181-1 / 3641221811
ISBN-13 978-3-641-22181-2 / 9783641221812
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