Die Arznei der Könige (eBook)

Historischer Roman

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
637 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-5026-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Arznei der Könige -  Sabine Weiß
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Ein stimmungsvoller, spannender Historischer Roman, inspiriert vom Leben der historischen Medica Jakoba die Glückliche

Lüneburg im 14. Jh. Nach dem Tod ihrer Familie hat die junge Adlige Jakoba in einem Kloster ihre Bestimmung als Krankenpflegerin gefunden. Doch ihr Bruder zwingt sie in eine neue Ehe, und als ihr brutaler Mann einem Unfall zum Opfer fällt, muss Jakoba fliehen. Nur der Hilfe Arnolds, eines Theriak-Krämers, hat sie es zu verdanken, dass sie sich nach Paris durchschlagen und als Heilerin einen Namen machen kann. Rasch ist sie so erfolgreich, dass sogar der sieche König nach ihr ruft und nach der 'Arznei der Könige' verlangt. Doch damit macht sie sich gefährliche Feinde ...



Sabine Weiß, Jahrgang 1968, arbeitete nach ihrem Germanistik- und Geschichtsstudium zunächst als Journalistin. 2007 veröffentlichte sie ihren ersten historischen Roman, der zu einem großen Erfolg wurde und dem viele weitere folgten. Im März 2017 erschien ihr erster Kriminalroman, Schwarze Brandung. Mehr über die Autorin im Internet: www.sabineweiss.com.

Sabine Weiß, Jahrgang 1968, arbeitete nach ihrem Germanistik- und Geschichtsstudium zunächst als Journalistin. 2007 veröffentlichte sie ihren ersten historischen Roman, der zu einem großen Erfolg wurde und dem viele weitere folgten. Im März 2017 erschien ihr erster Kriminalroman, Schwarze Brandung. Mehr über die Autorin im Internet: www.sabineweiss.com.

2


Dahlenburg

Sie zitterte am ganzen Leib. Ihr Kopf dröhnte. Die Striemen auf ihrem Rücken brannten, und Jakoba war übel vor Hunger. Die Erinnerung war sofort wieder da. Bevor ihr jemand hatte zu Hilfe kommen können, hatte ihr Angreifer sie niedergeschlagen, und Jakoba hatte das Bewusstsein verloren. Wohin hatte man sie gebracht? Vor Kopfschmerzen blinzelnd, sah sie sich um. Dicke Feldsteinmauern, die fadenscheinigen Vorhänge des Himmelbetts, die altertümliche Einbaumtruhe – sie war in ihrer alten Kammer in der elterlichen Burg. Ihr Blick verschwamm. Nur das nicht! Anno war es also gewesen, der sie aus dem Kloster entführt hatte! Sie hätte es voraussehen und die Priorissa warnen müssen!

Mühsam stemmte sie sich hoch. Es dauerte lange, bis das Schwindelgefühl nachließ. An den Rundmauern entlang tastete sie sich zum Fenster. Vorsichtig löste sie die Ziegenhaut, die die Öffnung verschloss. Das Panorama ihrer Kindheit und Jugend tat sich vor ihr auf: Wälder und Weiden, eine bescheidene Ansammlung Häuser, eine Straße, ein Fluss. Früher war Dahlenburg ein Bollwerk gegen die Slawen gewesen, die hier einfielen, Kirchen zerstörten und Dörfer verheerten. Noch ihr Vater hatte die Heiden im eigenen Land bekämpft. Heute bestand die wichtigste Bedeutung des Fleckens Dahlenburg darin, dass hier der Zoll an der Handelsstraße von Lüneburg nach Magdeburg kassiert wurde.

Im Vorhof der Sattelburg übten sich trotz des Schneegriesels Anno und seine Söhne im Ringkampf. Leo und Lüder waren sechs und sieben und in dem einen Jahr, in dem Jakoba sie nicht gesehen hatte, kräftig in die Höhe geschossen. Bald würden sie in die Obhut eines Ritters gegeben werden und als Pagen ihre Ausbildung antreten. Jetzt glühten die Wangen der Jungen, und sie bewegten sich langsam, als bereite jeder Schritt ihnen Mühe. Anno trieb sie an und fuhr ihnen mit einem langen Stock in die Beine, wenn sie nicht flink genug waren.

Ein Knecht brachte die Jagdhunde. Ihr Bruder liebte die Jagd. Er hielt Sauhunde, Hetzhunde und Lochhunde in seinem Zwinger und ließ sie besser versorgen als sein Gesinde. Annos Blick wanderte zum Bergfried. Jakoba ließ den Fellvorhang sofort fallen – er musste nicht wissen, dass sie wach war. Noch immer konnte sie nicht fassen, dass ihr Bruder es gewagt hatte, sie aus dem Kloster zu entführen. Instinktiv wusste sie: Was Anno auch vorhatte, er hatte nicht ihr Wohl im Sinn. Irgendwie musste sie es schaffen, ins Kloster zurückzukommen.

Sie widerstand der Versuchung, ihrer Erschöpfung nachzugeben und sich ins Bett zu verkriechen. Allerdings war sie im Leibhemd, ihre Novizentracht war verschwunden. Sie musste sich auf die Suche nach einem Kleid und einem Umhang machen, und dann nichts wie zum Stall. Vielleicht hatte Anno ja ihr altes Pferd noch. Vorsichtig öffnete sie die Tür – und wäre beinahe über jemanden gestolpert. Das etwa fünfjährige Mädchen, das im Türrahmen gesessen hatte, starrte sie überrumpelt an.

»Trude? Du bist aber groß …«, wollte Jakoba sie aufhalten, aber es war zu spät, das Mädchen war schon aufgesprungen.

»Vater, Vater – die Tante ist wach!«, rief Trude und lief die Holztreppe hinab.

Hilflosigkeit und Schwäche übermannten Jakoba jetzt vollends. Sie tastete sich zum Bett zurück. Ungesehen zu fliehen war ja ohnehin unmöglich.

Wenige Augenblicke später war sie von Getöse umgeben. Drei Hunde sprangen herein, wolfsähnlich und geifernd. Mit ihren schweren Häuptern, den hochgezogenen Lefzen und den nadelspitzen Zähnen jagten die Bracken Jakoba eine Heidenangst ein. Anno kam hinterher. Nase und Wangen waren rot gefroren. Er tätschelte seine Hunde, während eine Magd eine Schale auf das Tischchen stellte und das Feuer schürte. Hirsebrei – er duftete so köstlich, dass Jakobas Magen sich zusammenkrampfte.

Ihr Bruder setzte sich auf einen Faltstuhl und streckte die langen Beine zum Kamin hin aus. Die Hunde legten sich zu seinen Füßen. Wohlwollend ließ er seinen Blick auf Jakoba ruhen. »Es ist schön, dass du wieder hier bist, bei uns, wo du hingehörst. Meine Gattin und die Jungen werden ebenfalls erleichtert sein, dich zu sehen.«

Jakoba sog aufgrund seines selbstzufriedenen Tonfalls die Luft ein. Sie wusste nicht, wie sie die Ungeheuerlichkeit seiner Tat ansprechen sollte. »Du hast mich geraubt! Du hast das Kloster quasi überfallen! Wie konntest du es wagen … wie konntest du … mir das antun?«, stammelte sie.

Er zauste seinen Hunden das struppig graue Fell. »Da du nicht freiwillig mitkommen wolltest, musste ich andere Maßnahmen ergreifen.«

»Woher wusstest du, dass ich im Krankensaal sein würde?«

»Ein Knecht hat geplaudert. Wenn du nicht dort gewesen wärst, hätte Wulf eben weitersuchen müssen.«

Wulf war es also gewesen, der in das Kloster eingebrochen war. Sie hatte den Hofmeister nicht erkannt. Andererseits wunderte sie es nicht: Wulf war schon immer Annos willfähriger Diener gewesen.

Ihr Bruder wies neben sich auf das Tischchen. »Iss etwas, dann wirst du dich besser fühlen. Du bist ja ganz abgemagert. Und deine Haare, wo sind nur die schönen langen Haare hin? Diese grausamen Nonnen! Da wird sich Immeke etwas einfallen lassen müssen.«

Was war mit Anno los – warum war er so freundlich? Wie konnte er sie erst aus dem Kloster entführen und dann so besorgt tun? Der Geruch des Essens überwältigte Jakoba beinahe und machte ihr den Mund wässrig. Am liebsten hätte sie sich auf den Brei gestürzt, aber sie beherrschte sich. »Wie lange war ich ohnmächtig? Was für ein Tag ist heute?« Jakoba schluckte schwer. »Bring mich sofort zum Kloster zurück, bitte! Ich will die Jungfrauenkrönung nicht verpassen!«

Anno schüttelte den Kopf, nachsichtig, als spräche er zu einem Kind. »Glaubst du wirklich, ich hätte diesen Aufwand betrieben, nur um dich einfach so ins Kloster zurückzubringen? Immerhin riskiere ich einen Streit mit dem Propst!«

»Wie kannst du Vaters Willen derart missachten?«, fragte Jakoba ungläubig. »Er schickte mich ins Kloster und stellte mir die Mitgift zur Verfügung.«

»Die wir hier weitaus dringender benötigen. Deinen Narreteien hast du lange genug gefrönt, jetzt musst du dich den Gegebenheiten stellen«, sagte Anno kalt.

»Es ist keine Narretei. Ich will den Schleier nehmen, das habe ich dir doch schon gesagt.«

Er sprang auf. Leise klirrten seine Stachelsporen auf dem Boden, als er vor den Kamin schritt. »Der Familienbesitz ist in Gefahr. Missernten haben uns getroffen. Kaum ein Bauer konnte seinen Zehnt liefern. Ich habe bereits einen Teil des Waldes roden und das Holz verkaufen müssen, einen anderen Teil musste ich verpfänden. Die Rinderseuche hat drei Viertel unserer Ochsen dahingerafft, und ein Gutteil haben sich Viehdiebe unter den Nagel gerissen. Im letzten Herbststurm wurde das Dach unseres Bergfrieds halb abgetragen. Wir haben es teilweise wiederherstellen können, aber den nächsten Sturm wird es kaum überstehen. Wenn es so weitergeht, werde ich noch mehr Ländereien verkaufen müssen.« Er wandte sich um. »Glaubst du wirklich, dass das im Sinne unseres Vaters wäre? Und überhaupt: Was bist du nur für eine Tochter? Willst du denn gar nicht wissen, wie Vater und Mutter gestorben sind?«

Jakoba senkte den Blick. Ihr Bruder war ein Meister darin, anderen ein schlechtes Gewissen zu machen. »Ich habe bereits für die Seelen unserer Eltern gebetet. Bitte, berichte es mir.«

»Es war der Blutscheiß. Keine zwei Tage hat es gedauert, da waren sie beide tot. Kein schöner Anblick, kann ich dir sagen.«

Sie schlug ein Kreuz vor der Brust und sprach ein stilles Gebet. »Mögen ihre Seelen in Frieden ruhen. Ich werde gleich nachher an ihr Grab gehen.« Was für ein grausamer Tod! Während sie noch darüber nachsann, drängte sich das Kloster in ihre Gedanken. Wie viel wirksamer könnte sie in Ebbekestorpe für ihre Eltern beten! Vermisste man sie im Kloster? Hatte die Priorissa jemanden ausgesandt, um sie zu suchen? Wurde die Jungfrauenweihe schon vorbereitet? Wie ging es wohl Konegundis und den anderen Kranken? »Vater hat mich für das Kloster freigegeben«, rief sie ihrem Bruder erneut ins Gedächtnis.

»Aber jetzt bin ich dein Vormund, und ich entscheide anders.«

Gab es niemanden sonst, der über ihr Schicksal bestimmen konnte? »Großvater …«

»Elmbert hat der Schlag getroffen, im Frühjahr. Er ist nicht mehr Manns genug für diese Verantwortung.«

Was für ein Unglücksjahr! Ihr Mut sank. »Das wusste ich nicht.«

Anno kräuselte die Lippen. »Elmbert ist ein Greis«, sagte er kalt. »Seine Zeit ist gekommen.«

Dennoch würde sie versuchen, zu ihrem Großvater zu reisen, um ihm beizustehen. Wegen derartiger Krankheitsfälle in der Familie durften die Nonnen das Kloster kurzzeitig verlassen. »Was ist mit der Familie meines verstorbenen Mannes?«

»Hat nichts zu sagen, da ich ihren Rang bei Weitem übertreffe. Mit dem Tod deines Mannes und unseres Vaters ist die Vormundschaft an mich gefallen.«

Jakoba überlegte fieberhaft. Ging es Anno nur ums Geld? Ohne ihre Mitgift konnte sie nicht ins Kloster aufgenommen werden. Zwar war es den Benediktinern verboten, eine Aussteuer für den Eintritt in den Konvent zu fordern, doch wurden üppige Almosen für die Einkleidung der zukünftigen Nonne erwartet – was auf das Gleiche hinauslief. »Sicher kannst du mit der Priorissa verhandeln. Ihr jetzt einen Teil und den Rest meines Erbteils später zahlen«, schlug sie vor.

Mit spitzen Fingern reichte Anno ihr die Breischale. Schnüffelnd kam ein Jagdhund hinterher und bekam von seinem Herrn einen kräftigen Klaps auf die Nase....

Erscheint lt. Verlag 29.3.2018
Sprache deutsch
Original-Titel Die Arznei der Könige
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Der Medicus • Deutschland • Die Medica • Ebstofer Weltkarte • Epischer historischer Roman • Historical • Historienroman • Historische Romane • Historischer Roman • Historisches Buch • Jacoba die Glückliche • Jahrhundert Trilogie • Jakoba die Glückliche • Ken Folett • Ken Follet • Ken Follett • Kloster Ebsdorf • Kloster Ebstorf • Klostermedizin • Kräutermedizin • Kreuzzüge • Lüneburg • Medica • Medicus • Medizin • Medizin im Mittelalter • Mittelalter • Mittelalter (8.-15. Jh.) • Paris • Rebecca Gable • Schatz der Templer • Schicksale und Wendepunkte • Tempelritter • Tempelschatz • Templer • Theriak • Warringham
ISBN-10 3-7325-5026-5 / 3732550265
ISBN-13 978-3-7325-5026-5 / 9783732550265
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