Deichfürst (eBook)

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eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
436 Seiten
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7325-4471-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Deichfürst -  Heike van Hoorn
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Ein glücklich verheirateter Kommissar und eine bullige Lokalreporterin, die sich an seine Fersen heftet, sind das neue Dreamteam des Küstenkrimis!

Der reiche Bauer Tadeus de Vries wird ermordet aufgefunden. Und fast jeder könnte der Täter sein, denn der alte de Vries hat sein Leben lang die Menschen um sich herum gedemütigt und misshandelt. Kein einfacher Fall für Stephan Möllenkamp, den neuen Hauptkommissar der Kripo Leer. Doch er hat nicht nur seine patente Frau Maike an seiner Seite, sondern auch die resolute Lokalreporterin Gertrud Boekhoff ...

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung


Freitag, 29. Oktober 1999


145, 150, 155. Schon fing das verdammte Ding wieder an zu piepsen. Keuchend drückte Stephan Möllenkamp auf die Knöpfe seiner Pulsuhr. Er hasste es, wenn sich die Spaziergänger mit ihren Hunden nach ihm umdrehten. Er drosselte das Tempo und trabte langsam über den Deich bei Bingum. Es reichte schon, dass die alten Männer mit den Schirmmützen, die ihre Fahrräder neben sich herschoben, ihm durch Blicke zu verstehen gaben, was sie vom Laufsport hielten.

Kaum hatte sein Puls sich etwas beruhigt, packte Möllenkamp die Lust, einfach bis Nendorp weiterzulaufen, einen Blick auf die Baustelle des Emssperrwerks zu werfen und lässig wieder zurückzujoggen. Hin und zurück ergab das eine gute Halbmarathon-Strecke, genau das Ziel, das er sich fürs Frühjahr vorgenommen hatte. Die riesige Baustelle faszinierte ihn. Nachdem dort fast ein Jahr lang nichts vorangegangen war, wurde seit vorgestern wieder gearbeitet. Er zog das Tempo wieder an und stellte sich vor, wie die kleine Speckrolle, die sich um seine Taille gelegt hatte, Gramm für Gramm schmolz und sich seine Beine in stahlharte Muskelpakete verwandelten.

Eine heftige Böe wehte ihm ins Gesicht. Er merkte, wie seine Beine klamm wurden. Obwohl es für die Jahreszeit zu warm war, überlief ihn ein Frösteln. Bis Nendorp und zurück würde er es nicht mehr im Hellen schaffen, also beschloss er, umzukehren.

Als er nach Leerort einbog, erblickte er seine Frau schon von weitem. Ihre rotblonden, kurzen Haare leuchteten ihm entgegen. Meike stand in Jeans und einem alten Troyer, den sie ihm abgeluchst hatte, im Vorgarten, den Rechen wie eine Hellebarde in der Hand. Sie hatte ihn noch nicht gesehen. Ganz plötzlich drehte sie sich um und verschwand im Haus.

Einen Augenblick später wusste Möllenkamp, warum. Hinter einer Säuleneibe, die den Eingang des Nachbarhauses beschützte, trat ein alter Mann hervor. Das wenige Resthaar fiel ihm strähnig in den Nacken, ein Holzfällerhemd hing lottrig über seine schwarze Trainingshose. In Schlappen schlurfte er den Gehweg entlang, drehte dann nach rechts und steuerte auf Möllenkamps Haustür zu. Dabei versuchte er, durch das Küchenfenster zu sehen. Möllenkamp drosselte sein Tempo und beobachtete, was der Nachbar als nächstes tun würde. Im Geiste sah er seine Frau mit einem Fleischermesser in der Hand hinter der Haustür lauern. Sobald der Nachbar das Küchenfenster erreichte und mit dem Finger dagegen klopfte, wie es seine Gewohnheit war, würde sie die Tür aufreißen, sich auf ihn stürzen und ihn niedermetzeln. Doch der alte Mann kam nicht bis zum Küchenfenster. Auf halbem Wege drehte er um, schlurfte zurück zu seinem Haus, schüttete den Abfall aus einer Plastiktüte in die Mülltonne und faltete sie dann zusammen. Es half nichts, Möllenkamp musste sich auf eine Begegnung mit Herrn Müller vorbereiten, wenn er nicht ewig auf der Stelle treten wollte.

»Moin, Herr Möllenkamp, na wo kommen Sie denn her?«, fragte ihn der alte Herr in unterwürfigem Tonfall. Vor Müller hatte man die Möllenkamps bereits gewarnt, als sie vor einem Vierteljahr von Hannover hierher gezogen waren. Meike hatte zum Schuljahresbeginn eine Stelle als Studienrätin für die Fächer Deutsch und Latein am Teletta-Groß-Gymnasium angetreten, und er hatte die Leitung des Fachkommissariats 1 für Kapitaldelikte bei der Polizeiinspektion Leer übernommen. Ein glücklicher Zufall, den Meike als Fügung auslegte, um ihm damit den Umzug aus der Großstadt in dieses Provinznest schmackhaft zu machen. Nun, immerhin hatte es für ihn einen Karrieresprung bedeutet und da konnte man Zugeständnisse an den Wohnsitz machen.

Die gepflegte Siedlung und das schmucke Reihenhäuschen hatten ihnen gefallen, und mit Müller würden sie schon fertig werden.

Dachte er.

»Ich habe ja früher auch viel Sport getrieben, aber heute geht es nicht mehr wegen der Beine«, redete Müller immer weiter. »Ach, da hab ich ja letzte Nacht wieder solche Schmerzen gehabt, und meine Frau erst …«

Frau Müller war angeblich schwer krank. Allerdings reichten die Angaben, die Herr Müller über ihre Gebrechen machte, vom Herzinfarkt über Krebs und Thrombosen bis hin zum Zucker, sodass Möllenkamp zu dem Schluss gekommen war, dass Frau Müller vermutlich gar nichts fehlte. Außer im Kopf, denn eine Frau mit klarem Verstand konnte es unmöglich bei diesem Menschen aushalten.

»Aber das Wetter ist ja auch wieder so schlecht geworden … Geht es Ihrer Frau gut? Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.« Möllenkamp, der inzwischen mächtig fror, gelang es, die Endlosschleife des Nachbarn mit einem »Wird schon wieder besser werden« und einem abrupten Abgang zu stoppen. Er kam sich dabei wie ein Flüchtiger vor, während Müller auf dem Weg stehen blieb und darüber grübeln mochte, ob sich die Aussage auf das Wetter, den Zustand seiner Beine oder die Gesundheit seiner Frau bezog.

»Na, du Supercop, hattest du dein Handy wieder nicht mit? Es hat hier mehrmals geklingelt, aber ich hab’s nicht gefunden«, empfing ihn seine Frau. Sie reckte sich und küsste ihn auf den Mund.

»Warum hast du denn auf das Rendezvous mit Herrn Müller verzichtet?«, entgegnete Möllenkamp, während er sich mit einem Küchenhandtuch die dunklen Haare trockenrubbelte. Er machte sich auf den Weg ins Arbeitszimmer, wo er sein Handy vermutete. »Er hat dich schon sehr vermisst. Aus seiner Frage habe ich herausgehört, dass er den leisen Verdacht hegt, ich könnte dich umgebracht und im Garten vergraben haben.«

»Das wäre ihm kaum entgangen«, konterte Meike. »Außerdem dürfte er einem Kriminalkommissar ruhig eine raffiniertere Entsorgungsmethode für seine Frau zutrauen.«

»Kriminalhauptkommissar bitte. So viel Zeit muss sein.«

Wo war nur das verdammte Handy?

Er fand es in seiner Sporttasche. Vier Anrufe von der Dienststelle und dann noch zwei von seinem Kollegen Johann Abram verhießen nichts Gutes. Er rief bei Johann an.

»Mist, da hätte ich ja doch gleich weiterlaufen können«, brummte er, als er in die Küche zurückkam.

***

Als Stephan Möllenkamp die Baustelle des Emssperrwerks erreichte, war es bereits ganz dunkel, und es regnete inzwischen heftig. Er parkte seinen alten Escort neben der silbernen Passatlimousine von Johann Abram. Bereits beim Aussteigen bemerkte er, dass er weder an Gummistiefel noch an einen Schirm gedacht hatte. Möllenkamp warf einen Blick in Abrams Wagen, der - regelmäßig gewaschen und aufgeräumt - in seinem Kofferraum immer eine Klappbox mit Schirm und Gummistiefeln vorhielt. Richtig, da war die Kiste, Schirm und Gummistiefel fehlten. Aber er sah beides, zusammen mit einem gelben Friesennerz, an Abram, der von weitem auf ihn zukam. »Warmduscher« knurrte Möllenkamp und wäre zur Strafe fast ausgerutscht, als er sich unter das rot-weiße Absperrband ducken wollte.

»Stephan, pass up«, hörte er die Stimme seines Kollegen. »Das musst du aber auch noch lernen, wie man sich für die Arbeit hier richtig anzieht. Vielleicht waren Turnschuhe ja gut in Hannover, aber hier solltest du dir wirklich ein paar wasserfeste Schuhe besorgen.« Und während er ihn am Arm packte, fügte Abram hinzu: »Mir reicht schon der eine, den wir hier aus dem Schlamm ausbuddeln müssen.«

Möllenkamp fühlte sich bevormundet, daher stieg leichter Unmut in ihm auf. »Verrätst du mir vielleicht, was ihr hier eigentlich gefunden habt? Aus deinem Spruch auf der Mailbox bin ich nicht besonders schlau geworden. Ich hoffe, da ist nicht bloß ein Baggerfahrer besoffen von seinem Bock gefallen.«

Abram blieb ungerührt. »Das könnte natürlich sein. Er hat es dann aber auch noch geschafft, sich in eine Kiste zu legen, die Kiste von außen zuzunageln und sich anschließend im Aushub für die Straßenfundamente einzugraben.«

Möllenkamp starrte ihn an. Abrams Humor tauchte so plötzlich auf wie das Ungeheuer vom Loch Ness und verschwand auch genauso schnell wieder.

»Schau es dir selber an.« Schweigend stapften beide Männer über die Baustelle zwischen schweren Baggern hindurch, dorthin, wo eine Aufschüttung den späteren Zuweg zur Sperrwerksbrücke bilden sollte. Möllenkamps neue Turnschuhe, die tief in den Schlamm einsanken, gaben schmatzende Geräusche von sich.

Vor ihnen öffnete sich eine Szene wie auf einer Theaterbühne. Erhellt wurde sie von Scheinwerfern, deren Lichtkegel den schräg herabwehenden Regen sichtbar machten. Sie beleuchteten eine metertiefe Grube, in der Menschen in weißen Overalls arbeiteten, während Polizei- und Rettungswagen als schwarze Schatten die äußere Begrenzung darstellten. Die zuckenden Blitze der Fotoapparate, die knappen Anweisungen, die sich die Kriminaltechniker zuriefen, verdichteten sich zu dem Eindruck, hier sei eine kultische Handlung im Gange.

Unten in der Grube beugten sich die Kollegen von der Kriminaltechnik über eine längliche Holzkiste, deren Deckel man aufgebrochen hatte. In Möllenkamp stieg Beklommenheit auf –...

Erscheint lt. Verlag 30.1.2018
Reihe/Serie Ein Fall für Kommissar Möllenkamp
Ein Fall für Kommissar Möllenkamp
Ein Fall für Kommissar Möllenkamp
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Deich • Dollart • Emden • Ems • Flucht • Friesland • Geheimnis aus der Vergangenheit • Gulderhof • Hendrik Berg • Klaus-Peter Wolf • Krimis • Küste • Leer • Nationalsozialismus • Nordsee • Nordseeküste • Ostfriesland • Ostpreußen • Papenburg • Plattdeutsch • Polder • Polderfürst • Rheiderland • Serienkrimi (Serienermittler) • Theodor J. Reisdorf • Tyrann • Umweltschutz • Weener • Werft
ISBN-10 3-7325-4471-0 / 3732544710
ISBN-13 978-3-7325-4471-4 / 9783732544714
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