Sündengräber (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2019
480 Seiten
Limes Verlag
978-3-641-22318-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sündengräber - Kristina Ohlsson
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Das große Finale für Fredrika Bergman: »Unfassbar spannend.« Expressen
Ein Mann wird in seinem Sessel erschossen aufgefunden - mit dem Ehering seiner Tochter am Finger. Ein Bestatter sucht verzweifelt nach seinem verschwundenen Bruder. Eine Frau kämpft darum, die Kontrolle über ihr Leben zu behalten, während ihr Mann von Tag zu Tag gefährlicher wird ... Fredrika Bergman und Alex Recht erkennen einen Zusammenhang zwischen diesen Fällen. Sie begeben sich auf eine Spurensuche, die in die Vergangenheit führt - zu Sünden, die längst begraben schienen, und doch tödlicher denn je sind.

Kristina Ohlsson, Jahrgang 1979, arbeitete im schwedischen Außen- und Verteidigungsministerium als Expertin für EU-Außenpolitik und Nahostfragen, bei der nationalen schwedischen Polizeibehörde in Stockholm und als Terrorismusexpertin bei der OSZE in Wien. Mit ihrem Debütroman »Aschenputtel« gelang ihr der internationale Durchbruch und der Auftakt zu einer hoch gelobten Thrillerreihe um die Ermittler Fredrika Bergman und Alex Recht. August Strindberg ist Ohlssons neueste Romanfigur, der mit seinem gelben Leichenwagen Fälle löst, obwohl er gar nichts mit der Polizei zu schaffen hat ...

ES WAR DER mieseste Sommer, den sie je erlebt hatte. Das war Fredrika Bergmans feste Überzeugung. Sie hatte in ihrer Erinnerung lange nach einem gekramt, den man als noch schlechter hätte bezeichnen können. Aber – nichts. Sie konnte sich an Sommer erinnern, die bei ihr Angst heraufbeschworen hatten – wer konnte das nicht? –, aber an keinen, der diesem auch nur annähernd ähnlich gewesen wäre.

Ich mag nicht mehr.

Dass diese Phrase aber auch nur legitim war, wenn ein Kind sie äußerte und nicht ein Erwachsener. Manchmal, wenn Fredrika sich erlaubte loszulassen, am liebsten des Nachts, wenn sich der Schlaf nicht einfinden wollte, dann dachte sie daran, wie einfach alles in der Kindheit gewesen war. Da hatte es keine Überzeugung gegeben, die stärker gewesen wäre als: Alles ist möglich.

Wie sehr sie dieses Gefühl und diese Illusion vermisste.

Inzwischen war sie über vierzig und wusste nur allzu gut, wie oft man sich wünschte, dass etwas nicht eintreten möge. Niemals.

Es war Spencers Idee gewesen, früh Urlaub zu machen. Das hatte er bereits im Januar vorgeschlagen, lange bevor sie ihre Urlaubstage hatten eintragen müssen – und lange bevor ihr Leben in Stücke zerbrochen war. Am Ende hatte er seinen Willen bekommen. Sie waren nach Italien gefahren, hatten sich ein Haus in der Toskana gemietet. Den Rest ihres Sommerurlaubs – das bisschen, was noch übrig war – hatten sie zwischen Stahl und Beton in der Stadt verbracht. Als es für Fredrika und Spencer an der Zeit gewesen war, wieder arbeiten zu gehen, waren die Kinder bei den Großeltern in deren Sommerhaus geblieben. Das beruhigte Fredrika – sowohl wieder arbeiten gehen zu können als auch, dass die Kinder eine Art Sommer erlebten, den sie sich verdient hatten.

»Warum wollt ihr denn arbeiten, wo jetzt alles so ist, wie es ist?«, hatte Fredrikas Mutter gefragt. »Warum nehmt ihr euch denn nicht frei und seid ein bisschen zusammen?«

Wo jetzt alles so ist, wie es ist.

So konnte man natürlich auch einen Alltag beschreiben, der fast alle Lebensfreude erstickt hatte.

»Spencer will nicht«, hatte Fredrika erwidert.

Sie hätte sich deutlicher ausdrücken können. Sie hätte sagen können, dass Spencer einfach nicht den kompletten Sommer lang Urlaub hatte machen wollen.

»Warum denn auch, zum Teufel?«, hatte er sie angeblafft, als sie es angesprochen hatte. »Damit wir alle Zeit der Welt haben, um hier zu sitzen und einander totzustarren? Vergiss es!«

Als Reaktion auf seinen Zorn hatte sie erst lachen, dann weinen müssen. Allerdings erst nachdem sie die Wohnung verlassen hatte, um allein einkaufen zu gehen.

Alex Recht rief sie an, als sie gerade auf dem Weg zur Probe im Auto saß. Das Geigenspiel, das früher mal ihr Lebensunterhalt hätte werden sollen, war für sie seit Langem wieder wichtiger denn je. Die Musik war ihr Raum zum Atmen und ihr Zufluchtsort.

»Ja? Fredrika.«

»Alex hier. Wie schnell kannst du nach Nacka kommen?«

Fredrika seufzte. »Vielleicht morgen früh?«

»Vielleicht auch in einer Stunde?«

»Alex, ich habe frei.«

Spencer hatte den Kampf um die Urlaubsplanung nicht auf ganzer Linie gewonnen. Fredrika hatte selbst im Juli noch einzelne freie Tage in den Kalender geschmuggelt. Tage, an denen sie nicht zur Arbeit ging, sondern sich Zeit zum Nachdenken und für die Proben verschafft hatte. Und – wie an ebendiesem Tag – sogar Zeit für ein Treffen, das nicht länger aufgeschoben werden konnte.

»Heute hast du vielleicht frei«, sagte Alex, »aber morgen und in den kommenden Tagen wirst du einen Mord aufklären müssen.«

Fredrika antwortete nicht.

»Ich brauche dich«, sagte ihr Chef.

Und das war alles, was nötig war, damit sie wendete und nach Nacka fuhr. Ihr privates Treffen würde sie trotzdem noch schaffen, bis dahin wären es noch mehrere Stunden. Die Probe würde indes warten müssen. Alex hatte im Auftrag eines Toten angerufen – und einen solchen Auftrag durfte man nicht ausschlagen.

Das Haus wirkte wie ein modernes Geisterhaus. In einem Zeichentrickfilm für Kinder wäre es mit Spinnennetzen, Schmutz und der einen oder anderen zerbrochenen Fensterscheibe dekoriert gewesen. In Wahrheit war es sauber. Aber eben seelenlos. Fredrika schlug die Fahrertür zu und steuerte die Haustür an, die sperrangelweit offen stand. Ein Kollege bedachte sie mit Schutzkleidung und Ermahnungen, ehe sie ins Haus gelassen wurde, das nun nicht länger die private Heimstatt eines Menschen war, sondern ein Tatort, an dem jede Spur des Täters gesichert und irreführende Fährten vonseiten der Polizei und des Rettungspersonals ausgeschlossen werden mussten.

Fredrika zog sich Plastiküberzieher über die Schuhe und wunderte sich noch, wie leicht es ihr fiel, von Urlaubs- auf Arbeitsmodus umzuschalten. Welch wunderbare Verwandlung – sämtliche schlimmen Gedanken waren von einem Moment auf den anderen in die Flucht geschlagen, sobald sie in ihre berufliche Rolle schlüpfte.

Sie fand Alex in dem Zimmer, in dem der Tote in sich zusammengesackt in seinem Sessel saß. Ein großes Wohnzimmer mit einer auf einen Fernseher ausgerichteten Sitzgruppe. Doch Malcolm Benke hatte nicht ferngesehen, als er gestorben war. Er hatte ins Feuer im offenen Kamin geschaut. Zumindest sah es so aus.

»Kennen wir den Mann?«, wollte Fredrika von Alex wissen.

Was sie meinte, aber nicht aussprechen wollte, war die Frage, ob er kriminell und deshalb polizeibekannt gewesen war. Sie betrachtete das silbergraue Haar des Toten, das freundliche Gesicht. Es schien fast, als wollte er ihr ein Willkommen entgegenflüstern.

»Nein«, antwortete Alex, »bisher nicht.«

Das musste nichts heißen, so viel war ihnen beiden klar. Benke mochte durchaus kriminell gewesen sein, ohne dass die Polizei davon wusste; vielleicht war er einfach nur nie aufgeflogen. Das war bei haarsträubend vielen Verbrechern der Fall.

Fredrika sah sich um. Benkes Einrichtung suggerierte Macht und Stilbewusstsein. Alles im Haus erweckte den Eindruck, teuer und sorgfältig ausgewählt worden zu sein, fast wie in einem exklusiven Hotel. Benkes Haus war kein Heim im Sinne eines gemütlichen Rückzugsraums, sondern lediglich ein Ort, an dem er sich öfter aufgehalten hatte als an anderen.

»Ich drehe mal eine Runde«, sagte Fredrika.

Alex antwortete nicht. Stattdessen wechselte er ein paar Worte mit einem der Spurentechniker.

Schweigend schlenderte Fredrika durchs Haus. Die Küche gehörte zu den schönsten, die sie je gesehen hatte. Handverlesene französische Kacheln und geschmackvoll hochglänzende Schranktüren – perfekt für jemanden, der gern kochte. Aber war Benke ein Mann gewesen, der sich in die Küche gestellt und ein Bœuf Bourguignon gezaubert hatte? Das wollte Fredrika nicht glauben.

Auf einem Schneidebrett lagen ein Brotlaib und ein Messer.

»Hat er dort drüben gesessen und gegessen, als er starb?«, fragte Fredrika einen Techniker, der gerade Benkes Hausmüll unter der Spüle untersuchte.

Der Techniker sah auf.

»Auf dem Tisch neben dem Sessel steht ein leerer Teller«, sagte er zögerlich. »Kann sein, dass er sich ein Butterbrot aus der Küche mitgenommen und es vor dem Kamin gegessen hat.«

Was Benke wohl zum Abendessen gewählt hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass es seine letzte Mahlzeit sein würde? Wahrscheinlich nicht ausgerechnet Butterbrot.

Sie ging weiter in die Diele, kam an etwas vorbei, was wie ein Büro aussah. Allerdings lag dort kein einziges Blatt Papier auf dem Schreibtisch, und ihr schoss etwas Ähnliches durch den Kopf wie schon in der Küche: Hatte er je hier gearbeitet? Sie trat ein, sah sich die gut sortierten Bücherregale an (so gut sortiert, dass man sich nur schwer vorstellen konnte, dass überhaupt jemals ein Buch dort herausgezogen worden war). Dann kehrte sie dem Arbeitszimmer den Rücken und lief ins obere Stockwerk, wo sie noch mehr klaren Funktionen zugeordnete Zimmer vorfand, von denen sie sich ebenso wenig vorstellen konnte, dass Benke sie wirklich genutzt hatte: zwei Schlafzimmer, bei denen es sich wahrscheinlich um Gästezimmer handelte. Ein weiteres Fernsehzimmer, das mit zwei Chesterfield-Sofas möbliert war. Fredrika ließ sich auf einem nieder. Es war knochenhart – kein vernünftiger Mensch würde hierauf je bequem sitzen. Am Ende stieß sie auf ein riesiges Schlafzimmer, das Benke bewohnt haben musste. Das Bett war gemacht. Auf der Tagesdecke lag ein Schlips, auf dem Nachttisch die Zeitung vom Vortag.

Fredrika öffnete die Schränke, spähte zwischen Hemden, Hosen und Anzüge. Ihr war selbst nicht klar, wonach sie suchte oder was sie glaubte, dort finden zu können.

Sie lief zurück nach unten zu Alex. Er telefonierte gerade mit seiner Freundin Diana.

»Ich weiß nicht, wann ich heute nach Hause komme«, sagte er. »Ich rufe dich später noch mal an. Kuss!«

Kuss.

War das nicht zu privat? Oder war Fredrika überempfindlich geworden? Sie war nie der Typ gewesen, der von sich selbst viel Privates preisgab oder sich für das Privatleben anderer Menschen interessierte. Doch im Lauf des Frühjahrs war sie noch schweigsamer geworden, als sie es zuvor schon gewesen war. Sie fragte nicht einmal mehr, wie es bei Alex zu Hause lief, ob alles gut war … hauptsächlich, um keine Gegenfrage gestellt zu bekommen.

Wie geht es dir und Spencer?

Tja, weißt du, ziemlich schlecht.

Fredrika blinzelte. Dann wandte sie sich Benkes Wandschmuck zu, einer Reihe großer Gemälde, die sicher eher gekauft worden waren, um Eindruck zu schinden, denn weil Benke die Künstler geschätzt hätte. Private...

Erscheint lt. Verlag 14.1.2019
Reihe/Serie Fredrika Bergman / Stockholm Requiem
Fredrika Bergman / Stockholm Requiem
Übersetzer Susanne Dahmann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Syndafloder (06 Fredrika Bergman)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Bestseller • Bruderlüge • eBooks • Fredrika Bergman • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Schweden • Schwesterherz • Skandinavien Buch • Skandinavien Krimi • Skandinavische Krimis • spiegel bestseller • Stockholm • Stockholm Requiem • Thriller • Thriller Bestseller • thriller reihe • ZDF Verfilmung
ISBN-10 3-641-22318-0 / 3641223180
ISBN-13 978-3-641-22318-2 / 9783641223182
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