Whisky mit Mord (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2018 | 2. Auflage
384 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1521-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Whisky mit Mord - Melinda Mullet
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Hochprozentig kriminell.

Abigail Logan, erfolgreiche Fotojournalistin Anfang dreißig, hätte nie gedacht, dass sie einmal eine Whisky-Destillerie in Schottland erben würde. Und eine Frau als Eigentümerin eines solchen Kleinods? Als sie mit ihrem Kollegen Patrick, einem Whisky-Kenner, und ihrem Terrier Liam dort ankommt, macht man ihr sehr deutlich klar, dass man sie nicht haben will. Es gibt Sabotageakte in der Destillerie, man bedroht sie, und dann findet man einen ihrer Angestellten tot im Whisky-Bottich ... 

Ein Krimi aus den schottischen Highlands mit viel Whisky und Flair.



Melinda Mullet hat britische Eltern, wurde aber in den USA geboren. Sie hat mehrere Jahre als Juristin gearbeitet, sich in den USA und im Ausland für Kinderrechte eingesetzt und ist viel gereist. Sie lebt in der näheren Umgebung von Washington D.C. mit ihren beiden Töchtern und ihrem Mann, einem Whisky-Sammler aus Leidenschaft.

Im Aufbau Taschenbuch sind ebenfalls ihre Romane »Whisky mit Mord«, »Whisky für den Mörder«, »Whisky mit Schuss« und »Ein Whisky auf den Tod?« lieferbar.

Mehr zur Autorin unter melindamullet.com.

Kapitel 1


Sagst du mir jetzt endlich, warum du da hockst und aus der Wäsche schaust, als hätte dich die Katze an einem schlimmen Tag von draußen reingezerrt, oder sollte ich noch eine Flasche Wein bestellen und anfangen zu raten?«

Patrick Cooke mochte mein ältester und engster Freund sein, aber diese Bemerkung quittierte ich ihm unter dem Tisch mit einem Tritt vors Schienbein. Er verzog das Gesicht, und die goldenen Pünktchen in seinen braunen Augen blitzten auf; trotzdem musterte er mich weiter mit kritischem Blick.

»Die Fakten geben mir recht, Abi«, sagte er. »Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel geschaut?«

»Nur wenn es sich nicht vermeiden ließ«, gab ich zu, kippte den Rest meines Weins hinunter und streckte ihm das Glas entgegen, damit er nachschenkte.

Ich sah wahrscheinlich wirklich wie eine lebendige Leiche aus. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen Kamm durch mein Haar gezogen hatte, und ich machte mir ohnehin nur selten die Mühe, mich zu schminken. Aber ich hatte eine besonders harte Woche hinter mir, und das will wirklich etwas heißen, denn als Fotojournalistin robbe ich den größten Teil meines Berufslebens durch den Dreck eines Krisengebietes nach dem anderen. Jetzt hatte ich verdient, dass man mich ein bisschen in Ruhe ließ. Da hatte es heute gerade noch gefehlt, dass mich Patrick mit seinen makellos aufeinander abgestimmten Klamotten und seinem perfekt gegelten Haar abkanzelte.

Heute Abend wirkte er noch mehr als sonst fehl am Platz neben all den leicht verlotterten Journalisten und Medienleuten, die in dieser Gegend der Fleet Street in London zu Hause sind. Doch das Scrivener’s Arms war nun schon seit über zehn Jahren unser regelmäßiger Treff nach der Arbeit, und ich weigerte mich, nur deswegen in die schickeren Bars im West End abzuwandern, weil man Patrick kürzlich zum stellvertretenden Herausgeber des Magazins Wine and Spirits Monthly befördert hatte.

»Du solltest besser auf dich achten, weißt du«, tadelte mich Patrick und zog vorsichtshalber seine Beine aus der Schusslinie. »Du bist auch nicht mehr so jung, wie du mal warst.«

»Vierunddreißig ist ja wohl kaum ein biblisches Alter. Und außerdem ist es hier allen egal, wie ich aussehe. Besonders wenn ich im Einsatz bin.«

»Du meinst, es ist dir egal. Aber du kommst nicht mehr unerkannt unter dem Radar durch. Die Leute wissen, wer du bist. Zumindest in unserer Branche kennt jeder den Namen Abigail Logan. Du hast mehr Preise gewonnen als sonst wer, von dem ich wüsste.« Patrick hob eine Hand, ehe ich ihn unterbrechen konnte. »Und du hast sie alle verdient. Deine Bilder sind großartig.«

Ich reagierte gereizt. »Ich will nicht berühmt sein«, beharrte ich. Ich stand nun mal nicht gern im Rampenlicht; das war Patricks Sache. Als wir uns damals auf der Universität kennenlernten, war ich es zufrieden, mich im Forschungslabor der Psychologieabteilung zu vergraben und zu untersuchen, wie das Gehirn funktioniert. Ein Experiment über die Auswirkungen von Schlafentzug brachte dann Patrick in mein Leben. Er kam als Versuchskaninchen und ist eigentlich nie wieder gegangen. Wir waren ein unwahrscheinliches Duo – ich war Einzelgängerin, und Patrick war nie allein –, aber irgendwie haben wir einander ergänzt, und es ging uns beiden besser, wenn wir in der Gesellschaft des anderen waren.

Patrick ermutigte mich in meiner Liebe zur Fotografie. Mit der Zeit faszinierte es mich immer mehr, wie sich die Psyche auf dem menschlichen Gesicht wider­spiegelt. Schließlich begann ich, Fotos als eingefrorene Momentaufnahmen der Gedanken in den Köpfen der Menschen zu begreifen. Wie besessen studierte ich Gesichter, und es stellte sich heraus, dass ich ein großes Talent für Porträtaufnahmen besaß. Ehe ich es mich versah, zerrte mich Patrick zu einem Vorstellungsgespräch für einen Sommerferienjob bei The London Gazette. Zwölf Jahre später war ich immer noch dort, bannte in allen finsteren Winkeln der Welt echte Menschen in echten Krisenaugenblicken auf meine Fotos.

Ich seufzte tief. »Ich wollte immer nur ein bisschen die Welt verändern.«

»Du hast sie verändert«, argumentierte Patrick. »Ich bin derjenige von uns beiden, der sich seinen Lebensunterhalt mit Weinkritiken verdient. Warum stellst du plötzlich dein Licht unter den Scheffel?«

»Das Nachrichtengeschäft wandelt sich«, jammerte ich. »Ich habe mich heute Nachmittag mit meinem Redakteur getroffen, um die Fotos durchzugehen, die ich letzte Woche in Sierra Leone gemacht habe. Herzzerreißende Bilder. Wenn er die brächte, könnte niemand mehr ignorieren, was da passiert, aber er will sie nicht. Er hat Angst, dass er Anzeigeneinnahmen verliert.«

»Du weißt doch, dass es heute nur noch ums Geld geht.«

»Das sollte es aber nicht. Also habe ich ihm gesagt, dass er seinen nächsten Auftrag behalten und was er sonst noch damit machen kann …«

Patrick starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an, war einen Augenblick sprachlos. »Du hast gekündigt?«

»Ich hab’s versucht. Er meinte, ich hätte wohl einen akuten Anfall ›weiblicher Hysterie‹, und hat mir ein paar Tage unbezahlten Urlaub verordnet, um ›meine Position zu überdenken‹«, erwiderte ich und zerfetzte meine Serviette in einen Schneesturm winziger Papierschnipsel. »Ich habe noch neun Monate in diesem elenden Vertrag. Wenn ich den jetzt breche, kostet es mich ein verdammtes Vermögen. Ich hätte ihm gern gesagt, er könne mich mal gernhaben, aber ich kann mir nicht mal mehr meine eigenen Prinzipien leisten.«

»Warum arbeitest du nicht freiberuflich, sobald dieser Vertrag abgelaufen ist? Du bist doch jetzt bekannt genug. Du musst nicht mal mehr ins Ausland gehen. Auf den Straßen Großbritanniens wimmelt es nur so vor unterdrückten Emotionen und Feindseligkeiten zwischen den Kulturen, die sich im kalten, feuchten Klima verfestigen. Such dir Arbeit näher an Zuhause, schlaf mal wieder in deinem eigenen Bett und verbringe mehr Zeit mit Ben, solange du noch kannst.«

Ich vergrub das Gesicht in den Händen. Zu viele schmerzliche Gefühle durchströmten mich, und die Tränen, die ich den ganzen Abend zurückgehalten hatte, schossen hervor.

»Abi? Was ist denn los?« Patrick beugte sich über den Tisch. »Ich kenn dich doch. Hier geht’s um mehr als nur eine philosophische Streiterei mit deinem Boss.«

Ich brauchte eine Minute, bis ich meine Stimme wieder beherrschte. Ich hätte es ihm gleich als Erstes sagen sollen, aber jedes Mal, wenn ich es aussprach, wurde es wirklicher, schmerzhafter.

Ich holte bebend tief Luft. »Ich war noch in Afrika, als ich eine Nachricht von Bens Ärztin in Schottland erhielt, dass es ihm sehr schlecht ginge. Ich bin gleich mit einer Militärmaschine zurückgeflogen, aber als ich in London ankam, war er schon gestorben.«

Patricks sonst dauerhaft sarkastische Miene wich einem Ausdruck echter Besorgnis. »Oh, Abi, das tut mir leid, so sehr leid.«

Ich versuchte, mich auf mein Glas zu konzentrieren, beobachtete, wie die Umrisse verschwammen, als mir wieder die Tränen in die Augen traten. »Ich hätte dich ja früher angerufen, aber deine Assistentin meinte, dass du dir in Berlin auf irgendeiner Pressereise die Nase begießt, und da wollte ich nicht stören.«

»Das ist doch albern, du hättest anrufen sollen. Was ist passiert? Ich dachte, es wäre ihm vor deiner Abreise besser gegangen.«

»Ist es auch. Zumindest hat er durchgehalten. Aber dann hat er eine Lungenentzündung bekommen. Nach der letzten Runde Chemo war er nicht mehr stark genug, um noch dagegen anzukämpfen.«

Patrick streckte die Hand über den Tisch und drückte meinen Arm. »Ich weiß, das ist ein schwerer Schlag, aber selbst wenn du es geschafft hättest, früher zurückzukommen, hättest du nichts machen können, um das aufzuhalten.«

»Ich hätte bei ihm sein können. Nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, ist er jetzt allein gestorben.« Ich senkte die Stimme, als die Leute vom Nebentisch zu uns herüberstarrten. »Ich habe nicht erwartet, dass das Ende so schnell kommen würde. Ich dachte, wir hätten noch mehr Zeit.«

»Abi, quäle dich deswegen nicht«, beharrte Patrick. »Du weißt, er würde dir keine Vorwürfe machen.«

»Aber ich mache mir Vorwürfe.« Wir verfielen in Schweigen, jeder in seine eigenen Gedanken versunken.

Patrick hatte recht. Ben würde mir niemals Vorwürfe machen, aber ich konnte es mir nicht verzeihen. Ben war in meiner dunkelsten Stunde für mich da gewesen, und am Ende hatte ich ihn im Stich gelassen. Über fünfundzwanzig Jahre waren vergangen, doch die Erinnerung daran, wie ich allein und verängstigt im Krankenhaus aufwachte, war mir noch so frisch im Gedächtnis, als wäre es gestern gewesen. Ein ganz gewöhnlicher Abend im Kino, eine kurze Autofahrt nach Hause, ein blendend helles Scheinwerferlicht und dann Dunkelheit. Mit acht Jahren war es mir unmöglich erschienen, dass meine Eltern für immer fort sein sollten, doch diese unergründliche Wirklichkeit ließ meine Welt völlig aus der Spur geraten. Onkel Ben war der einzige feste Boden unter meinen Füßen. Unsere ohnehin schon winzig kleine Familie war nun auf zwei zusammengeschrumpft, und wir klammerten uns aneinander wie verlorene Seelen, die auf hoher See treiben.

Ben war ein bekannter und erfolgreicher Londoner Aktienhändler und hatte sich keine Zeit für eine Frau und eine Familie genommen. Doch nach dem Tod seines Bruders und seiner Schwägerin schlüpfte er voller Begeisterung in...

Erscheint lt. Verlag 13.7.2018
Reihe/Serie Abigail Logan ermittelt
Abigail Logan ermittelt
Übersetzer Ulrike Seeberger
Sprache deutsch
Original-Titel The Single Malt Murder
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte cosy-crime • Cosy Crime • Destillerie • Fotografin • Gefährliche Erbschaft • Highlander • Highlands • Schottland • Single Malt • Single Malt Whisy • weibliche Ermittlerin • Whisky • Whisky Destillerie • Whisky Kenner • Whisky Sammler
ISBN-10 3-8412-1521-1 / 3841215211
ISBN-13 978-3-8412-1521-5 / 9783841215215
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