Frau Mimis Vergangenheit (eBook)
131 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-062-7 (ISBN)
Edmund Albert Edel (1863-1934) war ein deutscher Karikaturist, Illustrator, Schriftsteller und Filmregisseur. Er stammte aus einer jüdischen Arztfamilie, die 1864 nach Charlottenburg gezogen war, das damals noch nicht zu Berlin gehörte. Nach einer kaufmännischen Ausbildung versuchte er sich in Paris und München als Künstler. In Paris freundete er sich u. a. mit Toulouse-Lautrec an. Aus dessen Künstlerkreis schöpfte er auch seine Inspirationen zur Plakatmalerei. Über frühe Erfolge als Illustrator und Gebrauchsgrafiker gelangte er Anfang des 20. Jahrhunderts auch zur Schriftstellerei und zum Film. Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 fand sich der bis dahin bekannte und geschätzte Künstler und Autor zunehmend antisemitischen Anfeindung ausgesetzt. Er starb wenige Monate darauf.
Edmund Albert Edel (1863–1934) war ein deutscher Karikaturist, Illustrator, Schriftsteller und Filmregisseur. Er stammte aus einer jüdischen Arztfamilie, die 1864 nach Charlottenburg gezogen war, das damals noch nicht zu Berlin gehörte. Nach einer kaufmännischen Ausbildung versuchte er sich in Paris und München als Künstler. In Paris freundete er sich u. a. mit Toulouse-Lautrec an. Aus dessen Künstlerkreis schöpfte er auch seine Inspirationen zur Plakatmalerei. Über frühe Erfolge als Illustrator und Gebrauchsgrafiker gelangte er Anfang des 20. Jahrhunderts auch zur Schriftstellerei und zum Film. Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 fand sich der bis dahin bekannte und geschätzte Künstler und Autor zunehmend antisemitischen Anfeindung ausgesetzt. Er starb wenige Monate darauf.
Autor
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebtes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Neuntes Kapitel.
Zehntes Kapitel.
Elftes Kapitel.
Zwölftes Kapitel.
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel.
Fünfzehntes Kapitel.
Sechzehntes Kapitel.
Erstes Kapitel.
Ferdinand Grünmeier lebte zu einer Zeit, da in der Welt noch einigermaßen Ordnung herrschte. Krieg war ein apokrypher Begriff und Revolutionen kannte man nur aus Operetten und aus Zeitungsberichten über südamerikanische Katzbalgereien. Ferdinand war der Erbonkel der Familie. Diese Familie, die der Agent Adolf Grünmeier mit Frau und Sohn darstellte und die ihren Daseinszweck in stramm bürgerlicher Pflicht erfüllte, blickte während zweier Jahrzehnte mit ehrfürchtiger Hochachtung auf den Onkel Ferdinand, den sie mit aller in Familien üblichen Liebe und Sorgfalt umgab. Onkel Ferdinand seinerseits verfügte über nicht so stark ausgeprägten Familiensinn. Er hatte in glücklichen Spekulationen ein ansehnliches Vermögen erworben, das eine siebenstellige Zahl in sich fasste, und benutzte seinen Reichtum, um sich einen guten Tag zu machen, um sich mit allen jenen schönen Dingen zu umgeben, die man sich für Geld anschaffen konnte. Zu diesen schönen Dingen gehörte auch Mimi.
Die Familie Adolf Grünmeier beobachtete den Erbonkel sozusagen aus dem Versteck. Adolf war reichlich zehn Jahre jünger als Ferdinand und fühlte sich daher aus Naturgesetz erbberechtigt. Kein Lebewesen auf der Welt hätte ihm dieses Recht nehmen können. Grünmeiers gab es nicht viele auf Erden und im Berliner Telefonbuch konnte man nur noch einen finden, der den gleichen wohlklingenden Namen führte. Aber dieser Grünmeier schrieb sich mit ai, war also kein echter Grünmeier.
Onkel Ferdinand dachte aber den Teufel daran, sich von seiner Familie überhaupt beerben zu lassen. Er erfreute sich einer ausgezeichneten Gesundheit und amüsierte sich vorläufig so gut es ging. Er war, nachdem es ihm seine Mittel erlaubt hatten, Lebemann geworden, empfing in seiner prachtvoll eingerichteten Wohnung im Westen seine Freunde, versäumte keine Premiere im Theater, war auf allen Rennen und öffentlichen Bällen zu treffen, reiste nach der Riviera und nach der Nordsee, wie es die Saison erforderte. Er hatte den wirklichen Grandseigneurs es abgeguckt, wie sie sich räuspern und ähnliches tun und stellte mit seinem forsch gestrichenen Haby-Bart1 ganz den Typ des Bezwingers von vor 1914 dar.
Sein Bruder Adolf lebte in bescheidenen Verhältnissen und musste viel in der Stadt herumlaufen, um das tägliche Brot zu verdienen. Für seinen Sohn Paul sorgte zwar Onkel Ferdinand, der ihn auf der technischen Hochschule studieren ließ und ihm manchen Hunderter Extrataschengeld zusteckte. Adolf ging treu und brav den Leidensweg der Tretmühle. Im stillen Herzenskämmerchen schlummerte das sichere Bewusstsein, einstmals Herr der Ferdinandschen Million zu werden. Kommt Zeit, kommt Rat. Adolfs Frau, die gute Luise, rechnete nicht mit. Sie war eine jener Hausfrauen, die möglichst billig einzukaufen suchte und die sich selbst und ihren Mitmenschen zur Qual lebte, denn sie litt an der ewigen Zwangsvorstellung, mit ihrem Haushaltungsgeld nicht auskommen zu können.
Jahrelang ging das Leben der Grünmeiers so dahin. Adolf schuftete um die paar Groschen, Ferdinand lebte in Saus und Braus. An seinem Geburtstag oder zu Weihnachten öffneten sich die Schleusen seiner Generosität und er überschüttete seine Verwandten mit einem Abendessen, das er bei Borchardt angemietet. Und Adolf betrank sich jedes Mal in echtem Pommery und Chartereuse. Aber um seine Intimitäten wob Ferdinand immer einen undurchsichtigen Schleier. Man musste wohl, dass er ein tüchtiger Draufgänger war und dass er trotz seiner sechzig Jahre für den erklärten Liebling der Tanzpalastschönheiten galt. Adolf hörte von manchem Abenteuer seines leichtlebigen Bruders und beneidete ihn im Stillen. Und dachte an das schöne Geld, das ihm durch diese erotischen Übungen verloren ging.
Bis eines schönen Tages das Gerücht zu ihm drang, Ferdinand Grünmeier halte die Schauspielerin Mimi Schwarz aus, die im Metropoltheater allabendlich einem sehr verehrten Publiko ihre schönen Beine und noch andere Teile ihres ebenso schönen Körpers im Gefunkel des Rampenlichtes feilbot.
Diese Wendung der Dinge gab allerdings zu denken.
Adolf berechnete die Unsummen, die diese Verschwendung verschlang.
Als der Krieg ausbrach und alle Leute sich einschränkten, glaubte Adolf, sein Bruder würde sich des Mädels entledigen.
Jedenfalls hörte man im Sturm der Ereignisse nichts mehr von Onkel Ferdinand. Auch bei ihm blieb das Rad stehen und das Einzelschicksal versank im großen Massengrab des Weltenkampfes.
Paul ging in’s Feld.
Adolf versuchte, Geschäfte zu machen, wollte seinen Bruder zu Unternehmen veranlassen, die jener aber abwies. Denn er beteiligte sich selbst an Lieferungen und machte große Abschlüsse, die ungeheuren Verdienst abwarfen.
Dann trat eine Katastrophe ein, an die keiner bei Grünmeiers gedacht. Onkel Ferdinand starb nach einer Krankheit von dreitägiger Dauer.
Plötzlich. Ohne eigentlich einen Grund zu haben. Überraschend. An der Grippe, die eine Modekrankheit geworden. Und ein Spötter hätte sagen können, dass Onkel Ferdinand, der alle Moden wie ein richtiger Snob mitgemacht hatte, auch diese Mode nicht auslassen wollte.
Aber Onkel Ferdinands Tod war nicht die einzige Überraschung in der Familie Grünmeier.
Das Verblüffende, das wie ein Blitz aus heiterem Himmel einschlagende, war das Testament.
Eine Niederträchtigkeit.
Das sagte Luise Grünmeier, die Schwägerin.
Es muss übel um das Testament bestellt gewesen sein, wenn Frau Luise sich zu solcher scharfen Kritik versteigen konnte.
Gleich, nachdem der Tod eingetreten war, erschienen Adolf und Luise in der Wielandstraße. Schoben das ihnen öffnende Dienstmädchen energisch bei Seite und drangen geradewegs in das Schlafzimmer, wo Onkel Ferdinands sterbliche Reste, in weißen Linnen gebettet, für ewig verstummt dalagen. Sie falteten die Hände und murmelten irgendein Gebet, unter der Suggestion des alles bezwingenden Schicksals. Aber in Adolfs Gehirn überwucherten die Trostworte des Gebetes die Gedanken um die Zukunft und auch zwischen Luisens Tränen zuckten die Blitze der Erwartung.
Ein Schluchzen unterbrach die Andacht, die über dieser...
Erscheint lt. Verlag | 12.12.2024 |
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Reihe/Serie | Krimis bei Null Papier | Krimis bei Null Papier |
Verlagsort | Neuss |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Berlin • Erbschleicher • Humor • Klamotte • Paris • Revue |
ISBN-10 | 3-96281-062-5 / 3962810625 |
ISBN-13 | 978-3-96281-062-7 / 9783962810627 |
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