Scharfe Suppen für hungrige Männer -  Wolfgang Körner

Scharfe Suppen für hungrige Männer (eBook)

Mit neuen Zutaten und Gewürzen
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2017 | 1. Auflage
224 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7460-0089-3 (ISBN)
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Nur weil er bei einer Hochzeitsfeier der Braut eines anderen nicht widerstehen konnte, wird der oberbayrische Hotelkoch Rolf Prinzler von seiner Ehefrau, der Eigentümerin des Hotels, fristlos entlassen und aus der ehelichen Wohnung gewiesen. Vom Anwalt über seine Unterhaltspflichten aufgeklärt, will er sich vor einen Schnellzug werfen, wird aber vom Piloten Pontius Herbst gerettet und mit nach Berlin genommen. Dort hat Pontius bereits einen vor seiner Frau geflohenen Finanzfachwirt in seine geräumige Altbauwohnung aufgenommen. Rolf soll künftig für die beiden Männer kochen. Rolf, der Ich-Erzähler des Romans, leidet wie stets an seinem ständigen Bedürfnis nach dem anderen Geschlecht. Ohne Frau, "Dornenkrone der Schöpfung", kann er das Leben kaum ertragen - im Gegensatz zu Pontius, der sich Sex kaufen kann bis sein Konto überzogen ist. Ein paar Wochen später bekommt auch der Textilverkäufer Michael, Vater von 15 außerehelichen Kindern, ein Zimmer in der Männer-WG. Michael, stets blendend gepflegt und gekleidet, kann sich, dank seiner männlichen Attraktivität und seines Selbstbewusstseins vor Frauen kaum retten. Hilfsbereit, wie er ist, erteilt er bereitwillig Nachhilfeunterricht. Er bringt seinen beiden Freunden bei, wie sie ihre Chancen beim anderen Geschlecht steigern. Er führt sie ein in die Schattenwirtschaft von Männern, die von einem Einkommen unterhalb der Pfändungsgrenze zu leben gezwungen sind. Auch jetzt dreht sich alles hauptsächlich nur um, na ja, eben die Frauen. Ein pointenreicher, intelligent unterhaltender Roman über die Gier des Mannes nach dem Weibe - und die daraus resultierenden Probleme.

Wolfgang Körner lebt als Autor in Dortmund und Bad Reichenhall. Er veröffentlichte bisher mehr als fünfzig Romane und Sachbücher, zum Teil unter einem seiner vier Pseudonyme. Sein "Einzig wahrer Opernführer" (1985 Rowohlt Taschenbuch Verlag) wird seit mehr als 30 Jahren regelmäßig nachgedruckt und ist bei Amazon der meistverkaufte deutschsprachige Opernführer. Die Comedy Fernsehserie "Büro, Büro", deren Hauptautor er ist, gilt inzwischen als Kultserie. Er wurde mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet.

Auch wenn Pontius immer behauptet, Föhn sei keine tatsächliche Witterungslage, sondern eine bayrische Abkürzung für den Zustand, den Preußen umständlich mit dem Satz »I hoab gaestern schreckli gsuffa und moag heit net oarbeitn« ausdrücken müssten: es gibt den Föhn!

Und wenn es eines Beweises bedarf, kann ich nur sagen, bitte schön: ich bin dieser Beweis! Alle wichtigen Ereignisse meines Lebens (zumindest bis zu meiner Rettung durch Pontius) sind untrennbar mit dem Föhn verknüpft. Wenn ich dereinst vor meinem himmlischen Richter stehen und Rechenschaft ablegen muss, weiß ich, was ich zu meiner Entschuldigung anführen werde: »Es war Föhn, Euer Ehren«, werde ich sagen. »Ohne Föhn hätte mein Vater meine Mutter nicht mit Hilfe einer Flasche Obstler dazu überreden können, meine Zeugung zuzulassen. Ohne Föhn hätte ich nie die Rosi geheiratet.«

Bayrische Amtsgerichte billigen einem Täter mildernde Umstände zu, wenn ein bayrischer Meteorologe aussagt, dass zur Tatzeit Föhn herrschte. Wird mein überirdischer Richter weniger gerecht sein?

Allerdings, um bei der Wahrheit zu bleiben, muss ich auch zugeben, dass selbst in Oberbayern nicht an sämtlichen Tagen des Jahres Föhn angesagt ist. Auch hierfür gibt es Belege, die höchst lebendig herumlaufen – nämlich meine beiden Söhne Xaver und Franz und meine Tochter Elke, die niemals das Licht der Welt erblickt hätten, wären nicht drei Tage meiner sechsjährigen Ehe mit Rosi eindeutig föhnfrei gewesen.

Selbstverständlich handelte es sich dabei um seltene, wenngleich folgenreiche Ausnahmen, die einmal mehr nur die Regel bestätigen: Im allgemeinen herrschte während meiner sechsjährigen Ehe ständig Föhn, und der Föhn war es auch, an dem diese Ehe letztlich scheiterte und an dem fast auch mein Leben zerbrochen wäre. Ich erinnere mich noch immer an diesen Tag, als sei es erst gestern gewesen.

Ich stand in der Küche des Hotels >König Ludwig<, hatte meine frisch gestärkte Kochmütze auf und hackte Zwiebeln klein, die ich mit Camembert und Frischkäse zu Obatzter verarbeiten wollte.

Eine Hochzeitsgesellschaft hatte sich das als Vorspeise zum Rehrücken gewünscht, der in der Bratröhre schmorte. Weil Zwiebeln wesentlich billiger sind als Camembert und Frischkäse, hatte ich eine riesige Menge der weißen Tränenspender vor mir im Korb, griff eine Zwiebel nach der anderen, legte sie auf das Brett und rückte ihnen mit dem Messer zu Leibe. Durch das große Küchenfenster konnte ich den Predigtstuhl in der Abendsonne leuchten sehen.

Die Sonne ließ die Kiefern dunkelgrün schimmern, und der Fels glühte, als stände er in Flammen. Ich weiß, unter preußischen Touristen ist die Ansicht weit verbreitet, dass unsereiner die Schönheit unserer Landschaft gar nicht mehr wahrnimmt. Aber diese Ansicht ist falsch.

Mein geliebtes Bayern, dachte ich gerührt, niemals werd’ ich dich verlassen. Hatte mir dieses Land nicht fast alles gegeben, was ein Mann braucht?

Gewiss, als jüngster von drei Söhnen eines Sessellift-Eigentümers brauchte ich mir zu keiner Zeit meines Lebens Gedanken um mein Erbe zu machen, aber auch ohne Erbaussichten hatte mein Vater für meine Zukunft gesorgt: Abitur, danach Hotelfachschule.

Zweifellos, ich hätte lieber Astronomie studiert. An meinem vierzehnten Geburtstag hatte ich drei UFOs über dem Predigtstuhl gesehen, und UFOs waren seither für mich die zweitwichtigste Sache der Welt. Aber als ich mich mit meinem Vater über meinen Berufswunsch unterhalten hatte, waren seine Argumente die besseren gewesen:

»Astronomie?« hatte er gesagt. »Wann gibt es bei uns schon Unbekannte Flugobjekte oder außerirdische Besucher? – Gastronomie lernt man in Bayern. Koch musst du werden. Touristen wird es hier geben solange es die Berge gibt. «

Die Wege der Vorsehung sind wunderbar. Viele Wochen lang hatte ich mit meinem Schicksal gehadert, das mich nicht ins Observatorium geführt hatte, sondern in die Lehrküche, aber dann hatte sich meine Aufmerksamkeit vom unendlich weiten Universum auf die unendlich eng geschnürten Mieder meiner Mitstudentinnen verlagert, unter deren Röcken ich alles andere suchte als außerirdische Lebensformen.

Was mich betrifft, so bin ich fast unschuldig in die Ehe getreten (worden), denn ich hatte vor meiner Heirat nur eine einzige Beziehung, nämlich die zu sechs Semestern der Hotelfachschule. Natürlich war es mein Vater gewesen, der mich in die Ehe trat.

»Es wird allmählich Zeit, nach einer passenden Frau für dich Ausschau zu halten!« hatte er eines Abends über seinem Hefeweizen gebrummt, als ich schon als Jungkoch im Karlshof arbeitete. »Die Rosi vom Wermser wär scho recht. Die erbt amol den >König Ludwig<, da host ausgsorgt!«

Was immer man mir vorwerfen kann, damals war für mich wie für ganz Bayern das Wort eines Vaters noch Gesetz.

Ich bezwang Rosis damaligen Freund Karl dreimal beim Fingerhakeln, schüttete ihr versehentlich eine Maß Weißbier über das Dirndl und trocknete ihr Kleid im Heizungskeller der Hotelfachschule. Überflüssig zu erwähnen: damals litt Rosi noch nicht unter dem Föhn, ein Jahr lang merkte sie überhaupt nichts davon. Dann wurde unsere Elke geboren, wir heirateten, wenig später war das Wetter das einzige, was sie noch fühlen wollte.

Ich sagte es bereits: Ich stand in der Küche unseres Hotels und schnetzelte Zwiebel nach Zwiebel. Ich sah die leuchtend grünen Kiefern und den brennenden Fels. Ich dachte über die verflossenen Tage und über die noch kommenden Tage meines Lebens nach, und die Tränen rannen mir über das Gesicht. Ich hörte die Absätze von Stöckelschuhen im Flur, dann kam Rosi in die Küche und öffnete die Bratröhre, um sich über den Rehrücken zu beugen.

»Ich glaube, es ist Zeit, den Speck abzunehmen«, sagte sie.

»Ach was«. sagte ich. »Dös braucht noch gut und gern a Viertelstund.« Ich drehte mich um, wollte nach dem Rehrücken sehen und sah den Rücken meiner Rosi. Wie immer bei Hochzeitsfeiern in unserem Hotel wollten wir die Gäste während des Essens mit meiner doppelt scharnierten Zither und Rosis Jodeln unterhalten, und sie hatte sich dafür schon ihr Festtagsdirndl angezogen. Noch immer beugte sie sich über die Bratröhre. Ihr Rock hatte sich hochgeschoben und gab den Blick auf ihre Strümpfe frei. Als sich auch mir etwas hochzuschieben begann, trat ich hinter sie und zog mit meinem Zeigefinger behutsam die Naht ihres rechten Strumpfes nach.

»Lass doch den Unsinn, Rolf!« sagte sie verärgert, während sie einmal mehr meine Hand von sich weg schob. »Du weißt doch, dass wir Föhn haben. Mir ist rätselhaft, wie ich den heutigen Abend durchstehen soll.«

Ich drehte mich um und wandte mich wieder schweigend meinen Zwiebeln zu. Und wie ich das durchstehen soll, dachte ich, das interessiert keinen Menschen auf der Welt.

Aber dann war alles wie immer: Nach drei Minuten stand bei mir überhaupt nichts mehr, nur ich stand noch in der Küche, und ich weiß nicht, ob ich nicht noch heute deprimiert am Herd im >König Ludwig< in der Kälte meine Stellung halten würde, hätte sich diese Hochzeitsfeier nicht selbst für oberbayrische Verhältnisse etwas ungewöhnlich entwickelt.

Obwohl ich einer sehr tiefen Tiefenanalyse auf Alex’ durchgelegener Psychologencouch inzwischen die Einsicht verdanke, dass es sich bei den Ereignissen in Zusammenhang mit dieser Hochzeitsfeier keinesfalls um eine Katastrophe handelte, sondern, im Gegenteil, um ein genial von meinem Unbewussten inszeniertes Psychodrama zum Zwecke meiner männlichen Befreiung, trafen an jenem Tage – wie bei einer echten Katastrophe – mehrere Ereignisse auf ungewöhnliche Weise zusammen.

Entscheidend war vermutlich mein allgemeiner Frust. Er hing weniger mit Rosis Föhnempfindlichkeit zusammen, an die ich mich im Laufe der Jahre zwangsläufig gewöhnt hatte, sondern mit meiner speziellen Situation als mehrfach frustrierter Künstler. Zuerst die Kochkunst: Rehrücken, das schreibt sich so leicht auf das Papier, aber mein Rehrücken war nicht ein gewöhnlicher, zusammengepfuschter solcher, sondern ein mit Liebe, Können und Hingabe zubereiteter Rehrücken à la Rolf Prinzler. Fünf Rehrücken hatte ich enthäutet, zwei Tage lang in Buttermilchmarinade gebeizt. Ich hatte Salz, Pfeffer und jene Gewürze von der Padingeralm ins Fleisch gerieben, deren Namen mir meine Großmutter auf ihrem Sterbebett noch hatte ins Ohr flüstern können. Ich hatte Butter erhitzt und Bratensatz mit Wildbrühe abgelöscht, ich hatte ihn mit Mehlbutter sämig gerührt, und die Hochzeitsgäste, ja, sie hatten an der langen Tafel im Vereinszimmer gesessen und einfach alles aufgefressen. Dann die Musik! – Ich kannte die Hauptdarstellerin dieser Hochzeitsveranstaltung aus dem Heizungskeller der Hotelfachschule, und als Rosi...

Erscheint lt. Verlag 23.11.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-7460-0089-0 / 3746000890
ISBN-13 978-3-7460-0089-3 / 9783746000893
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