Zum Teufel mit den Göttern -  Klaus Plüg

Zum Teufel mit den Göttern (eBook)

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
240 Seiten
TWENTYSIX (Verlag)
978-3-7407-7511-7 (ISBN)
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Mit Gottfried heften wir uns an die Fersen eines alten Mannes, der seinen Tod auf keinen Fall im Himmel verbringen will. Doch manchmal kommt es auch nach dem letzten Atemzug anders als erwartet. So findet er sich in der Gesellschaft der bezaubernden, für einen Engel recht kessen, Michaela wieder. Als diese ihm, nicht ganz uneigennützig, zu längst vergangener Jugend und Gesundheit verhilft, bereut er den unverhofften Weg schon weitaus weniger. In einem merkwürdig komfortablen Himmel, begegnet er Menschen aus den verschiedensten Regionen der Welt. Doch eines verbindet sie alle miteinander: die Probleme mit der heimischen Religion. Und Gottfried fragt sich, warum die Götter ausgerechnet jene zu sich riefen, die am wenigsten an sie glaubten. Bis er den erstaunlichen Grund erfährt ...

Der 1947 geborene Autor verbrachte seine Schul- und Lehrjahre in Hamburg. Nachdem er Deutschland verlassen hatte, betrieb er in Florida ein Motel, in dem vorwiegend Kanadier, aber auch Touristen aus aller Welt eine schöne Zeit verbrachten. Das paradiesische Umfeld inspirierte ihn zum Malen und Schreiben.

1


"Ich mag meine Augen schon gar nicht mehr öffnen.“

Gottfrieds Augenlider hingen schlaff über ein wenig eingefallenen Augäpfeln.

„Wozu sollte ich? Schade nur, dass ich meine Ohren nicht auch verschließen kann. Sollen sie doch tuscheln so viel sie wollen, meine lieben Kinder und Enkel und nicht zu vergessen, deren Kinder. Ich höre einfach nicht mehr hin."

Gottfried befand sich seiner Meinung nach, bereits auf dem Weg in eine andere Welt. Seine zukünftige Welt. Eine Welt des absoluten Nichts.

"Wie lange schon, wollten meine Verwandten, meine Kinder und deren Kinder, nichts mehr von mir wissen? Jetzt bin ich an der Reihe. Ich werde mich wortlos verabschieden. Den Kleinen würde ich gern noch einmal über den Kopf streichen, aber sie würden wohl vor mir zurückschrecken. Da ich keinen Finger mehr krümmen kann, bleibt ihnen der Schock wenigstens erspart. Auch diese kleinen Perlen, werden alle ihren Weg gehen, und eines Tages in derselben Situation sein, wie ich heute. Hoffentlich blicken sie dann auf ein besseres Leben zurück, als ich."

Das Dämmerlicht seines Schlafzimmers vermittelte eine ausgesprochen finstere Stimmung. Doch die um sein Bett versammelte Trauergemeinde, hatte sich nur leidlich der finsteren Atmosphäre angepasst. Keiner von ihnen war bereit, sich in die dunkle Tiefe der seelischen Pein fallen zu lassen.

Doch Gottfried wollte sowieso nichts mehr von dieser düsteren Umgebung wissen. Er hoffte nur noch, sich endlich mit aller Würde die ein Sterbender aufzubringen vermag, aus seinem scheinbar unbegrenzten Leben verabschieden zu können. Seit zu vielen schmerzlichen Jahren schon, plätscherte es nur noch sinnlos dahin.

Vermutlich war er in diesem, von Trübsinn geprägten Zimmer, nicht einmal der Einzige, der bereits seit längerer Zeit auf das Ende dieser Tragödie wartete.

„Genau genommen warten wir endlich wieder einmal gemeinsam auf etwas, wie früher auf den Weihnachtsmann, oder die Geburt eines neuen Familienmitglieds. Jetzt ist meine Tragödie vielleicht auch die ihre. Ich will nicht zu streng über sie urteilen. Schließlich müssen sie alle für ihre kleinen Familien kämpfen. Wenn der letzte Vorhang doch Dass sie dennoch gekommen sind, um ein letztes Mal bei mir zu sein, gibt mir ein wenig Stolz mit auf den Weg. Es nimmt diesem freudlosen Schauspiel ein wenig von seiner Bitternis und macht es für alle erträglicher.

Mittlerweile war nicht nur Gottfried die Mühsal seines Greisenalters aufgefallen, sondern auch den Menschen, die sich verpflichtet fühlten, ihm die letzte Phase seines Lebens erträglicher zu gestalten.

Sein Körper schien aus nichts anderem mehr zu bestehen, als aus einem Behälter runzliger Haut, der die Sehnen, Knochen und ausgedienten Organe, gerade noch notdürftig zusammen hielt.

Obwohl alternde Menschen bekanntermaßen ein wenig zusammenschrumpfen, reichte dieses Bündel ziemlich deprimierenden Lebens, auch nach dreiundneunzig Jahren noch, von seinem Kopfkissen bis hin zum Fußende dieses recht großen Bettes.

Es gab einen einfachen Grund, warum diesem riesenhaften und ehemals überaus ansehnlichen Mann, das Sterben nicht leichter fällt, als all den anderen Menschen, die sich auf ihre letzte Reise begeben. Gottfried hatte es genossen aber eben auch so viel erlitten, dass es ab diesem Punkt nur besser werden konnte.

Der Abschied aus dieser vertrauten Welt, ist jedoch selbst für ihn recht schwer. Wahrscheinlich, weil noch niemand aus dem Jenseits zurückgekehrt war. Deshalb blieb es die vollkommen neue, unbekannte Welt, bis man seine eigene Erfahrung gemacht hat und nicht zurückkehrt, wie alle anderen vorher – so glaubte er zumindest.

Seine zunehmende Hilflosigkeit, gepaart mit eindringlichen, stets gegenwärtigen Schmerzen, war allerdings sehr hilfreich dabei, die latente Angst vor dem Unbekannten zu überwinden.

Keiner der in Trauer anwesenden, kam auf die ambrosische Idee, ihn behutsam auf die Seite zu drehen, damit sich sein Rücken von den Druckstellen hätte erholen können. Aber wie sollten sie von seinem Übel erfahren, wenn er schon seit Stunden nicht mehr mit ihnen gesprochen hatte.

„Schickt eure Kinder nach Hause“, dachte er, denn er sorgte sich um ihr Seelenheil, „hier gibt es nichts erfreuliches zu sehen, bringt die Kleinen weg von diesem unerquicklichen Trauerspiel. Sie werden noch früh genug auf das betrübliche Ende gestoßen werden, ohne dass es kein Leben gäbe.“

Ein kleiner Junge, den Gottfried als Dennis in Erinnerung hatte, begann zu quengeln; ein nur wenig älteres Mädchen, das er beim besten Willen nicht genau einordnen konnte, flehte schon verzweifelt: „Mama, wann gehen wir endlich nach Hause?“

Er verurteilte nicht die Kinder für ihr Verhalten, schließlich ist es die Folge unüberlegten Handelns ihrer Eltern und ein weiteres Zeichen dafür, dass er auf dieser Welt nichts mehr verloren hatte. Gottfried konnte kein Verständnis dafür aufbringen, wenn Erwachsene so rücksichtslos mit den kleinen, empfindlichen Kinderseelen umgingen.

Um endlich die wohltätige Erlösung zu finden, war sein letzter, sehnlicher Wunsch, sich bis in alle Ewigkeit im absoluten Nichts zu verlieren. Worte wie Liebe und Genuss; Lachen und Scherzen; Glück und Zufriedenheit, sind Begriffe, die alle zusammengenommen, unsere Lebensfreude ausmachen. Die wenigen, wirklich glücklichen Momente in seinem langen Leben, waren zwar nicht komplett aus seiner Erinnerung verschwunden, hatten aber nicht mehr genug Kraft, um seinen Wunsch, aus dem Leben zu scheiden, zu revidieren.

Jetzt blieb ihm nur noch der Trost, dass seine Hoffnung, auf die er schon lange baute, endlich zur festen Gewissheit werden würde: Wenn sich ein Mensch nur lange genug gequält hat, wird ihm, gewissermaßen als Wiedergutmachung für sein beschwerliches Leben, nicht nur die Angst vor dem Tod genommen, er wird zu guter Letzt sogar sehnlichst darauf warten, endlich erlöst zu werden

Wie schon so oft in seinem Leben, fand er auch jetzt Trost in der Vorstellung, dass sich Menschen, die mit ihrem unermesslichen Reichtum im Luxus baden, verzweifelt an ihr irdisches Leben klammern. Denn sie sind diejenigen, die allen Grund haben, das Ende ihres wunderbaren Daseins, so lange wie möglich hinauszuzögern. Sie möchten es weiterhin in vollen Zügen genießen.

Doch auch sie müssen letztendlich ihre Grenzen akzeptieren.

Anders, als so ein armer Wicht wie Gottfried, der es wahrlich schwer genug im Leben hatte. Da ist es doch nur fair, wenn ihm wenigstens der Abschied vom beschwerlichen Leben leichter gemacht wird, als den reichen Pfeffersäcken, die im Geld schwimmen.

Die, die sich ohnehin schon am Überfluss berauschen, können sich auch noch die besten Ärzte leisten, von denen sie dann mit allen möglichen medizinischen Künsten, so lange am Leben gehalten werden, bis absolut nichts mehr geht. Wahrscheinlich kommt sie dann doch noch, die Angst, wenn sie eines Tages begreifen müssen, dass ihnen ihr Reichtum nicht mehr helfen kann. Aus diesem Grund, wird es den Vermögenden ungleich schwerer fallen, wenn sie zum Schluss aus ihrem selbsterschaffenen Paradies vertrieben werden. Sie wissen ebenso wenig, wie alle anderen Menschen, was sie im so genannten Jenseits erwartet.

Kein Mensch, egal ob er einer Religion angehört oder nicht, kann wirklich wissen, ob es nicht doch so etwas wie Himmel und Hölle gibt.

Viele Geldfürsten werden begründete Angst vor einer himmlischen Gerechtigkeit haben. Sie lassen sich viel zu spät durch den Kopf gehen, mit welcher Verschlagenheit sie oftmals zu ihrem Reichtum gekommen sind.

„Hab ich mein Geld redlich verdient, oder habe ich andere benachteiligt, vielleicht sogar betrogen?“

Was hilft es, in der Stunde des Todes auf ein schönes Leben zurückblicken zu können, wenn die Sicht nach vorn von furchtbarer Angst und Entsetzen geprägt ist?

Gottfried hingegen, dem es im Leben nur selten wirklich gut ergangen war, begrüßt den nahenden Tod, nach all den Jahren des Leidens, als mittlerweile willkommene Erlösung. Insofern sitzt er, zumindest in der Stunde des Todes, am sehr viel besseren Ende.

Nein - wenn ihm sein Leben nichts besseres mehr anbietet, als Schmerzen und den Mitmenschen mit seinem hilflosen Körper zur Last zu fallen, will er sich nicht noch unnötig lange daran festhalten.

"Es ergibt doch einfach keinen Sinn, wenn man an nichts mehr teilhaben kann. Alles was das Leben im Großen und Ganzen lebenswert macht, liegt schon weit hinter mir. Jetzt, da mir nichts als Quälerei geblieben ist, will ich nur noch ein letztes Mal einschlafen; mich selbst und meine Mitmenschen, von dem beschwerlichen Dasein erlösen."

Sogar Ruth, seiner zweiten Frau, die neunzehn Jahre jünger ist als Gottfried, wird er mit seinem Ableben vermutlich entgegenkommen. Denn er konnte sich beileibe nicht vorstellen, sie mit seinem Tod in tiefe Trauer zu stürzen. Immerhin hatte sie sich nicht nehmen lassen, ihm bis zum letzten Herzschlag beizustehen und so lange an seiner Seite durchzuhalten, bis es endgültig vorbei sein wird.

"Vermutlich will sie vornehmlich meinen Kindern zeigen,...

Erscheint lt. Verlag 22.3.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
ISBN-10 3-7407-7511-4 / 3740775114
ISBN-13 978-3-7407-7511-7 / 9783740775117
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