Das sechste Erwachen (eBook)

Roman

(Autor)

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2018
Heyne Verlag
978-3-641-22179-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das sechste Erwachen - Mur Lafferty
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Durch die Schwärze des Universums gleitet ein einsames, aber dafür umso gewaltigeres Raumschiff - die Dormire. An Bord befinden sich 2000 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder. Stirbt ein Crewmitglied, wird es umgehend durch seinen eigenen Klon ersetzt. Doch dann erwacht der Klon von Maria Arena vorzeitig und über und über mit Blut befleckt. Marias Erinnerungen wurden gelöscht, sie weiß nur noch, dass sie getötet wurde - ebenso wie der Rest der Crew. Schnell ist den Klonen klar, dass sich an Bord der Dormire ein Mörder aufhält, und wenn sie ihn nicht schnell finden, wird er wieder zuschlagen ...

Mur Lafferty ist Autorin, Podcast-Produzentin, Gamerin und Geek. Sie machte sich mit Podcasts wie I Should Be Writing und The Angry Robot einen Namen, und gewann den John W. Campbell Award in der Kategorie Best New Writer. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Durham, North Carolina.

Diamanten

Der einzige Teil der Mission der Dormire, der anscheinend nicht gescheitert war, war der Zustand der Fracht.

Während das Schiff mit einer Minimalbesatzung unterwegs war, schliefen im Frachtraum zweitausend Menschen in der Kryo. Auf den Servern im Frachtraum lagen über fünfhundert Klon-Mindmaps. Maria und die anderen fünf waren für über zweitausendfünfhundert Leben verantwortlich.

Maria wollte nicht allzu genau über diese Verantwortung nachdenken. Sie war einfach nur froh, weil Hiro bestätigen konnte, dass alle ihre Passagiere stabil und die Back-ups unbeschädigt waren.

Alle Menschen und Klone hatten ihre Gründe, auf diese Reise zu gehen: Abenteuer und Forschungsdrang waren der Antrieb für viele der Menschen, die Flucht vor religiöser Verfolgung der für viele der Klone. Neben diesen beiden Gruppen gab es noch eine gewisse Anzahl von politisch oder gesellschaftlich Verbannten, die durch die Reise dem Gefängnis, der Lohnsklaverei oder Schlimmerem entkommen wollten.

Sie alle wurden zum Teil davon angetrieben, dass die Erde durch den Anstieg des Meeresspiegels bewohnbares Land verlor, und von den Kriegen um Territorien und Wasser, die weltweit ausgebrochen waren. Also setzten sich wie immer die Reichen ab, weil sie es konnten.

Es waren jedoch etwas andere Gründe, aus denen die Besatzung an Bord gegangen war. Jeder von ihnen hatte das simple Motiv, dass sie als Kriminelle versuchen wollten, eine weiße Weste zu bekommen.

Ihr Flugziel, der Planet Artemis, war uneingeschränkt bewohnbar, ein wenig kleiner als die Erde und ein echtes Paradies. Er kreiste um Tau Ceti im Sternbild Walfisch.

Maria hatte Zweifel, ob dieses Paradies bewirken konnte, dass Menschen und Klone viel besser als auf der Erde zusammenlebten, aber die Leute hatten nun einmal ihre rosaroten Träume und großartigen Ideen.

»Hast du jemals versucht, dich umzubringen?«, fragte Hiro, während sie mit den Overalls und dem Rollstuhl zum Klonraum zurückkehrten.

»Das ist eine ziemlich persönliche Frage«, sagte Maria und strich mit einer Hand durch ihr langes Haar. Sie verzog das Gesicht, als ihre Finger in der verfilzten Masse hängen blieben.

Er zuckte mit den Schultern. »Du hast gerade meine Antwort gesehen, sie hing über uns. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn all die Arbeit erledigt ist, wird Wolfgang entscheiden, was wegen dieses kleinen Details der heutigen Unglücksfälle unternommen werden sollte. Die Klongesetze der Erde sollen hier draußen nicht ignoriert werden – das wurde recht deutlich klargestellt, bevor wir aufgebrochen sind.«

Maria überlegte, wie seine kriminelle Vergangenheit aussehen mochte. Dann seufzte sie. »Ich habe es tatsächlich einmal versucht. Einmal.«

»Was hat dich davon abgehalten?« Er fragte nicht, ob der Versuch erfolgreich gewesen war, denn in diesem Fall hätte sie nicht das Recht gehabt, in einem neuen Klon aufzuwachen.

»Ein Freund hat es mir ausgeredet«, sagte sie. »Läuft es nicht meistens so ab?«

»Ich wünschte, ich hätte vor ein paar Stunden einen solchen Freund gehabt«, sagte er.

»Wahrscheinlich wärst du dann trotzdem gestorben, da drüben«, sagte sie und zeigte in Richtung Klonraum.

»Aber es wäre kein Selbstmord gewesen. Ich kann mir vorstellen, dass Wolfgang jeden abklopfen wird, um ihm die Schuld geben zu können.«

»Aber du bist jetzt hier. Kümmern wir uns lieber um die unmittelbaren Probleme. Dann finden wir heraus, was mit uns allen passiert ist«, sagte Maria.

Die Stimme der Kapitänin hallte durch den Korridor, ein Schrei der Abscheu.

»Wessen Idee war es, den Gravantrieb wieder einzuschalten?«, rief sie.

»Ihre, Kapitänin«, sagte Hiro, als sie eintraten. »Sie wollten wieder auf festem Boden stehen können.«

Der Klonraum sah immer noch aus wie ein Albtraum, aber zumindest herrschte nun die Schwerkraft über den Albtraum. Maria wollte nie wieder gezwungen sein, Leichen und biologisch gefährlichen menschlichen Abfällen ausweichen zu müssen. Sie und Hiro hatten versucht, sich auf den veränderten Anblick des Gemetzels vorzubereiten, aber die Leichen, die am Boden herumrollten – weil die Schwerkraft noch nicht stark genug war, sie irgendwo festzuhalten –, bereiteten ihnen auf andere Weise Übelkeit. Das Blut und die sonstigen Flüssigkeiten waren an die Wände und auf den Boden gespritzt – und ein Teil davon auch auf die Besatzungsmitglieder. Vielleicht war es sehr klug von Paul gewesen, in seinem Tank bleiben zu wollen.

»Das war eine rhetorische Frage«, sagte die Kapitänin, die sich an der Wand festhielt und gegen den Boden stemmte. »Mir war nicht klar, dass es so schlimm sein würde. Was haben Sie also herausgefunden? Gab es ohne IAN irgendwelche Probleme? Oder konnten Sie von der Brücke aus auf ihn zugreifen?«

»IAN ist immer noch ausgefallen, Kapitänin«, sagte Hiro. »Wir haben das Glück, dass die Pilotenkonsole im unwahrscheinlichen Fall einer Fehlfunktion IANs entsperrt wird. Sonst wäre es Selbstmord. Oder Massenmord. Ist es Massenmord, wenn wir alle an Bord töten?«

Maria zuckte zusammen.

»Apropos, alle unsere Kryo-Passagiere sind vollzählig und wohlauf. Immerhin eine gute Neuigkeit, nicht wahr? Juhu!« Hiro riskierte ein Lächeln.

Die Kapitänin erwiderte es nicht. Sie wandte sich an Maria. »Geben Sie mir einen weniger chaotischen Bericht.«

Maria schluckte. »Ich bin mir nicht sicher, was Hiro getan hat, aber er brauchte nicht allzu lange, um den Gravantrieb wieder in Betrieb zu nehmen und auf den Navigationscomputer zuzugreifen und alles zu überprüfen. Jedenfalls haben wir weitere wichtige Neuigkeiten.«

»Ich übernehme das.« Hiro hob eine Hand und zählte die Punkte an den Fingern ab. »Wir sind seit knapp fünfundzwanzig Jahren im Weltraum. Wir sind zwölf Grad vom Kurs abgewichen und fliegen langsamer als vorgesehen. Ganz zu schweigen …«

»Haben Sie den Kurs korrigiert?«, fiel Katrina ihm ins Wort.

»Ja, Ma’am«, sagte er. »Es wird natürlich eine Weile dauern, bis wir wieder auf dem alten Kurs sind, aber ich habe unsere Flugrichtung angepasst.«

Während Hiro die Kapitänin über ihre Situation informierte, verteilte Maria stumm die Overalls. Wolfgang schnappte sich zwei, ohne sie anzusehen, und warf Paul einen zu – der sich jedoch mit einer Hand an Joannas Rollstuhl und mit der anderen an seinem Tank festhielt. Joanna fing Pauls Anzug ab, um ihn mit einem freundlichen Lächeln gegen ihren Rollstuhl einzutauschen. Dr. Glass nahm ihren Overall lächelnd entgegen, schlüpfte mit geübten Bewegungen hinein und setzte sich dann in ihren neuen Rollstuhl. Sie hielt sich an einem Klontank fest, bis die Schwerkraft stark genug war, um sie auf dem Boden zu halten. Die untere Hälfte ihres Anzugs hing schlaff von ihren winzigen Beinen herab.

»Brauchen Sie etwas, um sie abzubinden, damit sie nicht herumschleifen?«, fragte Maria mit einem Blick auf die herabbaumelnden Hosenbeine.

»Danke, nicht nötig«, sagte Dr. Glass, raffte sie zusammen und verstaute sie ordentlich unter ihrem Körper. »Ich werde später meine anderen Prothesen aus meinem Quartier holen. Oder meine Krücken. Wenn sich alles beruhigt hat.« Sie deutete mit einer Handbewegung auf die Horrorkulisse des Klonraums.

Marias Blick folgte ihrer Geste, nahm noch einmal das Durcheinander aus Leichen, verspritzten Flüssigkeiten und traumatisierten Besatzungsmitgliedern in sich auf. »Ich bin mir nicht sicher, wann sich das alles beruhigen wird. Hier ist gerade eine Menge los.«

Joanna hob eine Augenbraue. »Sie meinen, da ist noch mehr im Gange?«

Maria verzog das Gesicht und zeigte auf die Kapitänin, die sich Hiros Geschichte anhörte, wie sie seine Leiche gefunden hatten. Sie trat an seine Seite. Die Schwerkraft normalisierte sich Stück für Stück, während der Antrieb das Schiff immer schneller rotieren ließ.

»Es sieht ganz nach einem Selbstmord aus«, sagte Hiro, während er dem Blick der Kapitänin auswich.

»Aber im Moment wissen wir noch nichts mit Bestimmtheit«, fügte Maria hinzu. »Außerdem ist er jünger als alle anderen Klone von uns.«

Joanna hielt einen Finger hoch. »Das muss zunächst einmal kein Grund zur Besorgnis sein. Er könnte vor Kurzem aus irgendeinem anderen Grund gestorben sein.«

»Wir können nicht sagen, ob es Selbstmord war, bevor wir die Leiche untersucht haben«, warf Wolfgang ein.

Hiro sah ihn mit überraschtem Ausdruck an. Auch Maria hatte nicht erwartet, dass er sich im Zweifelsfall für ihn einsetzte.

»Da ist noch etwas«, sagte Hiro und sah Maria an.

Also war es ihre Aufgabe, die schlechte Neuigkeit zu überbringen. Sie seufzte und straffte die Schultern. »Die große Überraschung ist«, sagte sie zu Katrina, »dass Ihr vorheriger Klon nicht tot ist. Ihr Körper liegt in der Krankenstation im Koma.«

Die Kapitänin sagte nichts, aber ihr Gesicht verlor jede Farbe, und sie presste die Lippen fest zusammen. Sie sah Paul an, als wäre das alles seine Schuld. »Genug. Sie machen sich an die Arbeit. Hiro, Joanna, Sie begleiten mich zur Krankenstation. Wolfgang, Sie haben hier das Kommando.«

Paul erhob sich, inzwischen vollständig bekleidet, und starrte Katrina an. Er schluchzte nicht mehr, aber er zitterte noch ein wenig. Die zähe Synth-Amneo-Flüssigkeit lief ihm aus dem Haar, als die Schwerkraft langsam zurückkehrte. Er rührte sich nicht.

»Doktor, das ist nicht normal, oder?«, fragte Maria und zeigte mit dem Daumen auf den verängstigten Mann.

»In seltenen...

Erscheint lt. Verlag 11.6.2018
Übersetzer Bernhard Kempen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Six Wakes
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Generationenschiff • Klone • locked room • Locked-Room-Mystery • Space Thriller • Weltraum
ISBN-10 3-641-22179-X / 364122179X
ISBN-13 978-3-641-22179-9 / 9783641221799
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