Empfindsame Reise, Tagebuch des Brahmanen, Satiren, kleine Schriften (eBook)

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2018 | 1. Auflage
448 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31853-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Empfindsame Reise, Tagebuch des Brahmanen, Satiren, kleine Schriften -  Laurence Sterne
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Laurence Sterne zum 250. Todestag: Das perfideste Buch der Weltliteratur in der kongenialen Neuübersetzung von Michael Walter. Ganz Europa lag diesem Buch zu Füßen - und Deutschland dabei vorneweg Mitten im Krieg macht sich ein Engländer seiner angeschlagenen Gesundheit wegen nach Frankreich auf und erlebt dort verschiedenste Gefühlsverstrickungen. Das ist der Plot. Wichtiger als der aber ist das Innenleben der Hauptfigur Yorick, eines 'man of infinite jest'. In diesem Buch wird erstmals den Seelenregungen des Individuums aufs Genaueste nachgespürt - und der Erfolg des Romans war unglaublich: Er wurde europaweit ein Seller, Freundeskreise nannten sich nach den Figuren des Romans, 'Yorick- Büsten' wurden aufgestellt, fabrikmäßig Andenken mit Motiven des Buches produziert, und eine ganze Epoche der deutschen Literatur heißt nach diesem Buch: die Empfindsamkeit. Sein Autor erweist sich in der als Meister der Zweideutigkeit: Während in seinem Vorgängerbuch Tristram Shandy noch anarchisch die Zote polterte und das Lachen fontänengleich aus der Bauchregion platzte, tuscht Sterne in der Empfindsamen Reise mit feinstem Pinselstrich subtile Erotik und leise Ironie. Nur wer genau liest, bemerkt, dass dort Literatur wird, was Sigmund Freud erst hundert Jahre später entdeckte: Das Leben des Menschen ist bestimmt von Sexualität. Sterne zeigt sich als der beste Psychologe seiner Zeit, weiß aber auch, dass er dieser eher prüden Zeit um ein Jahrhundert voraus ist - und lockt seine empfindsamen Leser auf vergnüglichste Weise in die Falle. Erstmalig überhaupt ist dies für deutsche Leser nun auch nachzuvollziehen - denn Michael Walters Neuübersetzung ist nicht nur kongenial - sie ist auch die erste deutsche Übersetzung, die nichts verschweigt. 'Der freieste Schriftsteller aller Zeiten' (Friedrich Nietzsche), 'Der Paganini der Abschweifungen' (Harry Rowohlt), 'Der schönste Geist, der je gewirkt hat' (Goethe) - ungezählt sind die Verneigungen, Kniefälle und Lobeshymnen auf den Erfinder des modernen Romans. Autoren von Lessing bis Diderot, von Sigmund Freud bis Nabokov, von Borges bis Mann, von Marias bis Arno Schmidt, von Rushdie bis Calvino verehrten ihn und lernten von ihm.

Laurence Sterne (1713-1768) schrieb nur zwei literarische Bücher. Beide aber machten weltweit Furore wie kaum je andere: Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman (1759-1767) und Eine empfindsame Reise durch Frankreich und Italien. Von Mr. Yorick (1768). Er gilt (zu Recht) als Urvater des modernen Romans, seine Verehrer sind zahllos (um nur einige nicht-britische zu nennen: Lessing, Wieland, Diderot, Goethe, Jean Paul, Thomas Mann, Sigmund Freud, Nabokov, Arno Schmidt, Italo Calvino, Javier Marias). Seine Bücher sind seit Erscheinen Grundbestand jedes guten Bücherschranks.

Laurence Sterne (1713-1768) schrieb nur zwei literarische Bücher. Beide aber machten weltweit Furore wie kaum je andere: Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman (1759-1767) und Eine empfindsame Reise durch Frankreich und Italien. Von Mr. Yorick (1768). Er gilt (zu Recht) als Urvater des modernen Romans, seine Verehrer sind zahllos (um nur einige nicht-britische zu nennen: Lessing, Wieland, Diderot, Goethe, Jean Paul, Thomas Mann, Sigmund Freud, Nabokov, Arno Schmidt, Italo Calvino, Javier Marias). Seine Bücher sind seit Erscheinen Grundbestand jedes guten Bücherschranks. Michael Walter lebt und arbeitet in München. In den über 30 Jahren seiner beruflichen Tätigkeit als freier Übersetzer hat er über 60 Werke nahezu aller literarischen Genres übersetzt, u.a. von Lewis Carroll, George Orwell, Julian Barnes, Henry James, Herman Melville. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Johann-Heinrich-Voss-Preis und 2018 den Europäischen Übersetzerpreis.

VORREDE IN DER DESOBLIGEANTE.


SCHON so manchem peripatetischen Philosophen[14] kann nicht verborgen geblieben sein, Daß die Natur, kraft ihrer unbestreitbaren Autorität, gewisse Barrieren und Gatter errichtet hat, dem Mißvergnügen des Menschen Schranken zu setzen: sie hat ihren Zweck in höchst schlichter und kommoder Manier erzielt, indem sie ihm die schier unüberwindliche Verpflichtung aufgibt, daheim sowohl sein Behagen zu befördern als auch seine Leiden zu erdulden. Einzig dort hält sie für ihn die Dinge parat, welche am besten taugen, an seinem Glück zu partizipieren und einen Teil jener Bürde zu tragen, die doch in allen Ländern und zu allen Zeiten noch stets zu schwer gewesen ist für ein Paar Schultern. Freilich, wir sind mit der unvollkommenen Fähigkeit begabt, unser Glück bisweilen über ihre Grenzen hinaus zu spannen, allein es findet sich so eingerichtet, daß, aus Mangel an Sprachkenntnissen, Verbindungen und Bekanntschaften sowie aufgrund der andersartigen Erziehung, Sitten und Gebräuche, uns derart zahlreiche Hemmnisse entgegenstehen, wollen wir unsere Empfindungen außerhalb unserer eigenen Sphäre mitteilen, daß die Sache dadurch häufig vollends zur Unmöglichkeit gerät.

 

Hieraus folgt allemal, daß der Ausgleich des empfindsamen Handels allzeit zu Lasten des expatriierten Abenteurers geht: er muß das, wozu er wenig Gelegenheit findet, zu dem Preis kaufen, den andere fordern – ohne tüchtigen Abschlag wird sein Umgang selten als Entgeld genommen – und weil ihn dies, nebenbei bemerkt, immerfort in die Hände billigerer Makler treibt, um nur überhaupt einen Verkehr zu haben, so bedarf’s keiner großen Weissagekunst, seine Gesellschaft zu erraten –

 

Dies bringt mich zum Kernpunkt und naturgemäß (wofern mir das Geschaukel dieser Desobligeante ein Fortkommen denn erlaubt) sowohl zu den Beweg- als zu den Zweckursachen des Reisens –

 

Müßiggänger, welche ihre Heimat verlassen und ins Ausland gehen, tun dies aus einem Grund oder mit Gründen, die in einer dieser Hauptursachen wurzeln –

Gebresten des Körpers,

Gebrechlichkeit des Geistes oder

Unumgängliche Notwendigkeit.

Unter die ersten beiden rechnen all jene, die zu Lande oder zu Wasser reisen und an Dünkel, Neugier, Eitelkeit oder Milzsucht laborieren, eingeschlossen sämtliche Unterabteilungen und Kombinationen in infinitum[15].

 

Die dritte Klasse umfaßt das ganze Heer pilgernder Märtyrer; insonderheit jene Reisenden, welche ihre Reisen mit dem Privilegium des Klerus[16] antreten, entweder als Delinquenten unter Aufsicht von Hofmeistern, welche ihnen die Obrigkeit anrät – oder als durch die Grausamkeit ihrer Eltern und Vormünder des Landes verwiesene junge Gentlemen unter Aufsicht von Hofmeistern, welche ihnen Oxford, Aberdeen und Glasgow[17] empfehlen.

 

Es existiert noch eine vierte Klasse, doch deren Zahl ist so gering, daß sie keine besondere Abteilung verdiente, bestünde für ein Werk dieser Art nicht die Erfordernis, allergrößte Pünktlichkeit und Akkuratesse walten zu lassen, um einer Vermengung der Charaktere zu wehren. Und diese Männer, von denen ich rede, sind solche, welche übers Meer gehen und in der Fremde weilen, mit der Absicht, Geld zu sparen, und zwar aus diversen Gründen sowie unter diversen Vorwänden: indes sie aber eben sowohl sich selbst als Anderen eine erkleckliche Portion unnötiger Unannehmlichkeiten ersparen könnten, wollten sie nur ihr Geld daheim sparen – und da ihre Reisegründe weniger verzwickt sind als bei irgendeiner anderen Sorte Emigranten, so werde ich diese Gentlemen kenntlich machen mit der Bezeichnung

Einfache Reisende.

Sonach reduzieret sich der ganze Zirkel der Reisenden auf folgende Rubriken.

Müßige Reisende,

Wißbegierige Reisende,

Lügnerische Reisende,

Dünkelhafte Reisende,

Eitle Reisende,

Milzsüchtige Reisende.

Alsdann folgen die Reisenden aus Notwendigkeit.

Der pflichtvergessene und schurkische Reisende,

Der unglückliche und unschuldige Reisende,

Der einfache Reisende,

Und endlich (mit Verlaub) Der

Empfindsame Reisende (worunter ich meine eigene Wenigkeit verstehe) als welcher gereiset ist, worüber Rechenschaft abzulegen ich mich nunmehr niedersetze – ebenso sehr aus Notwendigkeit und besoin de Voyager[18] wie jeder andere dieser Klasse.

 

Ich weiß dabei recht wohl, daß, dieweil sich meine Reisen so gut wie meine Betrachtungen als gänzlich anderer Wurf erzeigen werden als die diejenigen meiner sämtlichen Vorgänger, ich eine gesonderte Nische ganz für mich allein hätte beanspruchen dürfen – jedoch käme ich dem Eitlen Reisenden ins Gehege, wollte ich die Aufmerksamkeit auf mich lenken, eh’ ich keine bessere Begründung dafür vorweisen könnte als die schiere Neuartigkeit meines Vehikels.

 

Meinem Leser, wenn er sich selbst unter die Reisenden zählt, mag’s genügen, daß er mittels Studium und Nachsinnen hierüber befähigt wird, sich seinen eigenen Platz und Rang in dem Verzeichnisse anzuweisen – ein nächster Schritt zur Selbsterkenntnis; denn man kann alles wetten, daß ihm noch bis auf diese Stunde ein zarter Hauch und eine gewisse Ähnlichkeit dessen anhaften, was er eingesogen oder mit sich hinausgetragen.

 

Der Mann, der als erster die Burgunderrebe ans Kap der Guten Hoffnung verpflanzte (merke, es war ein Holländischer), ließ sich’s im Traum nicht einfallen, er werde den nämlichen Wein am Kap trinken, den die nämliche Rebe auf Frankreichs Hügeln hervorbrachte – dazu war er zu phlegmatisch – zweifellos jedoch gewärtigte er, einen weinartigen Saft zu trinken; ob indessen gut, schlecht oder leidlich – er war in dieser Welt hinlänglich bewandert, um Bescheid zu haben, daß dies nicht in seinem Belieben stand, sondern daß über seinen Erfolg das entscheiden würde, was man insgemein Zufall heißet: gleichwohl hoffte er das Beste; und in diesem Hoffen und durch ein maßloses Vertrauen auf die Stärke seines Kopfes und die Tiefe seiner Besonnenheit mochte Mynheer in seinem neuen Weinberg womöglich beides zuschanden bringen und durch die Aufdeckung seiner Scham eine Zielscheibe für den Spott seiner Landsleute abgeben.

 

Just so ergeht es dem armen Reisenden, der zur See und mit der Post die gesitteteren Königreiche des Globus bereist, auf der Jagd nach Wissen und Verfeinerung.

 

Wissen und Verfeinerung lassen sich allerdings gewinnen, wenn man zu diesem Behufe zur See und mit der Post reist; ob aber nützliches Wissen und echte Verfeinerungen, dies bleibt einzig eine Lotterie – und selbst da, wo dem Glücksjäger Erfolg beschieden, muß das gewonnene Kapital behutsam und besonnen eingesetzt werden, um überhaupt Profit abzuwerfen – da aber die Chancen hinsichtlich des Erwerbs wie des Gebrauchs ganz ungeheuer anders stehen, so halte ich dafür, Ein Mann würde noch genauso weise handeln, brächte er es über sich, ohne ausländisches Wissen und ohne ausländische Verfeinerung zufrieden zu leben, zumal wenn er in einem Lande lebt, das an beidem keinen so gänzlichen Mangel leidet – und fürwahr, wie viel Herzeleid hat es mir nicht oft und zu wiederholten Malen gemacht, mußte ich beobachten, wie viele garstige Wege der wißbegierige Reisende beschritten hat, um Aussichten zu ergattern und Entdeckungen auf den Grund zu gehen; was alles man, wie Sancho Pança zu Don Quixote sagte[19], trockenen Fußes auch zu Haus hätte haben können. Unser Jahrhundert ist so von Licht durchströmt, daß wohl kaum ein Land oder Winkel in Europa existiert, dessen Strahlen sich nicht kreuzten und ineinander mengten – Mit den meisten Wissenszweigen verhält es sich auch größtenteils wie mit der Musik auf einer italienischen Gasse, an der ebenfalls jene Anteil haben können, die nichts bezahlen – Doch es lebt keine Nation unter dem Himmel – und Gott (vor dessen Richterstuhl ich dermaleinst werde treten und Rechenschaft geben müssen von diesem Werk) ist mein Zeuge – daß aus mir keine Prahlsucht spricht – Doch es lebt keine Nation unter dem Himmel, die reicher wäre an vielseitiger Gelehrsamkeit – wo man die...

Erscheint lt. Verlag 8.3.2018
Übersetzer Michael Walter
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 18. Jahrhundert • England • Klassiker • Laurence Sterne • Leben • Michael Walter • Philosophie • Reisebericht • Tagebuch • Tristram Shandy • Weltliteratur • Werkausgabe
ISBN-10 3-462-31853-5 / 3462318535
ISBN-13 978-3-462-31853-1 / 9783462318531
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